VG München, Urteil vom 11.08.2015 - M 1 K 14.4850
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung eines Vorbescheids im Zusammenhang mit einer Windkraftanlage.
Der Kläger beantragte am ... August 2012 die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für die Errichtung einer Windkraftanlage des Typs ... mit einer Gesamthöhe von 185,90 m auf dem Grundstück FlNr. 425 Gemarkung ... Im Einzelnen fragte der Kläger nach der Zulässigkeit des Standorts, der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens und der luftverkehrsrechtlichen Zustimmung. Zu den standortrelevanten Punkten „Schall- und Schattenbelastung“ waren vorläufige Berechnungen beigefügt. Ein Schall- und Schattengutachten sei beauftragt und werde nachgereicht (Bl. 7 d. Antragsunterlagen).
Am ... September 2012 ließ der Kläger dem Landratsamt Eichstätt (Landratsamt) mitteilen, der Prüfungsumfang solle um den Denkmalschutz erweitert werden. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege teilte dem Landratsamt am ... Januar 2013 mit, dass aus denkmalfachlicher Sicht mit dem Bauvorhaben kein Einverständnis bestehe. Die Beigeladene, in deren Gebiet der beantragte Standort liegt, beschloss am ... Juli 2014 den sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ mit mehreren Konzentrationszonen, die den vom Kläger beantragten Standort nicht mitumfassen. Bereits am ... April 2014 hatte das Landratsamt aus diesem Grund auf Antrag der Beigeladenen den Antrag des Klägers bis Ende Mai 2014 und mit weiterem Bescheid vom ... Mai 2014 „um ein weiteres Jahr bis zum 31. Januar 2015“ zurückgestellt.
Nach voriger Anhörung lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom ... September 2014 den Vorbescheidsantrag des Klägers ab und übernahm zur Begründung im Wesentlichen die Ausführungen der negativen Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege vom ... Januar 2013. Der Bescheid war dem Kläger am 25. September zugestellt worden.
Der Kläger erhob am ... Oktober 2014 Klage beim Bayerische Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom ... September 2014 zur Erteilung eines positiven immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids zu verpflichten,
hilfsweise,
den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die denkmalschutzrechtliche Bewertung seines Antrags treffe nicht zu, der Denkmalschutz sei weder hinsichtlich der ... noch in Hinblick auf andere eingetragene Denkmäler beeinträchtigt. Da der Bescheid allein aus denkmalschutzrechtlichen Gründen den Vorbescheidsantrag abgelehnt habe, sei er rechtswidrig und müsse aufgehoben werden. Auf die Erteilung des beantragten Vorbescheids habe der Kläger einen Rechtsanspruch, da unabhängig von der Frage der Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen die Voraussetzungen für eine Beantwortung der gestellten Fragen erfüllt gewesen seien. Weder der sachliche Teilflächennutzungsplan der Beigeladenen noch die sog. „10-H-Regelung“ stünden seinem Vorhaben entgegen. Hinsichtlich dieser „10-H-Regelung“ gelte die Übergangsfrist nach Art. 83 Abs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO). Zudem verstoße die „10-H-Regelung“ gegen zahlreiche Grundrechte der Bayerischen Verfassung. Er verweise insofern auf eine hiergegen zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof erhobene Popularklage und deren Begründung. Das Landratsamt habe ihn nie über eine Unvollständigkeit der eingereichten Unterlagen informiert. Unabhängig von einem angeblich fehlenden Schallgutachten hätten wenigstens die übrigen gestellten Fragen positiv beantwortet werden können und müssen. Außerdem seien die mit dem Vorbescheidsantrag vorgelegten schalltechnischen Berechnungen ausreichend gewesen. Jedenfalls mit dem Erlass entsprechender Nebenbestimmungen hätte das Landratsamt die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an den Schallschutz sicherstellen können.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt unter Verweis auf die im Bescheid enthaltene Begründung ergänzend aus, aufgrund der vom Kläger nicht nachgereichten Unterlagen hätten andere Punkte als die denkmalschutzrechtlichen Aspekte nicht abschließend beurteilt werden können.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
In einem Ortstermin und der anschließenden mündlichen Verhandlung am 5. Mai 2015 gelangte das Gericht zur Auffassung, dass denkmalschutzrechtliche Aspekte einer Erteilung des beantragten Vorbescheids nicht entgegenstehen. Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einem Übergang in das schriftliche Verfahren.
Am 20. Juli 2015 teilte das Gericht den Verfahrensbeteiligten mit, dass sich nach seiner Auffassung in 850 m (...) bzw. 1.050 m (...) Entfernung zum Standort des beantragten Vorhabens Wohngebäude im bauplanungsrechtlichen Innenbereich befänden. Zudem sei es der Auffassung, dass die Übergangsregelung der sog. „10-H-Regelung“ gemäß Art. 83 Abs. 1 BayBO auf Vorbescheidanträge nicht anwendbar sei. Der Kläger wiederholte hierauf am ... Juli 2015, er sei mit einer Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren einverstanden.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten und insbesondere auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2015 Bezug genommen.
Gründe
Über die Klage konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2015 damit einverstanden erklärt hatten (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Der Kläger hat dies nach dem Hinweis des Gerichts vom 20. Juli 2015 am ... Juli 2015 nochmals ausdrücklich bestätigt.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der vom Kläger angefochtene Bescheid vom ... September 2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da dieser seit dem 21. November 2014 keinen Anspruch auf den Erlass des beantragten Vorbescheids hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Dem Antrag des Klägers auf Erlass eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 9 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) fehlen gemäß § 9 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB).
1. Gemäß § 4 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung über genehmigungspflichtige Anlagen (4. BImSchV) und Nr. 1.6 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV unterliegt die Errichtung und der Betrieb einer Windkraftanlage mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht. Die Genehmigung ist unter anderem gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu erteilen, wenn andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Durch den Vorbescheid soll gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG auf Antrag über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Vorbescheidserteilung besteht. Gemäß § 9 Abs. 3 BImSchG gilt § 6 BImSchG sinngemäß, somit auch § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.
2. Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zählt das Bauplanungsrecht und hierbei § 35 BauGB für Vorhaben, die – wie im Fall des Klägers – im bauplanungsrechtlichen Außenbereich errichtet und betrieben werden sollen. Anlagen zur Nutzung der Windenergie sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB als privilegierte Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass einem derart privilegierten Vorhaben insbesondere die öffentlichen Belange der Darstellung des Flächennutzungsplans (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), des Naturschutzes, der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie des Verbots einer Verunstaltung des Landschaftsbilds (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) in der Regel aufgrund der gesetzgeberischen Privilegierungsentscheidung nicht entgegenstehen (BVerwG, U.v. 18.3.1983 – 4 B 17.81 – NVwZ 1984, 2716 – juris Rn. 16; B.v. 18.3.2003 – 4 B 7.03 – juris Rn. 5 ff.: Verunstaltung nur bei „grober Unangemessenheit“ im Einzelfall). Auch eine „optisch bedrängende Wirkung“ als Verletzung eines bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots scheidet bei einem Abstand der Windkraftanlage von der nächstgelegenen Wohnbebauung im Abstand vom Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage (hier: 557,70 m) aus (BayVGH, U.v. 29.5.2009 – 22 B 08.1785 – juris Rn. 15, 20 ff. m.w.N.).
3. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung u.a. der Bayerischen Bauordnung (Gesetz v. 17.11.2014, GVBl S. 478, im Folgenden: 10-H-Regelung) am 21. November 2014 hat sich die Rechtslage jedoch geändert. In Umsetzung der Länderöffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB (Gesetz v. 15.7.2014, BGBl I S. 954) hat der Bayerische Landesgesetzgeber neue bauplanungsrechtliche Regelungen für Windkraftanlagen im Außenbereich erlassen. Insbesondere hat er den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB durch Anknüpfung an die Einhaltung eines Mindestabstandes zu bestimmten Wohngebäuden beschränkt (vgl. Würfel/Werner, Einführung eines Mindestabstandes für Windkraftanlagen – Die „10-H-Regelung“ im Freistaat Bayern, BayVBl 2015, 109 ff.).
Gemäß Art. 82 Abs. 1 BayBO n.F. findet § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplan oder innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile sowie im Geltungsbereich von Außenbereichssatzungen einhalten. „Höhe“ bedeutet hierbei die Nabenhöhe der Anlage zuzüglich des Radius des Rotors (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayBO n.F.), beim vom Kläger beantragten Anlagentyp ... also 185,90 m. Den Mindestabstand nach diesen Regelungen von 1.859 m hält die beantragte Anlage zur nächsten Wohnbebauung im bauplanungsrechtlichen Innenbereich, die ca. 850 m entfernt liegt, nicht ein. Sie ist damit nicht mehr bauplanungsrechtlich privilegiert und als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB im Hinblick auf die oben genannten öffentlichen Belange, die sie beeinträchtigt, unzulässig.
Gründe, die für eine vom Kläger behauptete Unvereinbarkeit dieser 10-H-Regelung mit bayerischem Verfassungsrecht sprächen, kann das Gericht nicht erkennen. Weder hinsichtlich der vom Kläger genannten Grundrechte auf Eigentum (Art. 103 Bayerische Verfassung – BV), auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) noch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 118 BV) verstößt insbesondere der hier einschlägige Art. 82 Abs. 1 BayBO n.F. gegen die Bayerische Verfassung und den hierbei zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auch mit dem Rechtsstaatsprinzip ist die Regelung vereinbar.
4. Die Neuregelung des Art. 82 BayBO ist auf das Vorhaben des Klägers anzuwenden, obwohl er es bereits im August 2012 beantragt hatte, denn bei Entscheidungen über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts an (BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – juris Rn. 42). Dies gilt ebenso für einen entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid (OVG NRW, U.v. 20.11.2012 – 8 A 252/10 – juris Rn. 33).
5. Die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO n.F. ist nur auf Anträge auf Erteilung von Genehmigungen von Windkraftanlagen anzuwenden, nicht aber auch auf Vorbescheidsanträge. Deshalb ist das Vorhaben des Klägers auch nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt genehmigungsfähig.
5.1 Ebenfalls seit dem 21. November 2014 gilt zur 10-H-Regelung eine Übergangsvorschrift für sich bereits im Genehmigungsverfahren befindende Anträge auf Genehmigung von Windkraftanlagen. Nach Art. 83 Abs. 1 BayBO n.F. findet unter anderem Art. 82 Abs. 1 BayBO n.F. keine Anwendung, soweit vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde „ein vollständiger Antrag auf Genehmigung“ einer Windkraftanlage eingegangen ist. Abhängig von der Höhe der Anlage ist der Antrag auf Erteilung einer baurechtlichen oder einer immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung Gegenstand dieser Übergangsvorschrift.
5.2 Der Gesetzgeber hat diese Übergangsvorschrift bewusst nur für Genehmigungsanträge erlassen, so dass für eine analoge Anwendung der Regelung auch auf Vorbescheidsanträge kein Raum ist. In der Begründung zur gesetzlichen Neuregelung heißt es:
„Aus verfassungsrechtlichen Gründen (Schutz des Eigentumsrechts) soll den bisher im Vertrauen auf die gültige Rechtslage getätigten Investitionen ein besonderer Schutz gewährt werden. Daher wird in Art. 83 Abs. 1 BayBO eine Übergangsregelung eingeführt. Grundsätzlich gilt, dass Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen werden, nach der bisherigen Rechtslage, also mit den geringeren Mindestabständen, zu entscheiden sind. Wird ein Genehmigungsverfahren nach dem Inkrafttreten abgeschlossen, ist die neue Rechtslage der Entscheidung zugrunde zu legen. Nach der Stichtagsregelung findet jedoch die bisherige Rechtslage auch nach Inkrafttreten des Gesetzes weiterhin Anwendung, sofern vor Ablauf des 4. Februar 2014 ein vollständiger Antrag (vgl. dazu § 9 BImSchV) auf bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung gestellt worden ist. Altanlagen genießen Bestandsschutz. Bei dem Zeitpunkt für den Stichtag handelt es sich um einen sog. vertrauenszerstörenden Zeitpunkt. Am 4. Februar 2014 hat der Ministerrat die Eckpfeiler der bayerischen Regelung beschlossen. So wurden der grundsätzliche Mindestabstand von 10 H, von dem im Rahmen einer „relativen Privilegierung“ Ausnahmen möglich sein sollen, sowie die Stichtagsregelung festgelegt. Der Beschluss wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt und über die Medien verbreitet. Damit konnten und mussten etwaige Antragsteller mit den konkret angestrebten Rechtsänderungen rechnen, so dass sie sich nicht mehr auf schutzwürdiges Vertrauen berufen können.“ (LT-Drs. 17/2137, S. 8).
Dieser Begründung kann entnommen werden, dass nur diejenigen Investitionen von der neuen „10-H-Regelung“ ausgenommen werden sollen, denen ein vollständiger Antrag für eine umfassende Genehmigung zugrunde liegt. Andernfalls könnte sich ein Anlagenbetreiber durch das Stellen einer einzelnen Vorbescheidsfrage (etwa die Vereinbarkeit der beantragten Windkraftanlage mit dem Denkmalschutz) die Anwendung bisherigen Rechts auf die Gesamtanlage „sichern“. Das entspräche nicht Sinn und Zweck der Neuregelung. Das Bayerische Umweltministerium hat sich im Übrigen ebenfalls gegen eine Anwendung der Stichtagsregelung in Art. 83 Abs. 1 BayBO auf Vorbescheidsanträge ausgesprochen (vgl. UMS v. 17.12.2014 – 72a-U 3327-2014/147-3).
Auch der Wortlaut der Regelung „Antrag auf Genehmigung“ steht ihrer analogen Anwendbarkeit auf Vorbescheidsanträge entgegen. In Satz 3 der Begründung zu dieser Regelung verwendet der Gesetzgeber den Begriff „Verfahren“. Grundsätzlich solle gelten, dass Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen würden, nach der bisherigen Rechtslage zu entscheiden seien. Im darauffolgenden Satz der Begründung wird nun nicht mehr allgemein von „Verfahren“, sondern von „Genehmigungsverfahren“ gesprochen. Dem ist zu entnehmen, dass nur für diese Verfahrensart etwas Besonderes gelten soll. Diese Unterscheidung in der Terminologie der Begründung der Übergangsregelung in Art. 83 Abs. 1 BayBO n.F. ist nach Auffassung der Kammer ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber in dieser Regelung bewusst (nur) von „Genehmigung“ spricht. Dann aber kann eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Regelungslücke nicht unterstellt werden, was einer analogen Anwendung auf Vorbescheide entgegensteht.
Der Stichtag 4. Februar 2014, an dem der Ministerrat sich für die „10-H-Regelung“ entschieden hat, konnte als vertrauenszerstörender Zeitpunkt gewählt werden, weil ab diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit damit rechnen musste, dass Windkraftanlagen, die diesen Abstand nicht einhalten, nicht mehr genehmigungsfähig sein würden. Auch der Gesetzgeber geht hiervon aus.
6. Da aus diesen Gründen kein Anspruch des Klägers auf Erteilung des beantragten Vorbescheids besteht, ist es für dieses Verfahren unerheblich, ob die Ablehnung seines Antrags mit Bescheid des Landratsamts vom ... September 2014 allein aus den bereits in der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege formulierten Gründen hätte erfolgen dürfen. Dem Kläger würde für eine isolierte Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in Anbetracht seines geltend gemachten Verpflichtungsanspruchs das Rechtsschutzinteresse fehlen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 34).
Ebenso unerheblich ist, ob der sachliche Teilflächennutzungsplan der Beigeladenen wirksam ist, da selbst bei angenommener Unwirksamkeit dieses Plans der beantragte Vorbescheid mangels Vereinbarkeit mit Art. 82 Abs. 1 BayBO n.F. sowie mangels analoger Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO n.F. auf Vorbescheide nicht erteilt werden kann. Auch kann in Anbetracht der Unanwendbarkeit der Stichtagsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO n.F. auf Vorbescheide offen bleiben, ob der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt vollständige Antragsunterlagen beim Landratsamt eingereicht hatte bzw. ob das Landratsamt ihn auf eine festgestellte Unvollständigkeit hätte hinweisen müssen. Ebenso dahingestellt bleiben kann, ob das Landratsamt den Vorbescheidsantrag zumindest mit Nebenbestimmungen hätte positiv verbescheiden können, da auch dann die Unvereinbarkeit des Antrags mit Art. 82 Abs. 1 BayBO n.F. entgegensteht.
7. Aus diesen Gründen ist die Klage sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, erscheint es angemessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
8. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Berufung gemäß § 124 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob die Übergangsvorschrift in Art. 83 Abs. 1 BayBO n.F. auch auf Vorbescheidsanträge im Zusammenhang mit Windkraftanlagen anzuwenden ist, ist entscheidungserheblich und klärungsbedürftig.
Beschluss
Der Streitwert wird auf EUR 30.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nr. 19.1.2 und 19.1.4 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. ).