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VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30.05.2017 - 9 K 3636/12

1. Die in § 1 Abs. 6 BauGB beispielhaft aufgeführten Belange sind im Einzelfall dann städtebaulich bedeutsam, wenn sie nach der konkreten Situation die Bodennutzung betreffen oder sich auf diese auswirken. Ist dies der Fall, sind sie nicht nur bei der Aufstellung von Bauleitplänen abwägungserheblich, sondern auch bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, zu berücksichtigen.

2. Dient das Grundstück des Nachbarn - hier eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens, das dort einen Bahnübergang unterhält - (zumindest auch) dem Personen- und Güterverkehr im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB, besteht an dessen Sicherheit nicht nur ein öffentliches, sondern auch ein Interesse des Nachbarn, das im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist. Dem steht nicht entgegen, dass Gefahren erst durch ein regelwidriges Verhalten Dritter, nämlich der Verkehrsteilnehmer, entstehen. Für die Bestimmung städtebaulicher bedeutsamer Auswirkungen eines Vorhabens kommt es nicht auf eine polizeirechtliche Störerverantwortlichkeit an.

Tenor

Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 14. Oktober 2011 in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 16. Mai 2012 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 90%, die Beklagte und die Beigeladene gesamtschuldnerisch zu 10 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Tochterunternehmen der E.        C.    B.  , wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit Stellplatzanlage. Dabei geht es ihr um die Lage einer Zu- und Ausfahrt in der Nachbarschaft eines auf ihrem Grundstück betriebenen Bahnübergangs.

Die Klägerin ist Eigentümerin unter anderem des Grundstücks Gemarkung Herten, G.    , G1.         (Grundbuch von Herten, C1.     ), über das ein Teil der Bahnstrecke Oberhausen–Osterfeld-Süd–Hamm verläuft. Im Osten dieses Flurstücks kreuzt die Bahnlinie die Q.----------straße . Der Bahnübergang ist beschrankt. Nördlich des Bahnübergangs, in einer Entfernung von rund 16m von den Gleisen (vermessen anhand des Liegenschaftskatasters unter www.timonline.nrw.de) mündet die Q.----------straße in die Straße L.          . Beide Straßen führen in Wohngebiete, etwa an der O.          Straße, T.          Straße, Q1.          C2.    T1.      und A.            T1.      im O1.         sowie den Straßen Am L.          , O2.---------straße , I.    C3.      , T2.- , I1.          und Alter C2.    im Norden und Nordwesten.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des im Südosten an das G1.         17 grenzenden, westlich der Q.----------straße gelegenen Grundstücks Gemarkung Herten, G.    , G1.         , sowie Erbbauberechtigte des südlich daran grenzenden, zum S.      Weg gelegenen G2.          (Grundbuch von Herten, C4.       und ; Erbbaugrundbuch von Herten, C1.     ). Bezüglich der Lage der Grundstücke im Einzelnen wird auf den nachfolgenden Auszug aus dem Liegenschaftskataster verwiesen (abgerufen unter: www.timonline.nrw.de am 5. April 2017):

 

Nach den Angaben der Beklagten erhielt die Beigeladene unter dem 6. März 2007 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines SB-Marktes mit einer Verkaufsfläche von 699 m² auf den G3.           und  und zeigte am 25. Februar 2010 den Baubeginn an.

Am 16. März 2010 fand – ausweislich eines von der Klägerin vorgelegten, vom Fachbereich „Öffentliche Sicherheit und Ordnung“ der Beklagten am 9. Januar 2012 erstellten „Protokollauszugs“ – am Bahnübergang „Q.----------straße “ ein Ortstermin statt. In dem Auszug aus dem Protokoll ist u.a. festgehalten: Die Zufahrt zum noch zu bauenden „M.    Markt“ solle auf keinen Fall über die Q.----------straße erfolgen.

Am 8. Juni 2010 stellte die Beigeladene bei der Beklagten einen weiteren Baugenehmigungsantrag für die Errichtung eines SB-Marktes mit 799 m2 Verkaufsfläche und einer Stellplatzanlage für – ausweislich des Lageplans (die Angabe im Bauantragsformular wich ab) – 89 Personenkraftwagen auf den G3.             und . Im Lageplan sind zwei Zu- und Ausfahrten für den Kunden-Verkehr vorgesehen: eine im Südosten des G2.          155 vom bzw. zum S.      Weg, die über Markierungen der Einfahrt, der Ausfahrt nach links und der Ausfahrt nach rechts verfügt, sowie die von der Klägerin beanstandete im Nord-Osten des G2.            vom bzw. zur Q.----------straße (Im Folgenden: Zu- und Ausfahrt Q.----------straße ). Für den Lieferverkehr ist eine gesonderte Zu- und Ausfahrt im Osten des Vorhabengrundstücks, ebenfalls zur Q.----------straße eingezeichnet.

Die Beklagte vermerkte intern Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit aufgrund der Zufahrt im unmittelbaren Anschluss an einen nicht überwachten Bahnübergang (Vermerk vom 18. Juni 2010) und des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 138 „I2.      -Mitte, Gewerbegebiet S.      Weg“ (Vermerk vom 26. Juni 2016). Mit Bescheid vom 1. Dezember 2010 stellte die Beklagte die Entscheidung über den Antrag unter Verweis auf den in Aufstellung befindlichen C5.             bis zum 7. Juni 2011 und § 15 Baugesetzbuch (BauGB) zurück.

Mit Schreiben an die Beklagte vom 16. Juli 2011 verwies die Klägerin auf ein Gespräch vier Tage zuvor, bei der sie der Beklagten die durch die Zuwegung zum geplanten SB-Markt entstehende „Räumstreckenproblematik“ im Detail dargelegt habe. Aus ihrer Sicht sei die Planung nicht zustimmungsfähig; es werde Einspruch erhoben. Für den Fall der Realisierung des Vorhabens ohne Berücksichtigung ihrer Belange werde sie die Kosten für sämtliche notwendig werdenden Sicherheitsmaßnahmen der Beklagten in Rechnung stellen.

Am 2. September 2011 legte die Beigeladene eine Verkehrsuntersuchung zur Anbindung des SB-Marktes von Juli 2011 vor. Das Gutachten untersucht das zu erwartende Verkehrsaufkommen zum einen für die in den Baugenehmigungsunterlagen vorgesehene Erschließung über den S.      Weg und das G1.         155 im Süden sowie über die Q.----------straße und das G1.         154 im Norden ( – realisierte –  Erschließungsvariante 1), zum anderen für eine – im Ergebnis nicht weiter verfolgte – Alternative, bei der die Zufahrt in Nähe des Bahnübergangs unverändert bleiben und die Anbindung an dem S.      Weg nach Westen auf die Höhe mit der Kreuzung S.      Weg / J.  T3.           verlegt werden sollte (Erschließungsvariante 2). Dabei liegt der „Schwerpunkt der Verkehrsuntersuchung“ nach den Ausführungen des Gutachters im Abschnitt „Ausgangssituation und Aufgabenstellung“ neben der Prognose des jeweils zu erwartenden Verkehrsaufkommens auf der Beurteilung der Funktionsfähigkeit der Anbindung des Vorhabens an den S.      Weg. Das Gutachten stellt zunächst die durch eine Verkehrszählung am 3. März 2011 – in der nach der Erfassung verkehrsintensivsten Stunde von 15:45 bis 16:45 Uhr – ermittelte Verkehrsbelastung an fünf „Knotenpunkten“ dar, nämlich an der Kreuzung S.      Weg/J.  T3.           1.684 Fahrbewegungen, an der westlichen Ein- und Ausfahrt der Tankstelle an der S.      T1.      20 (G1.         147) 1.482 Fahrbewegungen, an der östlichen Ein- und Ausfahrt der Tankstelle an der S.      T1.      20 (G1.         147) 1.520 Fahrbewegungen, an der Kreuzung S.      Weg/Q.----------straße 1.749 Fahrbewegungen und an der Kreuzung Q.----------straße /B1.  U.               552 Fahrbewegungen. Dabei wurden auch die Schließzeiten des Bahnübergangs an der Q.----------straße berücksichtigt. Der Bahnübergang sei unregelmäßig – nämlich zwischen 15:00 und 16:00 Uhr einmal, zwischen 16:00 und 17:00 Uhr dreimal, zwischen 17:00 und 18:00 Uhr sechs Mal und zwischen 18:00 und 19:00 Uhr dreimal – für durchschnittlich zwei bis drei Minuten geschlossen gewesen. Für das zur Genehmigung gestellte Vorhaben prognostiziert der Gutachter ein Verkehraufkommen von im Mittel rund 69 Fahrzeugen „Quell-“ und gerundet 78 Fahrzeugen „Zielverkehr“. Für die Erschließungsvariante 1 sei anzunehmen, dass 66 % des Quell- und Zielverkehrs über den S.      Weg, nämlich je 33 % aus Westen und Osten, an- und abreisten. Für die restlichen 34 % sei eine An- und Abreise über die Q.----------straße aus Richtung Norden anzunehmen.Eine Besonderheit stelle der an der Q.----------straße benachbarte niveaugleiche Bahnübergang dar. J.  Falle der Schrankenschließung müsse damit gerechnet werden, dass das Gelände nur eingeschränkt befahren werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung seien die einzelnen Fahrtbeziehungen wie folgt zu bewerten: Der über die Q.----------straße vom Gelände abzuleitende Quellverkehr sei in der Spitzenstunde mit etwa 24 Kraftfahrzeugen anzusetzen. Dieser Quellverkehr werde fast ausschließlich als Linkseinbiegerverkehr (auf die Q.----------straße ) in Richtung Norden auftreten. Für diese Fahrtbeziehung sei die an den Gleisen installierte zweistufige Signalisierung mit Vorsignal hilfreich. Zwischen den beiden Signalen verbleibe ein Zwischenraum von etwa 25 m, der in den meisten Fällen freigehalten werde. Gemessen von der geplanten Ausfahrt des Geländes verbleibe Platz für ein bis zwei Fahrzeuge. Da dies dem Quellverkehrsaufkommen der Zufahrt entspreche, werde auch bei Schrankenschließung „in den meisten Fällen“ das ungehinderte Linkseinbiegen vom Gelände in die Q.----------straße ermöglicht. Sofern der Zwischenraum blockiert sei, müsse der Quellverkehr auf dem SB-Markt-Gelände warten, bis der Bahnübergang geräumt sei. Angesichts des nur moderaten Verkehrsaufkommens in der Q.----------straße (in der Spitzenstunde pro Richtung etwa 250 Kraftfahrzeuge) sei davon auszugehen, dass der sich während der Schrankenschließung aufbauende Stau innerhalb von 30 Sekunden nach Öffnung der Schranken wieder abgebaut sein werde. Diese zusätzliche Wartezeit für die Linkseinbieger vom Gelände in die Q.----------straße könne hingenommen werden. Auch hinsichtlich der Verkehrssicherheit bestünden „keine ernsthaften Bedenken“. Die Ausstattungselemente des beschrankten Bahnübergangs (Haltelinie, Andreaskreuz, Signalanlage, Schranke) seien von der Geländeausfahrt problemlos einsehbar. Quellverkehr, der vom Gelände nach rechts in die Q.----------straße einbiege, sei nur in Einzelfällen zu erwarten und zu vernachlässigen. Denn es sei davon auszugehen, dass der Quellverkehr mit dem Ziel I2.      -Innenstadt das Gelände mit hoher Wahrscheinlichkeit über die Anbindung S.      Weg verlassen werde. Der voraussichtlich über die Q.----------straße auf das Gelände auffahrende Zielverkehr sei mit etwa 27 Kraftfahrzeugen in der Spitzenstunde anzusetzen. Dieser Zielverkehr werde das Gelände fast ausschließlich aus Richtung Norden anfahren; Linksabbieger von der Q.----------straße auf das Gelände seien für die Gesamtbeurteilung zu vernachlässigen. Insofern müsse mit im Mittel ein bis zwei Fahrzeugen gerechnet werden, die nach Öffnung der Schranke aus Norden auf das Gelände einfahren würden. Selbst unter Berücksichtigung von zeitgleich stattfindenden Rangiervorgängen auf dem Parkplatz könne ein Rückstau auf die Q.----------straße und damit eine Behinderung des Abflusses in Fahrtrichtung Süden nach Schrankenöffnung „mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden“. Es sei kein negativer Einfluss auf die Verkehrsqualität und die Verkehrssicherheit zu erwarten.

In der Gesamtbewertung sei die zusätzliche Anbindung des Geländes an die Q.----------straße südlich des Bahnübergangs sowohl hinsichtlich der Verkehrsqualität als auch der Verkehrssicherheit unproblematisch. Zusammenfassend ist festgehalten: Bei Realisierung der Erschließungsvariante 1 könne das prognostizierte Verkehrsaufkommen leistungsfähig abgewickelt werden. Eine Anpassung der vorhandenen Signalsteuerungen sei nicht erforderlich. Eine bauliche Anpassung sei im Bereich der Anbindung an den S.      Weg durch die Anlage einer Aufstellfläche für Linksabbieger erforderlich.

Unter dem 14. Oktober 2011 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung eines Nachtrags zur Baugenehmigung. Der Nachtrag sei erforderlich geworden, weil seit der Antragstellung „nutzungsspezifische Modifikationen“ – nämlich eine Veränderung der Breite der Lagerachse, die Neuorganisation des Sozialbereichs und die Aufnahme einer Backnische mit Tiefkühlzelle in das Gesamtkonzept – vorgenommen worden seien. Die Größe der Verkaufsfläche sowie die Zu- und Abfahrtssituationen im Bereich der Q.----------straße und des S.      Wegs seien unverändert geblieben und entsprächen der Baugenehmigung. Aus dem mit dem neuen Antrag vorgelegten amtlichen Lageplan ergeben sich u.a. eine Verringerung der vorgesehenen Stellplätze von 89 auf 84 sowie Veränderungen in der Stellplatzanordnung.

Zu der geänderten Planung legte die Beigeladene eine ergänzende Verkehrsuntersuchung vor.

J.  Anschreiben der Gutachter heißt es hinsichtlich der Zufahrt Q.----------straße : Die Lage der Zu-/Ausfahrt entspreche der vorherigen Planung. Durch die geänderte Stellplatzanordnung rücke die Stellplatzreihe am nördlichen Grundstücksrand um etwa 2,5 m weiter von der Q.----------straße ab. Durch die neue Parkreihe vor dem Gebäude verringere sich der Abstand zwischen der Q.----------straße und der nächstgelegenen Parkmöglichkeit auf dem Grundstück um etwa 2 m. Allerdings seien die verbleibenden etwa 20 m zwischen Stellplatz und Fahrbahnrand ausreichend, um auch nach Schrankenöffnung den auf das Grundstück einfahrenden Verkehr aufzunehmen und eine Blockierung des Abflusses im Bereich des Bahnübergangs mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Zwischen den beiden Stellplatzreihen verbleibe eine Fahrgasse, die an der engsten Stelle eine Breite von etwa 6,2 m aufweise. Dies sei für die Begegnung zweier Pkw ausreichend. Die gutachterlichen Aussagen vom Juli 2011 hätten daher auch bezogen auf diese Zufahrt nach wie vor Bestand. In der ergänzenden Verkehrsuntersuchung heißt es weiter: J.  Unterschied zu der im ursprünglichen Gutachten empfohlenen Erschließungsvariante solle die Anbindung an die Q.----------straße nun lediglich als „rechtsreinrechtsraus-Lösung“ angelegt werden. Aufgrund dieser Änderung der Verkehrsführung sei zu erwarten, dass der Verkehr mit dem Ziel Q.----------straße -Nord das Gelände künftig über die Anbindung S.      Weg verlasse und an dem – mit einer verkehrsabhängigen Signalsteuerung ausgestatteten – Knotenpunkt S.      Weg/Q.----------straße nach links in die Q.----------straße abbiege. Dies führe an diesem Knotenpunkt in der nachmittäglichen Spitzenstunde zu einer Zunahme der Linksabbieger um 23 Kraftfahrzeuge. Auch angesichts der sich dadurch in den verschiedenen Fahrrichtungen ergebenden Zeitverluste – der größte Verlust, nämlich 30 Sekunden im Mittel, ergebe sich für die genannten Linksabbieger – bleibe die Verkehrsqualität noch im befriedigenden Bereich. J.  Ergebnis, könne auch die neue Erschließungssituation im Straßennetz leistungsfähig abgewickelt werden.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2012 nahm die Klägerin Bezug auf eine E-Mail vom 9. Januar 2012, mit der der Fachbereich der Beklagten „Bürgerservice, Ordnung und Feuerschutz“ um Mitteilung gebeten habe, ob gegen die geplante Erschließung an der Q.----------straße Bedenken bestünden. Sie verwies auf den gegen die Planung bereits erhobenen „Einspruch“. Sie halte an ihrer Auffassung fest, da an einer Räumstrecke eines Bahnübergangs nach den Vorschriften des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (EKrG) sowie ihres eigenen „Regelwerks Bautechnik, Leit-, Signal- und Telekommunikationstechnik, Richtlinienfamilie 815, Bahnübergänge planen und in Stand halten“ (RiL 815) keine Zuwegungen zulässig seien. Die eisenbahnspezifischen Belange seien bisher nicht berücksichtigt worden. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass sie sämtliche bei Realisierung des Vorhabens erforderlich werdenden Verkehrssicherheitsmaßnahmen der Beklagten in Rechnung stellen werde.

Mit E-Mail vom 24. Januar 2012 wiederholte sie ihr Vorbringen.

Die Beklagte antwortete am 24. Januar 2012 mit einer auch an Vertreter des Eisenbahnbundesamts gerichteten E-Mail: Es gebe keine gesetzliche Regelung, die die Erschließung (Zufahrt/Abfahrt) eines Grundstücks innerhalb der Räumstrecke eines Bahnübergangs verbiete. Die Baugenehmigungsunterlagen seien durch einen Nachtrag dahingehend geändert worden, dass die Breite der Grundstückseinfahrt/-ausfahrt nun 12 m betrage und sich im direkten Einmündungsbereich keine Parkstände mehr befänden, so dass ein Blockieren der Zufahrt und damit ein Rückstau auf den Bahnübergang höchst unwahrscheinlich sei. Die durchgezogene Linie (Verkehrszeichen 295) im Bereich der Räumstrecke (Kurven-/Einmündungsbereich) bleibe bestehen, so dass sowohl von der Q.----------straße als auch vom SB-Markt-Gelände nur das Rechtsabbiegen zulässig sei.

Das Eisenbahnbundesamt erwiderte mit E-Mail vom 31. Januar 2017: Auch nach den beschriebenen Verbesserungen sei zu befürchten, dass es zu Rückstau auf dem Bahnübergang kommen könne. Zum einen sei zu befürchten, dass trotz des Verkehrszeichens 295 in der Räumstrecke immer wieder verbotenerweise nach links in die Zufahrt eingebogen bzw. nach links aus der Zufahrt herausgefahren werde. Nördlich des Bahnübergangs befinde sich ein größeres Wohngebiet. Für Anwohner, die auf dem Weg von der Arbeit (südlich des Bahnübergangs) nach Hause (nördlich des Bahnübergangs) noch einkaufen wollten, wäre es der einfachste Weg, von der Q.----------straße aus nach links auf den Parkplatz zu fahren und nach dem Einkauf wieder nach links auf diese T1.      einzubiegen, um den Heimweg fortzusetzen. Durch die erstgenannten Linksabbieger werde immer wieder die für den Begegnungsfall mit einem Lkw nötige Breite der Räumstrecke eingeschränkt, was zu Rückstau auf den Bahnübergang führen könne. Zum anderen bleibe das „schon beim letzten Mal beschriebene“ Problem der „vorrangberechtigten Fußgänger“, das ebenfalls zu Rückstau führen könne. Sollte die Zufahrt trotzdem angelegt werden, werde die Situation im Rahmen der Eisenbahnaufsicht überprüft werden. Sollte sich dabei herausstellen, dass es zu potentiell gefährlichen Ereignissen kommen könne, seien gegenüber der   Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit anzuordnen. Eine solche Maßnahme könne unter anderem die dauernde zusätzliche Sicherung des Bahnübergangs durch Posten sein, die deutlich längere Schließzeiten des Bahnübergangs nach sich ziehen würde.

B1.  26. Januar 2012 vermerkten Mitarbeiter des Fachbereichs 2 „Stadtentwicklung und Stadtförderung – Stadtplanung“ der Beklagten, aus Verkehrssicherheitsgründen werde die Beklagte die Fahrbahnmarkierung mit einer durchgezogenen Linie (Fahrstreifenbegrenzung / StVO-Zeichen 295) in der Q.----------straße beibehalten. Da ein Überfahren dieser Markierung nach StVO untersagt sei, resultiere für die nördliche Zufahrt zum Vorhabengrundstück eine „rechtsreinrechtsraus“-Regelung. Dadurch würden mögliche Konflikte durch zurückstauende Kraftfahrzeuge sowohl für den Bahnübergang als auch für die Q.----------straße minimiert. Das mit dem Bauantrag vorgelegte Verkehrsgutachten sei um eine Prüfung der Erschließung, insbesondere der Zufahrt am S.      Weg sowie des Knotenpunktes Q.----------straße /S.      Weg, unter diesen Rahmenbedingungen zu ergänzen.

Unter dem 10. Februar 2012 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine „Teil-Nachtragsbaugenehmigung“, mit der sie gestattete, auf der Grundlage eines – mit Zugehörigkeitsstempel versehenen – Auszugs aus dem mit dem Nachtragsantrag vorgelegten amtlichen Lageplan mit dem Aushub der Baugrube, dem Einbringen der Fundamente und der Kellersohle, dem Verlegen der Entwässerungsleitungen und dem Herstellen des Rohbaus zu beginnen.

Unter dem 16. Mai 2012 erteilte die Beklagte der Beigeladenen antragsgemäß eine „Nachtragsbaugenehmigung“. Änderungen gegenüber der bereits erteilten Baugenehmigung seien bezüglich der Stellplatzzahl und -anordnung, der Grundstückszufahrt an der Q.----------straße und am S.      Weg, der Höhenlage des Parkplatzes, des Standortes/der Grundrisslage des Gebäudes, der Lkw Zufahrt, des Grundrisses und der Raumanordnung, der Ansichten und des Schnitts, des Brandschutzkonzepts sowie der Nutzfläche vorgenommen worden. Die Nachtragsgenehmigung sei Bestandteil der bereits erteilten Baugenehmigung. Ziffer 1. weist darauf hin, die ergänzende Verkehrsuntersuchung vom 3. Februar 2012 sei zu beachten. Ziffer 2. enthält die als Auflage ausgewiesene Nebenbestimmung: „Das Verkehrsgutachten sieht für die Anbindung an die Q.----------straße nur eine „rechtsreinrechtsraus-Lösung“ vor. Zur Sicherung der Zu- und Abfahrt ist eine entsprechende Beschilderung nach Straßenverkehrsordnung vorzunehmen.“ In Ziffer 7.-8. wird auf die Stellungnahmen der Klägerin vom 24. Januar 2012 und des Eisenbahnbundesamts vom 31. Januar 2012 hingewiesen. Weiter heißt es bezüglich der Zu- und Ausfahrt Q.----------straße :

„9. Es wird … ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Stadt I2.      Kosten zur Sicherung des Anschlusses an die Q.----------straße nicht übernehmen, sondern an die jeweils an der Zufahrt partizipierenden Gewerbebetriebe weiterreichen wird. Sollte die Kostenübernahme nicht erfolgen, behält sich die Stadt I2.      vor, die Zufahrt zu sperren. (H)

10. Die Stadt I2.      behält sich die Sperrung der Zufahrt auch für den Fall vor, dass die Überprüfung im Rahmen der Eisenbahnaufsicht tatsächlich zu dem Ergebnis kommt, dass es durch die Zufahrt zu potentiell gefährlichen Ereignissen kommen kann. (H)

11. Die Stadt I2.      behält sich ebenfalls vor, für den Fall der notwendigen Schließung der Zu- und Abfahrt an der Q.----------straße Anordnungen zur dann veränderten Frequentierung der Zu- und Abfahrt am S.      Weg zu treffen. (H)“

Die Klägerin erhielt die „Nachtragsbaugenehmigung“ auf Nachfrage per Post am 16. Juli 2012.

Unter dem 7. September 2012 wurde die Klägerin vom Eisenbahnbundesamt im Rahmen der Eisenbahnaufsicht angehört und zu einer Stellungnahme unter anderem bezüglich ihres Umgangs mit der Gefahrenlage am Bahnübergang „Q.----------straße “ aufgefordert. In diesem Schreiben heißt es: J.  Baugenehmigungsverfahren der Beigeladenen habe das Eisenbahnbundesamt zweimal schriftlich erhebliche Bedenken gegen die geplante Zufahrt an der Q.----------straße geäußert. Die Baugenehmigung sei trotz dieser Bedenken erteilt worden. Das Eisenbahnbundesamt habe die örtliche Situation nach Eröffnung des SB-Marktes überprüft und dabei unter anderem festgestellt, dass es – wie befürchtet – zu Rückstaus am Bahnübergang komme. Die festgestellten „Räumprobleme“ bedeuteten eine „konkrete Gefahr“ sowohl für den Eisenbahnbetrieb als auch für die Straßenverkehrsteilnehmer, denn sollte sich ein Straßenfahrzeug noch auf den Gleisen des Bahnübergangs befinden, wenn sich eine Zugfahrt nähere, werde es aufgrund der dort zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Zusammenprall zwischen dem Zug und dem Kraftfahrzeug kommen. Um die Sicherheit nach § 4 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) wiederherzustellen, sei am 5. September 2012 eine Langsamfahrstelle eingerichtet worden, die aber zu betrieblichen und sicherungstechnischen Problemen geführt habe, so dass ab dem 6. September 2012 stattdessen ein Freimeldeposten eingesetzt werde. Dessen Aufgabe sei es, dem Fahrdienstleiter nach Schließen des Bahnübergangs das Freisein des Gefahrraums zu bestätigen; erst dann werde die den Bahnübergang deckende Signalanlage auf „Fahrt“ gestellt. Die Problematik am Bahnübergang sei der Klägerin hinlänglich bekannt gewesen, gleichwohl sei sie erst tätig geworden, nachdem das Eisenbahnbundesamt sie dazu aufgefordert habe. Dies betreffe sowohl die Überprüfung vor Ort als auch die Veranlassung von Ersatzmaßnahmen. Nur die Beklagte aufzufordern, die Ursache für die Probleme zu beseitigen, reiche bei einer konkreten Gefahr nicht aus.

Bereits am 9. August 2012 hat die Klägerin – ursprünglich allein gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung, mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2016 erweitert um einen Zahlungsantrag – Klage erhoben.

Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor: Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung in Gestalt des Nachtrags vom 16. Mai 2012 sei formell rechtswidrig erteilt worden. Sie, die Klägerin, sei weder angehört noch in anderer Weise beteiligt worden. Eine Anhörung sei schon nach § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land NRW (VwVfG NRW) erforderlich gewesen. Darüber hinaus sehe § 5 der Richtlinie 815 „Bahnübergänge planen und in Stand halten“ – die zwar nach § 1 nur für die mit der Planung, dem Bau, der Instandhaltung und dem Betrieb von mit Bahnübergängen befassten Mitarbeitern gelte, aber nach § 2 auf allgemeinen Rechtsgrundlagen, insbesondere dem AEG, dem EKrG und der Straßenverkehrsordnung (StVO) beruhe – vor, dass die Art der technischen Bahnübergangssicherung und die Art der Verkehrsregelung jeweils von der Bahnverwaltung, der Straßenverkehrsbehörde und den sonstigen Stellen im gegenseitigen Einvernehmen zu planen und abzunehmen seien. Die Baugenehmigung sei zudem nicht hinreichend bestimmt. Es fehle an „jeglicher Abwägung oder Begründung. Die Stellungnahmen der Betroffenen“ würden zwar in der Nachtragsgenehmigung erwähnt, es fehle aber an einer Auseinandersetzung mit den darin vorgetragenen Tatsachen und Rechtsansichten. Schließlich sei die Baugenehmigung ihr nicht zugestellt worden.Die angegriffene Baugenehmigung sei auch materiell rechtswidrig. Das Vorhaben füge sich nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) in die nähere Umgebung ein und verstoße gegen das – auch nachbarschützende – Gebot der Rücksichtnahme, weil es geeignet sei, bewältigungsbedürftige Spannungen zu begründen bzw. auszulösen, vorhandene Spannungen zu erhöhen bzw. zu verstärken und die gegebene Situation zu verschlechtern, zu stören, zu belasten oder in Bewegung zu bringen. Der durch das genehmigte Vorhaben ausgelöste öffentliche Verkehr verändere die Situation nachträglich zu Lasten der Anlieger. Er berge die Gefahr eines Rückstaus auf dem Bahnübergang. Die Räumstrecke von 25 m, die nach § 2 Abs. 1 Eisenbahnordnung (EBO) in Verbindung mit der Richtlinie 815 der Deutschen C.    und der Eisenbahnspezifischen Liste Technischer Baubestimmungen (ELTB) hinter dem Bahnübergang freizuhalten sei, werde jedenfalls im Begegnungsfall mit LKW/Lastzügen eingeschränkt. Dabei sei unerheblich, dass sich die Gefahr nur realisiere, wenn sich die Verkehrsteilnehmer durch das Überqueren der durchgezogenen Linie an der Q.----------straße ordnungswidrig verhielten. Maßgeblich sei der Ist-Zustand im Vergleich zum voraussichtlich eintretenden Plan-Standard (Prognose). Es sei nicht auf eine fiktive Situation abzustellen, die sich ergäbe, wenn sich alle Verkehrsteilnehmer der StVO gemäß verhielten. Vielmehr sei die Situation so zu erfassen, wie sie sich tatsächlich darstelle, so dass sich eine Differenzierung zwischen ordnungsgemäßem und ordnungswidrigem Verhalten verbiete. Wegen des nördlich des Bahnübergangs gelegenen Wohngebiets sei ein regelwidriges Verhalten der Verkehrsteilnehmer wahrscheinlich. Dies zeige auch die im gerichtlichen Ortstermin von der Klägerin geforderte, für die Monate September bis November 2015 erstellte Dokumentation. Sie zeige, dass an der fraglichen Zufahrt 80 % der Verkehrsteilnehmer verbotswidrig links abbögen. Dieses regelwidrige Verhalten der Verkehrsteilnehmer müsse die Beklagte im Rahmen ihrer Prognose berücksichtigen. Darüber hinaus könne ein Rückstau auf dem Bahnübergang dann entstehen, wenn ein vorrangberechtigter  Fußgänger den Bürgersteig entlang der in Rede stehenden Grundstückseinfahrt passiere, den ein – ordnungsgemäß – aus Richtung Norden rechts in das Vorhabengrundstück einbiegender Verkehrsteilnehmer zunächst vorbeilassen müsse.Die Gefährdungslage mache einen dauerhaften Sicherungsposten und verlängerte Schließzeiten erforderlich. Die vorhandene Verkehrssituation verändere sich dadurch nachteilig zulasten der Anlieger und bedeute für sie, die Klägerin, unzumutbare Kosten. Für diese Kosten sei die Beklagte ersatzpflichtig.Ein Ersatzanspruch ergebe sich in entsprechender Anwendung der §§ 683 Satz 1 und 2, 670 und 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus öffentlichrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag. Auf dieses Rechtsinstitut sei zurückzugreifen, weil das öffentliche Recht die Frage der Kostentragungspflicht für den vorliegenden Fall im Übrigen ungeregelt lasse. Der Einsatz des Sicherungspostens am Bahnübergang „Q.----------straße “ stelle ein Geschäft der Beklagten dar und sei damit für die Klägerin fremd im Sinne des § 677 BGB. Der Einsatz des Sicherungspostens sei erst durch die mit der von der Beklagten erteilten Baugenehmigung geschaffenen neuen Verkehrssituation notwendig geworden. Das Eisenbahnbundesamt habe – wie sich aus dessen Anhörungsschreiben vom 7. September 2012 ergebe – das Räumproblem bei einer Verkehrsschau bestätigt gefunden und eine konkrete Gefahr sowohl für den Eisenbahnbetrieb als auch für die Straßenverkehrsteilnehmer festgestellt. Auch aufgrund des gerichtlichen Ortstermins und der daraufhin vorgelegten Dokumentation der Verkehrsverstöße beim Abbiegeverhalten stehe fest, dass diese Einschätzung richtig sei und die gewählte „rechtsreinrechtsraus-Lösung“ zur Gefahrenabwehr nicht ausreiche, weil sich die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer nicht daran halte. Die Ursache für diese Problematik habe die Beklagte durch die streitgegenständliche Baugenehmigung gesetzt. Die Beklagte sei zur Sicherung des Bahnübergangs verpflichtet, weil sie die Gefahr veranlasst habe. Außerdem sei sie als Straßenbaulastträgerin verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die sie nach dem jeweiligen Stand der Technik als verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Fachmann für ausreichend halten dürfe, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Da die Beklagte dieser Verpflichtung trotz der geäußerten Bedenken nicht nachgekommen sei, sei der Sicherheitsposten ab dem 6. September 2012 auf Anordnung des Eisenbahnbundesamts und Kosten der Klägerin eingesetzt worden. Die Klägerin handele bei der Sicherung des Bahnübergangs mit Fremdgeschäftsführungswillen, was auch darin zum Ausdruck komme, dass sie bereits vor Erlass der angegriffenen Baugenehmigung Bedenken an der geplanten Zufahrt geäußert und die Beklagte zur Gefahrenabwehr aufgefordert habe. J.  Übrigen schließe die Wahrnehmung auch eigener Interessen, hier der Herstellung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebs nach der Neuordnung der Verkehrslage, den Fremdgeschäftsführungswillen nicht aus. Die Klägerin sei zur Geschäftsführung ohne Auftrag berechtigt. Ein etwaig entgegenstehender Wille der Beklagten schließe den Aufwendungsersatzausspruch nicht aus, da ohne die Geschäftsführung durch die Klägerin eine Pflicht der Beklagten, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liege, nicht rechtzeitig erfüllt würde (§§ 679, 683 BGB analog). Die konkrete Gefährdung der Verkehrsteilnehmer habe keinen Aufschub zugelassen. Auf Rechtsfolgenseite habe die Klägerin Anspruch auf den Ersatz der Aufwendungen die sie den Umständen nach für erforderlich halten dürfe (§ 670 BGB). Die Notwendigkeit des Einsatzes des Sicherungspostens ergebe sich schon aus der Anordnung des Eisenbahnbundesamts. Eine weniger kostenintensive Sicherung des Bahnübergangs sei danach nicht möglich gewesen.Ein Ersatzanspruch gegen die Beklagte ergebe sich darüber hinaus auch aus der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung, denn in deren Ziffer 8. sei ausgeführt, dass die Klägerin darauf hingewiesen habe, die sich aus den Sicherungsmaßnahmen ergebenden Kosten der Beklagten in Rechnung zu stellen.Der Aufwendungsersatzanspruch belaufe sich für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum 31. August 2015 auf insgesamt 415.582,15 €. Mit der Sicherung des Bahnübergangs „Q.----------straße “ habe die Klägerin die konzernintern zuständige DB Fahrwegdienste GmbH Niederlassung West beauftragt, die ihren Einsatz mit der Klägerin abrechne. Die genannte Summe ergebe sich aus dem vorgelegten Einzelnachweis. Es handele sich um die Position „BWA 112 bezogene Leistungen von anderen (Konzernverrechnung)“. Dabei ergebe sich die Gesamtsumme aus vier unterschiedlichen Aufträgen und Abrechnungen (Bl. 417 ff. Gerichtsakte). Die Klageerweiterung um die von September bis Dezember 2015 und das Jahr 2016 angefallenen Kosten bleibe vorbehalten.

Die Klägerin beantragt,

die Baugenehmigung der Beklagten vom 14. Oktober 2011 in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 16. Mai 2012 aufzuheben

und

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 415.582,15 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Hinsichtlich der Anfechtungsklage sei bereits zweifelhaft, ob die Klägerin klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sei. Sie lege nicht dar, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Auf eine Veränderung der Verkehrssituation zulasten der Anlieger im Allgemeinen oder eine Gefährdung der Verkehrssicherheit könne sie sich nicht berufen.Die Anfechtungsklage sei jedenfalls unbegründet, denn die angefochtene Baugenehmigung sei formell und materiell rechtmäßig. Eine Anhörung der Klägerin nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW sei nicht in Betracht gekommen. Diese Vorschrift sehe nur die Anhörung von Beteiligten im Sinne des § 13 VwVfG NRW vor und Beteiligte in diesem Sinne sei die Klägerin im Baugenehmigungsverfahren der Beigeladenen nicht gewesen. J.  Übrigen komme eine Aufhebung der angegriffenen Baugenehmigung wegen einer unterbliebenen Anhörung nach § 46 VwVfG NRW nicht in Betracht. Neben der Sache liege auch der Vortrag, die Baugenehmigung in Gestalt der Nachtragsgenehmigung sei zu unbestimmt, weil es ihr an einer Abwägung oder Begründung fehle. Die angegriffene Baugenehmigung sei hinreichend bestimmt, weil sie eindeutig erkennen lasse, welches Vorhaben mit den öffentlichrechtlichen Vorschriften vereinbar sei und welches Vorhaben zum Bau freigegeben werde. Einer Begründung bedürfe die Baugenehmigung nach § 75 Abs. 1 S. 2, Halbs. 2. Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) nicht.Die von der Klägerin erhobenen Bedenken seien in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffend. Nach der verkehrstechnischen Untersuchung sei nicht erkennbar, dass an einer Räumstrecke eines Bahnübergangs keine Zufahrt liegen dürfe. Als Ergebnis des Verkehrsgutachtens stehe fest, dass auch bei einer Einbiege-Möglichkeit von der Q.----------straße auf das Vorhabengrundstück kein Rückstau entstehe, der eine Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich des Bahnübergangs begründen könne. J.  Einfahrtsbereich des Vorhabengrundstücks habe die Beigeladene auf einzelne Stellplätze verzichtet, um einen größeren Rückstauraum zu schaffen. Trotz der ursprünglichen „linksreinlinksraus“-Planung sei schließlich einer „rechtsreinrechtsraus“-Lösung zugestimmt worden. Durch diese Lösung (Haltelinie, durchgezogene Mittellinie und vorgegebene Fahrtrichtung) werde ein regelkonformer Zu- und Abfahrtsverkehr ermöglicht. Bei regelkonformem Verhalten sei ein störungsfreier Begegnungsverkehr am Bahnübergang in ausreichendem Maße gewährleistet. Das im Ortstermin vom Gericht herausgearbeitete Argument, dass Fußgänger, die die Bahnanlage querten, die von der Q.----------straße nach rechts abbiegenden Autofahrer an der Einfahrt in den Parkplatz der Beigeladenen hindern und schlimmstenfalls einen Rückstau auf den Schienen verursachen könnten, sei weder vom Verkehrsgutachter gesehen noch in der Lebenswirklichkeit nach Ausnutzung der Baugenehmigung jemals beobachtet worden. Zwar müsse sich eine Gefahrenlage nicht erst aktualisiert haben, bevor sie rechtlich relevant werde, doch fehle es an tatsächlichen Anhaltspunkten, um das Verkehrsgutachten in dieser Hinsicht infrage zu stellen.In rechtlicher Hinsicht könne sich die Klägerin auf Belastungen der Wohnnachbarn im Sinne des Rücksichtnahmegebots nicht berufen. Auch das Gebot, Gefährdungen des allgemeinen Straßenverkehrs zu vermeiden, vermittele keinen Drittschutz für Infrastrukturunternehmen. Die Vorschriften der Richtlinie 815 „Bahnübergänge planen und in Stand halten“ hätten lediglich bahninterne Bedeutung und keine Außenwirkung. Eisenbahnkreuzungsrecht sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Dass die Erschließung des Vorhabens nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) gesichert sei, etwa weil es zu unzuträglichen Verkehrsverhältnissen auf dem Schienenweg komme, habe die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Soweit die Klägerin dies annehme, berufe sie sich auf ein verkehrswidriges Verhalten der Verkehrsteilnehmer. Rechtswidriges Verhalten von Normbetroffenen, hier von Teilnehmern am öffentlichen Straßenverkehr, müsse sie der Prüfung von gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen im Baugenehmigungsverfahren nicht zugrunde legen. Ausnahmen könnten möglicherweise dort gelten, wo normwidriges Verhalten durch die Ausgestaltung einer baulichen Anlage geradezu herausgefordert oder intendiert werde. Davon könne hier aber keine Rede sein. J.  Übrigen entspreche die verkehrliche Situation am Bahnübergang „Q.----------straße “ dem Regelplan I zu dem vom Verkehrsministerium am 4. November 2003 veröffentlichten und weiterhin aktuellen „Leitfaden zur Durchführung von Bahnübergangsschauen“. Dieser sehe eine durchgehende weiße Linie (Fahrbahnbegrenzung) im Bereich der 25 m langen Räumstrecke vor. Sinn dieser Fahrbahnbegrenzung sei die Freihaltung der Räumstrecke, die sich aus dem Reaktions- und Bremsweg eines Straßenfahrzeugs, der Sperrstrecke sowie der Aufstelllänge des Straßenfahrzeugs hinter dem Bahnübergang zusammensetze. Daher dürfe es direkt hinter einem Bahnübergang zu keiner Linksabbiegerbeziehung mit Wartepflicht kommen. So werde die Situation bezeichnet, in der ein Straßenfahrzeug links in eine Seitenstraße oder Grundstückszufahrt unmittelbar hinter dem Bahnübergang abbiegen wolle. In einer derartigen Situation habe der Verkehrsteilnehmer den entgegenkommenden Straßenfahrzeugen die Vorfahrt zu gewähren und könne wegen seiner Wartepflicht den Bahnübergang nicht räumen. Diese Konstellation einer direkten Linksabbiegerbeziehung hinter dem Bahnübergang sei im vorliegenden Fall aber gerade nicht gegeben.Soweit die Klägerin ihre Klage nachträglich um einen Leistungsantrag erweitert habe, handele es sich um eine Klageänderung nach § 91 VwGO. Es sei bereits an der Zulässigkeit zu zweifeln, denn Klageänderungen, die zu einer nachhaltigen Verlängerung des Verfahrens führten, etwa weil neuer Sachverhalt aufzuklären und rechtlich zu bewerten sei, seien nicht sachdienlich. Der geltend gemachte Anspruch sei aber jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Die Voraussetzungen einer öffentlichrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag lägen nicht vor. Die von der Klägerin ergriffenen Maßnahmen beträfen kein Geschäft der Beklagten, sondern ein eigenes. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich im Urteil vom 11. Juni 1991 – Az. 7 C 1/91 – mit einer vergleichbaren Konstellation befasst und festgestellt, dass § 14 Abs. 2 EKrG eine Regelung darüber enthalte, in wessen Aufgabenbereich die Stellung von Streckenposten zur Sicherung eines Bahnübergangs falle. Der Gesetzgeber habe die Zuständigkeitsverteilung zwischen Eisenbahnunternehmer und Straßenverkehrsbehörde eindeutig und überschneidungsfrei geregelt. Der Straßenverkehrsbehörde sei die Kompetenz zur Gefahrenabwehr lediglich im räumlichen Vorfeld der Kreuzungsanlage übertragen. Die Gewährleistung der Verkehrssicherheit im eigentlichen Kreuzungsbereich – wie hier am Bahnübergang Q.----------straße – obliege allein dem Eisenbahnunternehmen

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Die Anfechtungsklage sei mangels Klagebefugnis der Klägerin unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Klägerin habe die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten nicht dargelegt. Auf die Vorschriften der Richtlinie 815 „Bahnübergänge planen und in Stand halten“ könne sie sich nicht berufen, weil diese jedenfalls keine zu Gunsten der Klägerin drittschützenden Normen enthalte.

Die angegriffene Baugenehmigung sei formell rechtmäßig. Sollte eine Anhörung der Klägerin nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erforderlich gewesen sein, könnte sie nach § 45 Abs. 2 VwVfG NRW noch bis zum Abschluss des erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. J.  Übrigen hätten mit der Klägerin Abstimmungen stattgefunden. Unter anderem habe sie mit E-Mail vom 24. Januar 2012 Stellung genommen. Die Auffassung der Klägerin, die Baugenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt und begründet, sei nicht nachvollziehbar. Worin die Klägerin einen Bestimmtheitsmangel sehe, gebe sie nicht an. Eine Auseinandersetzung mit den von der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren vorgetragenen Tatsachen und Rechtsansichten habe in der Baugenehmigung nicht erfolgen müssen.

Die angegriffene Baugenehmigung sei auch materiell rechtmäßig. Hervorzuheben sei, dass ein Rückstau in die so genannte Räumstrecke bei der nun getroffenen „rechtsreinrechtsraus“-Regelung mit dem Verkehrszeichen einer durchgezogenen Linie, das ein Linksabbiegen in die und aus der Q.----------straße untersage, nur bei einem regelwidrigen Linksabbiegevorgang von dem Vorhabengrundstück in die Q.----------straße überhaupt denkbar sei. Ein solches regelwidriges Verhalten Dritter könne der Beigeladenen nicht zugerechnet werden. Es werde durch die Baugenehmigung auch nicht legitimiert oder begünstigt.

Die Klageänderung durch Erweiterung um den Leistungsantrag sei nach § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig- Sie sei nicht sachdienlich. Die Anfechtungsklage sei entscheidungsreif, während eine Entscheidung über den Leistungsantrag weitere Ermittlungen erfordere. Mit dem Kostenerstattungsanspruch führe die Klägerin gänzlich neuen Streitstoff in das Klageverfahren ein, für den das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden könne. Die Leistungsklage sei jedenfalls unbegründet. Die Voraussetzungen der öffentlichrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag seien nicht erfüllt. Insbesondere handele es sich bei dem Einsatz des Sicherungspostens schon nicht um ein (auch) fremdes, sondern um ein (allein) eigenes Geschäft der Klägerin. Die Klägerin sei nach § 14 Abs. 2 EKrG für die Sicherung der Eisenbahnanlage, zu der auch das eigentliche Kreuzungsgrundstück zähle, zuständig.

Die Ansicht der Klägerin, ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich auch aus Ziffer 8. der Nachtragsbaugenehmigung vom 16. Mai 2012 sei nicht nachvollziehbar. Schon aus dem Wortlaut der Ziffer 8. ergebe sich, dass dieser ein bindender Regelungscharakter nicht zukomme.

Gründe

Die Klage hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die gegen die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2011 in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 16. Mai 2012 erhobene Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist im Sinne des § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) klagebefugt.

Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO besteht, wenn die behauptete Rechtsverletzung zumindest möglich ist. Dies setzt voraus, dass die Anwendung von Normen des öffentlichen Rechts in Betracht kommt, die zumindest auch dem Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der rechtlichen Situation des Klägers befinden (Schutznormen), und die Verletzung eines solchen subjektiven öffentlichen Rechts nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder möglichen Betrachtungsweise ausgeschlossen erscheint.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – 6 C 24/12 –, juris Rn. 30 m.w.N.; W.-R. Schenke/R.-P. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015 – § 42 Rn. 66 m.w.N.

Nach diesen Maßstäben kann die Klägerin eine Klagebefugnis nicht aus einer formellen Rechtsposition nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW herleiten. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist einem Beteiligten, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Klägerin war im Baugenehmigungsverfahren der Beigeladenen als Antragstellerin und der Beklagten als Antragsgegnerin nicht Beteiligte im Sinne des § 13 Abs. 1 und 2 VwVfG NRW. Sie gehört damit nicht zu dem von § 28 Abs. 1 VwVfG NRW – neben dem öffentlichen Interesse an einer richtigen Entscheidung – geschützten Personenkreis. Ihr kommt insoweit kein subjektives öffentliches Recht zu. J.  Übrigen könnte sie sich auf eine unterbliebene Anhörung auch deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie im Verwaltungsverfahren zur Erteilung der angegriffenen Baugenehmigung tatsächlich die Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt und wahrgenommen hat, unter anderem mit Schreiben vom 16. Januar 2012. Selbst wenn sie ein subjektives öffentliches Recht auf eine Anhörung (gehabt) hätte, schiede eine Verletzung damit offensichtlich aus.

Auch ein subjektives öffentliches Recht der Klägerin auf eine sich mit den von ihr im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumenten auseinandersetzende Begründung und eine förmliche Zustellung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung besteht nicht. Nach § 75 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. BauO NRW braucht eine Baugenehmigung nicht begründet zu werden. Die Zustellung einer Ausfertigung der mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen ist in § 75 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW lediglich an den Antragsteller vorgesehen.

In materiellrechtlicher Hinsicht ergibt sich eine Klagebefugnis der Klägerin nicht aus dem in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Gebot der gesicherten Erschließung. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Regelung zugunsten der Klägerin Schutznorm im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ist. Das Gebot der gesicherten Erschließung dient grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse und hat keine (auch) nachbarschützende Funktion.

Vgl. OVG Saarl., Urteil vom 14. Juli 2016 – 2 A 46/15 –, juris Rn. 52, sowie zu den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über Grundstückszufahrten, die ebenfalls der Sicherung der Erschließung dienten: OVG NRW, Urteil vom 9. Juni 2011 – 7 A 1494/09 –, juris Rn. 71; BayVGH, Beschlüsse vom 29. August 2014 – 15 CS 14.615 –, juris Rn. 17, vom 1. März 2016 – 1 ZB 15.1560 –, juris Rn. 9; vom 1. Juni 2016 – 15 CS 16.789 –, juris Rn. 25; vom 6. Februar 2017 – 15 ZB 16.398 –, juris Rn. 66; jeweils m.w.N.

Nachbarrechte wegen fehlender oder unzureichender Erschließung eines Baugrundstücks hat die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung lediglich ausnahmsweise aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG hergeleitet, wenn die wegen unzureichender Erschließung rechtswidrige Baugenehmigung praktisch unmittelbar zu einer Verschlechterung des Nachbargrundstücks führt und damit unmittelbar in das Grundeigentum des Nachbarn eingreifen könnte. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Umsetzung der Baugenehmigung infolge des Fehlens der wegemäßigen Erschließung  des Baugrundstücks zur Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an dem Nachbargrundstück führt und damit gleichsam im Wege einer „Automatik“ eine unmittelbare Verschlechterung der Eigentumsrechte des Nachbarn bewirkt, ohne dass ihm hiergegen ein sonstiger effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht, weil die Baugenehmigung nach Bestandskraft auch für die Zivilgerichte bindende Wirkung entfaltet.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1998 – 4 B 45/98 –, juris Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2009 – 7 A 2548/08 –, juris Rn. 73 m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 – 15 CS 16.789 –, juris Rn. 16 m.w.N.; Nds OVG, Urteil vom 21. Januar 2016 – 1 LB 57/15 –, juris Rn. 14.

Eine solche Nachbarrechtsverletzung unmittelbar im Eigentumsgrundrecht ist aber auf seltene Ausnahmefälle beschränkt. J.  Regelfall kann nicht allein auf das Eigentumsgrundrecht zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) nachbarliche Abwehrrechte im Baurecht verfassungskonform ausgestaltet und insofern unter Einschluss der Grundsätze des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots (dazu für den vorliegenden Fall sogleich) ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitgestellt hat.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. September 1991 – 4 C 5.87BVerwGE 89, 69 = juris Rn. 40; vom 23. August 1996 – 4 C 13.94BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 40 ff.; vom 7. November 1997 – 4 C 7.97NVwZ 1998, 735 = juris Rn. 20 f.

Auf einen solchen Ausnahmefall kann sich die Klägerin nicht berufen. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung legalisiert keine ohne eine Zuwegung über das Grundstück der Klägerin unzureichend erschlossene bauliche Anlage. Die Erschließung der der Beigeladenen genehmigten baulichen Anlage ist bereits mit der Zu- und Ausfahrt zum S.      Weg gesichert, ohne dass es auf die Zu- und Ausfahrt zur Q.----------straße , deren Nutzung eine verstärkte Inanspruchnahme des Grundstücks der Klägerin und damit (möglicherweise) erhöhte Sicherheitsanforderungen zur Folge hat, ankommt. Die Erschließung eines Vorhabens ist nämlich bereits gesichert, wenn das Grundstück Verbindung zu einer öffentlichen T1.      hat, die geeignet ist, den von dem Vorhaben ausgelösten und ihm zuzurechnenden Verkehr aufzunehmen, ohne dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet wird. Das ist der Fall, wenn die vorhandene T1.      den vom Vorhaben ausgelösten Verkehr im Regelfall bewältigen kann. Eine nur kurzfristig auftretende Überlastung einer T1.      kann außer Betracht bleiben, wenn sie die Ausnahme bleibt und der Verkehr nur gelegentlich diese Folgen hat. Wird die T1.      allerdings so stark belastet, dass sich Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nur durch zusätzliche Maßnahmen wie die Straßenverbreiterung oder die Schaffung von Einfädelspuren gewährleisten lassen, reicht die vorhandene Erschließung nicht aus.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Februar 1984 – 4 C 8.80 -, BVerwGE 68, 352 (358) = juris Rn. 17, vom 19.9.1986 – 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 (44); vom 19. September 1986 – 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 (44) = juris Rn. 34; Beschlüsse vom 3. April 1996 – 4 B 253.95 -, NVwZ 1997, 389 = juris Rn. 11 f., vom 2. September 1999 – 4 B 47.99 -, juris Rn. 9; vom 20. April 2000 – 4 B 25.00 -, juris Rn. 6; OVG Lüneburg, Urteil vom 27. März 2008 – 1 LB 120/06 –, juris Rn. 37.

Diese Anforderungen sind vorliegend durch die Zu- und Ausfahrt zum S.      Weg gewährleistet. Dass allein der S.      Weg ohne die zusätzliche Zu- und Ausfahrt über die Q.----------straße das durch den genehmigten Lebensmittelmarkt voraussichtlich entstehende Verkehrsaufkommen nicht – oder nicht ohne zusätzliche Maßnahmen – aufnehmen könnte, macht weder die Klägerin geltend noch ist es sonst erkennbar.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass schon die genehmigte Stellplatzzahl von 84 zur Sicherung und Leichtigkeit des Verkehrs eine Erschließung über mehr als eine Zufahrtsstraße erfordern würde. Der S.      Weg ist zweispurig ausgebaut und verfügt auf der Höhe des Vorhabengrundstücks daneben über eine eigene Linksabbiegerspur. Die Zufahrt des Vorhabengrundstücks zum S.      Weg ist ebenfalls dreispurig, mit einer eigenen Linksabbiegerspur auf den S.      Weg angelegt. Diese Verkehrsregelung ist geeignet, typischerweise durch den Gegenverkehr abwartende Linksabbieger eintretende Verzögerungen für die übrigen Verkehrsteilnehmer zu vermeiden.

Auch das von der Beigeladenen vorgelegte Verkehrsgutachten gibt für die Annahme, die Anbindung an den S.      Weg sei nicht allein, sondern nur zusammen mit der Anbindung an die Q.----------straße geeignet, den vom Vorhaben ausgelösten Verkehr zu bewältigen, nichts her. Für die an der Q.----------straße ursprünglich vorgesehene, auch Linksabbieger nach Norden berücksichtigende Planung prognostizierte das Gutachten aus dem Jahr 2011 einen Zielverkehr von 27 und einen Quellverkehr von 24 Fahrzeugen in der Spitzenstunde. Für die letztlich genehmigte „rechtsreinrechtsraus“-Lösung berücksichtigt die ergänzende gutachterliche Stellungnahme diesen Quellverkehr bereits ganz überwiegend, nämlich mit 23 Fahrzeugen, als Linksabbieger an der Ausfahrt S.      Weg, ohne die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt zu sehen. Die größte in der Spitzenstunde eintretende Verzögerung, nämlich durchschnittlich 30 Sekunden für Linksabbieger an der Kreuzung S.      Weg/Q.----------straße , bewertet der Gutachter nachvollziehbar als für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs unbedenklich. Wäre auch der für die Einfahrt Q.----------straße prognostizierte Zielverkehr über den S.      Weg aus Richtung Osten abzuwickeln, ergäbe sich in der Spitzenstunde ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von 27 vom S.      Weg auf das Vorhabengrundstück rechts – und damit vom Gegenverkehr auf dem S.      Weg unabhängig – abbiegenden Fahrzeugen. Dafür, dass dieses zusätzliche Verkehrsaufkommen die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs am S.      Weg beeinträchtigen könnte, fehlt es an Anhaltspunkten. Der am S.      Weg zusätzlich zu berücksichtigende Zielverkehr würde insbesondere zu einer Zunahme von Rechtsabbiegebeziehungen führen, nämlich zum einen von der Q.----------straße in den S.      Weg und zum anderen vom S.      Weg auf das Vorhabengrundstück. Anhaltspunkte dafür, dass dies die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen könnte, bestehen nicht. Warum für oder durch die zusätzlichen Rechtsabbieger von der Q.----------straße in den S.      Weg an dieser Kreuzung eine über die durch und für die in der Gegenrichtung bereits berücksichtigten Linksabbieger prognostizierten 30 Sekunden wesentlich hinausgehende Verzögerung eintreten sollte, erschließt sich nicht. Für oder durch die vom S.      Weg nach rechts auf das Vorhabengrundstück abbiegenden Verkehrsteilnehmer ist mit Verzögerungen schon deshalb nicht zu rechnen, weil sie vom Gegenverkehr unabhängig abbiegen können und am Vorhabengrundstück auf eine eigens ausgewiesene Einfahrtsspur treffen.

Selbst wenn die Q.----------straße aufgrund des von der Klägerin auf dem G1.         17 betriebenen Bahnübergangs nicht geeignet sein sollte, den – aufgrund ordnungsgemäßer und/oder ordnungswidriger Nutzung der der Beigeladenen südlich des Bahnübergangs genehmigten Grundstückszufahrt zu erwartenden – Ziel- und Quellverkehr ohne zusätzliche Maßnahmen – wie etwa die Postierung einer Wache – aufzunehmen, wäre dies damit keine Frage der gesicherten Erschließung.

Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich aber aus dem – sei es in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, sei es in § 34 Abs. 2, Halbs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) verankerten – bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme. Insoweit beruft sich die Klägerin auf eine Schutznorm im vorgenannten Sinn, deren Verletzung nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder möglichen Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.

Auch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hat zwar grundsätzlich lediglich einen objektivrechtlichen Gehalt. Nachbarschützende Wirkung kommt ihm jedoch im Einzelfall insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 -, BVerwGE 52, 122 = juris Rn. 22, und vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 -, BRS 38 Nr. 186 = juris Rn. 38; Beschluss vom 20. April 2000 – 4 B 25/00 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 199 = juris Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 7. Juni 1994 – 10 B 2923/93 -, NWVBl. 1994, 421; OVG Thüringen, Beschluss vom 13. April 2011 – 1 EO 560/10 -, juris Rn. 28; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg /Krautzberger, BauGB, Stand: 1. November 2015, § 34 Rn. 141, m.w.N.

Mit ihrem Vortrag, die an der „Q.----------straße “ genehmigte Zufahrt löse ein Verkehrsaufkommen aus, das an dem auf ihrem Grundstück gelegenen Bahnübergang ein Rückstaupotential auf den Gleisen und damit eine Gefahr für die Sicherheit des Personen- und Güterverkehrs begründe, die sie nur mit zusätzlichen kostenträchtigen Mitteln beherrschen könne, macht die Klägerin einen auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme gestützten Abwehranspruch geltend, der bei der Prüfung des Merkmals des „sich Einfügens“ des Bauvorhabens in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB oder nach § 34 Abs. 2, Halbs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zu berücksichtigen ist und insoweit in qualifizierter und individualisierter Weise Rücksicht auch auf die Interessen der Grundstücksnachbarn als eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter gebietet, zu dem sie gehört. Die geltend gemachte Gefahr für den Personen- und Güterverkehr ist eine baurechtlich bedeutsame Auswirkung des von der Beigeladenen zur Genehmigung gestellten Vorhabens, die bei der Prüfung, ob von dem Vorhaben rücksichtslose, weil den Nachbarn nicht zumutbare Belästigungen oder Störungen ausgehen, zu berücksichtigen ist. Sie ist– in auch die Berücksichtigung der Interessen der Klägerin als Grundstücksnachbarin gebietender Weise – städtebaulich relevant.

Städtebauliche Bedeutung kann grundsätzlich jeder nur denkbare Gesichtspunkt erhalten, sobald er die Bodennutzung betrifft oder sich auf diese auswirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn vorhandene oder durch eine Planung entstehende Probleme oder Konflikte dadurch bewältigt werden sollen, dass für Grundstücke bestimmte Nutzungen zugewiesen, eingeschränkt oder untersagt werden oder dass eine räumliche Zuordnung oder Trennung von Nutzungen erfolgt. So sind auch die in § 1 Abs. 6 BauGB beispielhaft aufgeführten Belange im Einzelfall dann städtebaulich bedeutsam, wenn sie nach der konkreten Situation die Bodennutzung betreffen oder sich auf diese auswirken. Ist dies der Fall, sind sie nicht nur bei der Aufstellung von Bauleitplänen abwägungserheblich, sondern auch bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, zu berücksichtigen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2007 – 4 C 1/06 – juris Rn. 14; im Ergebnis auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Dezember 2013 – 1 ME 214/13 –, juris Rn. 19.

Die von der Klägerin geltend gemachte Gefahrenlage hat diese bodenrechtliche Relevanz. Der im vorliegenden Fall maßgebende abwägungserhebliche städtebauliche Gesichtspunkt findet sich in § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB. Danach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne u.a. die Belange des Personen- und Güterverkehrs zu berücksichtigen. Personen- und Güterverkehr in diesem Sinne ist sowohl Straßen- als auch Schienenverkehr, der der Beförderung von Personen und Gütern dient. Zu den Belangen des Personen- und Güterverkehrs gehört auch dessen Sicherheit.

Vgl. Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Kommentar, Stand: Mai 2015, § 1 Rn. 167.

An dieser Sicherheit besteht nicht nur ein öffentliches Interesse, sondern im Fall des Schienenverkehrs auch ein Interesse des die jeweilige Anlage betreibenden Eisenbahninfrastrukturunternehmens nach § 2 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG), das im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist.

Dem steht nicht entgegen, dass diese Störungen erst durch ein regelwidriges Verhalten Dritter entstehen, nämlich der Verkehrsteilnehmer, die entgegen der Regelung in § 19 Abs. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) auf den Bahnübergang auffahren, anstatt vor dem Andreaskreuz zu warten, obwohl der Bahnübergang – entweder wegen eines unter Verstoß gegen die durchgezogene Fahrbahnbegrenzung und die vorgegebene Fahrtrichtung (§ 41 StVO i.V.m. Nr. 68, Zeichen 295, und Nr. 2, Zeichen 209, der Anlage 2) aus der Grundstücksausfahrt der Beigeladenen links abbiegenden Fahrzeugs, das die Räumstrecke unmittelbar hinter dem Bahnübergang verstellt, oder wegen eines in das Vorhabengrundstück rechts abbiegenden Fahrzeugs, das unmittelbar hinter dem Bahnübergang wartet, um bevorrechtigte Fußgänger passieren zu lassen – nicht zügig und ohne Aufenthalt überquert werden kann. Für die Bestimmung städtebaulich bedeutsamer Auswirkungen eines Vorhabens kommt es nicht auf eine polizeirechtliche Störerverantwortlichkeit an, für die die Beschaffenheit oder die Nutzung des Grundstücks selbst die Gefahrengrenze – sei es auch „nur“ durch eine latente Störung oder eine Zweckveranlassung – überschreiten müsste.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2007 – 4 C 1/06 – juris Rn. 14.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass Gefahren für die Sicherheit des Personen- und Güterverkehrs nicht allein durch bodenrechtliche, sondern auch durch bauordnungsrechtliche, straßenverkehrsrechtliche und im Fall des Schienenverkehrs eisenbahnrechtliche Maßnahmen beherrschbar sind. Denn es liegt auf der Hand, dass durch die Zuordnung oder Trennung von Grundstücken, durch die Zuweisung zulässiger oder unzulässiger Nutzungen, durch die Führung von Verkehrswegen und die Regelung von Grundstückszufahrten ein Beitrag zumindest zur Verringerung solcher Gefährdungen geleistet werden kann und muss.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2007 – 4 C 1/06 – juris Rn. 15.

Ist die angegriffene Baugenehmigung somit am Maßstab des – auch dem Schutz der Klägerin als des den benachbarten Bahnübergang betreibenden Eisenbahninfrastrukturunternehmens zu dienen bestimmten – Gebots der Rücksichtnahme zu messen, erscheint eine Verletzung dieses nachbarrechtlichen Abwehranspruchs nach den örtlichen Gegebenheiten im konkreten Fall nicht offensichtlich nach jeder möglichen Betrachtungsweise ausgeschlossen. Ob die geltend gemachte Rechtsverletzung tatsächlich festzustellen ist, ist eine Frage der Begründetheit.

Ausgeschlossen ist eine Gefährdung des Personen- und Güterverkehrs am Bahnübergang Q.----------straße insbesondere nicht schon nach den Feststellungen des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Verkehrsgutachtens. Sein Fokus liegt ausdrücklich auf der Prognose des Verkehrsaufkommens und der Beurteilung der Funktionsfähigkeit der Anbindung des Vorhabens an den S.      Weg. Zum Bahnübergang Q.----------straße verhält es sich nur insoweit, als es feststellt, durch die vorhandene zweistufige Signalanlage werde der Quellverkehr vom Vorhabengrundstück auch bei Schrankenschließung „in den meisten Fällen“ ungehindert links abbiegen können. Dies schließt Komplikationen in Ausnahmefällen nicht aus. Soweit der Gutachter die zusätzliche Anbindung des Vorhabens an die Q.----------straße südlich des Bahnübergangs in der Gesamtbewertung nicht nur hinsichtlich der Leichtigkeit, sondern auch hinsichtlich der Sicherheit des Verkehrs für unproblematisch hält, steht seiner Bewertung in Bezug auf die räumliche Zuordnung von Grundstückszufahrt und Bahnübergang die Einschätzung des Eisenbahnbundesamts entgegen. Das Eisenbahnbundesamt verfügt als Aufsichtsbehörde für Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmen über besondere Sachkunde und Erfahrung. Es hat sowohl im Baugenehmigungsverfahren auf eine erwartete Gefährdung des Personen- und Güterverkehrs am Bahnübergang hingewiesen, als auch – ausweislich des an die Klägerin gerichteten Anhörungsschreibens – nach Genehmigungserteilung tatsächlich Rückstaus auf den Bahnübergang festgestellt und noch einmal auf eine bereits bei Genehmigungserteilung angelegte konkrete Gefahr für die Sicherheit des Straßen- und Schienenverkehrs verwiesen.

Die Anfechtungsklage ist begründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies setzt voraus, dass das Vorhaben in einer nicht durch einen rechtmäßigen Dispens ausräumbaren Weise gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, und – sofern sich dies aus der nachbarschützenden Vorschrift ergibt – die Klägerin durch das Vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt wird. Ob das Vorhaben objektiv, d.h. hinsichtlich der Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, wird im Klageverfahren hingegen nicht geprüft.

Vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1954 – 1 B 196.53 –, juris Rn. 12 = BVerwGE 1, 83; vom 5. Oktober 1965 – 4 C 3.65 –, juris Rn. 8 f. = BVerwGE 22, 129; vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 –, juris Rn. 15 = BVerwGE 32, 173, und vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, juris Rn. 35.

Die angegriffene Baugenehmigung verstößt gegen das – sei es in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, sei es in § 34 Abs. 2, Halbs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte – auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmte bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

Welche Anforderungen an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellen sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der konkreten Schutzwürdigkeit der im Einwirkungsbereich der baulichen Anlage liegenden Grundstücke und ihrer Bewohner, wobei Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit ihrerseits maßgeblich von der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation sowie den tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastungen abhängen. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls ist somit wesentlich, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, juris Rn. 22 = BVerwGE 52, 122, und vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, juris Rn. 38; Beschluss vom 20. April 2000 – 4 B 25/00 –, juris Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 7. Juni 1994 – 10 B 2923/93 -, NWVBl. 1994, 421; OVG Thüringen, Beschluss vom 13. April 2011 – 1 EO 560/10 -, juris Rn. 28; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1. November 2015, § 34 Rn. 141, mit weiteren Nachweisen.

Nach diesen Maßstäben führt die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu einer der Klägerin nicht mehr zumutbaren Gefahr für die Sicherheit des Personen- und Güterverkehrs im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB an dem auf ihrem Grundstück befindlichen Bahnübergang.

Die Kammer teilt die mit der Klage vorgetragene Befürchtung, dass die der Beigeladenen in unmittelbarer Nachbarschaft des Bahnübergangs genehmigte Grundstückszufahrt an der Q.----------straße auch tatsächlich das Risiko eines Rückstaus auf den Bahnübergang und damit die Gefahr einer Kollision von Straßen- und Schienenverkehr birgt, die sich jederzeit realisieren kann.

Das Risiko eines Rückstaus auf den Bahnübergang, der zu einer Kollision führen kann, besteht zum einen durch Verkehrsteilnehmer, die aus dem Vorhabengrundstück links in die Q.----------straße einbiegen und dort vor dem roten Hauptsignal anhalten. Dabei kann insbesondere ein überlanges oder ein als eines von mehreren abbiegendes Fahrzeug die – gemäß § 2 Abs. 1 EBO i.V.m. der sog. Richtlinie 815 (Abschnitt 815.0020, S. 5) als anerkannter Regel der Technik,

vgl. BayVGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – 22 A 09.4004 –, juris Rn. 22, –

auf der Gegenfahrbahn der Q.----------straße hinter dem Bahnübergang vorgesehene Räumstrecke teilweise verstellen und ein aus Richtung Norden – gegebenenfalls unter Verstoß gegen das dortige Vor- und oder Hauptsignal – bereits in den Gleisbereich eingefahrenes Fahrzeug am zügigen Passieren des Bahnübergangs hindern. Das Risiko eines Rückstaus auf den Bahnübergang, der zu einer Kollision führen kann, besteht zum anderen durch in das Grundstück der Beigeladenen rechts einbiegende Verkehrsteilnehmer, die zunächst einen oder mehrere – angesichts der nahegelegenen Wohngebiete zu erwartende – Fußgänger passieren lassen, wobei je nach Haltepunkt und Fahrzeuglänge sie selbst oder ihnen nachfolgende Fahrzeuge auf den Gleisen zu stehen kommen. Dabei droht eine Kollision mit dem Schienenverkehr nicht nur, wenn das rechtsabbiegende (und gegebenenfalls ein ihm nachfolgendes) Fahrzeug sich bei Aufleuchten des Hauptsignals bereits im Gleisbereich befindet, weil es ein Vorsignal missachtet hat, sondern, wie im Ortstermin protokolliert, auch dann, wenn zwei Zugfahrten den Bahnübergang so dicht hintereinander passieren, dass sich die Schranken in der Zwischenzeit lediglich kurz, etwa für die zeitliche Mindestdauer von 18 Sekunden, öffnen. 18 Sekunden sind die Zeit, die der langsamste anzunehmende Fußgänger nach der in der Richtlinie 815 (Abschnitt 815.0020, S. 4) zugrunde gelegten Geschwindigkeit benötigt, um den Bahnübergang zu queren. Setzen sich nach Schrankenöffnung alle Verkehrsteilnehmer wieder in Bewegung, können an der Einfahrt der Beigeladenen nach etwa 18 Sekunden sowohl ein Fußgänger als auch – je nach Verkehrsaufkommen – ein Fahrzeug eintreffen, das die Grundstückseinfahrt von einem der nördlichen Vor- oder Hauptsignalpunkte ansteuert, den Fußgänger passieren lässt und bereits im Gleisbereich weitere Fahrzeuge hinter sich hat, während die Signale bereits wieder umspringen.

Schließen sich in diesen Konstellationen die Schranken – was nach den Angaben des Eisenbahnbundsamts nicht technisch, sondern nur durch den inzwischen auf Kosten der Klägerin angeordneten sog. Freimeldeposten zu verhindern ist –, ist eine Kollision des herannahenden Zuges mit den auf den Gleisen befindlichen Fahrzeugen unausweichlich.

Dieser Befund eines Rückstau- und Kollisionsrisikos, das sich jederzeit realisieren kann, wird dadurch bestätigt, dass das Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde mit besonderer Sachkunde und Erfahrung sowohl im Baugenehmigungsverfahren als auch nach Genehmigungserteilung und festgestellter Rückstaus auf eine nach seiner Auffassung bereits bei Genehmigungserteilung bestehende konkrete Gefahr für die Sicherheit des Straßen- und Schienenverkehrs am Bahnübergang Q.----------straße hingewiesen hat.

Dabei unterstellt die Kammer zugunsten der Beigeladenen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Kollisionsgefahr realisiert, gering sein mag. Insoweit hat die Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Gefahr einer Kollision von Straßen- und Schienenverkehr durch aus dem Grundstück der Beigeladenen links in die Q.----------straße abbiegende Fahrzeuge sei durch die Vor- und Hauptsignale und die Haltelinien an diesen Signalen minimiert. Dies führt aber nicht zu einem überwiegenden Interesse der Beigeladenen an der Genehmigung eines Lebensmittelmarktes mit der in Rede stehenden Zufahrt in unmittelbarer Nachbarschaft des Bahnübergangs. Denn jede sicherheitsrelevante Gefahrenprognose beruht auf einer Korrelation von möglichem Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit. Dieser allgemeine Grundsatz gilt nicht nur im Gefahrenabwehrrecht, sondern findet auch Anwendung, wenn bei der bauplanungsrechtlichen Zuordnung verschiedener Nutzungen Sicherheitserwägungen anzustellen sind, die eine Gefahrenprognose erfordern. Auch hier sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dabei vermag allerdings eine lediglich unspezifische Besorgnis die gebotene Wahrscheinlichkeitsschwelle selbst bei einer Gefahr für hochrangige Rechtsgüter nicht zu überschreiten.

Vgl. zu allgemeinen Prognosegrundsätzen im Gefahrenabwehrrecht BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 – 1 C 19/11 –, juris Rn. 16 = BVerwGE 143, 277 m.w.N.; zur Gefahrenprognose im Bauplanungsrecht BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 – 4 C 1/06 –, juris Rn. 19.

J.  vorliegenden Fall wirkt die Korrelation von möglichem Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit zulasten der Beigeladenen. B1.  Bahnübergang Q.----------straße besteht infolge der in dessen unmittelbarer Nachbarschaft genehmigten Grundstückszufahrt eine Gefährdungslage, bei der der Schadenseintritt – über eine lediglich unspezifische Besorgnis hinaus – angesichts des drohenden Schadensausmaßes in einer bei der bauplanungsrechtlichen Zuordnung von Nutzungen nicht mehr zu vernachlässigenden Weise wahrscheinlich ist.

Bei der befürchteten Kollision zwischen Straßen- und Schienenverkehr droht eine erhebliche Gefahr nicht nur für Sachgüter, sondern vor allem für persönliche Rechtsgüter von erheblichem Rang, nämlich das Leben und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG).

Hinsichtlich der Schadenseintrittswahrscheinlichkeit ist schon unabhängig von der konkreten Örtlichkeit zu berücksichtigen, dass, wenn es um die Sicherheit an Bahnübergängen geht, nach der Lebenserfahrung jederzeit auch mit unvorsichtigem, unvernünftigem und regelwidrigem Verhalten von Verkehrsteilnehmern gerechnet werden muss.

Vgl. Marschall/Schweinsberg, Eisenbahnkreuzungsgesetz, 5. Aufl. 2000, § 3 Abschn. 2.1; BGH, Urteil vom 4. März 1954, 3 StR 281/53 –, VRS 6, 369 (370 f.).

Angesichts der konkreten örtlichen Verhältnisse gilt dies im Bereich des Bahnübergangs Q.----------straße in besonderem Maße. Die Örtlichkeit ist geprägt durch die unmittelbare Nachbarschaft von Bahnübergang und Grundstückszuwegung, durch die ebenfalls geringe Entfernung von ca. 16m des Bahnübergangs zur Einmündung der Q.----------straße in die T1.      B1.  L.          , sowie die günstige Position gerade der hier in Rede stehenden Grundstückszuwegung zu den nördlich der Bahnlinie gelegenen Wohngebieten. Die örtlichen Verhältnisse begünstigen Behinderungen in der für die Fahrbahnrichtung Nord-Süd der Q.----------straße vorgesehenen Räumstrecke. Zum einen hat die unmittelbare Nachbarschaft von Bahnübergang und Grundstückszuwegung zur Folge, dass ein Abbiegevorgang sowohl aus als auch nach Norden zwangsläufig die gemäß § 2 Abs. 1 EBO i.V.m. der sog. Richtlinie 815 der Beigeladenen (Abschnitt 815.0020, S. 5) für die nordsüdlich verlaufende Fahrbahn der Q.----------straße vorgesehene Räumstrecke berührt. Zum anderen bedeutet die günstige Lage der Zuwegung gerade für die nördlich des Bahnübergangs gelegenen Wohngebiete, dass mit einer erheblichen Zahl von aus dem Vorhabengrundstück links abbiegenden Verkehrsteilnehmern zu rechnen ist, was sich auch aus dem von der Beigeladenen ursprünglich vorgelegten Verkehrsgutachten ergibt. Denn für die in den Wohngebieten nördlich der Gleise lebenden Kunden der Beigeladenen bedeutet die Nutzung der Grundstücksausfahrt am S.      Weg einen Umweg über die mit einer Lichtzeichenanlage gesicherte und damit mit dem Risiko einer rotlichtbedingten Wartezeit verbundene Kreuzung S.      Weg/Q.----------straße , den der typische Verkehrsteilnehmer – gerade wenn er (dazu bietet sich die Lage des Lebensmittelmarktes der Beigeladenen an) den Einkauf schnell auf dem Heimweg erledigen möchte – nach der Erwartung der Kammer zu vermeiden sucht. Diese Einschätzung wird durch das von der Klägerin vorgelegte, von der Beklagten und der Beigeladenen nicht substantiiert in Zweifel gezogene Protokoll der im Zeitraum von September bis November 2015 verbotswidrig vom Vorhabengrundstück links auf den Bahnübergang abbiegenden Fahrzeuge bestätigt.

Die örtlichen Gegebenheiten begünstigen außerdem ein Auffahren von Kraftfahrzeugen auf den Bahnübergang. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Signalanlagen gilt dies jedenfalls für Fahrzeuge aus nordwestlicher Richtung. Denn die Vorrichtungen im Nordwesten des Bahnübergangs an der T1.      B1.  L.          sind nicht in gleichem Maße wie die Vorrichtungen im O1.         und im Süden geeignet, Zufahrtsverkehr aufzuhalten. Die Aufmerksamkeit eines Kraftfahrers, der die T1.      B1.  L.          in west-östlicher Richtung befährt, ist wesentlich bereits durch den aus O1.         kommenden Straßenverkehr, in den er sich einfädeln muss, in Anspruch genommen. Das an der T1.      B1.  L.          befindliche Vorsignal kann deshalb leichter übersehen werden. Hinzu kommt, dass es (derzeit) – wie dem  Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesenen Luftbild entnommen werden kann –, anders als die Vorsignale im O1.         und im Süden des Bahnübergangs, nicht mit einer Haltelinie verbunden ist. Das Hauptsignal wird für die aus der T1.      B1.  L.          kommenden Kraftfahrer erst nach Einfahrt in die Q.----------straße und damit wegen der Nähe von Einmündung und Bahnübergang erst im unmittelbaren Vorfeld der Gleise sichtbar. Diese Kraftfahrer treffen auf den Bahnübergang gleichsam unvermittelt hinter der Einmündung. Die unmittelbare Nähe von Bahnübergang und Grundstückszufahrt der Beigeladenen begünstigt einen Rückstau auf den Gleisen zudem – auch unabhängig von den Signalanlagen –, wenn zwei Zugfahrten den Bahnübergang so dicht hintereinander passieren, dass die bei Schrankenöffnung an den nordwestlichen und nordöstlichen Haltepunkten gestarteten, sich danach im Reisverschlussverfahren einfädelnden Fahrzeuge den Bahnübergang bei erneuter Schrankenschließung noch nicht vollständig passiert haben und ein nach rechts in die Einfahrt der Beigeladenen einbiegendes Fahrzeug anhalten muss, um einen z.B. bei Schrankenöffnung an der Schrankenanlage gestarteten, vorrangberechtigten Fußgänger queren zu lassen, so dass es die nachfolgenden Fahrzeuge aufhält. In beiden Konstellationen rechnen die Verkehrsteilnehmer mit einem Stocken des Verkehrs unmittelbar hinter dem Bahnübergang wegen einer dort angelegten Parkplatzzufahrt nach der allgemeinen Lebenserfahrung in der Regel nicht, sodass zu erwarten steht, dass jedenfalls einzelne „unbedarft“ in den Gleisbereich einfahren werden. Ortsfremde Verkehrsteilnehmer sind auf die Verkehrssituation schon deshalb nicht vorbereitet, weil die unmittelbare Nähe von Bahnübergang und Parkplatzzu- und -ausfahrt untypisch ist. Ortskundigen mag die Zu- und Ausfahrt bekannt sein, sie sind aber nicht unbedingt auf einen Rückstau vorbereitet, weil er nicht regelmäßig auftritt und die Erfahrung des im Regelfall ungefährlichen Passierens des Bahnübergangs sie in Sicherheit wiegt.

Gegen die Rückstau- und Kollisionsgefahr hat die Beklagte mit den in der angegriffenen Baugenehmigung getroffenen Nebenbestimmungen auch keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen. Insbesondere die getroffene „rechtsreinrechtsraus“-Regelung ist angesichts der konkreten örtlichen Situation nicht geeignet, die Sicherheit des Personen- und Güterverkehrs zu gewährleisten. Den aus Richtung Norden in die Grundstückszufahrt an der Q.----------straße einbiegenden, gegenüber den die Einfahrt kreuzenden Fußgängern wartepflichtigen Verkehr lässt sie unberührt. Den aus dieser Grundstücksausfahrt nach links auf die Gleise abbiegenden Verkehr vermag sie aufgrund der günstigen Lage der Ausfahrt an der Q.----------straße für die Anwohner der nördlich der Bahngleise gelegenen Wohnstraßen nicht effektiv zu verhindern. Da eine Vielzahl dieser Verkehrsteilnehmer – erwartungsgemäß und nach der von der Klägerin vorgelegten Aufstellung – nicht bereit ist, den potentiell mit Wartezeit an der Ampelanlage verbundenen Umweg über den S.      Weg und dessen Kreuzung mit der Q.----------straße in Kauf zu nehmen, wenn sie auch die – jedenfalls faktische – Möglichkeit haben, das Grundstück der Beigeladenen im Norden der Q.----------straße zu verlassen, ist ein verkehrsordnungswidriges Linksabbiegen in der angegriffenen Baugenehmigung jedenfalls mit angelegt.

Schließlich ist in die Abwägung zulasten der Beigeladenen einzustellen, dass sie auf die Zu- und Ausfahrt Q.----------straße weder zur Erschließung ihres Grundstücks im Allgemeinen noch zu dessen Nutzung für einen Lebensmittelmarkt im Besonderen angewiesen ist. Zweifellos hat sie an der Zu- und Ausfahrt Q.----------straße wegen deren günstiger Lage zu den nördlich ihres Grundstücks gelegenen Wohngebieten gerade unter Berücksichtigung der – wenn auch rechtswidrigen, so doch faktischen – Möglichkeit, dort nach Norden links auszubiegen, unter dem Gesichtspunkt der Kundenakquise ein nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse. Dieses Interesse tritt jedoch hinter dem Interesse der Klägerin an der Sicherheit des Personen- und Güterverkehrs auf dem von ihr betriebenen Bahnübergang zurück.

Die mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2016 erhobene allgemeine Leistungsklage ist nach § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Die Einführung des Begehrens auf Ersatz der Aufwendungen für den am Bahnübergang Q.----------straße eingesetzten Freimeldeposten aus öffentlichrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag ist eine Klageänderung, nämlich eine nachträgliche Klagehäufung, im Sinne des § 91 VwGO.

Eine Klageänderung setzt voraus, dass sich der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens durch eine nachträgliche Erklärung ändert. Nach der heute ganz herrschenden Auffassung wird der Streitgegenstand bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge ableitet. Eine Klageänderung liegt damit vor, wenn entweder der Klageantrag oder der Klagegrund ausgewechselt wird

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Mai 1999 – 7 B 16.99 –, juris Rn. 7; vom 21. Oktober 1983 – 1 B 116.83 –, juris Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 16. September 2008 – IX ZR 172/07 –, juris Rn. 9 = NJW 2008, 3570 (3571), und vom 29. September 2011 – IX ZB 106/11 –, juris Rn. 10 ff. = NJW 2011, 3653; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 91 Rn. 2.

Vorliegend hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2016 jedenfalls einen weiteren Klageantrag gestellt. Denn sie begehrt neben der bereits mit Schriftsatz vom 9. August 2012 begehrten Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung deren Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags und nimmt damit zusätzlich eine andere als die ursprünglich reklamierte Rechtsfolge für sich in Anspruch.

Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte und die Beigeladene haben in die Klageänderung nicht ausdrücklich eingewilligt. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich in der mündlichen Verhandlung – auch nach eigenem Bekunden – im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO rügelos eingelassen. Dies gilt aber nicht auch für die Beigeladene als weitere Beteiligte im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO. Auf sie dürfte die Fiktionsregelung des § 91 Abs. 2 VwGO bereits nicht anwendbar sein. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm ist lediglich die Einwilligung des Beklagten in die Klageänderung anzunehmen, wenn er sich, ohne zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat. Für eine analoge Anwendung auf weitere Beteiligte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO dürfte mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke kein Raum sein.

Vgl. im Einzelnen: Schmid, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 91 Rn. 4; Bamberger, in Wysk, VwGO, 2. Auflage 2016, § 91 Rn. 20; a.A.; W.-R. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 91 Rn. 17.

Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung, weil es für die Beigeladene jedenfalls an einer den Tatbestand des § 91 Abs. 2 VwGO erfüllenden rügelosen Einlassung fehlt. Die Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat der Klageänderung schriftsätzlich widersprochen und darauf auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich verwiesen.

Die Klageänderung erweist sich auch nicht als sachdienlich. Ob eine Änderung der Klage im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich ist, ist eine Frage gerichtlichen Ermessens. Wesentlich für den Begriff der Sachdienlichkeit ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Danach ist eine Klageänderung regelmäßig sachdienlich, wenn sie die Möglichkeit bietet, den Streitstoff zwischen den Parteien endgültig zu bereinigen. Das gilt selbst dann, wenn durch die Zulassung der Änderung eine Beweisaufnahme notwendig wird. Gegen eine Sachdienlichkeit spricht es jedoch, wenn ein neuer Streitstoff zur Beurteilung und Entscheidung gestellt wird, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1980 – 4 C 61.77 , juris Rn. 23; Beschlüsse vom 21. Oktober 1983 – 1 B 116/83 –, juris Rn. 8, und vom 25. Juni 1999 – 9 B 20.09 –, juris Rn. 6.

Letzteres ist hier der Fall. Der Streitstoff der ursprünglich anhängig gemachten Anfechtungsklage beschränkt sich auf die Frage, ob die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Nachbarrechte der Klägerin verletzt. Ob und gegebenenfalls inwieweit die Klägerin infolge einer solchen Rechtsverletzung Aufwendungen treffen musste, die sie von der Beklagten (insbesondere) im Wege der öffentlichrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen kann, stellt demgegenüber einen neuen Streitstoff dar. Denn zu klären wäre insbesondere die Zuständigkeit zur Abwehr von Gefahren auf Bahnübergängen, die sich nach Eisenbahnkreuzungsrecht, nicht nach dem für die Anfechtungsklage der Klägerin maßgeblichen Bauplanungsrecht richtet.

Die allgemeine Leistungsklage wäre im Übrigen auch unbegründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch aus öffentlichrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend den §§ 683, 670 BGB zu.

Die Vorschriften des BGB über eine Geschäftsführung ohne Auftrag sind im Bereich des öffentlichen Rechts entsprechend anwendbar, wenn ein Bürger die Erstattung von Aufwendungen begehrt, welche ihm dadurch entstanden sind, dass er Aufgaben erledigt hat, die – wie er wusste – zum Aufgabenbereich der öffentlichen Verwaltung gehörten, wobei die gleichzeitige Wahrnehmung auch eigener Interessen der Annahme eines objektiv (auch) fremden Geschäftes nicht entgegensteht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. September 1988 – 4 C 5/86 –, juris Rn. 13 = BVerwGE 80, 170.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Mit der – der Anordnung des Eisenbahnbundesamts entsprechenden – Sicherung des auf ihrem Grundstück betriebenen Bahnübergangs mit einem sog. Freimeldeposten hat die Klägerin als Eisenbahninfrastrukturunternehmen ein eigenes, kein zum Aufgabenbereich der Beklagten gehörendes und damit kein (auch) fremdes Geschäft geführt.

Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 AEG sind Eisenbahnen verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. Die Klägerin ist Eisenbahn in diesem Sinne, denn unter den Eisenbahnbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes fallen nach dessen § 2 Abs. 1 sowohl Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsdienste erbringen (Eisenbahnverkehrsunternehmen), als auch solche, die eine Eisenbahninfrastruktur, nämlich eine Betriebsanlage der Eisenbahn (§ 1 Abs. 6 AEG), betreiben (Eisenbahninfrastrukturunternehmen). Die Abgrenzung von Eisenbahninfrastruktur einerseits und Straßenanlagen andererseits bedarf im Bereich höhengleicher Bahnübergänge einer besonderen Regelung der Verwaltungszuständigkeit, weil solche Anlagen naturgemäß die Verantwortlichkeit unterschiedlicher Verkehrsträger berühren. Eine solche Regelung ist in § 14 Abs. 2 EKrG enthalten. Danach gehören an Bahnübergängen zur Eisenbahninfrastruktur das sowohl dem Eisenbahnverkehr als auch dem Straßenverkehr dienende Kreuzungsstück, begrenzt durch einen Abstand von 2,25 m jeweils von der äußeren Schiene und parallel zu ihr verlaufend, ferner die Schranken, Warnkreuze (Andreaskreuze) und Blinklichter sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Eisenbahnzeichen und -einrichtungen. Demgegenüber werden die Sichtflächen, die Warnzeichen und Merktafeln (Baken) sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Straßenverkehrszeichen und -einrichtungen den Straßenanlagen zugeordnet. Damit ist die sonst nicht eindeutig zu beantwortende Frage der Zugehörigkeit des eigentlichen Kreuzungsstücks normativ dahin entschieden, dass dieses zur Eisenbahn- und nicht zur Straßenanlage zählt. J.  Einklang hiermit stehen auch die Regelungen in § 11 EBO. Nach § 11 Abs. 6 EBO sind Bahnübergänge durch Andreaskreuze zu kennzeichnen und grundsätzlich, soweit wegen schwachen oder mäßigen Verkehrs keine Erleichterungen zugelassen sind, durch Blinklichter oder Lichtzeichen (mit oder ohne Halbschranken) oder Schranken technisch zu sichern). Derartige Sicherungen sind nach § 11 Abs. 11 Satz 1 EBO dann nicht erforderlich, wenn der Bahnübergang durch Posten gesichert ist. Der Streckenposten ersetzt also die genannten Bahnanlagen. Dass die erwähnten technischen Sicherheitseinrichtungen zum Bahnbetrieb zählen, wird schließlich noch durch § 45 Abs. 2 Satz 2 StVO bestätigt. Danach können für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rotweiß-gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1991 – 7 C 1/91 –, juris Rn. 13.

So ergibt sich aus der Gesamtheit dieser Vorschriften, dass die hier umstrittene Sicherung des Bahnübergangs durch einen Freimeldeposten eine eigene Aufgabe der Klägerin und kein fremdes Geschäft zu Gunsten der Beklagten gewesen ist.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin gegen diese Überlegungen ein, bei der Sicherung des Bahnübergangs habe es sich jedenfalls deshalb um ein „auch fremdes Geschäft“ gehandelt, weil es auch Pflicht der Beklagten gewesen sei, Gefahren abzuwenden, die in Folge der von ihr erteilten Baugenehmigung entstanden seien. Richtig ist zwar, dass in der durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EKrG getroffenen Zuständigkeitsordnung eine Arbeitsteilung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und der Straßenverkehrsbehörde zum Ausdruck kommt. Doch ändert dies nichts an der Absicht des Normgebers, diese Zuständigkeitsabgrenzung für den konkreten Fall eindeutig und überschneidungsfrei vorzunehmen, weil gerade wegen der sich berührenden Verantwortlichkeitsbereiche unterschiedlicher Verkehrsträger eine klare Zuweisung der Zuständigkeiten besonders dringlich ist. Diese Zuweisung folgt allein örtlichen Kriterien und ist von der Frage der – unmittelbaren oder wie hier von der Klägerin geltend gemachten mittelbaren – Gefahrverursachung unabhängig. Wie neben der Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EKrG auch das Verhältnis der Ermächtigungen in § 45 Abs. 2 Satz 2 StVO einerseits und § 45 Abs. 3 Satz 1 StVO andererseits deutlich macht, ist der Straßenverkehrsbehörde lediglich die Kompetenz zur Gefahrenabwehr im räumlichen Vorfeld der Kreuzungsanlage übertragen, etwa durch die Anbringung von Warnzeichen und Baken. Dagegen ist die Gewährleistung der Verkehrssicherheit im eigentlichen Kreuzungsbereich und für den Fall, dass sich durch das Herannahen einer Eisenbahn eine Gefahr konkret verwirklichen kann, allein dem Eisenbahnunternehmen – hier also der Klägerin – zugewiesen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1991 – 7 C 1/91 –, juris Rn. 14.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3, § 159 Satz 2 VwGO. Den gesamten Streitwert bemisst die Kammer mit 465.582,15 €. Von diesem Streitwert macht der mit Erfolg angegriffene Bescheid einen Anteil von 50.000,00 €, also gut 10 %, aus. Diesen Anteil tragen die Beklagte und die Beigeladene gesamtschuldnerisch. Auf die Begründung des Streitwertbeschlusses wird verwiesen. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Lukas Jozefaciuk