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OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.02.2018 - 11 A 129/15

Eine unwesentliche Veränderung oder Verlegung i. S. d. Rechtsgedankens der "Elastizität der Widmung" liegt bei einer Verschiebung einer Straße um mehr als eine Straßenbreite oder bei der Verlegung eines Teils eines öffentlichen Weges vollständig außerhalb des Verlaufs der bisherigen Trasse nicht vor.

Der Grundsatz der "Elastizität der Widmung" besagt nicht, dass bei Verlegungen oder Verschwenkungen eines Straßenverlaufs eine Fläche außerhalb der alten und der neuen Wegefläche ebenfalls als gewidmet gilt.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.

Es wird festgestellt, dass der Teilbereich des Flurstücks Gemarkung I. , Flur 44, Flurstück 1913, eine öffentliche Straße ist, der in der vom Klageantrag in Bezug genommenen Anlage schraffiert gekennzeichnet und von dem früheren Verlauf der Straße Q. erfasst ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind insoweit nicht erstattungsfähig.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zur Hälfte sowie die Beklagte und die Beigeladenen, diese als Gesamtschuldner, zu je einem Viertel. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagte und die Beigeladenen, diese als Gesamtschuldner, je ein Viertel. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen trägt der Kläger jeweils die Hälfte. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks Gemarkung I. , Flur 44, Flurstück 263. Er begehrt die Feststellung der Öffentlichkeit eines über das teilweise angrenzende Flurstück 1913 verlaufenden Weges. Dieser Weg entspricht in seinem Verlauf dem früheren Flurstück 1911 und verbindet den "Hauptarm" der Straße Q. mit einem "Nebenarm" dieser Straße.

Die Abgrenzungen und Nummerierungen der Flurstücke im Bereich der Kreuzung L. Straße/Q. haben sich in der Zeit seit 1960 mehrfach geändert. Zunächst verlief die Straße Q. im Bereich der Einmündung in die L. Straße über die Flurstücke 909 und 910. Danach verlief die Straße Q. über die Flurstücke 1261, 1262, 1263, 1270 und 1271, später über die Flurstücke 1494 und 1495, dann über das Flurstück 1740, danach über das Flurstück 1894 und schließlich - seit dem Jahr 2012 - über das Flurstück 1912.

Im Wege einer Straßenbaumaßnahme, die in der Zeit von 1971 bis 1973 erfolgte, wurde die Straße Q. im Bereich der Einmündung in die L. Straße nach Norden verschwenkt. Dabei sind ein "Hauptarm", der in die L. Straße mündet, und ein "Nebenarm", der südöstlich verläuft und am heutigen Flurstück 263 endet, entstanden. Der entsprechend geänderte Straßenverlauf mit der Entstehung einer zwischen den beiden "Armen" der Straße Q. liegenden Parkplatzfläche ergibt sich aus der Skizze zur Grenzverhandlung (Gemarkung I. , Flur 31.44.47) vom 7. September 1971. Die heutige Straße Q. verläuft im Kreuzungsbereich zur L. Straße über das Flurstück 1912, welches sowohl den "Haupt"- als auch den "Nebenarm" der Straße umfasst.

Das im Eigentum der Beigeladenen stehende Flurstück mit der Nummer 1913 ist im März 2012 durch die Zusammenlegung der Flurstücke 1491, 1911 und 1908 entstanden und umfasst die vorgenannte Parkplatzfläche (früheres Flurstück 1491), die streitige Wegefläche (früheres Flurstück 1911), die den "Haupt- und Nebenarm" der Straße Q. verbindet, sowie die direkt an der L. Straße, auf dem früheren Flurstück 1908 errichtete Rettungswache I. .

Im Baulastenverzeichnis der Beklagten (Band 149, Blatt: 48, Seite 3) ist für das Grundstück Q. , Gemarkung I. , Flur 44, Flurstück 1913, unter der laufenden Nr. 5 folgende Eintragung vom 3. Juli 2013 enthalten:

"Der jeweilige Eigentümer/Erbbauberechtigte des Baulastgrundstückes übernimmt gegenüber der Bauaufsichtsbehörde die öffentlichrechtliche Verpflichtung, das Baulastgrundstück auf der im Lageplan dargestellten Fläche dauerhaft von baulichen Anlagen und sonstigen Hindernissen freizuhalten, so dass über diese Zufahrt die Erschließung des Grundstückes L. Straße 237 (Gemarkung I. , Flur 47, Flurstück 263) und damit auch der Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten jederzeit gesichert ist."

Nachdem im Rahmen von Bauarbeiten auf dem Flurstück 1913 von den Beigeladenen auf der an das Grundstück des Klägers angrenzenden streitigen Wegefläche ein Bauzaun aufgestellt worden war, bat der Kläger am 12. August 2013 die Beklagte um Auskunft, "ob der Bereich zwischen den ehemaligen Grundstücken Gemarkung I. , Flur 44, Flurstücke 265, 1493, 1401 (heute aufgegangen in das Flurstück 1493) Teil der Straße Q. ist bzw. zu einem früheren Zeitpunkt war".

Mit Schreiben vom 15. August 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der betreffende Bereich nicht als öffentlich gewidmet gelte. Es liege keine Widmungsverfügung vor. Weder in der Urkarte oder den Wegelagerbüchern noch in den anderen vorliegenden Unterlagen lasse sich ein Nachweis finden, der auf eine gewidmete Fläche schließen lasse. Die Fläche befinde sich auch nicht im Eigentum der Beklagten, was im Regelfall die Voraussetzung für eine öffentliche Fläche sei.

Am 9. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er u. a. ausgeführt: Die Parzelle 1913 sei Teil der ehemaligen Parzellen 1494 und 1495 und damit Teil der öffentlichen Straße Q. . Die Parzelle 1913 stehe im Privateigentum, ein Entwidmungsverfahren sei nicht durchgeführt worden. Der betreffende Bereich der Parzelle 1913 werde derzeit für Baumaßnahmen in Anspruch genommen, so dass LKWs nicht auf die Parzelle 263, die vom Mieter des Klägers gewerblich genutzt werde, gelangen könnten. Die Parzelle 263 sei auf eine Erschließung über die streitige Fläche angewiesen, weil der Kurvenradius es nicht zulasse, mit einem LKW unmittelbar von der Parzelle 1912 (Q. ) auf die Parzelle 263 zu fahren. Bei der betreffenden Fläche handele es sich um eine öffentliche Straße aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Straßen- und Wegegesetzes des Landes NRW. Dies ergebe sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen. Die streitige Fläche sei noch 1968 Teil der öffentlichen Straße Q. gewesen, was sich insbesondere aus dem Luftbild vom 14. April 1968 ergebe. 1973 sei der Verlauf der Straße verändert worden, insofern sei ein Riss aus dem Jahr 1972 (Riss 451) zu berücksichtigen. Eine Entwidmung habe in diesem Zusammenhang nicht stattgefunden. Die streitbefangene Fläche sei Teil der Erschließungsstraße für die Bebauung östlich der Parzelle 263 gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die Erschließungsstraße als öffentliche Straße gewidmet worden sei. Auch die damaligen Ausbauarbeiten Anfang der 70er Jahre seitens der Beklagten sprächen für das Vorliegen einer öffentlichen Straße. Die Vorschrift des § 6 Abs. 8 StrWG NRW sei erst 1983 geschaffen worden und habe während der Bauarbeiten noch keine Geltung beansprucht. Zu dieser Zeit habe auf den Grundsatz der "Elastizität der Widmung" zurückgegriffen werden müssen. Für eine konkludente Entwidmung bestünden keine Anhaltspunkte. Unter anderem spreche die Eintragung einer Erschließungsbaulast für den Fortbestand der Widmung, weil diese nicht erforderlich wäre, wenn kein Verkehrsinteresse mehr an der Fläche bestünde. Die streitige Fläche habe jedoch unverändert dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestanden. Die Beklagte habe die Erhebung von Anliegerbeiträgen für die streitige Fläche nicht bestritten. Straßenverkehrsrechtlich sei angeordnet, dass der aus der Fläche abfließende Verkehr wartepflichtig sei. Der Kläger habe auch ein Feststellungsinteresse, weil er Anlieger der betreffenden Fläche sei; dass es sich insoweit um eine im privaten Eigentum stehende Fläche handele, sei unschädlich. Auch die Eintragung einer Baulast sei unerheblich, weil das Straßenrecht und das Bauordnungsrecht unterschiedliche Zwecke verfolgten. Aus der Wegebaulast ergebe sich kein privatrechtlicher Nutzungsanspruch. Auch die Entfernung des Bauzauns führe nicht zum Fortfall des Feststellungsinteresses.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der auf der Flurkarte vom 1. Juli 2013 (Blatt 5 der Gerichtsakte) schraffiert gekennzeichnet dargestellte Grundstücksteil eine öffentliche Straße ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass eine Widmungsverfügung für die streitbefangene Fläche nicht vorliege. Eine Widmung für die Fläche sei nie beantragt worden. Sie gelte auch nicht als öffentlich gewidmet. Die Fläche habe ohne öffentliche Erschließungsfunktion im Eigentum der Beklagten gestanden und sei unter Eintragung der genannten Baulast verkauft worden. Eine Einziehung sei nicht erforderlich gewesen, weil die Fläche nicht öffentlich gewesen sei. Die Straße Q. habe schon vor 1962 existiert. Der streitige Bereich sei aber kein öffentlicher Weg oder Teil einer öffentlichen Straße gewesen - auch nicht vor 1962. Dementsprechend finde sich der Bereich auch nicht im Urkataster. Die streitige Fläche sei bei Inkrafttreten des Straßen- und Wegegesetzes nicht Bestandteil der Flurstücke 1494 und 1495 gewesen. Die Fläche sei erst seit 1971 vorhanden, dies ergebe sich aus dem Riss 451. Die Flurstücke 1494 und 1495 seien 1979 entstanden, dies ergebe sich aus dem Riss 579. Der Straßenverlauf sei im Zuge des Bebauungsplans 45 H geändert worden. Für die streitige Fläche sei keine öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen. Im Jahr 2012 sei eine Erschließungsbaulast mit Blick auf die Tiefgarage auf der Parzelle 263 eingetragen worden. Die Erschließung der Tiefgarage auf der Parzelle 263 sei über die Straße Q. und die Baulasteintragung gesichert. Die entsprechende Fläche sei nicht für den öffentlichen Verkehr, sondern den privaten Anliegerverkehr der angrenzenden Parzelle 263 genutzt worden. Auch das vorhandene Verkehrszeichen spreche nicht für einen öffentlichen Weg. Die gegen die Beigeladenen erlassene Ordnungsverfügung, die fragliche Fläche freizuhalten, sei befolgt und das Bauvorhaben der Beigeladenen inzwischen abgeschlossen worden. Der fragliche Wegebereich sei wieder frei. Das neue Gebäude benötige den Weg auch als Zufahrt zu einem Rolltor. Zudem stehe der Weg dem Kläger wegen der eingetragenen Baulast uneingeschränkt zur Verfügung. Der Kläger habe kein Feststellungsinteresse. Das klägerische Grundstück sei über die L. Straße erschlossen. Die Zufahrt wäre auch über den nördlichen Bereich des Grundstücks möglich gewesen, wenn nicht eine Mauer, die nicht von der Beklagten veranlasst worden sei, eine Zufahrt auf die L. Straße verhindern würde.

Mit Ordnungsverfügungen vom 7. und 8. April 2014 hat die Beklagte den Beigeladenen unter Androhung einer Zwangsgeldfestsetzung und Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgegeben, die auf ihrem Flurstück Nummer 1913 im Bereich der durch die Baulast Band 149, Blatt 48, lfd. Nr. 5, von baulichen Anlagen und sonstigen Hindernissen freizuhaltenden Fläche aufgestellten Bauzäune sofort und dauerhaft zu entfernen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es maßgeblich ausgeführt: Die streitige Fläche sei nicht Teil einer öffentlichen Straße. Zwar sei die Straße Q. ein alter Weg im Sinne der unvordenklichen Verjährung. Die streitbefangene Fläche sei Teil des durch Veränderung betroffenen alten Straßenverlaufs der Straße Q. . Das streitige Teilstück habe durch den geänderten Straßenverlauf seine Eigenschaft als öffentlichrechtliche Straße verloren.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend im Wesentlichen aus, dass das Verwaltungsgericht sich nicht auf § 7 Abs. 6 StrWG NRW berufen könne, weil die Baumaßnahmen zur Straßenverlegung vor Inkrafttreten des 2. Straßenänderungsgesetzes erfolgt seien. Das Verwaltungsgericht verhalte sich lediglich zu der Frage, wann eine Straße ihre öffentlichrechtliche Eigenschaft nicht verliere. Ob und wann ein Teilstück nach einer Änderung des Straßenverlaufs seinen öffentlichrechtlichen Charakter verliere, werde nicht ausgeführt. Maßgeblich für die Beurteilung seien die Rechtssätze aus dem Beschluss des erkennenden Senats vom 11. April 2014 - 11 A 25/12 -. Eine konkludente Entwidmung komme selbst bei faktischer Beseitigung eines Weges nicht in Betracht. Für den Fortbestand des Verkehrsbedürfnisses reiche es aus, dass Anlieger auf die Straße angewiesen seien oder dass die Straße die Erreichbarkeit der anliegenden Grundstücke durch andere Nutzer, wie etwa der Feuerwehr, den Rettungsdienst und Versorgungs- bzw. Entsorgungsfahrzeuge gewährleiste. Eine lediglich geringe Verkehrsbedeutung vermöge die Einziehung einer öffentlichen Verkehrsfläche nicht zu rechtfertigen. Der Wille der Beklagten, die streitige Fläche im Rahmen der Straßenbaumaßnahme 1970/1973 konkludent zu entwidmen, lasse sich nicht feststellen. Schließlich habe die streitige Fläche nach der Straßenbaumaßnahme von jedermann zu Fuß oder mit einem Kraftfahrzeug genutzt werden können. Es habe keine straßenverkehrsrechtlichen Einschränkungen des Weges gegeben.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, dass der auf der Flurkarte vom 1. Juli 2013 (Blatt 5 der Gerichtsakte, Anlage NM 1 zur Klageschrift vom 9. September 2013) schraffiert gekennzeichnet dargestellte Grundstücksteil des Grundstücks Gemarkung I. , Flur 44, Flurstück 1913, eine öffentliche Straße im Sinne des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen, nimmt Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und macht ergänzend geltend, dass mit dem Vollzug der Ordnungsverfügungen vom 7. und 8. April 2014 eine Erledigung der Hauptsache eingetreten sei. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung sei kein Indiz für die Öffentlichkeit der Fläche. Entsprechende Anordnungen würden auch auf privaten Anliegerstraßen bzw. Parkplätzen aufgestellt.

Die Beigeladenen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die von ihr vorgelegten Pläne und Karten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Beklagten keine Erledigung der Hauptsache durch den Vollzug der Ordnungsverfügungen vom 7. und 8. April 2014 eingetreten, weil diese Ordnungsverfügungen nicht vom Streitgegenstand der vorliegenden Feststellungsklage erfasst werden.

II. Die Berufung ist im tenorierten Umfang begründet. Soweit der Feststellungsantrag des Klägers das südöstliche Teilstück der streitigen Fläche betrifft, also den Bereich, der an das klägerische Flurstück 263 angrenzt, ist die Klage zulässig und begründet. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.

1. Für die Feststellung, ob hier eine öffentliche Wegefläche vorliegt, ist die getrennte Betrachtung zweier Teilstücke des heutigen Flurstücks 1913 geboten. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ist für die Beurteilung der Öffentlichkeit eines Weges nämlich die jeweilige konkrete Grundfläche maßgeblich.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 1980 - 9 A 1361/77 -, OVGE MüLü 34, 282 (283) = juris, Rn. 4.

Hier ergibt sich die streitige Fläche aus dem Klageantrag. Diese Fläche stimmt nur zu einem Teil mit dem Verlauf der alten Straße Q. überein. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der aktuellen Katasterunterlagen (Bl. 4 und 17 der Beiakte Heft 1, zweiter Teil) mit der Skizze zur Grenzverhandlung vom 7. September 1971. Danach verläuft die streitige Fläche als Verbindung zwischen dem neuen "Haupt- und Nebenarm" der Straße Q. nur im südöstlichen Bereich über die Fläche der früheren Straße Q. . Etwa die Hälfte des streitigen Weges, die nordwestlich an die heutige Straße Q. angrenzt, liegt außerhalb des alten Straßenverlaufs. Die Übereinstimmung mit einem früheren Straßenverlauf ist für die Feststellung der Öffentlichkeit eines Weges aber wesentlich, so dass die Betrachtung der streitigen Fläche für zwei Teilflächen - einem nordwestlichen und einem südöstlichen Teilstück - gesondert erfolgen muss.

2. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Es fehlt weder an dem nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresse noch steht der Klage der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2000 - 11 A 1045/97 -, juris, Rn. 44 ff., m. w. N., und Beschluss vom 29. Mai 2006 - 11 A 2474/03 -, juris, Rn. 6,

dass Anlieger bzw. Eigentümer eines Weges - wie hier der Kläger - die Feststellung der Öffentlichkeit dieser Wegefläche begehren können und dass in diesen Fällen der Zulässigkeit ihrer Klage unbeschadet der Möglichkeit sonstiger verwaltungsgerichtlicher oder zivilgerichtlicher Gestaltungsklagen die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO in aller Regel - so auch hier - nicht entgegensteht. Denn mit einer feststellenden Entscheidung kann die Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit des Weges, wenn auch nicht mit Rechtskraft für alle Fälle oder mit allgemeiner Wirkung, so doch aber mit einer gewissen präjudiziellen Wirkung geklärt und mithin weiteren Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden.

Dem steht weder entgegen, dass für das Flurstück 1913 zugunsten des im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücks 263 eine Baulast eingetragen wurde, noch dass zunächst ein die Nutzung des streitbefangenen Weges verhindernder Bauzaun aufgestellt worden war, der inzwischen beseitigt wurde. Trotz eingetragener Baulast hat der Kläger als Anlieger der streitigen Fläche ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Öffentlichkeit, weil die Feststellung der Öffentlichkeit einen Vorteil gegenüber der Baulasteintragung bedeutet. Eine Baulast geht durch einseitigen Verzicht der Bauaufsichtsbehörde unter, vgl. § 83 Abs. 3 BauO NRW, während es bei einem öffentlichen Weg einer förmlichen Einziehung bedürfte. Auch die zwischenzeitliche Beseitigung des Bauzauns lässt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht entfallen, weil ihm die begehrte Feststellung der Öffentlichkeit trotz der Beseitigung von Hindernissen auf der streitigen Fläche einen Vorteil verschafft.

Dem Kläger fehlt es zudem nicht an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse. Zwar stellt sich die Frage, ob allein die Feststellung der Öffentlichkeit des südöstlichen Teilstücks dem Kläger einen Vorteil verschaffen kann, weil dieses Teilstück für das klägerische Grundstück keine Verbindung zur Straße Q. herstellt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat aber im Termin zur mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass nicht nur die Tiefgarage, sondern auch die auf seinem Grundstück befindliche Parkplatzfläche über das südöstliche Teilstück der streitigen Wegefläche angefahren wird. Dabei ist ein Überfahren dieses Teilstücks sogar zwingend, um die Parkplatzfläche vom "Nebenarm" der Straße Q. zu erreichen. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der Flurkarte vom 16. März 2012 (Bl. 14 Beiakte Heft 1) mit dem Luftbild vom 23. September 2014 (Bl. 1 Beiakte Heft 4), der deutlich macht, dass die Zufahrt zum Parkplatz nicht an den "Nebenarm" der heutigen Straße Q. angrenzt. Dieser endet vielmehr an der Tiefgaragenzufahrt.

3. Die Feststellungsklage ist für das südöstliche Teilstück der streitigen Fläche auch begründet. Dieser Bereich des Flurstücks 1913 ist Teil einer öffentlichen Straße. Die frühere Straße Q. verlief über den südöstlichen Teil der streitigen Fläche. Die Straße Q. ist in ihrem ursprünglichen Verlauf, also bevor sie im Rahmen der Straßenbaumaßnahmen zwischen 1971 und 1973 verlegt wurde, in dem Bereich der früheren Einmündung in die L. Straße eine öffentliche Straße.

a. Eine förmliche Widmung nach § 6 LStrG 1961/StrWG NRW liegt nicht vor. Für nicht förmlich nach nordrheinwestfälischem Straßenrecht gewidmete Straßen ist bezüglich der Frage der Öffentlichkeit einer Straße, die vor dem 1. Januar 1962 vorhanden war, auf das Wegerecht abzustellen, unter dessen Geltung die Straße entstanden ist.

Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteil vom 29. April 2009 - 11 A 3657/06 -, juris, Rn. 24 f., m. w. N.

b. Die unstreitig vor dem 1. Januar 1962 entstandene Straße Q. liegt im Gebiet der Stadt L1. . Diese gehörte zum Regierungsbezirk Düsseldorf auf der linksrheinischen Seite der Rheinprovinz. Dort galt nach der Ende des 18. Jahrhunderts erfolgten Besetzung durch die Französische Republik französisches Wegerecht.

Vgl. dazu : OVG NRW, Urteil vom 29. April 2009 - 11 A 3657/06 -, juris, Rn. 30 ff., m. w. N.

Dafür dass die Straße Q. bereits nach französischem Wegerecht die Eigenschaft eines öffentlichen Wegs erhalten haben könnte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, weil es unter Zugrundelegung der im vorzitierten Urteil zusammengefassten Maßstäbe jedenfalls am Nachweis einer nachträglichen hoheitlichen Anerkennung eines jahrelangen ungestörten Gebrauchs des Weges durch das Publikum fehlt.

c. Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass der Weg in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Landesstraßengesetzes nach Preußischem Wegerecht öffentlich geworden sein könnte. Eine ausdrückliche oder konkludente Widmung nach den Grundsätzen der Widmungstheorie des Preußischen OVG,

vgl. dazu etwa OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2000 - 11 A 1045/97 -, juris, Rn. 62, Urteil vom 29. April 2009 - 11 A 3657/06 -, juris, Rn. 49 ff., m. w. N., und Urteil vom 19. Mai 2016 - 11 A 1090/14 -, NWVBl. 2017, 80 = juris, Rn. 46 ff., m. w. N.

durch die der Weg später öffentlich geworden sein könnte, ist nicht feststellbar. Nach der Widmungstheorie entstanden öffentliche Wege durch Widmung seitens der drei Rechtsbeteiligten, nämlich der Wegeaufsichts-/polizeibehörde, des Wegeunterhaltungspflichtigen und des Wegeeigentümers. Hier fehlt es bereits an jeglichen Anhaltspunkten für eine Widmung durch Wegeaufsichtsbehörde bzw. Wegeunterhaltungspflichtige. Können ausdrückliche Erklärungen seitens der drei Rechtsbeteiligten nicht festgestellt werden, so kommt eine konkludente, stillschweigende Widmung durch die hierzu berufenen Personen in Betracht. Diese setzt immer tatsächliche Vorgänge voraus, welche den zur Zeit dieser Vorgänge vorhandenen Widmungswillen erkennen lassen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. November 2002 - 11 A 5497/99 -, juris, Rn. 53, Urteil vom 29. April 2009 - 11 A 3657/06 -, juris, Rn. 51, s. a. PrOVG, Urteil vom 2. Juli 1934 - IV C 77/33 -, PrOVGE 94, 143 (145).

Für die streitige Wegefläche ergibt sich nichts für eine derartige Widmung bzw. Vereinbarung in Form ausdrücklicher Erklärungen seitens der drei nach der Preußischen Widmungstheorie maßgeblichen Rechtsbeteiligten. Dies gilt auch für konkludente Handlungen, die mit einer Widmungserklärung vergleichbar sein könnten.

d. Allerdings ergibt sich die Öffentlichkeit der Straße Q. aus dem Grundsatz der unvordenklichen Verjährung. Der Grundsatz der unvordenklichen Verjährung begründet eine widerlegliche Vermutung für die Öffentlichkeit eines Weges, wenn dieser ein "alter Weg" ist, dessen Entstehung und ursprüngliche rechtliche Verhältnisse im Dunkeln liegen, und er seit Menschengedenken oder doch seit langer Zeit unter stillschweigender Duldung des nicht wegebau- oder wegeunterhaltungspflichtigen Privateigentümers in der Überzeugung der Rechtmäßigkeit als öffentlicher Weg benutzt worden ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 2009 - 11 A 3657/06 -, juris, Rn. 53, m. w. N., Urteil vom 19. Mai 2016 - 11 A 1090/14 -, NWVBl. 2017, 80 (82) = juris, Rn. 59, m. w. N., und Beschluss vom 6. Mai 2014 - 11 A 2478/12 -, juris, Rn. 19.

Für die Annahme eines "alten Weges" müssen dabei nicht nur dessen Entstehung und ursprüngliche rechtliche Verhältnisse im Dunkeln liegen, sondern der Weg muss nachgewiesenermaßen bereits 1882 existiert haben. Diese zeitliche Grenze der Existenz des Wegs als unerlässliche Anwendungsvoraussetzung des Grundsatzes der unvordenklichen Verjährung ergibt sich daraus, dass der Weg seit Menschengedenken oder doch seit langer Zeit unter stillschweigender Duldung des nicht wegebau- oder wegeunterhaltungspflichtigen Privateigentümers als öffentlicher Weg benutzt worden sein muss. Hierbei ist als notwendige Dauer der Benutzung ein Zeitraum von 40 Jahren zugrundezulegen, für den die Benutzung nachgewiesen werden muss. Für die diesem Zeitraum vorangegangenen 40 Jahre darf keine gegenteilige Erinnerung an einen anderen Rechtszustand bestehen. Als Bezugspunkt für die rückblickende Betrachtung ist auf das Inkrafttreten des Landesstraßengesetzes am 1. Januar 1962 abzustellen. Dabei reicht die bloße Möglichkeit einer Entstehung vor dem demnach maßgeblichen Zeitpunkt 1882 indes nicht aus. Denn die (negative) Voraussetzung, dass aus den 40 Jahren seit 1882 keine gegenteilige Erinnerung bestehen darf, würde leerlaufen, wenn die Existenz des Wegs für diesen Zeitraum gar nicht feststände.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 2009 - 11 A 3657/06 -, juris, Rn. 56 ff., m. w. N. und Urteil vom 19. Mai 2016 - 11 A 1090/14 -, NWVBl. 2017, 80 (82) = juris, Rn. 61, m. w. N.

Zudem sind, wenn privates Grundeigentum betroffen ist, an den Nachweis der Öffentlichkeit eines Wegs über den letztlich (nur) eine widerlegliche Vermutung begründenden Grundsatz der unvordenklichen Verjährung allgemein hohe Anforderungen zu stellen, die es ausschließen, dass verbleibende Zweifel sich zulasten des Privateigentümers auswirken können.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 9 B 53.08 -, Buchholz 407.0 Allg. Straßenrecht Nr. 25, S. 1 (2) = juris, Rn. 5; s. a. BVerfG, Beschluss vom 15. April 2009 - 1 BvR 3478/08 -, juris, Rn. 38.

Mit Rücksicht auf die erheblichen Auswirkungen auf die Rechtssphäre des Eigentümers, über dessen privaten Grund ein öffentlicher Weg verläuft, kann daher im Zweifel nicht von der Existenz eines öffentlichen Weges ausgegangen werden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. März 1993 - 23 A 991/89 -, n. v., S. 16, Urteil vom 19. Juni 2000 - 11 A 1045/97 -, juris, Rn. 90, und Urteil vom 19. Mai 2016 - 11 A 1090/14 -, NWVBl. 2017, 80 (82) = juris, Rn. 65, m. w. N.

Diese Voraussetzungen des Grundsatzes der unvordenklichen Verjährung sind erfüllt. Die streitige Fläche ist ein "alter Weg", der nachgewiesenermaßen bereits vor dem Jahr 1882 bestand (aa.); er ist seit langer Zeit durch die Öffentlichkeit genutzt worden (bb.) und stand entweder nicht im Privateigentum oder wurde jedenfalls - soweit Teile von ihm im Privateigentum standen - mit Duldung des Privateigentümers durch die Öffentlichkeit genutzt (cc.).

aa. Der Grundsatz der unvordenklichen Verjährung ist hinsichtlich des hier maßgeblichen Verlaufs eines öffentlichen Weges im Bereich des südöstlichen Teilstücks der streitigen Wegefläche anwendbar. Denn insoweit ist der streitige Weg bereits ein "alter Weg", der nachgewiesenermaßen bereits vor dem Jahr 1882 bestand. Ein entsprechender Verlauf der alten Straße Q. kann im maßgeblichen Zeitpunkt, dem Jahr 1882, für den vorgenannten Teilbereich auf dem heutigen Flurstück 1913 festgestellt werden. Bereits die Karte der Gemeinde Crefeld, Flurkarte der Flur VII aus November 1826, belegt das Vorhandensein der Straße Q. im Bereich der Einmündung in die heutige L. Straße - und zwar für den Straßenverlauf vor der Straßenbaumaßnahme in der Zeit von 1971 bis 1973. Dass das südöstliche Teilstück der streitigen Wegefläche mit dem alten Straßenverlauf übereinstimmt, ergibt sich wie oben näher beschrieben aus der Skizze zur Grenzverhandlung vom 7. September 1971.

bb. Für diese Fläche liegen auch die weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines öffentlichen Weges kraft unvordenklicher Verjährung vor. Denn der Senat kann mit der erforderlichen Gewissheit i. S. d. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO feststellen, dass dieses Wegestück "im Bewusstsein der Öffentlichkeit von der Allgemeinheit ohne Widerspruch des Grundeigentümers" benutzt worden ist.

Die Straße Q. ist durchgehend in den historischen Karten - namentlich der Flurkarte der Flur VII der Gemeinde D. (O. ) aus November 1826, der Karte Flur 7 der Gemeinde D. vom März 1876 und der Gemarkungskarte des Kreises L. -L1. Gemarkung I. Nr. 244, Flur 20 von 1930 ("kopiert nach der bisherigen Urkarte") - verzeichnet. Aus diesen Darstellungen in den historischen Karten folgt zwar nicht, dass es sich um einen öffentlichen Weg handelte. Denn derartige Karten treffen regelmäßig lediglich Aussagen über den tatsächlichen Verlauf eines Weges und ggf. über die Eigentumsverhältnisse. Sie besagen aber - anders als Fluchtlinienpläne nach dem Preußischen Fluchtliniengesetz vom 2. Juli 1875 - nichts über die rechtliche Einordnung des Weges.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2014 - 11 A 2227/12 -, NVwZ-RR 2014, 793 (794) = juris, Rn. 38 f.; s. a. Urteil vom 15. August 1989 - 23 A 717/87, n. v., S. 7: Die Darstellung begründet "noch nicht einmal eine Vermutung" für die Annahme der Öffentlichkeit; Germershausen/Seydel, Wegerecht- und Wegeverwaltung in Preußen, I. Band, 4. Auflage 1932, S. 10 f.

Ferner sah die "Instruktion über das Verfahren bei der Vermessung des Grund-Eigenthums Behufs Anfertigung des Grundsteuer-Katasters in den Rheinisch-Westphälischen Provinzen der Preußischen Monarchie" vom 12. März 1822 vor, dass in die im Vorfeld der Erstellung der Kataster anzufertigenden Handrisse u. a. auch Privatwege einzuzeichnen sind. Denn bei der angeordneten Darstellung der Wege fand keine Beschränkung auf öffentliche Straßen und Wege statt. Vielmehr sollten nach § 57 der Instruktion die "Heerstraßen und öffentliche Wege [...] in ausgezogenen, die Privatleuten eigenthümlichen Wege und Fußpfade aber in unterbrochenen Linien gezeichnet [werden]"; die privaten Wege also auch dargestellt werden.

Ausgehend davon kann hier aus der Darstellung des Q. in den vorgenannten Karten der erforderliche Nachweis für seine Benutzung durch die Allgemeinheit gewonnen werden. Die oben genannten Maßgaben sind anwendbar, weil der Bereich der Stadt L1. zu den "Rheinisch-Westphälischen Provinzen" zählte. Die alte Straße Q. ist in den genannten Flurkarten der Gemeinde D. von 1826 und 1876 mit durchgezogenen Linien dargestellt.

Für die Benutzung durch die Allgemeinheit spricht zudem, dass der in den historischen Karten dargestellte Weg bereits im Jahr 1826 eine Verbindungsfunktion hatte. Er lief nicht nur auf einige Gehöfte zu und erschloss lediglich diese, sondern verlief vom Gehöft G. im Norden in Richtung Süden an den Gehöften O. und M. vorbei und weiter in südlicher Richtung und hat dort zahlreiche Grundstücke und Gehöfte angebunden. Die Straße Q. hatte auf der Höhe des früheren Gehöfts G. auch Anschluss an die bereits 1826 vorhandene Straße von D. nach H. (im Jahr 1876 an die frühere I1. Landstraße, die heutige L. Straße) und war damit mit dem weiteren Wegenetz verbunden. Diese Feststellungen lassen sich für die Karten aus den Jahren 1876 und 1930 bestätigen.

cc. Vor der Straßenbaumaßnahme 1971-1973 stand die Fläche der alten Straße Q. nach Aktenlage im Eigentum der Beklagten. Dies gilt insbesondere für den früheren Verlauf der Straße über die Flurstücke 909 und 910. Allenfalls für die Flurstücke 1261, 1262 und 1263 kommt privates Grundeigentum in Betracht. Dies betrifft jedoch allein den neuen Straßenverlauf, mithin die Zeit nach dem Inkrafttreten des Landesstraßengesetzes zum 1. Januar 1962.

e. Die Straße Q. in ihrem alten Verlauf wurde im Bereich der Einmündung in die L. Straße auch nie entwidmet. Eine Entwidmung ist insbesondere nicht im Wege der Straßenbaumaßnahme in der Zeit von 1971 bis 1973 erfolgt.

aa. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Landesstraßengesetzes 1961 verliert eine Wegeparzelle als Teil eines öffentlichen Weges diese Rechtsnatur nur durch eine in den jeweils anzuwendenden Rechtsformen durchgeführte Einziehung oder Verlegung des Weges; der Umstand, dass ein Weg (auch teilweise) im Tatsächlichen nicht mehr vorhanden ist, ändert grundsätzlich nichts daran, dass dieser als öffentliche Wegefläche gilt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - 11 B 2215/02 -, n. v., S. 3.

Nach der im Zeitpunkt der Verlegung der Straße Q. geltenden Rechtslage ist keine förmliche Einziehung nach den § 7 LStrG 1961 vorgenommen worden. Auch eine Einziehung nach §§ 7 Abs. 5 i. V. m. 6 Abs. 5 LStrG 1961 kommt nicht in Betracht. Im Rahmen des Bebauungsplans 45 H ist keine Entwidmung des früheren Verlaufs der Straße Q. erfolgt. Auch eine tatsächliche Entziehung für den öffentlichen Verkehr hat unstreitig zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.

bb. Auch eine "konkludente Entwidmung" im Wege des in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatzes der "Elastizität der Widmung" liegt nicht vor. Nachdem die Regelungen der §§ 6 Abs. 8 bzw. 7 Abs. 6 StrWG NRW erst auf Grund des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesstraßengesetzes (2. LStrÄndG) vom 5. Juli 1983 in das Landesstraßengesetz aufgenommen wurden,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2014

- 11 A 25/12 -, DVBl. 2014, 938 (940) = juris, Rn. 31, m. w. N.,

ist im Hinblick auf die Straßenbaumaßnahme in der Zeit von 1971 bis 1973 auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz der sog. "Elastizität der Widmung" (Widmungserstreckung) abzustellen. Danach erfasste die Widmung einer vorhandenen Straße automatisch auch bestimmte (geringfügige) Änderungen, Ergänzungen und Verlegungen dieser Straße, die neu ausgebauten Flächen wuchsen der bestehenden und gewidmeten Straße nur zu.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1999 - 3 A 3506/95 -, OVGE MüLü 48, 8 (9) = juris, Rn. 4,

m. w. N.

Unabhängig von der Frage, ob dieser Rechtsgedanke im Sinne der heutigen § 7 Abs. 6 i. V. m. § 6 Abs. 8 StrWG NRW auch für den Fall der straßenrechtlichen Einziehungen Anwendung fand und somit "konkludente Entwidmungen" vor der Einführung dieser gesetzlichen Regelungen möglich waren,

vgl. in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2014 - 11 A 25/12 -, DVBl. 2014, 938 (940) = juris, Rn. 31, m. w. N.,

kommt dieser Grundsatz nur bei unwesentlichen Veränderungen in Betracht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 1980 - 9 A 1361/77 -, OVGE MüLü 34, 282 (284) = juris, Rn. 4; vgl. auch: OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 11 A 1930/12 -, n. v., S. 6.

Hier ist die Änderung der Straße Q. jedoch keine unwesentliche Veränderung oder Verlegung. Denn bei Verschiebungen einer Straße von mehr als einer Wegesbreite oder bei der Verlegung eines Teils eines öffentlichen Weges vollständig außerhalb des Verlaufs der bisherigen Trasse kann nicht mehr von einer unwesentlichen Veränderung die Rede sein.

Vgl. zu anderen Landesstraßenrechten: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 - 5 S 2577/15 -, juris, Rn. 30, und Bayerischer VGH, Beschluss vom 31. Juli 2003 - 8 ZB

03.357 -, juris, Rn. 5.

In diesen Fällen kommt es allein auf die räumliche Betrachtung an. Vor dem Hintergrund, dass in derartigen Konstellationen nicht auszuschließen ist, dass Rechte Dritter, nämlich etwa vorheriger oder künftiger Anlieger, betroffen werden, ist die räumliche Nähe zwischen der alten Straße und der neuen Wegefläche ein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der "Wesentlichkeit" der Straßenverlegung.

Wenn die unmittelbare räumliche Nähe zwischen der Straße und dem neuen Straßenbestandteil fehlt, kann deshalb auch ein Funktionszusammenhang nicht ausreichen, um die Widmungsfiktion zu begründen.

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 - 5 S 2577/15 -, juris, Rn. 30, m. w. N.

So liegt es auch hier. Die Straße Q. ist im Bereich der Einmündung in die L. Straße um mehr als eine Trassenbreite verschwenkt worden. Dies ergibt sich aus dem Vergleich der aktuellen Katasterunterlagen (Bl. 4 und 17 der Beiakte Heft 1, zweiter Teil) mit der Skizze zur Grenzverhandlung vom 7. September 1971.

4. Soweit der Feststellungsantrag des Klägers das nordwestliche Teilstück der streitigen Fläche betrifft, welches an das Flurstück 1912, die heutige Straße Q. , angrenzt, ist die Klage unbegründet.

Das nordwestliche Teilstück der streitigen Fläche war nie Teil einer öffentlichen Straße. Denn es entspricht bereits nicht dem ursprünglichen Verlauf der Straße Q. (dazu unter a.) und gehört ebenfalls nicht zur Fläche der heutigen Straße Q. (dazu unter b.).

a. Die frühere Straße Q. verlief nie über den nordwestlichen Teil der streitigen Fläche. Dies ergibt sich aus der Skizze zur Grenzverhandlung vom 7. September 1971. Dort ist sowohl der ursprüngliche Verlauf der Straße Q. im Einmündungsbereich zur L. Straße als auch ansatzweise der neue Straßenverlauf der Straße Q. , der sich als "Nebenarm" und "Hauptarm" darstellt, eingezeichnet. Auch aus einer Zusammenschau dieser Skizze mit den aktuellen Flurkarten zum heutigen Flurstück 1913 wird deutlich, dass nur etwa die Hälfte der streitigen Fläche, nämlich der südöstlich gelegene Teil mit dem früheren Straßenverlauf des Q. übereinstimmen kann. Die nordwestliche Hälfte der streitigen Fläche lag schon immer außerhalb des früheren Straßenverlaufs.

b. Die Öffentlichkeit des nordwestlichen Teilstücks der streitigen Fläche ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den heutigen Verlauf der Straße Q. . Selbst wenn der Senat zugunsten des Klägers unterstellt, dass die Straße Q. in ihrem heutigen Verlauf eine öffentliche Straße ist, wäre das nordwestliche Teilstück der streitigen Fläche nicht Bestandteil dieser Straße.

Denn das nordwestliche Teilstück der streitigen Fläche ist nie Teil der neuen Straßenfläche geworden. Dieses Teilstück wird von der heutigen Straße nicht überlagert und ist damit nicht Bestandteil des neuen Straßenverlaufs. Das fragliche Teilstück liegt vielmehr jenseits der heutigen Straße Q. . Dies ergibt sich aus der Darstellung in der Skizze zur Grenzverhandlung vom 7. September 1971 und wird durch eine Gesamtschau der vorhandenen Luftbilder und der Flurkarte vom 1. Juli 2013 (Bl. 3 Beiakte Heft 1, erster Teil = Bl. 5 der Gerichtsakte), auf die der Klageantrag Bezug nimmt, bestätigt. Der neue Straßenverlauf des Q. beschränkt sich im Bereich der Einmündung in die L. Straße allein auf den "Hauptarm" des Q1. und schließt den nordwestlichen Teilbereich der fraglichen Fläche nicht ein. Denn ein (öffentlicher) Weg erhält seine inhaltliche Ausgestaltung neben dem äußerlich erkennbaren Wegekörper auch aus der Funktion, der er als Verkehrsmittler dient, sowie durch die Einbindung, die er innerhalb des Wegenetzes erfährt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 1980 - 9 A 1361/77 -, OVGE MüLü 34, 282 (283) = juris, Rn. 4.

Damit könnte allenfalls der "Hauptarm" des Q. - unterstellt der Senat würde die Verlegung der Straße in der Zeit von 1971-1973 noch als unwesentliche Verlegung einordnen - als konkludent gewidmet gelten. Der neue Straßenverlauf dient nämlich wie die frühere Straße dem Anschluss an die L. Straße. Davon ist die Funktion der streitigen Fläche, die eine neu geschaffene Querverbindung zwischen "Haupt- und Nebenarm" der Straße Q. darstellt, abzugrenzen.

Die Zuordnung der streitigen Fläche zur neuen - im Rahmen der Verlegung entstandenen - Straße wäre aber Voraussetzung für eine konkludente Widmung dieses Teilstücks. Denn der Grundsatz der Elastizität der Widmung besagt nicht, dass bei Verlegungen oder Verschwenkungen eines Straßenverlaufs die Fläche zwischen der alten und der neuen Wegefläche ebenfalls als gewidmet gilt. Stattdessen müssen die Voraussetzungen für das Vorhandensein eines öffentlichen Weges grundsätzlich gerade hinsichtlich der Grundfläche vorliegen, die als öffentlicher Weg in Anspruch genommen wird. Daher müssen im Falle der Verschiebung oder Verlegung eines öffentlichen Weges, der diese Eigenschaft vor der Verschiebung oder Verlegung erlangt hatte, die Voraussetzungen für eine konkludente Widmung hinsichtlich der neuen Wegefläche vorliegen,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 1980 - 9 A 1361/77 -, OVGE MüLü 34, 282 (283) = juris, Rn. 4,

und gerade nicht für den Bereich zwischen dem alten und dem neuen Straßenverlauf.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 159 Sätze 1 und 2, 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Eine hälftige Teilung der Kosten erscheint im Hinblick auf den teilweisen Klageerfolg - gemessen an der Größe der beiden Teilstücke der streitigen Fläche - sachgerecht. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren für erstattungsfähig zu erklären, entspricht nicht der Billigkeit, weil diese im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch nicht beteiligt waren und daher keinen Antrag gestellt haben, mithin keinem Kostenrisiko ausgesetzt waren (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO). An den Kosten des Berufungsverfahrens sind die Beigeladenen dagegen zu beteiligen, weil sie einen eigenen Antrag gestellt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO). Ebenso entspricht es aus diesem Grund der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahrens für erstattungsfähig zu erklären, weil diese sich mit der Antragstellung einem Kostenrisiko unterworfen haben (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10 sowie 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Lukas Jozefaciuk