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VG Aachen, Beschluss vom 26.02.2018 - 3 L 1545/17

1. Die Feststellungsbefugnis gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung ist entsprechend anwendbar, wenn es um die Inlandsungültigkeit eines ausländischen Führerscheins geht.

2. Von der Inlandsungültigkeit eines (niederländischen) EU-Führerscheins ist auszugehen, wenn dieser im Umtausch gegen einen als ungültig anzusehenden deutschen EU-Führerschein erteilt worden ist.

3. Ein deutscher EU-Führerschein dürfte als ungültig im Sinne von Art. 11 Abs. 1 der Dritten Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG) anzusehen sein, wenn die Fahrerlaubnis entzogen und das Führerscheindokument zurückgefordert worden ist.

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die sofortige Vollziehung eines Bescheids, der die Inlandsungültigkeit eines niederländischen Führerscheins feststellt.

Der am xx. November xxxx geborene Antragsteller erwarb am 3. Juli 2008 im Bundesgebiet die Fahrerlaubnis der Klassen AM und B sowie am 1. Juli 2015 die Fahrerlaubnis der Klasse T. Dazu stellten ihm die deutschen Behörden einen Führerschein mit der Nummer xx aus.

Am 9. Juni 2016 befuhr der Antragsteller mit seinem Pkw die I.---------straße in W. /T. und geriet dabei in eine polizeiliche Kontrolle. Ein Drogenvortest verlief positiv auf Cannabis. Eine chemischtoxikologische Untersuchung der Blutprobe führte im Blutserum zu einem Nachweis des Cannabis-Wirkstoffs THC in einer Konzentration von 3,1 ng/mL sowie zum Nachweis von Spuren an Amphetamin (ca. 9 ng/mL).

Mit Schreiben vom 20. September 2016 wurde der Antragsteller dazu angehört, dass beabsichtigt sei, ihm wegen der Fahrt unter Drogeneinfluss die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Am 29. September 2016 meldete er seinen deutschen Wohnsitz in der F. Straße xx A in X. ab und verzog in die Niederlande.

Am 11. Oktober 2016 bestellte sich Rechtsanwalt X1. aus B. für den Antragsteller. Rechtsanwalt X1. bat unter Vollmachtsvorlage darum, dass Zustellungen des Antragsgegners allein an ihn als Verfahrensbevollmächtigten ergehen.

Am 13. Oktober 2016 meldete der Antragsteller sich im niederländischen Grenzort St. P. , S.------weg , mit seinem Wohnsitz an.

Am 1. November 2016 wandte sich der Antragsteller an die niederländischen Behörden (Gemeente S1. - C. -) und beantragte, seinen deutschen Führerschein (xx) in einen niederländischen Führerschein umzutauschen.

Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 9. November 2016 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die am 3. Juli 2008 (Klassen AM und B) bzw. 1. Juli 2015 (Klasse T) erteilte Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Zwangsgeldandrohung auf, den unter der Nummer xx ausgestellten Führerschein unverzüglich abzugeben.

Am 12. November 2016 wurde dieser Bescheid dem Antragsteller über Rechtsanwalt X1. zugestellt.

Am 14. November 2016 prüfte die in den Niederlanden für den Führerscheinumtausch zuständige Behörde "Rijksdienst voor het Wegverkeer " (künftig: RDW), ob dem Antragsteller, der seinen deutschen Führerschein vorgelegt hatte, die darin dokumentierte Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und T noch zusteht. Dazu führte sie eine Computerabfrage in der europäischen Führerschein-Datenbank "Réseau permis de conduire" (künftig: RESPER) durch. An diesem Tag zeigte die europäische Datenbank RESPER der niederländischen RDW an, dass die dem Antragsteller am 3. Juli 2008 bzw. 1. Juli 2015 in Deutschland erteilte Fahrerlaubnis gültig (niederländisch: "geldig") sei.

Am 17. November 2016 stellte die RDW dem Antragsteller einen niederländischen Führerschein (Nr. xx) aus. In Spalte 10 des Dokuments (Erteilungsdatum) heißt es "3. Juli 2008" bzw. "1. Juli 2015". In Spalte 12 des Dokuments (Zusatzabgaben) ist "xx" und "xx" eingetragen.

Der Antragsgegner erhielt mit einem am 5. Dezember 2016 eingegangenen Schreiben der RDW davon Kenntnis, dass der Antragsteller seinen deutschen Führerschein in einen niederländischen Führerschein umgetauscht hatte. Das deutsche Führerscheindokument lag dem Schreiben bei.

Der Antragsgegner fragte beim RDW nach, ob mit Blick auf die deutsche Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 9. November 2016 am niederländischen Führerschein vom 17. November 2016 festgehalten werde.

Mit Mail vom 4. Januar 2017 teilte der RDW mit, dass er an der vorgenommenen Umschreibung festhalte, da die Datenbank RESPER ihm bei einer Abfrage am 14. November 2016 die Gültigkeit der deutschen Fahrerlaubnis angezeigt habe.

Am 17. Januar 2017 befuhr der Antragsteller mit seinem Pkw eine im deutschen Grenzgebiet zu den Niederlanden gelegene Straße in I1. und geriet dabei in eine Polizeikontrolle. Die Beamten hielten ihm vor, dass er keine gültige Fahrerlaubnis für das Bundesgebiet besitze.

Am 20. Februar 2017 suchte der Antragsteller durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten beim angerufenen Gericht um einstweiligen Rechtsschutz - 3 L 259/17 - nach, und zwar mit dem Ziel, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die am 9. November 2016 erlassene Fahrerlaubnisentziehung zurückzunehmen.

Nach einem richterlichen Hinweis auf die fehlende Erfolgsaussicht nahm der Antragsteller im gerichtlichen Erörterungstermin vom 29. August 2017 den Eilantrag zurück.

Mit der hier streitigen Ordnungsverfügung vom 5. September 2017 ("Feststellungsbescheid") stellte der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung fest, dass der dem Antragsteller am 17. November 2016 von der RWD in den Niederlanden ausgestellte Führerschein der Klassen AM, B und T (Nr. xx) nicht dazu berechtige, im Bundesgebiet fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge zu führen. Ferner forderte er den Antragsteller unter Fristsetzung von einer Woche mit Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 250 Euro auf, den niederländischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Zur Begründung führte er u.a. aus: Mit bestandskräftiger Ordnungsverfügung sei dem Antragsteller wegen der Drogenfahrt vom 9. Juni 2016 die Fahrerlaubnis wirksam entzogen worden. Allerdings habe der Antragsteller sein Führerscheindokument entgegen der Vorlagepflicht nicht abgegeben, sondern nach Wegzug aus dem Bundesgebiet in einen niederländischen Führerschein umgetauscht. Dieser EU-Führerschein sei ohne jede Eignungsüberprüfung der niederländischen Behörden im Umtauschverfahren erteilt worden. Das Dokument könne daher nach Maßgabe des § 28 FeV keine Fahrberechtigung im Bundesgebiet vermitteln.

Der Antragsteller hat am 15. September 2017 Klage - 3 K 4955/17 - erhoben und im vorliegenden Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Er habe seinen deutschen Führerschein bereits am 1. November 2016 bei den niederländischen Behörden abgegeben. Die Einziehung dieses Führerscheins mit der bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 9. November 2016 sei damit zu spät erfolgt bzw. gar nicht mehr möglich gewesen. Im Übrigen habe er erst im Februar 2017 Kenntnis von der Ordnungsverfügung erhalten. Letztlich maßgeblich sei aber, dass der Feststellungsbescheid gegen den im Unionsrecht verankerten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von EU-Führerscheinen verstoße, wie sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. April 2012 in der Rechtssache Hofmann (C-419/10) ergebe.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums (3 K 4955/17) gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. September 2017 (Feststellung der Inlandsungültigkeit eines niederländischen Führerscheins) wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den angegriffenen Feststellungsbescheid.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners.

II.

Der zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unbegründet.

In formeller Hinsicht begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Feststellungsbescheids keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere hinreichend schriftlich begründet, vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Angesichts der beim Antragsteller festgestellten Fahrt unter Drogeneinfluss und der daraus für die Allgemeinheit resultierenden erheblichen Gefahren bedurfte es über die erfolgte Begründung hinaus keiner weiteren Ausführungen.

Die in materieller Hinsicht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Feststellungsbescheids und dem privaten Interesse des Antragstellers, von dessen Vollziehung bis zur abschließenden Klärung seiner Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren verschont zu bleiben, fällt zu seinen Lasten aus. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage besitzt keine Erfolgsaussicht.

Der angegriffene Feststellungsbescheid vom 5. September 2017 ist als rechtmäßig anzusehen.

Der Antragsgegner hat darin im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der am 17. November 2016 von der RDW unter der Nr. xx ausgestellte niederländische EU-Führerschein ("Rijbewijs") den Antragsteller nicht dazu berechtigt, Fahrzeuge im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

Einschlägige Rechtsgrundlage ist § 29 Abs. 3 Satz 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Danach kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt darüber erlassen, dass dem Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis die Berechtigung fehlt, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge zu führen. Diese Feststellungsbefugnis ist entsprechend anwendbar, wenn es - wie hier - um die Inlandsungültigkeit eines ausländischen Führerscheins, also um die Inlandsungültigkeit des Dokuments über die Fahrberechtigung geht.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. September 2012 - 3 C 34/11 -, juris Rn 23; ähnlich auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 7. Juli 2017 - 11 CS 17.1009 -, juris Rn. 16 ff.

Ohne rechtliche Folgen bleibt es, dass der Antragsgegner seinen Bescheid auf die Parallelvorschrift in § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV gestützt hat.

Vgl. zur Austauschbarkeit der beiden vorgenannten Rechtsgrundlagen für die Gültigkeitsfeststellung: BayVGH, Beschluss vom 16. August 2017 - 11 ZB 17.1145 -, juris Rn. 7; Dauer, in: Hentschel/König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2017, § 28 FeV Rn. 19, § 29 FeV Rn. 9.

Die vom Antragsgegner herangezogene Feststellungsbefugnis nach § 28 FeV ist nur dann anwendbar, wenn der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, was beim Antragsteller, der seinen mit Wohnsitz in T1. P. /Niederlande genommen hat, unstreitig nicht der Fall ist.

Das Straßenverkehrsamt des Antragsgegners war nach dem Umzug des Antragstellers in die Niederlande weiterhin berechtigt, fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen. Hat der Betroffene keinen Wohn- oder Aufenthaltsort im Inland mehr, ist für Maßnahmen, die das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen betreffen, "jede untere Verwaltungsbehörde" örtlich zuständig, vgl. § 73 Abs. 3 FeV.

Die vom Antragsgegner getroffene Feststellung, wonach dem niederländischen Führerschein des Antragstellers die Inlandsgültigkeit abzusprechen ist, verstößt nicht gegen die grundsätzlich gegebene Pflicht zur Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse bzw. von EU-Führerscheinen.

Der Antragsgegner hat insbesondere nicht gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 FeV verstoßen. Nach dieser Vorschrift darf derjenige - im Umfang seiner Berechtigung - Kraftfahrzeuge im Inland führen, der Inhaber einer "ausländischen Fahrerlaubnis" ist.

Der Antragsteller erfüllt diese Voraussetzung nicht. Der ihm von den niederländischen Behörden am 17. November 2016 ausgestellte EU-Führerschein ist im Umtauschverfahren erfolgt und hat nicht zur Neuerteilung einer (ausländischen) Fahrerlaubnis geführt.

Das Vorliegen eines Umtauschverfahrens lässt sich dem niederländischen EU-Führerschein entnehmen, der in Spalte 12 die Einträge "xx" und "B xx" aufweist. Die dabei gebrauchte Codezahl "xx", die der Führerscheinklasse (AM bzw. B) folgt, dokumentiert nach Anhang I Nr. 3 der Dritten Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG), dass die Führerscheinerteilung auf einem Umtausch beruht, wobei "xx" den (eingetauschten) deutschen EU-Führerschein bezeichnet.

Das Fehlen einer (neuen) Fahrerlaubniserteilung ergibt sich aus dem weiteren Inhalt des streitbefangenen Führerscheindokuments. Hier sind die Einträge in Spalte 10 maßgeblich, die gemäß Anhang I Nr. 3 der Dritten Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG) die Erteilung der Fahrerlaubnis dokumentieren. Dort finden sich keine neuen Erteilungsdaten, sondern allein diejenigen der ursprünglichen Erteilung in Deutschland, und zwar "3. Juli 2008" hinsichtlich der Klassen AM und B sowie "1. Juli 2015" hinsichtlich der Fahrerlaubnis der Klasse T.

Vgl. zur Bedeutung der Eintragung in Spalte 10 für die Frage, ob eine neue Fahrerlaubniserteilung anzunehmen ist: Zwerger, in: Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 32 Rn. 5, Fußnote 25.

Auch im Übrigen fehlt jeder Anhalt für eine (konkludente) Neuerteilung einer Fahrerlaubnis durch die Ausstellung des niederländischen EU-Führerscheins.

So hat sich der RDW vor der Ausstellung des niederländischen Dokuments in der europäischen Datenbank RESPER vergewissert, ob der vorgelegte deutsche Führerschein mit der darin dokumentierten Fahrberechtigung noch gültig ist. Dies wäre nicht notwendig gewesen, wenn die niederländischen Behörden - ggf. nach einer Fahrprüfung - eine Neuerteilung hätten vornehmen wollen. Auch ist die Mailnachricht des RDW vom 4. Januar 2017 so zu verstehen, dass der niederländische Führerschein dem Antragsteller nicht erteilt worden wäre, wenn die am 14. November 2016 durchgeführte Abfrage in der Datenbank RESPER nicht die (vermeintliche) Gültigkeit der deutschen Fahrerlaubnis ergeben hätte, sondern - tagesaktuell und zutreffend - die am 12. November 2016 durch Entziehung eingetretene Ungültigkeit.

Aus der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte lässt sich keine für den Antragsteller günstigere Sichtweise zu der Frage ableiten, ob ihm beim Führerscheinumtausch in den Niederlanden eine anerkennungsfähige Fahrerlaubnis erteilt worden sein könnte.

Zwar wird in der Rechtsprechung mit Blick auf die Vorgaben des Unionsrechts durchaus erwogen, ob im Einzelfall beim Umtausch von EU-Führerscheinen von der Neuerteilung (anerkennungsfähiger) Fahrberechtigungen auszugehen ist. Allerdings wird die Neuerteilung - soweit ersichtlich - einhellig abgelehnt, wenn der Umtausch auf der Grundlage einer Fahrerlaubnis erfolgt, die bereits entzogen worden ist.

Vgl. dazu: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. September 2014 - 10 S 817/14 -, juris Rn.6 und Beschluss vom 21. Juni 2012 - 10 S 230/11 -, juris Rn.7; Zwerger, in: Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 32 Rn. 8, Fußnote 36.

So liegt der Fall hier. Die deutsche Fahrerlaubnis ist dem Antragsteller am 12. November 2016 entzogen worden und konnte damit nicht mehr die Grundlage des am 17. November 2016 ausgestellten niederländischen Führerscheins sein.

Die damit anzunehmende Inlandsungültigkeit des streitbefangenen niederländischen Führerscheins dürfte sich als unionsrechtlich unbedenklich erweisen.

Zwar trifft es zu, dass Deutschland nach Maßgabe des Unionsrechts grundsätzlich verpflichtet ist, die von anderen EU-Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine anzuerkennen. Das folgt aus Art. 2 Abs. 1 der hier anwendbaren Dritten Führerschein-Richtlinie (Richtlinie 2006/126/EG), wonach die "von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine (...) gegenseitig anerkannt" werden. Auch müssen die Mitgliedstaaten den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von EU-Führerscheinen nach Art. 2 Abs. 1 der Dritten Führerschein-Richtlinie als unmittelbar anwendbares Richtlinienrecht beachten.

Vgl. Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), Urteil vom 26. April 2012 - C-419/10, Rechtssache "Hofmann", juris Rn. 43 f.; Roitzheim, in: Roth, Verkehrsrecht, 4. Aufl. 2016, § 18 Rn. 471; Zwerger, in: Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 32 Rn. 4 m.w.N.; Bendig/Keller, in: Tietgens/Nugel, AnwaltFormulare Verkehrsrecht, 7. Auflage 2017, § 48 Rn. 7.

Allerdings ist vorliegend eine Ausnahme von der Anerkennungspflicht in Betracht zu ziehen. So fehlten die unionsrechtlichen Mindestvoraussetzungen dafür, im Wege des Umtauschverfahrens einen (niederländischen) EU-Führerschein auszustellen. Nach Art. 11 Abs. 1 der Dritten Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG) darf der Führerscheinumtausch nämlich nur dann vorgenommen werden, wenn es sich bei dem einzutauschenden Führerschein um einen "gültigen Führerschein" handelt bzw. die darin jeweils aufgeführte Fahrzeugklasse "tatsächlich noch gültig ist".

Mit dem Richtlinien-Begriff der "Gültigkeit" von Führerschein bzw. Fahrzeugklasse dürfte, wie jedenfalls das deutsche Verständnis es nahelegt, das Bestehen der materiellen Fahrberechtigung, also der Fahrerlaubnis, gemeint sein.

Vgl. zu dieser Lesart: Zwerger, in: Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 32 Rn. 8 m.w.N.

Indes hat der Europäische Gerichtshof jüngst in einem deutschen Vorabentscheidungsverfahren zur Frage der Anerkennung einer französischen Fahrberechtigung, für die noch kein gültiger französischer EU-Führerschein vorlag, betont, dass der unionsrechtliche Anerkennungsgrundsatz nicht an der jeweiligen materiellen Fahrberechtigung, sondern an dem nach EU-Muster erteilten Führerschein anknüpft.

Vgl. EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, C-195/16, Rechtssache "I.", juris Rn. 48.

Diese unterschiedlichen Ansätze bedürfen aber vorliegend keiner weiteren Vertiefung. Mit der Zustellung der Entziehungsverfügung am 12. November 2016 und damit vor dem Führerscheinumtausch am 17. November 2016 war neben der deutschen Fahrerlaubnis mit ihren Fahrzeugklassen auch das deutsche Führerscheindokument nicht mehr als "gültig" anzusehen. Die "Ungültigkeit" des Führerscheindokuments folgt dabei aus der (in der Entziehungsverfügung durch ein Vorlagegebot umgesetzten) Regelung in § 47 Abs. 1 FeV, wonach der von einer deutschen Behörde ausgestellte Führerschein nach der Entziehung "unverzüglich abzuliefern" ist.

Nach alledem geht die Kammer von einem überwiegend wahrscheinlichen Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren aus mit der Folge, dass die Interessenabwägung zu seinen Lasten ausgeht. Nichts anderes gilt im Übrigen, wenn man mit Blick auf die Frage der unionsrechtlich gebotenen Anerkennung von EU-Führerscheinen von einer derzeit offenen Sach- und Rechtslage ausgeht.

Auch die von der Einschätzung der Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsmittels unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen führt nämlich zu einem Überwiegen des vom Antragsgegner verfochtenen öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs und am Schutz höchstrangiger Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer gegenüber dem Mobilitätsinteresse des Antragstellers.

Das ergibt sich aus Folgendem: Der Antragsteller hat seine Fahreignung angesichts einer Drogenproblematik erkennbar verloren. So hat er am 9. Juni 2016 ein Kraftfahrzeug unter der verkehrsrelevanten Einwirkung von Cannabis (THC in einer Konzentration von 3,1 ng/ml) geführt. Dabei ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dieser Rauschfahrt ein nur einmaliger Konsum zugrunde gelegen hätte. Damit ist aber die Fahreignung des Antragstellers entfallen, vgl. Nr. 9.2.2 zur Anlage 4 der FeV. Die chemischtoxikologische Untersuchung der Blutprobe nach dem Vorfall ergab ferner einen positiven Befund ("Spuren") der harten Droge Amphetamin. Auch aus diesem Grund ist der Antragsteller als fahrungeeignet anzusehen, vgl. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV.

Auch im Übrigen ist die Aussetzung der Vollziehung der Ordnungsverfügung nicht geboten.

Die Anordnung, den niederländischen Führerschein unverzüglich zur Eintragung der Aberkennung vorzulegen, findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 2, Abs. 1 S. 2 FeV; die Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Vorlage in §§ 55 Abs. 1, 57, 60 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). Die Höhe des Zwangsgeldes von 250 € steht in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck, den Antragsteller zur Vorlage seines Führerscheins zu bewegen (vgl. § 58 VwVG NRW).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,

etwa Beschluss vom 20. November 2012 - 16 A 2172/12 -, juris, Rn. 17 f., m.w.N.,

der sich die Kammer anschließt, ist für ein Hauptsacheverfahren wegen Entziehung einer Fahrerlaubnis ungeachtet der erteilten Fahrerlaubnisklassen stets der Auffangwert (5.000,- Euro) und für ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren die Hälfte dieses Betrages (2.500,- Euro) als Streitwert anzusetzen. Die Verpflichtung, den ausländischen Führerschein vorzulegen, und die zugehörige Zwangsgeldandrohung, wurden nicht streitwerterhöhend berücksichtigt.

Lukas Jozefaciuk