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LG Hamburg, Beschluss vom 17.09.2018 - 302 S 36/17

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf vom 27.07.2017, ergänzt durch Urteil vom 02.11.2017, Aktenzeichen 410d C 72/16, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Beklagten können hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.

Gründe

I.

Die Kammer beabsichtigt, die gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Hinsichtlich der Begründung kann auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden. Die Berufungsbegründung bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtig- und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Eine erneute Beweisaufnahme oder ein Abweichen von der Beweiswürdigung der ersten Instanz kommt daher nur dann in Betracht, wenn eine gewisse, nicht nur theoretische Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen unrichtiger oder unvollständiger Feststellungen besteht (Hannich/Meyer-Seitz/Engers, ZPO-Reform, 2002, § 529 S. 353). Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die beweiswürdigenden Erwägungen einer festen Tatsachengrundlage entbehrten, also nur Vermutungen wiedergäben, sie lückenhaft wären oder gegen Denksätze oder allgemeine Erfahrungssätze verstießen, schließlich aber auch, wenn die Verteilung der Beweislast verkannt worden wäre (Hannich/Meyer-Seitz/Engers, § 529 S. 353) und dies zu einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung geführt hätte. Davon kann vorliegend ersichtlich keine Rede sein.

1. Zu Recht ist das Amtsgericht von einer Aktivlegitimation der Klägerin ausgegangen. Im Zeitpunkt des Verkehrsunfalls am 02.11.2015 war das Fahrzeug zwar noch zur Sicherheit an die den Erwerb finanzierenden P. Bank zur Sicherheit übereignet, mit Schreiben vom 09.11.2015 (vorgelegt als Anlage K7) hat die P. Bank der Klägerin in Kenntnis ihrer Pläne, das Fahrzeug zu veräußern, die Zulassungsbescheinigung Teil 2 mit der Auflage übersandt, den Kredit innerhalb von 4 Wochen abzulösen. Mit dem als Anlage K9 vorgelegten weiteren Schreiben vom 01.12.2015 (vorgelegt als Anlage K9) hat die P. Bank der Klägerin eine vollständige Zahlung der Ablösesumme bestätigt. Zutreffend legt das Amtsgericht die Rücksendung der Zulassungsbescheinigung Teil 2 als konkludente Rückübereignung des Fahrzeugs verbunden mit einer Abtretung aller Ansprüche der Bank als Eigentümerin auf Schadensersatz aus. Erkennbar wollte die P. Bank nach Rückzahlung des Darlehens der Klägerin alle Rechte hinsichtlich des Fahrzeugs übertragen, dies entspricht dem üblichen Procedere. Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Rücksendung der Zulassungsbescheinigung Teil 2 erfolgt ins Blaue hinein, die von ihnen behaupteten Widersprüche im Vortrag der Klägerin bestätigen sich bei näherem Hinsehen nicht. Dass die Klägerin dem Käufer des Fahrzeugs im Rahmen des Abschlusses des als Anlage K5 vorgelegten Kaufvertrags bereits die dort als „Fahrzeugbrief“ bezeichnete Zulassungsbescheinigung Teil 2 übergeben hätte, hat sie nicht vorgetragen, dies folgt auch nicht aus dem als Anlage K5 vorgelegten Formular-Kaufvertrag, aus dem sich vielmehr ergibt, dass sich der Fahrzeugbrief zu diesem Zeitpunkt nicht in ihrem Besitz befunden hat. Diesen hat die Klägerin erst mit dem als Anlage K7 vorgelegten Schreiben der P. Bank, das zugleich das von den Beklagten vermisste Begleitschreiben darstellt, erhalten.

2. Zutreffend gelangt das Amtsgericht zu einer Haftung der Beklagten in Höhe von 60 %. Die Kollision hat sich beim Betrieb der von der Zeugin S. und dem Beklagten zu 1 geführten Fahrzeuge ereignet, § 7 Abs. 1 StVG. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kollision bei Anwendung höchster Sorgfalt für jeden der Unfallbeteiligten vermeidbar gewesen wäre, liegt ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG für keinen der Beteiligten vor. Die beiderseitigen Verursachungsbeiträge sind daher gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG gegeneinander abzuwägen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängen davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. In diese Abwägung sind lediglich unstreitige, zugestandene oder erwiesene Umstände einzubeziehen (vgl. BGH, NJW 2000, 3069, Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2017 § 17 StVG Rn 31).

Das Amtsgericht hat nachvollziehbar ausgeführt, warum es nicht zu der Überzeugung zu gelangen vermochte, dass die Parteien Verkehrsverstöße des jeweiligen Gegners nachgewiesen hätten.Die Beweiswürdigung ist frei von berufungsrechtlich relevanten Beanstandungen; es ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der festgestellten Tatsachengrundlage und lässt keine Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze erkennen, wobei die Kammer bei der Überprüfung des Urteils berücksichtigt, dass sich das Amtsgericht bei seiner Beweiswürdigung ergänzend auf den persönlichen Eindruck der Zeugin S. und des Beklagten zu 1 stützen kann.

Die Angaben der Zeugin S. weisen die von den Beklagten in der Berufungsbegründung behaupteten Widersprüche nicht auf. Die Zeugin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht ausgeführt, der Lkw des Beklagten zu 1 habe an der roten Ampel gestanden und sie habe sich dieser Ampelanlage auf der ganz rechten Spur genähert und sei nach dem Umschalten auf Grün weitergefahren. Dass die Zeugin ebenfalls an der Ampel angehalten hätte, ergibt sich weder aus ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung und gegenüber der Polizei noch aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte zu 1 hat dies ebenfalls nicht bekundet. Es ist angesichts der von den Unfallbeteiligten geschilderten Geschwindigkeiten mithin nicht ausgeschlossen, dass die Zeugin S. an dem zunächst aus dem Stand beschleunigenden Lkw des Beklagten zu 1 vorbeigefahren und mit dem von ihr geschilderten Abstand die Fahrbahnverengung erreicht hat.

Soweit die Beklagten behaupten, der Zeugin S. sei ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO vorzuwerfen, so folgt die Kammer ihnen nicht. Zwar hat die Zeugin S. angegeben, nach Setzen des Blinkers und Schulterblick nach links gelenkt zu haben, unstreitig erfolgte dieses Fahrmanöver indes im Bereich der Fahrbahnverengung. Zutreffend hat das Amtsgericht zugrunde gelegt, dass sich an dieser Stelle zwei gleichberechtigte Fahrspuren zu einer Fahrspur verengen. Dies ist eindeutig der Skizze auf der Seite 8 der beigezogenen Ermittlungsakte zu entnehmen, denn die Straße ist dem Zeichen 120 entsprechend (Anlage 1 zu § 40 StVO: Verengte Fahrbahn und nicht mit dem Zeichen 121: Einseitig verengte Fahrbahn) markiert.

Werden zwei Fahrspuren beiderseitig auf eine Fahrspur verengt, enden beide Fahrspuren und es fehlt an einer durchgehenden Fahrspur - anders als bei dem sogenannten Reißverschlussverfahren gem. § 7 Abs. 4 StVO, der den Vortritt des die durchgehende Fahrbahn benutzenden Fahrzeugs regelt. Von einem Spurwechsel kann in Ermangelung einer durchgehenden Fahrspur nicht gesprochen werden, vielmehr findet § 1 StVO Anwendung, bei gleichauf fahrenden Fahrzeugen hat das rechte Vortritt.

Nachdem das Amtsgericht nicht zu der Überzeugung gelangen konnte, wer die Engstelle zuerst erreicht hat, ist es zutreffend von einer Unaufklärbarkeit ausgegangen und hat ferner berücksichtigt, dass dem Fahrzeug des Beklagten zu 1, einem Lkw, eine höhere Betriebsgefahr innewohnt. Diese hat sich angesichts der bauartbedingten schlechteren Sicht auch unfallursächlich ausgewirkt. Ein Sachverständigengutachten war in Ermangelung von Anknüpfungstatsachen nicht einzuholen.

Hinsichtlich der Schadenshöhe hat das Amtsgericht zutreffend die Grundsätze des Quotenvorrechts zu Grunde gelegt und die Haftungsquote von 40:60 zulasten der Beklagten lediglich hinsichtlich der Kostenpauschale zur Anwendung gebracht.

II.

Aus den dargelegten Gründen regt die Kammer an, die Berufung zurückzunehmen und weist vorsorglich darauf hin, dass bei einer eventuellen Rücknahme der Berufung sich die Gebühren nach Nr. 1220, 1222 der Anlage 1 des Gerichtskostengesetzes von vier auf zwei Gebühren ermäßigen.

Lukas Jozefaciuk