VG Köln, Urteil vom 28.02.2018 - 23 K 159/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis.
Im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle am 14. November 2013 in L. N. wurde die Klägerin als Beifahrerin kontrolliert. Dabei wurde in ihrer Hosentasche ein Teil eines gerauchten Joints aufgefunden. Ferner befanden sich in der Handtasche der Klägerin u.a. 2,18 g/netto Amphetamin und 2 Joints.
Des Weiteren kam es am 3. Januar 2014, gegen 16.45 Uhr in der Wohnung des früheren Lebensgefährten der Klägerin, Herrn O. , I1. Straße 00 in L. N. zu einem Polizeieinsatz. Anwesend waren die Klägerin und ihr Lebensgefährte. In der Wohnung war ausweislich des Polizeiberichts ein deutlicher Marihuana-Geruch wahrnehmbar. Gegenüber der Polizei erklärten die Klägerin und ihr früherer Lebensgefährte, gerade erst einen Joint konsumiert zu haben. In der Wohnung wurde Marihuana vorgefunden.
Bei einem Polizeieinsatz wegen eines lautstarken Streits am 8. Februar 2014 um 1.31 Uhr wurde die Klägerin wiederum in der Wohnung des früheren Lebensgefährten angetroffen. Nach den Feststellungen der Polizei drang aus der Wohnung starker und deutlicher Geruch von „Gras“. Auf dem Wohnzimmertisch habe ein noch qualmender Joint gelegen, ein weiterer Joint sei in Vorbereitung gewesen. Die Klägerin habe gewirkt, als habe sie Betäubungsmittel konsumiert. Es wurden insgesamt 1,42 gr./n Amphetamin sowie Marihuana sichergestellt.
Wegen dieser Vorfälle gab die Stadt L. , in deren Bezirk die Klägerin seit dem 1. August 2014 unter der Anschrift K.-------weg 0, 00000 L. I. gemeldet war, ihr am 11. Dezember 2014 auf, ein chemischtoxikologisches Gutachten (Blut- und Urinuntersuchung) beizubringen. Diese Anordnung hob die Stadt Köln auf, nachdem ihr seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 2. Januar 2015 mitgeteilt worden war, die Klägerin sei nach Leverkusen verzogen. Ausweislich des Einwohnermelderegisters ist für die Klägerin unter dem Datum 5. Dezember 2014 „Auszug nach unbekannt“ vermerkt. Am 23. Dezember 2014 meldete sich die Klägerin unter der Anschrift L. -L1. -Straße 00a, 00000 M. an. Als Einzugsdatum benannte sie den 20. Dezember 2014.
Im weiteren Verlauf gab die zuständig gewordene Beklagte der Klägerin mit Anordnung vom 17. März 2015 die Beibringung eines chemischtoxikologischen Gutachtens (Blut- und Urinuntersuchung) auf. Diese Anordnung wurde im gerichtlichen Verfahren 23 K 3159/15 aufgehoben, da sie nicht der Klägerin, sondern ihrem Prozessbevollmächtigten zugestellt worden war.
Am 6. August 2015 meldete sich die Klägerin wieder unter der Anschrift K.-------weg 0, 00000 L. an.
Mit Schreiben vom 3. September 2015 gab die Stadt Köln der Klägerin gemäß § 14 Abs. 1 FeV i.V. mit § 46 Abs. 3 FeV auf, ein fachärztliches Gutachten in Form eines chemischtoxikologischen Gutachtens beizubringen. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, sich im Institut für Rechtsmedizin der Universität zu L. zur Abgabe der Blut- und Urinprobe zwecks Erstellung des entsprechenden fachärztlichen Gutachtens (großes Screening) innerhalb von 3 Tagen nach Zustellung dieser Aufforderung vorzustellen. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde die Anordnung der Klägerin am 8. September 2015 unter der Anschrift K.-------weg 0, 00000 L. durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt.
Zugleich wurde das Schreiben informatorisch dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übermittelt; dort ging es laut Eingangstempel am 8. September 2015 ein.
Ausweislich eines Auszuges aus dem Einwohnermelderegister meldete sich die Klägerin am 9. September 2015 rückwirkend zum 1. September 2015 von L. nach M. um.
Unter dem 18. September 2015 ließ die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mitteilen, ihr sei die Gutachtenanordnung aufgrund eines Nachsendeantrages zugegangen. Die Anordnung sei wirkungslos, da sie zwischenzeitlich am 1. September 2015 wieder nach Leverkusen gezogen und die Stadt L. mithin für den Erlass der Gutachtenanordnung nicht zuständig gewesen sei.
Mit Schreiben vom 6. November 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Verfahren nunmehr von ihr bearbeitet werde, nachdem die Klägerin seit dem 9. September 2015 wieder in Leverkusen wohnhaft sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Zuständigkeit für die Gutachtenanordnung bei der Stadt L. gelegen, da die Klägerin dort im Zeitpunkt der Anordnung noch gemeldet gewesen sei. Somit habe sie in der Zeit vom 9. September bis 11. September 2015 die aufgegebene Blut- und Urinprobe abgeben und die Erstellung eines chemischtoxikologischen Gutachtens in Auftrag geben müssen. Der Klägerin wurde eine Frist von 14 Tagen bis zum 24. November 2015 gesetzt, das chemischtoxikologische Gutachten zu der im vorgenannten Zeitraum abgegebenen Blut- und Urinprobe vorzulegen.
Am 16. November 2015 stellte sich die Klägerin am Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik L. vor und gab eine Blut- und Urinprobe ab.
Ausweislich des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Uniklinik L. vom 14. Dezember 2015 wurden in den am 16. November 2015 abgegeben Proben keine Betäubungsmittel, namentlich kein THC und keine Amphetamine nachgewiesen. Ferner ist in dem genannten Gutachten ausgeführt, dass die Klägerin eine von der Führerscheinstelle, Frau M. , am 16. November 2015 telefonisch empfohlene Haaranalyse abgelehnt habe.
Mit Verfügung vom 14. Dezember 2015 entzog die Beklagte der Klägerin die Fahrerlaubnis. Da sie das angeforderte fachärztliche Gutachten in Form eines chemischtoxikologischen Gutachtens zur Frage des Betäubungsmitteleinflusses nicht beigebracht habe, dürfe gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf ihre Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden.
Mit weiterer Verfügung vom 15. Dezember 2015 setzte die Beklagte Gebühren in Höhe von insgesamt 122,52 Euro fest. Für die Entziehung der Fahrerlaubnis (Gebührennummer 206) wurde eine Gebühr von 110,00 Euro und für die Androhung der zwangsweisen Einziehung der Fahrerlaubnis (Gebührennummer 398) eine solche von 10,20 Euro festgesetzt. Ferner wurden Zustellauslagen von 2,32 Euro erhoben.
Die Klägerin hat am 12. Januar 2016 einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag gestellt, dem die Kammer mit Beschluss vom 30. August 2016 entsprochen hat.
Daraufhin hat die Klägerin am 6. September 2016 die zuvor angekündigte Klage erhoben.
Sie macht geltend, die Beklagte dürfe aus der Nichtbeibringung des Gutachtens nicht auf ihre fehlende Fahreignung schließen. So sei ihr die Gutachtenanordnung der Stadt L. vom 3. September 2015 nicht zeitgerecht zugegangen. Ihr Umzug zum 1. September 2015 von L. nach M. werde in der Meldebescheinigung der Beklagten vom 9. September 2015 ausdrücklich bestätigt. Dort sei als Tag des Auszugs der 1. September 2015 benannt. Ferner sei ausgeführt, dass die bisherige Wohnung nicht beibehalten werde.
Nachdem sie sich in der Wohnung in Leverkusen eingerichtet habe, habe sie am 9. September 2015 die Ummeldung vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr der Erlass einer Gutachtenanordnung nicht bekannt gewesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, maßgeblich für den allgemeinen Gerichtsstand (und damit auch für die Zustellung) sei vornehmlich der gewöhnliche Aufenthaltsort. Dieser habe Vorrang vor der Meldeanschrift.
Ferner tritt die Klägerin dem Vorbringen der Beklagten entgegen, wonach sie versucht habe, sich durch einen ständigen Wohnortwechsel der Abgabe einer Blutprobe und damit der Mitwirkung bei der Überprüfung der Fahreignung zu entziehen. Das Grundrecht der Freizügigkeit gestatte einen jederzeitigen Umzug innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus.
Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt L. sei aufgrund ihres Umzuges nicht mehr zuständig gewesen. Auf die Beibringungsanordnung einer unzuständigen Behörde könne - unbeschadet der fehlenden Zustellung - die Entziehung nicht gestützt werden.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Stadt L. ebenfalls unter dem 3. September 2015 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin informatorisch die Gutachtenanordnung übersandt habe. Auch dieses Schreiben sei ihr nicht so zeitig zugeleitet worden, dass sie die gesetzte Frist habe einhalten können.
Nach Eingang der informatorisch übermittelten Gutachtenanordnung vom 3. September 2015 habe die Rechtsanwaltsfachangestellte I2. eine vorbereitete und mit Datum 11. September 2015 versehene Vollmacht an die mütterliche Adresse (K.-------weg 0, 00000 L. ) gerichtet, welche die Klägerin nach Weitergabe des Schreibens durch ihre Mutter unterschrieben und an den Prozessbevollmächtigten zurückgesandt habe.
Die Klägerin trägt ferner vor, ihre Mutter habe die mittels Postzustellsendung übersandte Gutachtenanordnung entgegen genommen. Hierdurch sei aber keine wirksame Zustellung bewirkt worden, da ihre Mutter weder befugt, noch ausdrücklich bevollmächtigt gewesen sei, Schriftstücke für sie entgegen zu nehmen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erläutert, sie sei aufgrund von andauernden Streitigkeiten mit ihrem damaligen Lebensgefährten häufiger hin- und herzogen, ohne sich jeweils umgemeldet zu haben. Die Ummeldung im August 2015 sei deshalb erfolgt, weil sie dauerhaft in L. habe bleiben und „den Absprung“ habe schaffen wollen. Die Post sei seinerzeit mal nach M. , mal zu ihrer Mutter nach L. gesandt worden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten über die Entziehung der Fahrerlaubnis vom 14. Dezember 2015 sowie den zugehörigen Gebührenbescheid vom 15. Dezember 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, hier dürfe gemäß § 11 Abs. 8 FeV aus der Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens auf die Nichteignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden.
In rechtlich nicht zu beanstandender Weise sei der Klägerin aus Anlass des Besitzes von Betäubungsmitteln die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens in Form eines chemischtoxikologischen Gutachtens aufgegeben worden. Die Gutachtenanforderung der Stadt L. sei der Klägerin am 8. September 2015 per Postzustellungsurkunde durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden.
Zudem habe die Klägerin offenbar auch durch ihren Bevollmächtigten, der die Anordnung am 8. September 2015 erhalten habe, frühzeitig Kenntnis erlangt. So habe die Klägerin noch innerhalb der Frist, nämlich am 11. September 2015 die von ihr unterzeichnete Vollmacht in der Kanzlei abgegeben. Ausgehend hiervon sei es ihr auch möglich gewesen, fristgerecht die geforderten Proben abzugeben.
Der Erlass der Gutachtenanordnung sei durch die seinerzeit noch zuständige Stadt L. erfolgt, da die Klägerin bis zum 9. September 2015 dort amtlich gemeldet gewesen sei. Es werde bestritten, dass die Klägerin am 1. September 2015 ihren Lebensmittelpunkt nach Leverkusen verlagert habe. Abseits der Vorlage der Anmeldebestätigung habe die Klägerin keine klaren und vollständigen Angaben zu ihren tatsächlichen Wohnverhältnissen gemacht. So sei es bezeichnend, dass die Klägerin sich am 9. September 2015 und damit einen Tag nach der Zustellung der Gutachtenanordnung wieder bei ihrem Freund in M. angemeldet habe. Die mehrfachen Ummeldungen innerhalb etwa eines Jahres im Zusammenhang mit der zu erwartenden Überprüfung der Fahreignung, begründeten den Verdacht, dass sie sich der Ableistung einer fristgerechten Blut- und Urinprobe habe entziehen wollen.
Die am 16. November 2015 abgegebene Blut- und Urinprobe sei nicht verwertbar, weil die Klägerin nach Kenntnis der Gutachtenanforderung ausreichend Zeit gehabt habe, ihren Konsum zu steuern.
Aufgrund der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisverfügung erweise sich auch die Gebührenerhebung als rechtmäßig.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgrüdne
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2015 über die Entziehung der Fahrerlaubnis ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen, durch die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV.
Dies ist unter anderem nach Nr. 9.1 der Anlage 4 bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes der Fall. Zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen der Einnahme von Betäubungsmitteln ordnet die Fahrerlaubnisbehörde nach §§ 46 Abs. 3, 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes vorliegt. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Gutachtenanforderung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist. Da eine Gutachtenanordnung nicht selbstständig anfechtbar ist, sondern nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine daran anknüpfende Fahrerlaubnisentziehung oder sonstige in Rechte des Betroffenen eingreifende Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann, ist es ein Gebot effektiven Rechtsschutzes, insoweit strenge Anforderungen zu stellen. Die Begutachtungsanordnung muss im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Für den Betroffenen muss ausgehend von der jeweiligen, in Betracht kommenden Norm in der Fahrerlaubnisverordnung erkennbar sein, was der Anlass für die angeordnete Untersuchung ist und ob die in ihr verlautbarten Gründe die behördlichen Bedenken an der Kraftfahreignung zu rechtfertigen vermögen. Denn nur auf der Grundlage dieser Information kann er sachgerecht einschätzen, ob er sich trotz der mit einer Untersuchung verbundenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und der Kostenbelastung der Begutachtung stellen oder die mit der Verweigerung der Begutachtung verbundenen Risiken eingehen möchte.
BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 – 3 C 13.01 –, juris, Rn 25; OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2013 – 16 B 1146/13 –, juris, Rn 3, 9 m.w.N.
Ausgehend hiervon durfte die Beklagte auf die Fahrungeeignetheit der Klägerin schließen.
Die Klägerin ist der Anordnung, ein chemischtoxikologisches Gutachten (Blut- und Urinuntersuchung) vorzulegen, nicht binnen der gesetzten Frist (24. November 2015) nachgekommen.
Die Gutachtenanforderung der Stadt L. vom 3. September 2015 ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Stadt L. in der Anordnung in nachvollziehbarer Weise mitgeteilt, woraus sie ihre Zweifel an der Kraftfahreignung der Klägerin herleitet. Die Stadt Köln hat die Klägerin auch auf die Rechtsfolge einer nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens hingewiesen, § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV, und zudem erläutert, weshalb die Abgabe einer Blut- und Urinprobe innerhalb einer Frist von 3 Tagen notwendig ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Stadt L. für den Erlass der Gutachtanforderung zuständig, da die Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung in ihrem Bezirk gemeldet war.
§ 73 Abs. 2 FeV knüpft die örtliche Zuständigkeit der Behörde an den Ort, an dem der Betroffene seine Wohnung, bei mehreren Wohnungen seine Hauptwohnung hat. Fehlt ein Wohnort in diesem Sinne ist die Behörde des Aufenthaltsorts zuständig.
Maßgeblich ist damit im Ausgangspunkt der Wohnort, hilfsweise der Aufenthaltsort. Wer sich vorübergehend außerhalb seines Wohnsitzes aufhält, um die örtliche Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörde zu umgehen, behält seinen Wohnort,
vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 73 FeV, Rn. 6 i.V.m. § 68 StVZO, Rn 11.
Für die Frage, ob eine Wohnung aufgegeben ist, kommt es nicht auf die bloße Absicht des Wohnungsinhabers an, schon gar nicht kann darauf abgestellt werden, was der Wohnungsinhaber im Prozess über diese Absicht vorträgt. Von einer Verlagerung des tatsächlichen Lebensmittelpunktes ist vielmehr dann auszugehen, wenn für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar ist, dass die bisherige Wohnung aufgegeben ist,
vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1993 – XII ZR 120 92 –, jurisRn. 14.
Hier steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin - wie behauptet - ihren Wohnort zum 1. September 2015 wieder nach Leverkusen verlegt hat. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin sich am 9. September 2015 rückwirkend umgemeldet hat, um sich den Rechtswirkungen der Beibringungsanordnung zu entziehen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung von zahlreichen Streitigkeiten mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten berichtet, die dazu geführt hätten, dass sie häufiger nach Köln zu ihrer Mutter geflüchtet sei. Sie sei dann immer wieder mit Gewalt von ihrem Freund zurückgeholt worden. Dabei habe sie sich typischerweise nicht umgemeldet.
Für die Kammer ist ausgehend von dieser Schilderung nicht transparent geworden, warum die Klägerin abweichend von den sonstigen Gepflogenheiten die Trennung im August 2015 und die Wiederversöhnung im September 2015 zum Anlass genommen hat, sich beim Einwohnermeldeamt umzumelden.
In Bezug auf die Ummeldung nach L. hat die Klägerin erläutert, sie habe im August 2015 eigentlich dauerhaft bei ihrer Mutter bleiben wollen. Es erschließt sich allerdings nicht, warum die Klägerin diesen Entschluss durch eine Ummeldung beim Einwohnermeldeamt und nicht - was viel näher gelegen hätte - durch eine Kündigung der von ihr angemieteten Wohnung dokumentiert hat. Da der Mietvertrag für die Wohnung L. -L1. -Straße 26A in M. auf ihren Namen lautete, war sie weiterhin Schuldnerin der Miete. Dies gilt selbst dann, wenn ihr ehemaliger Lebensgefährte bei der Wohnungsgesellschaft als weiterer Mieter registriert gewesen sein sollte, was sich aus den vorgelegten Vertragsunterlagen allerdings nicht ergibt. Den Prozesskostenhilfeunterlagen lässt sich jedenfalls entnehmen, dass die Miete im Wege eines SEPA-Mandats per Lastschrift vom Konto der Klägerin abgebucht wurde.
Vor allem aber hat die Klägerin dem Gericht nicht plausibel vermitteln können, warum sie sich im September wieder in Leverkusen angemeldet hat. Bereits der Vortrag, vermutlich von ihrem ehemaligen Partner zur Ummeldung gedrängt worden zu sein, erweist sich als unglaubhaft und lebensfremd.
Vor allem aber ist gänzlich unklar geblieben, warum die Ummeldung rückwirkend vorgenommen wurde. Insoweit hat die Klägerin erklärt, sie habe sich zu dem Zeitpunkt angemeldet, zu dem sie auch umgezogen sei. Jedoch konnte die Klägerin keinerlei konkrete Umstände zum Rückumzug vortragen. Es ist nicht einmal erkennbar geworden, dass sich die Klägerin überhaupt an das konkrete Datum des Umzugs nach Leverkusen erinnern kann. Angesichts des Umzuges mit „leichtem Gepäck“ vermag auch das Vorbringen im Schriftsatz vom 14. März 2016 nicht zu überzeugen, wonach sie die Ummeldung erst (später) vorgenommen habe, nachdem sie sich in der Wohnung „eingerichtet“ hatte.
Kann der Umzug nach Köln im August 2015, bei dem die ganze Kleidung der Klägerin sowie ihre persönlichen Gegenstände wie z.B. ihr Fernseher mittels eines Lieferwagens dorthin verbracht worden sind, aus Sicht eines mit den Verhältnissen vertrauten Beobachters als Verlagerung des Lebensmittelpunktes angesehen werden, lassen sich vergleichbare Anknüpfungspunkte für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in Bezug auf den Rückumzug nach Leverkusen hingegen nicht ausmachen.
Dafür, dass die rückwirkende Anmeldung in Leverkusen prozesstaktisch motiviert war, spricht auch die Vorgeschichte: Bereits im Dezember 2014 ist gegen die Klägerin eine Beibringungsanordnung der Stadt L. erlassen worden, die wegen des nachträglich behaupteten Umzuges nach M. aufgehoben wurde und nicht zur Geltung kam.
Ungeachtet der vorstehenden Erwägungen wäre ein Verstoß gegen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit in Anwendung des Rechtsgedankens des § 46 VwVfG NRW aber auch unbeachtlich. Nach dieser Norm kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist, nicht allein wegen einer Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Voraussetzungen dieser Norm hält die Kammer für gegeben. Hier bestand die durch Tatsachen begründete Annahme, dass die Klägerin Betäubungsmittel konsumiert hat. In diesen Fällen steht die Gutachtenanforderung nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde, sondern ist zwingend, vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV. Die Angabe der Klägerin und ihres früheren Lebensgefährten am 3. Januar 2014 gegenüber der Polizei, gerade erst einen Joint konsumiert zu haben, sowie die Feststellung der Polizei beim Einsatz vom 8. Februar 2014, die Klägerin habe gewirkt, als habe sie Betäubungsmittel genommen, begründet zusammen mit den bei 3 Kontrollen aufgefundenen, u.a. auch „harten“ Betäubungsmitteln im Besitz bzw. Umfeld der Klägerin genügend Anlass zu der Annahme, die Klägerin könne Konsumentin dieser Betäubungsmittel sein.
Dieser in § 46 VwVfG NRW verankerte Rechtsgedanke beansprucht auch für die Beibringungsanordnung als vorbereitende Handlung in einem Verwaltungsverfahren Geltung.
Die Gutachtenanforderung ist auch wirksam geworden. Namentlich kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass ihr diese nicht bekannt gegeben worden sei.
Die Bekanntgabe setzt bei verkörperten Erklärungen den Zugang voraus. Zugang bedeutet entsprechend § 130 BGB, dass ein Schreiben tatsächlich derart in den Machtbereich des Adressaten gelangt, dass dieser bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Zum Machtbereich des Empfängers gehört auch der Briefkasten.
Wie bereits oben erläutert, hat das Gericht nicht die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt zum 1. September 2015 wieder nach M. verlegt hat.
Ausgehend hiervon ist die unter der Anschrift K.-------weg 0, 00000 L. zugestellte Beibringungsanordnung der Klägerin im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten nach § 3 Abs. 2 Verwaltungszustellungsgesetz NRW (VwZG NRW) in Verbindung mit § 180 Satz 1 ZPO zustellt worden.
Die Klägerin verhält sich im Übrigen treuwidrig, wenn sie den Empfang von Schriftstücken partiell verweigert. So hat sie Post ihres Prozessbevollmächtigten, die im selben Zeitraum an die L. Anschrift adressiert war, entgegengenommen, sich hingegen in Bezug auf die Beibringungsanordnung auf den Standpunkt gestellt, diese sei ihr nicht fristgerecht zugegangen.
Die Gutachtenanforderung erweist sich auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig, da die Voraussetzungen für die Anforderung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 FeV vorlagen. Es bestand aufgrund der dokumentierten polizeilichen Feststellungen hinreichender Anlass für die Annahme eines Betäubungsmittelkonsums.
Die Klägerin ist der Gutachtenanforderung nicht fristgerecht nachgekommen. Namentlich war die am 16. November 2015 abgegebene Blut- und Urinprobe sowie das aufgrund dessen erstellte Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Uniklinik L. vom 14. Dezember 2015 nicht geeignet, die Gutachtenanforderung vom 3. September 2015 innerhalb der dort gesetzten Fristen zu erfüllen.
Aufgrund der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung erweist sich auch der zugehörige Gebührenbescheid als rechtmäßig. Der Bescheid lässt - wenn auch knapp - erkennen, dass sich die Beklagte ihres Ermessens hinsichtlich der Rahmengebühr bewusst war. Als maßgebliches Kriterium für die Gebührenhöhe ist der Verwaltungsaufwand angegeben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.