VG Köln, Urteil vom 08.11.2018 - 13 K 6682/15
Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt Bonn
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Bonn geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Bonn enthält.
Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Land mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger - nach § 3 UmwRG anerkannter - Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Bonn in der Fassung der Umsetzung und Ersten Fortschreibung 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
Der erste Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet Bonn trat im Oktober 2009 in Kraft; er identifizierte den Straßenverkehr als wesentlichen lokalen Verursacher der NO2-Belastung. Derzeit gilt der Luftreinhalteplan Bonn in der Fassung der 1. Fortschreibung 2012 (Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet Bonn. Anlage zum Luftreinhalteplan 2009. Stand der Umsetzung und Fortschreibung 2012). Zentrales Element der Fortschreibung war die Ausweitung und schrittweise Verschärfung der Umweltzone mit Wirkung ab dem 1. Juli 2012 (Ausschluss von Fahrzeugen mit roter Plakette) und ab dem 1. Juli 2014 (Ausschluss von Fahrzeugen mit gelber Plakette). Zum 15. Oktober 2018 ist die Offenlegung der 2. Fortschreibung erfolgt ("Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet Bonn. 2. Fortschreibung 2019 - Entwurf").
Im August 2015 wandte sich der Kläger an die für die Erstellung des Luftreinhalteplans zuständige Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Bonn geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte, und setzte eine Frist bis zu 15. September 2015.
Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben vom 3. September 2015, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Soweit kein Einvernehmen mit den durch etwaige Maßnahmen belasteten Akteuren hergestellt werden könne, seien die Handlungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen durch das geltende Recht beschränkt. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, durch die Diskussion auch von Maßnahmen verfolgt werde, die üblicherweise nicht in Luftreinhalteplänen üblich und rechtlich zulässig seien. Unabhängig von der formalen Verankerung seien in Bonn Maßnahmen ergriffen worden, die sich positiv auf die lokalen Stickoxid-Emissionen auswirken würden, insbesondere durch Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität bei den Stadtwerken Bonn (SWB Bus und Bahn - Ziel: Umstellung der SWB-Busflotte auf Elektromobilität bis 2030) und bei der Deutschen Post DHL, die ihren bundesweit in Bonn zugelassenen Fuhrpark zur Auslieferung umzustellen beabsichtige.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) ermittelt seit vielen Jahren an drei Stationen im Stadtgebiet der Beigeladenen mittels sog. Passivsammlern u. a. den Stickstoffdioxidgehalt der Luft. An der Station Auerberg wird der urbane Hintergrund ermittelt, die Stationen an der Reuterstraße und der Bornheimer Straße gelten als sog. Belastungsschwerpunkte. Mit in den Blick zu nehmen ist zudem der sog. regionale Hintergrund im Rhein-Ruhr-Gebiet, dessen Mittelwert für das in der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans Bonn zugrundegelegte Bezugsjahr 2016 mit 22 µg/m³ ermittelt wurde. Für die Messstationen ergeben sich für die Jahre 2012 bis 2017 die aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlichen Jahreswerte für NO2 in µg/m³:
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Auerberg
25
25
28
30
29
26
Bornheimer Straße
44
44
44
41
41
40
Reuterstraße
54
57
53
51
49
47
Darüber hinaus wurden weitere Streckenabschnitte im Stadtgebiet der Beigeladenen in den Blick genommen, nachdem es Anhaltspunkte auf Überschreitungen des Jahresmittelwerts gab (Belderberg, Clemens-August-Straße, Konrad-Adenauer-Platz, Wittelsbacher Ring). Die im Einvernehmen zwischen Bezirksregierung Köln, LANUV und Beigeladener vorgenommenen Modellrechnungen ergaben nur für die Straße Belderberg eine Überschreitung (2016: 42 µg/m³), im Übrigen nicht (Clemens-August-Straße 2016 36 µg/m³; Konrad-Adenauer-Platz 2016 37 µg/m³). Für den Wittelsbacher Ring ergab ein durch die Beigeladene durchgeführtes Screening keine Erhärtung des Verdachts.
Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Jahresmittelgrenzwert für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ sei in den vergangenen Jahren im Stadtgebiet Bonn deutlich überschritten worden, nämlich an der Bornheimer Straße und der Reuterstraße, obwohl die Einhaltung der Grenzwerte seit dem 1. Januar 2010 verbindlich sei. Die Luftreinhalteplanung des beklagten Landes ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2-Grenzwerte. Die auf den Antrag des Klägers ergangenen Stellungnahmen trügen seinem Anliegen nicht Rechnung. Die Maßnahme zur Umstellung unter anderem der Busflotte auf Elektrofahrzeuge sei mit starken zeitlichen Unsicherheiten behaftet. Eine sofort mögliche und zur Reduzierung der NO2-Belastung unverzichtbare Nachrüstung mit SCRT-Filtern sei nicht vorgesehen.
Die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 durch den nunmehr vorgelegten Entwurf von Oktober 2018 genüge immer noch nicht den Anforderungen. So beruhten die für den Ausschluss von Fahrverboten relevanten Alternativmaßnahmen auf unsicherer Grundlage, wie dies auch in entsprechenden Vorbehalten im Entwurf selbst zum Ausdruck komme. Eine sichere Einhaltung des Grenzwerts mit anderen Maßnahmen als Fahrverboten könne nicht gewährleistet werden; Fahrverbote müssten daher zumindest als Auffanglinie in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufgenommen werden und dann kurzfristig zur Umsetzung kommen, wenn die Alternativmaßnahmen nicht sicher umgesetzt werden könnten. Insofern könne sich die Beigeladene nicht auf eine zentrale Zubringerfunktion resp. Alternativlosigkeit der Reuterstraße berufen. Dieser Einwand sei im Tatsächlichen unzutreffend und könne im Hinblick auf das Schutzgut der Gesundheit streckenbezogenen oder zeitlich gestaffelten zonenbezogenen Fahrverboten nicht entgegengehalten werden.
Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des Beklagten. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im Jahresmittel eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Nach Untersuchungen der WHO verkürze die Luftverschmutzung durch Luftschadstoffe die Lebenserwartung in Deutschland um 10,2 Monate. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Bonn sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht "geeignet" seien. Wirksamere Maßnahmen, deren Ergreifen heute schon möglich sei, würden nicht mit dem notwendigen Engagement vorangetrieben. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen - auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maß-nahmen -; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Bonn in der Fortschreibung 2012/2018 nicht gerecht, schon weil in dem Plan selbst von einer Einhaltung der Werte allenfalls nach dem Jahr 2020 ausgegangen werde. Auch die Bezirksregierung als Planungsbehörde bestreite nicht, dass das bislang vorgesehene Maßnahmenbündel nicht zum Erfolg geführt habe. Teilweise seien auch Maßnahmen - wie etwa die signaltechnische Pförtnerung der Reuterstraße - nicht einmal umgesetzt worden. Die in den Antwortschreiben benannten Maßnahmen seien zu vage; auf zusätzliche Maßnahmen werde nicht verwiesen und das NO2-Minderungspotential sei unsicher. Die Bezirksregierung Köln habe zwar weitere Maßnahmen in die Diskussion eingebracht. Insoweit seien die City-Maut, Verkehrsbeschränkungen nach alternierenden Systemen, ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Innenstadt oder flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzungen zu nennen, die beim wesentlichen lokalen Verursacher, dem Straßenverkehr, ansetzten.
Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Eine City-Maut außerhalb von Bundesstraßen sei auch heute schon auf der Basis des § 40 Abs. 1 BImSchG bei Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Luftreinhalteplan rechtlich möglich. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten bzw. deutliche Anhebung der Parkgebühren in der Innenstadt, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Durchsetzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote (etwa abwechselnd für Fahrzeuge mit geraden/ungeraden Kennzeichen oder alternativ für emissionsreiche/gering besetzte Fahrzeuge) umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich. Elektrisch betriebene Fahrzeuge könnten ausgenommen werden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, den für die Stadt Bonn geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Bonn enthält,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, den für die Stadt Bonn geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Bonn enthält.
Das beklagte Land widerspricht der in der Neufassung des Hauptantrags gesehenen Klageänderung und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn die Bezirksregierung Köln habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Ein Fortschreibungsbedarf sei zwar für den Luftreinhalteplan 2012 bejaht worden. Für die Stadt Bonn sei jedoch ermittelt worden, dass alle wirksamen und rechtlich zulässigen Maßnahmen ausgeschöpft worden seien. Die Maßnahmen aus den Luftreinhalteplänen 2009 und 2012 seien umgesetzt worden.
Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden.
Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch Lkw-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein Lkw Platz für zwei bis drei Pkws schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Für die Reuterstraße bestehe seit dem 1. Januar 2010 ein Durchfahrtverbot für Lkw über 3,5 t (scil.: ausgenommen Lieferverkehr mit Zielen innerhalb des Stadtgebiets), das auch beachtet und gegebenenfalls durchgesetzt werde. Für die Bornheimer Straße bestehe kein solches Verbot, da dieses nicht sinnvoll sei; insofern sei eine zusätzliche Anbindung der derzeit durch die Bornheimer Straße bedienten Anbindung an die B56 geplant, so dass der Lkw-Verkehr zukünftig nicht mehr vorrangig über die Bornheimer Straße geleitet werde. Die Einrichtung einer autofreien Zone durch Teileinziehung - wie bei Lkw-Durchfahrtverboten - sei nach geltendem Straßenrecht nicht möglich.
Der Förderung des ÖPNV messe das beklagte Land ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG, der grundsätzlich eine Beförderung nur gegen Entgelt vorsehe. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Bonn der im Verbund geführte ÖPNV jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an seine Kapazitätsgrenzen stoße. Weitere Taktverdichtungen und längere Züge seien auf den Bonner Hauptstrecken ohne Sicherheitsprobleme nicht möglich. Zudem sei die Wirksamkeit dieser Maßnahme fraglich. In Bonn seien die Kapazitäten des ÖPNV ausgebaut worden bzw. würden weiter ausgebaut. So seien Bahnhofsvorplatz und ZOB umzugestalten. Neue DB-Haltepunkte (UN-Campus als Entlastung der Reuterstraße; Helmholtzstraße; Bonn Endenich-Nord; zweigleisiger Ausbau der RB 23 zwischen Duisdorf 5 und Witterschlick) seien fertiggestellt. Der Bau einer S-Bahn-Linie als Zubringer zum Flughafen sei bis 2026 in Planung; Planfeststellungsbeschlüsse lägen vor. Hinzu komme das Strategiepapier Fahrradverkehr.
Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße bei Kosten zwischen 8.000 und 12.000 EUR pro Bus, ggfs. sogar bei SCRT 10.000 bis 16.000 EUR an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen wegen mangelnder Wirksamkeit bei zu niedriger Abgastemperatur aufgrund von bestimmungsgemäßen Stopand-Go-Fahrweisen der Busse. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der SWB stetig erneuert. Von den insgesamt 188 Bussen würden nach der Planung zum 31. Dezember 2016 51 der Abgasstufe Euro VI, 96 dem Euro EEV-Standard, 11 Busse der Euro IV-Stufe entsprechen; 24 Busse seien nachgerüstet und sechs Busse verfügten über einen Elektroantrieb. Alle Busse mit gelber Plakette würden zu diesem Zeitpunkt ausgesondert sein.
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei; jedenfalls für die hier in Rede stehenden Hot Spots Bornheimer Straße und Reuterstraße lägen die rechtlichen wie tatsächlichen Voraussetzungen nicht vor. Von einem unsteten zu einem steten Verkehrsfluss sei man aufgrund einer entsprechenden Maßnahme bereits im Luftreinhalteplan 2009 auf der Reuterstraße durch eine Optimierung der Lichtsignalsteuerung gekommen. Eine ebenfalls im LRP 2009 erwogene signaltechnische Pförtnerung der Straße sei wegen der Gefahr des Rückstaus auf die A565 (Verkehrssicherheit) nicht realisiert worden. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen "City-Maut" und "zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote" stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die "City-Maut" gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden/ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Auch müsse berücksichtigt werden, dass oftmals nicht die Innenstädte besonders betroffen seien, sondern die Ein- und Ausfallstraßen. Zudem bedürfe es einer Schaffung von Übergangs und Ausnahmeregelungen für neuere Fahrzeuge. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot auch nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dies sei für Bonn kaum zu leisten, das die Stadt größtenteils in einer durch Höhenzüge begrenzten Tallage liege, so dass Umfahrungen natürliche Grenzen gesetzt seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahrkm führten, was zu vermeiden sei.
Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Insoweit seien in Bonn mehrere Maßnahmen in Planung.
Die Förderung der Elektromobilität sei als neue Maßnahme in den Luftreinhalteplan aufgenommen worden und werde von der Beigeladenen auf verschiedenen Wegen verfolgt. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Bonn 2012 noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Allerdings werde die Elektromobilität auch von Institutionen der Wirtschaft als sinnvoller Ansatz gesehen. Hervorzuheben sei insoweit insbesondere das Unternehmen Deutsche Post DHL, das die Zustellung in Bonn und Umland auf 106 Elektrofahrzeuge von 158 insgesamt umgestellt habe; dies sei der Maximalausbau.
Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe. Die Einführung einer Blauen Plakette/Blauen Umweltzone sei dennoch in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2019 betrachtet worden.
Dem Luftreinhalteplan Bonn in der Fortschreibung 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung sei während des Gerichtsverfahrens gearbeitet worden; wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 27. Februar 2018 aufgestellten, teilweise von der Rechtsauffassung des beklagten Landes abweichenden Grundsätze beachtet würden. Die Beigeladene habe sich im Rahmen des NRW-Förderprogramms "KommunalerKlimaschutz.NRW" für den Sonderförderbereich "Emissionsfreie Innenstadt beworben"; mit einem positiven Förderbescheid könne für Anfang 2019 gerechnet werden. Im Dezember 2017 seien die Fördermittel im Rahmen der Erstellung von kommunalen Masterplänen (Green-City-Plan) bewilligt worden. Auch habe sich Bonn als eine von fünf Städten in Deutschland als Modellstadt (Lead City) zur Erprobung neuer Maßnahmen der Luftqualitätsverbesserung beworben. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass an der Messstelle des LANUV in der Bornheimer Straße (BOBO) der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahr 2017 erreicht worden sei. Für die Messstelle Reuterstraße (BORE) deute sich jedenfalls ein starker Rückgang an; die Werte seien im Schnitt um 2 µg/m³ pro Jahr zurückgegangen und hätten 2017 noch 47 µg/m³ betragen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
In der Sache trägt sie unter Verweis auf die Ausführungen des beklagten Landes vor, dass seit Inkrafttreten der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2019 zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden seien. Die Entwicklung der Schadstoffwerte sei positiv, in der Bornheimer Straße werde der Grenzwert nicht mehr überschritten; die Einhaltung werde durch geplante Bau- bzw. Umgestaltungsmaßnahmen auch in Zukunft sichergestellt werden. Eine Einhaltung des Grenzwerts an der Reuterstraße sei entgegen dem Maßnahmenpaket im Luftreinhalteplan 2012 nicht eingetreten, was aber angesichts der nunmehr bekannt gewordenen erheblichen Manipulation an Abgasreinigungssystemen von Diesel-Kfz nicht vorhersehbar gewesen sei. Wie von dem beklagten Land dargelegt, sei die Inanspruchnahme umfangreicher Fördermaßnahmen in der Zukunft geplant. Diesel-Fahrverbote seien insbesondere für die Reuterstraße unverhältnismäßig, diese gingen über die Wirkungen "normaler" straßenverkehrsrechtlicher Durchfahrts- und Halteverbote hinaus. Bei der Reuterstraße handele es sich um "die" Straße, die für tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Erreichen ihrer Arbeitsplätze faktisch alternativlos sei. In Bonn gebe es ca. 136.000 Einpendler und etwa 55.000 Auspendler. Die Reuterstraße als vierspurige Stadtstraße mit besonderer Erschließungsfunktion binde den Arbeitsplatzschwerpunkt im ehemaligen Bundesviertel an das übergeordnete Straßennetz an. Hinzu komme, dass diverse Sanierungs- und Ausbauvorhaben an den Bundeautobahnen A59 und A565 in den nächsten Jahren anständen, so dass für die kommen 10 bis 15 Jahre wichtige Teile des für das Bonner Stadtgebiet relevanten Fernstraßennetzes in diesem Zeitraum nur eingeschränkt zur Verfügung stehen würden. Würde dann noch die Reuterstraße gesperrt, für die es keine auch nur annähernd adäquate Ausweichstrecke für Durchgangsverkehre gebe, würde dies gravierende negative Auswirkungen auf die in Bonn ansässigen DAX-Unternehmen und Behörden von Bund sowie Vereinten Nationen haben. Aufgrund dieser besonderen Umstände stelle sich das Diesel-Fahrverbot als unverhältnismäßig dar. Neu in die Betrachtung einbezogen worden sei die Überschreitung an der Straße Belderberg.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
Gründe
Die allgemeine Leistungsklage, für die das erkennende Gericht instanziell zuständig ist, ist zulässig und begründet.
Das erkennende Gericht ist instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchstabe a) UmwRG/ § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori ( § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist - entgegen der Ansicht des beklagten Landes - nicht nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff gegen den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet Bonn in der Fassung der Anlage zum Luftreinhalteplan Bonn 2009 - Stand der Umsetzung und Fortschreibung 2012 - geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass die Bezirksregierung Köln zwischenzeitlich die Zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen fertiggestellt und am 15. Oktober 2018 offengelegt hat. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende erste Fortschreibung von 2012 - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Bonn geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält. Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.
Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des BImSchG durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben kann, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ bis enthält. Als erforderliche Maßnahmen sieht das Gericht die schneller als bislang veranschlagte Nachrüstung der Busflotte mit SCRT-Filtern sowie insbesondere streckenbezogene Fahrverbote auf den Straßen Belderberg und Reuterstraße an.
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
Nach § 3 Abs. 1 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) vom 2. August 2010 (BGBl. I S. 1065), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 10. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2244), beträgt zum Schutz der menschlichen Gesundheit der über eine volle Stunde gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) 200 ?g/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr. Der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) zum Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt 40 ?g/m³ (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV).
Die 39. BImSchV dient unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 S. 1), in der die ab 1. Januar 2010 einzuhaltenden, vom Verordnungsgeber übernommenen Grenzwerte in Anhang XI, Abschnitt B, festgelegt sind. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für Schwefeldioxid, PM10, Blei und Kohlenmonoxid in der Luft die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten; die in Anlage XI festgelegten Grenzwerte für NO2 und Benzol dürfen von dem dort genannten Zeitpunkt an (1. Januar 2010 - s. auch Anlage 11 zur 39. BImSchV) nicht mehr überschritten werden. Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2008/50/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass für Gebiete oder Ballungsräume, in denen Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert überschreiten, Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden Grenzwerte einzuhalten. Im Falle der Überschreitung von Grenzwerten enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann (Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2008/50/EG).
Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris und Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 129, 296 ff., jeweils Rn. 26; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rn. 17, - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), Rn. 20.
Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
BT-Drs. 14/8450 S. 14; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, wie vor,
die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 - 22 C 16.1427 -, juris Rn. 145.
Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, wie vor m. w. Nachw. der Rechtsprechung des Gerichts; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rn. 15, 52.
Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 40 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor. Der NO2-Jahresmittelwert nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. BImSchV von 40 ?g/m³ von 40 ?g/m³, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird an mehreren Messstationen im Stadtgebiet der Beigeladenen nicht eingehalten.
Dieser Grenzwert von 40 ?g/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - im Bezugsjahr 2016 und teilweise auch noch im Jahr 2017 an drei (Mess)Stellen im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten, nämlich an der Bornheimer Straße, der Reuterstraße und dem Belderberg. Für die Bornheimer Straße ist für 2017 allerdings festzustellen, dass der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ erstmals exakt eingehalten worden ist und nach den Prognosen des LANUV dies auch für 2018 - jedenfalls im Jahresmittel - zu erwarten ist. Sowohl bei der Bornheimer Straße als auch der Reuterstraße handelt es sich um die (großen) Ein- und Ausfallstraßen von den Bundesautobahnen in die Innenstadt von Bonn, bei der Reuterstraße um die unmittelbare Fortsetzung der A565, die zur Querachse B9 führt und zudem Verbindungsfunktion zwischen zwei Bundesautobahnen hat (A565 und A562). Sämtliche hier genannten Belastungsstrecken liegen innerhalb der Grünen Umweltzone der Beigeladenen.
Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts "so kurz wie möglich" zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst frühestens 2020, gegebenenfalls aber auch erst später eingehalten werden, ohne im oben beschriebenen Sinn geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält - und nicht, wie lange sie noch andauern wird -, unzureichend,
vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 - C-488/15 -, juris Rn. 115.
Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für Bonn in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen (1.). Auch durch die in den Blick zu nehmende Fortschreibung für 2019 ergibt sich kein anderes Ergebnis (2.).
1. Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an zwei Messstationen (Bornheimer Straße und Reuterstraße) mit insbesondere auf der Reuterstraße im Jahr 2017 47 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An der Messstelle Bornheimer Straße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten, hingegen am Belderberg mit 42 µg/m³ 2016 erstmals überschritten - und insoweit nach der Prognose auch für die Folgejahre.
Zwar ist - abgesehen von der Straße Belderberg - nicht zu verkennen, dass die Werte rückläufig sind (insbesondere für die Reuterstraße von 62 µg/m³ im Jahr 2009 auf 47 µg/m³ für 2017 und wohl auch für 2018). Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - C-336/16 -, Rn. 62 und 65.
Der geltende Luftreinhalteplan für Bonn 2009 in der Fassung der Fortschreibung 2012 beschränkt sich in sachlicher Hinsicht darauf, vor allem die räumliche Erweiterung und inhaltliche Verschärfung der (grünen) Umweltzone ab dem 1. Juli 2014 (insbesondere Einfahrt für Dieselfahrzeuge nur Euro 4 oder Euro 3+ Partikelfilter und Einbeziehung der Bornheimer Straße) als Mittel der Reduzierung einzusetzen. Andererseits wird aber im Entwurf für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2019 (Beiakte 8 - im Folgenden: Entwurf) konstatiert, dass das Ziel der Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht vollständig erreicht worden ist (S. 5); die sichere Einhaltung für das Jahr 2020, insbesondere für den Hot Spot Reuterstraße wird aber nur "vorbehaltlich der rechtzeitigen Umsetzung der vielen, aus Förderprogrammen des Bundes und der Länder geförderten Maßnahmen" durch die Beigeladene prognostiziert. Präzise zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht explizit entnehmen - in der ursprünglichen Fassung von 2009 war noch das Jahr 2010 genannt. Allenfalls mittelbar lässt sich aus dem Zeitpunkt, zu welchem die erweiterte und verschärfte Umweltzone gelten soll, als Zieljahr 2014 bestimmen.
2. Die geplante Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sieht ebenfalls die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ im Jahresmittel nur als bedingt sicher für das Jahr 2020 an. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass der Schiffsverkehr im Stadtgebiet Bonn mit 56,9 % den größten Anteil der verkehrsbedingten NOX-Emissionen verursacht, der Pkw-Verkehr jedoch seinerseits 41,0 %. Der Schiffsverkehr trägt insbesondere am Hot Spot Reuterstraße nur mit 3 % bei, während der Pkw-Verkehr hier einen deutlichen - stärkeren als der regionale Hintergrund (31 %) - Verursachungsbeitrag von 43 % leistet.
Nach den Feststellungen des LANUV für das Jahr 2016 in Bonn erbringt der Pkw-Verkehr ca. 90 %, die schweren Nutzfahrzeuge > 3,5 t (Lkw, Lastzüge, Sattelzüge, Busse) zusammen 5 %; der Rest entfällt auf die leichten Nutzfahrzeuge mit 3,7 % und Kräder. Die Gesamtmenge der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs betrug im Jahr 2016 ca. 872,6 t/a. Durch die Fahrleistung der PKW wurden in 2016 etwa 623,3 t/a (71,4 %) der verkehrlichen NOx-Emissionen im gesamten Untersuchungsgebiet verursacht. Mit 4,2 % Jahresfahrleistung verursachen die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Linienbusse) ca. 15,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs. Die Linienbusse tragen bei einem nur 0,7 %-igen Anteil an der Jahresfahrleistung mit einer Menge von etwa 7,1 % deutlich überproportional zu den NOx-Emissionen bei (vgl. Entwurf S. 20). Dabei ist nach der Vier-Fünftel-Faustregel,
LAI-Ausschuss "Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr", Handlungsbedarf und -empfehlungen, zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte, Stand 16. Februar 2016, Kernsatz 2, https://www.laiimmissionsschutz.de/documents/handlungsbedarf_2_1503573109.pdf
wonach vier Fünftel des Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen, auch ohne konkrete Betrachtung des LANUV für Bonn von einem erheblichen Anteil der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs durch Dieselfahrzeuge auszugehen. Dieser wird nunmehr bei einem NOx-Beitrag des Pkw-Straßenverkehrs zu den Emissionen von insgesamt 71,4 % mit 85,1 % als durch Fahrzeuge mit Dieselantrieb verursacht beziffert (GA 495).
Die Bezirksregierung Köln hat neben internationalen und bundesweiten nationalen Maßnahmen (Entwurf S. 35 ff. und S. 37 f.) auch landesweite regionale Beiträge (a.a.O. S. 38 f.) in den Blick genommen, die aber teilweise erst zukünftig wirken können resp. werden bzw. durch Förderprogramme auf ein Umdenken in puncto Mobilität abstellen, mithin bestenfalls in Zukunft, aber nicht zeitnah wirken können. Dies gilt zumindest teilweise, wenn nicht überwiegend auch für die in Kapitel 5.2 ab S. 39 beschriebenen lokalen Ansatzpunkte zur NO2-Minderung wie den Masterplan/Sofortprogramm "Saubere Luft"; Modellstadt Bonn ("Lead City"); Emissionsfreie Innenstadt (EFRE). Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um Förderprogramme, die neben der Bewilligung der Mittel auch noch der konkreten Projektumsetzung bedürfen, die derzeit noch zumindest zeitlich ungewiss ist. Dies ist besonders augenfällig für das Seilbahnprojekt (Neue Seilbahnverbindung Venusberg - UN Campus - Beuel Schießbergweg zur besseren Anbindung der Arbeitsplatzschwerpunkte und Schaffung einer neuen, leistungsfähigen ÖPNV-Tangente) im Bereich des Plans "Lead City", für das gerade einmal eine Machbarkeitsstudie vorliegt.
Die sichere Einhaltung für das Jahr 2020, insbesondere für den Hot Spot Reuterstraße wird nur "vorbehaltlich der rechtzeitigen Umsetzung der vielen, aus Förderprogrammen des Bundes und der Länder geförderten Maßnahmen" durch die Beigeladene prognostiziert. Vielmehr wird konstatiert, dass bei alleiniger Berücksichtigung der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und der Abnahme des Hintergrundniveaus allein im Jahr 2020 nicht von der Einhaltung des Grenzwerts an der Reuterstraße und am Belderberg ausgegangen werden kann (Entwurf S. 34). Ohne Maßnahmen ist bis zum Jahr 2020 keine Einhaltung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (Entwurf S. 55). Eine Kombination von Software-Update und Inanspruchnahme der Rückkaufprämie führt nur teilweise zum Erfolg (vgl. Tabelle 14, Entwurf S. 54). Der Entwurf kommt zu dem Fazit, dass die betrachteten Maßnahmen nicht mit letzter Sicherheit ausreichen, um an allen Belastungspunkten den Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahr 2019 einzuhalten. Die genannten Maßnahmen stehen zudem im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 35,
verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2008/50/EG, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
Weiter führt der Entwurf aus, dass das Dieselfahrverbot für Fahrzeuge Euro 5/V erst ab dem 1. September 2019 in verhältnismäßiger Weise anzuordnen sei, indes aber ebenso wie die "Blaue Umweltzone" und das "Dieselfahrverbot ausgenommen schwere Nutzfahrzeuge" gegen den Angemessenheitsgrundsatz verstoße: Faktisch komme damit ein Großteil des Wirtschaftsverkehrs in Bonn zum Erliegen, mit Betriebseinstellungen und Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiter sei zu rechnen (Entwurf S. 62 f.). Die betrachteten Fahrverbote würden daher im Rahmen der Fortschreibung nicht weiter verfolgt (Entwurf S. 66 - Hervorhebung durch das Gericht).
Mit diesem Fazit genügt die geplante Fortschreibung des Luftreinhalteplans Bonn 2019 derzeit nicht den rechtlichen Anforderungen. Auch im aktuellen, für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Planungsstadium liegt kein Gesamtkonzept vor, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 ?g/m3 im Stadtgebiet der Beigeladenen eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor überschritten werden.
Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung - die Offenlegung des Entwurfs ist zum 15. Oktober 2018 erfolgt - als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 36.
Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als mögliches Mittel benannten streckenbezogenen Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Bonn aufzunehmen.
Insoweit orientiert sich das Gericht an den in dem Entwurf für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans Bonn seitens der Bezirksregierung Köln in den Blick genommenen straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen (Entwurf S. 42 f.) sowie den geplanten Umstellungsmaßnahmen für die Busflotte der SWB (Entwurf S. 48; mangels Beschlusslage noch nicht genauer betrachtet).
Für die Reuterstraße, für die weiterhin eine Überschreitung mit 42 µg/m³ (2017: 47 µg/m³) und keine Einhaltung im Jahr 2020, sondern frühestens 2021, prognostiziert wird, ist daher ein streckenbezogenes Fahrverbot aufzunehmen, dessen Parameter sich an denen einer "Blauen Umweltzone" orientieren (Ziffer 5.2.1.1. des Entwurfs, S. 42 f.), das heißt Einfahrt nur noch durch Dieselfahrzeuge - Pkw und leichte Nutzfahrzeuge - der Klasse Euro 6; Dieselfahrzeuge der Klasse Euro VI, also schwere Nutzfahrzeuge; Benzinfahrzeuge der Klassen Euro 3 bis 6 sowie Erdgas- und Elektro-Kfz.
Hingegen reicht angesichts der zwar ebenfalls für 2020 ohne weitere Maßnahmen mit 41 µg/m³ gegebenen, niedrigeren Überschreitung des Jahresmittelwerts für die Straße Belderberg die Aufnahme eines streckenbezogenen Fahrverbots nach Maßgabe von Ziffer 5.2.1.3. des Entwurfs (S. 43) aus, das heißt ein Einfahrtverbot für alle Diesel-Kfz mit einer Schadstoffklasse schlechter Euro 5/V (Einfahrt nur noch durch Dieselfahrzeuge - Pkw und leichte Nutzfahrzeuge - der Klassen Euro 5 und 6; Dieselfahrzeuge der Klassen Euro V und VI, also schwere Nutzfahrzeuge; Benzinfahrzeuge der Klassen Euro 4 bis 6 sowie Erdgas- und Elektro-Kfz). Gegebenenfalls kann unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Anordnung eines streckenbezogenen Fahrverbots für den Belderberg unterbleiben, wenn die - ebenfalls nach Auffassung des Gerichts als verbindlich aufzunehmende Maßnahme - der Nachrüstung der SWB-Busflotte mit SCRT-Filtern bzw. Umstellung deutlich vor dem bisherigen Zieltermin im Oktober 2020 (Ziffer 5.2.5., S. 45 und 48) zu einer Einhaltung des Jahresmittelwerts von 40 µg/m³ am Belderberg führt. Derzeit sollen im Jahr 2019 nur etwa 38 Busse umgerüstet werden, erst im Oktober 2020 soll die Umrüstung von 77 Bussen abgeschlossen sein (Entwurf S. 45).
Streckenbezogene Fahrverbote sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rn. 38, - 7 C 30. 17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart),
der das Gericht folgt, ohne weiteres angemessen und zumutbar, mithin verhältnismäßig. Sie führen lediglich dazu, dass die betroffenen Autofahrer einzelne Fahrtziele nicht oder nur unter Inkaufnahme von mehr oder weniger großen Umwegen erreichen und ihre Fahrzeuge nicht auf den von dem Verbot erfassten Straßen(abschnitten) abstellen können. Derartige Einschränkungen gehen ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinaus, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen. Dies gilt auch für von einem streckenbezogenen Verkehrsverbot betroffene Anlieger und Anwohner. Eine uneingeschränkte Anfahrtsmöglichkeit zu einem Grundstück "bis unmittelbar vor die Haustür" gehört in städtischen Ballungsgebieten auch für den Eigentümer eines Wohngrundstücks nicht zum Kernbereich des Anliegergebrauchs. Anlieger und Anwohner haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung und einen bestimmten Umfang der Grundstücksverbindung mit der Straße, sofern diese nur als Verkehrsmittler erhalten bleibt. Sondersituationen kann insoweit durch Erteilung von Ausnahmegenehmigungen hinreichend Rechnung getragen werden,
vgl. BVerwG, wie vor.
Für eine davon abweichende atypische Situation insbesondere im Hinblick auf die Überschreitungen des Grenzwerts an anderer Stelle aufgrund von sog. "Ausweichverkehren" ist nichts ersichtlich oder von der Beigeladenen wirklich substantiiert vorgetragen worden. Vielmehr beschränkt sich der Entwurf darauf, pauschal zonale Fahrverbote als unverhältnismäßig einzustufen und daher nicht weiter zu verfolgen (S. 66).
Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind aber Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Bonn ca. 85,1 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittieren resp. den gegenüber der Fahrleistung überproportionalen Beitrag der Linienbusse von 5,9 % sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rn. 138.
Dem steht nicht entgegen, dass nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG die Maßnahmen entsprechend des Verursachungsanteils unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zur richten sind, wozu in Bonn insbesondere der Schiffsverkehr mit 59,6 % der im Jahr 2012 verursachten NOx-Emissionen zählt, und dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rn. 29.
Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 - 6 K 2211/15 -, juris Rn. 53.
Diese streckenbezogenen Fahrverbote sind auch erforderlich, da der Bezirksregierung Köln als planaufstellender Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Dies gilt auch in Ansehung der Prognose auf S. 54 des Entwurfs: Zwar wird dort bei einer Kombination von Software-Update und Rückkaufprämie 50% und 100 % eine Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ an der Bornheimer Straße und am Belderberg prognostiziert, für die Reuterstraße aber immer noch eine leichte Überschreitung im Jahr 2021 (41 µg/m³). Allerdings bedeutet zum einen Software-Update 50 %/100 %, dass 50 % aller Diesel-Pkw der Schadstoffklasse Euro 5 und 100 % aller Diesel-Pkw der Schadstoffklasse Euro 6 dieses Software Update erhalten. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, die von der Beigeladenen als Straßenverkehrsbehörde beeinflusst werden kann: Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
OVG NRW, Beschlüsse vom 17. August 2018 - 8 B 548/18 - und - 8 B 865/18 -, juris,
kann eine Betriebsuntersagung durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde erfolgen, wenn ein Eigentümer eines von Manipulationen der Autohersteller betroffenen Fahrzeugs (unzulässige Abschalteinrichtung) nicht an der vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Rückrufaktion des Herstellers teilnimmt und an dem Fahrzeug auch nach schriftlicher Aufforderung zur Mängelbeseitigung kein Software-Update vornehmen lässt. Insoweit ist aber schon nicht ersichtlich oder im Entwurf der Fortschreibung ausgeführt, wie viele Fahrzeuge betroffen sind oder welche Maßnahmen seitens der Beigeladenen ergriffen worden sind oder ergriffen werden. Nach den unwidersprochenen Angaben des Klägers (Verfahren 13 K 6684/15, GA 676 f.) sind von den verpflichtenden Softwareupdates = 50 % von Euro 5 und Euro 6 alle seit Mitte 2018 umgesetzt. Zu der Erreichung von 100 % bestehe keine durchsetzbare Verpflichtung, deswegen würden Pkw-Eigentümer diese auch nicht umsetzen. Nicht im Einflussbereich liegt zudem die Inanspruchnahme der Rückkaufprämie, die von zwei großen Autoherstellern (VW und Opel) angeboten wird, oder der neuen "Diesel-Abwrackprämie"; die Entscheidung, ein neues Fahrzeug gegen Eintausch des alten zu erwerben, ist vielmehr eine privatautonome, auch von wirtschaftlichen Gegebenheiten abhängige und kann nicht durch einen Luftreinhalteplan (un)mittelbar erzwungen werden. Die einzige Möglichkeit, mittelbar steuernd diese Minderungsmöglichkeit zu forcieren, liegt in der Anordnung von - hier streckenbezogenen - Fahrverboten. Vor diesem Hintergrund kann die Bezirksregierung Köln nicht Fahrverbote mehr oder minder pauschal als "nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig" einstufen und von der Weiterverfolgung dieser Minderungsmöglichkeit absehen (so aber Entwurf S. 66).
Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist daher nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Bonner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 19 ff.
Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 31, 37.
Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 51 ff.
Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit. Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer "Blauen Plakette", mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2,
- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 61 ff.
Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 48 f.
Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 39 ff.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Bonner Stadtgebiets gegenüberzustellen. Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2-Grenzwert im Stadtgebiet von Bonn überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 - 22 C 16.1427 - juris Rn. 154,
vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen - auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2-Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist - nicht zu überwiegen.
Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner von Bonn sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Bonn arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von zudem hier (nur) streckenbezogenen Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Bonn aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos. Dem steht nicht die von der Beigeladenen in den Vordergrund gestellte Bedeutung der Reuterstraße als "der Straße" von Bonn entgegen, die - trotz Nachfrage des Gerichts - schon nicht im Einzelnen belegt worden ist. Zudem handelt es sich bei den betroffenen Straßen, bei denen eine Überschreitung des Jahresmittelgrenzwerts von 40 µg/m³ festgestellt wird, in aller Regel um die "Lebensadern" der Städte, so dass sich keine Sondersituation ergibt.
Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt, so dass die Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht der Billigkeit entspricht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage, unter welchen Bedingungen (streckenbezogene) Fahrverbote zur Reduzierung der NO2-Immissionen zulässig sind, grundsätzliche Bedeutung hat, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) erfolgen.
Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
30.000 EUR
festgesetzt.
Gründe:
Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000 bis 30.000 EUR vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000 EUR der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 26.16 - und - 7 C 30.16 -, jeweils juris).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) erfolgen.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.