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VG Köln, Urteil vom 07.12.2017 - 0 K 8930/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die

Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der am 00.00.0000 in C.        geborene Kläger ist gelernter Einzelhandelskaufmann und bezieht wegen voller Erwerbsminderung eine Rente. Erstmals unter dem 07.10. 1995 beantragte er bei dem Beklagten die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Sportschützen sowie eine Munitionserwerbsberechtigung. Der Beklagte stellte fest, dass gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung pp. geführt und nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden war (00 Js 000/00). Im Rahmen einer Schlägerei soll der Kläger einem der Opfer ein doppelläufiges Gewehr an den Kopf gehalten und abgedrückt haben, was ihm jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. In diesem Verfahren hatte sich der rechtsanwaltlich vertretene Kläger dahingehend eingelassen, sich an die fragliche Schlägerei wegen erheblichen Alkoholkonsums nicht erinnern zu können. Dem Kläger wurde in der Folgezeit eine Waffenbesitzkarte erteilt, später noch weitere Waffenbesitzkarten. Im Jahr 1997 wurde dem Kläger darüber hinaus ein europäischer Feuerwaffenpass erteilt, dessen Gültigkeit in der Folgezeit verlängert wurde. Im Jahr 2003 erwarb der Kläger im Wege der Erbfolge von seinem Vater weitere Waffen, für die eine Waffenbesitzkarte erteilt wurde. Im Laufe der Jahre wurden mehrere Regelüberprüfungen vorgenommen, die zu keinen negativen Erkenntnissen führten.

Im Januar 2014 wurde gegen den Kläger wegen Verkehrsunfallflucht und Trunkenheit im Verkehr ermittelt. Nach den polizeilichen Feststellungen hatte der Kläger nach vorherigem Alkoholkonsum mit seinem PKW in Engelskirchen eine Fahrt unternommen und dabei ein anderes Fahrzeug gerammt, welches am Straßenrand abgestellt war. Später wurde der Kläger vom Amtsgericht H.           mit Urteil vom 09.04.2014 (- 00 DS 000 JS 000/00 - 00/00) wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu 50 Tagessätzen zu je zehn EUR Geldstrafe verurteilt. Darüber hinaus wurde die Fahrerlaubnis entzogen und eine dreimonatige Sperre verhängt. Der Beklagte zog die Strafakte bei und stellte fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Blutentnahme am Tattag um 8:54 Uhr eine Blutalkoholkonzentration i.H.v. 1,41 Promille aufwies.

Der Beklagte stellte Ermittlungen an, ob der Kläger weiterhin die erforderliche persönliche Eignung zum Umgang mit Waffen und Munition besitzt. Ein Polizeihauptkommissar aus D. teilte dem Beklagten unter dem 24.06.2014 mit, dass ihm der Kläger seit Jahren persönlich bekannt sei und es – abgesehen von der erfolgten Verurteilung – keine Probleme im Zusammenhang mit Alkohol gebe. Der Kläger sei ein rechtschaffener Bürger. Der Beklagte sah unter Bezugnahme auf die allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 6 WaffG letztlich keinen Anlass, ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis zu fordern und hielt den Kläger ausweislich eines Vermerks für geeignet, mit Waffen und Munition umzugehen.

Mit Schreiben vom 09.12.2016 teilte das Polizeipräsidium Köln dem Beklagten seinen Verdacht mit, der Kläger habe sich der Reichsbürgerideologie angeschlossen. Zur Begründung wurde auf ein Telefax des Klägers an die Kreisverwaltung des Oberbergischen Kreises und weitere Unterlagen Bezug genommen, insbesondere auf einen Staatsangehörigkeitsausweis und eine mehrseitige Erklärung des Klägers, in der er unter anderem seine Zugehörigkeit zum Deutschen Kaiserreich von 1871 behaupte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 124 bis 136 des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Das Polizeipräsidium Köln folgerte daraus, dass der Kläger seine deutsche Staatsbürgerschaft bestreite und sich als Bürger des Königreichs Preußen sehe. Der Staatsangehörigkeitsausweis werde in der Regel von Personen beantragt, bei denen aus historischen oder persönlichen Gründen zweifelhaft sei, ob sie deutsche Staatsangehörige seien. Reichsbürger beantragten den Ausweis zweckentfremdet, um sich damit gemäß § 9 RuStAG ausweisen zu können.

Mit Schreiben vom 03.03.2017 hörte der Beklagte den Kläger zum beabsichtigten Widerruf der vier näher bezeichneten Waffenbesitzkarten an. Unter Bezugnahme auf die bekannt gewordenen Schreiben des Klägers gehe der Beklagte davon aus, dass der Kläger die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugne und die Rechtsordnung der Bundesrepublik ablehne. Aufgrund dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Regeln des Waffenrechts von ihm als bindend angesehen werden und der Kläger sein Verhalten daran ausrichte. Im Rahmen weiterer Ermittlungen wurde dem Beklagten bekannt, dass der Kläger zwischenzeitlich in Italien einen Führerschein erworben hatte, der ihn allerdings nach der Verfügung des Oberbergischen Kreises vom 15.09.2016 nicht dazu berechtige, im Inland ein Fahrzeug zu führen. Der Kläger habe seinen im Jahre 1984 ausgestellten Führerschein bei der Umstellung der Fahrerlaubnis auf den neuen EU-Kartenführerschein am 29.09.2004 offenbar nicht abgegeben, und die deutsche Fahrerlaubnis sei ihm mit Urteil des Amtsgerichts H.           vom 09.04.2014 entzogen worden. Dadurch sei der alte Führerschein ebenfalls ungültig geworden.

Ferner wurde ein medizinischpsychologisches Gutachten vom 18.12.2014 bekannt, nach dem bei dem Kläger Leistungsmängel in den Bereichen der visuellen Orientierung und der Fähigkeit zur selektiven Aufmerksamkeit und Belastbarkeit festgestellt wurden. Der Kläger habe über erhebliche Zeiträume große Mengen Alkohol konsumiert und sei sich der Tragweite der Problematik und der sich daraus ergebenden Konsequenzen keineswegs im ausreichenden Umfang bewusst. Da der Kläger ein Problemtrinker sei, bestehe eine erhebliche Rückfallgefährdung in Belastungssituationen. Im Ergebnis sei zu erwarten, dass der Kläger auch zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde.

Der nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Kläger ließ mit Schriftsatz vom 15.03.2017 unter anderem vortragen, dass eine negative Zukunftsprognose in seinem Fall nicht gerechtfertigt sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gera belege die Mitgliedschaft in einer entsprechenden Vereinigung nicht, dass der Betreffende zugleich waffenrechtlich unzuverlässig sei; davon könne erst ausgegangen werden, wenn die gewaltsame Durchsetzung der politischen Auffassung zu befürchten sei. Dafür sei nichts ersichtlich, und er sei auch kein Mitglied einer solchen Vereinigung. Das Verwaltungsgericht Cottbus verlange im Übrigen Feststellungen, dass der Betroffene die maßgeblichen Regelungen des Polizei- und Waffenrechts für sich nicht als bindend ansehe. Solche Tatsachen lägen nicht vor.

Mit am 15.05.2017 zugestellter Verfügung vom 08.05.2017 widerrief der Beklagte unter Bezugnahme auf § 45 Abs. 2 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Ziffer 2 WaffG die dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarten (Waffenbesitzkarte Nr. 000/0000 vom 20.11.1995, Waffenbesitzkarte Nr. 00000 vom 05.01.1996, Waffenbesitzkarte Nr. 0000 vom 10.10.2000 und Waffenbesitzkarte Nr. 00000 vom 10.01.2003) (Ziffer 1). Ferner ordnete der Beklagte gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 WaffG an, dass die in den Waffenbesitzkarten eingetragenen fünf Lang- und vier Kurzwaffen mit der jeweils dazugehörenden Munition innerhalb eines Monats nach Zustellung der Verfügung unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen seien. Der Beklagte drohte die Sicherstellung der Waffen und Munition an, falls der Kläger der Anordnung nicht fristgemäß nachkommen sollte. Die Waffenbesitzkarten seien unverzüglich zurückzugeben (Ziffer 2). Der Beklagte erhob für diese Ordnungsverfügung darüber hinaus eine Gebühr i.H.v. 380 EUR (Ziffer 3) und ordnete die sofortige Vollziehung zu Ziffer 2 der Verfügung an.

Der Kläger kam Ziffer 2 der Verfügung fristgerecht nach.

Am 13.06.2017 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er vor, dass kein zwingender Versagungsgrund vorliege, der zum Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis berechtige. Der Beklagte ziehe zu Unrecht mehrere schriftliche Äußerungen als angebliche Tatsachen heran und bezeichne diese als Bekenntnis zum Reichsbürgertum. Die Äußerung einer politischen Haltung könne jedoch nicht waffenrechtlich sanktioniert werden. Es handele sich im Übrigen lediglich um eine Äußerung, wobei die waffenrechtliche Relevanz dieser Äußerung offen geblieben sei. Der Beklagte halte ihn zu Unrecht für einen so genannten Reichsbürger und schließe ohne nähere Begründung daraus auf seine Unzuverlässigkeit. Ein generalpräventiver Verdacht ohne Hinzutreten weiterer, waffenrechtlich relevanter und durch das Verhalten des Klägers begründeter Tatsachen sei eine unzulässige Durchbrechung der Unschuldsvermutung. Es fehle auch an einer hinreichenden negativen Zukunftsprognose. Soweit der Beklagte einen Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze anführe, werde dies nicht näher begründet. Insbesondere sei ihm nicht nachgewiesen worden, dass er Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze verfolge.

Soweit der Beklagte ihm vorhalte, das Urteil des Amtsgerichts H.           aus dem Jahr 2014 nicht zu beachten, sei dies unzutreffend. Die Geldstrafe habe er bezahlt. Seine Äußerung, das Urteil nicht zu beachten, habe er nicht in die Tat umgesetzt. Der Beklagte habe auch nicht in seine Erwägungen eingestellt, dass der Kläger seit Jahrzehnten Waffenbesitzer und Sportschütze sei und es zu keinem einzigen Waffenrechtlich relevanten Vorfall gekommen sei.

Im Übrigen habe er seinen italienischen Führerschein nicht durch Vorlage einer ungültigen Fahrerlaubnis erlangt. Er residiere dauerhaft in Italien und habe sich dort erkundigt, wie er einen Führerschein bekommen könne. Ihm sei gesagt worden, er müsse hierfür seinen alten Führerschein vorlegen. Dies habe er getan, außerdem habe er Fahrstunden genommen und eine Gesundheitsprüfung abgelegt. Von einem so genannten Umtausch könne daher keine Rede sein.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 08.05.2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er unter anderem aus, die Zulässigkeit der Klage sei bereits zweifelhaft. Da der Kläger gegenüber der Kreisverwaltung die Ansicht vertreten habe, dass es keine Gerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland gebe und er die Existenz der Bundesrepublik und der hier geltenden Gesetze verneint habe, bestünden durchgreifende Zweifel an dem Rechtsschutzbedürfnis.

Die Klage sei jedenfalls unbegründet, weil die Ordnungsverfügung rechtmäßig sei. Angesichts der mit dem Waffenbesitz verbundenen Risiken sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene den waffenrechtlichen Anforderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht genügen werde. Es reiche eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Durch seine Schreiben und Forderungen gegenüber dem Straßenverkehrsamt und dem Amt für Geoinformation und Liegenschaftskataster und seine dort vertretenen eigenen Auffassungen gehe der Kläger über bloße Sympathiebekundungen für die Reichsbürgerbewegung weit hinaus. Er mache sich deren Denkweise zu Eigen und wolle die Behörden in seinem Sinne unter Druck setzen. Schon dies rechtfertige die Prognose, dass es hinsichtlich des sachgemäßen Umgangs mit Waffen und Munition ein Restrisiko gebe, das zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führe. Hinzu komme sein Verhalten beim Umtausch seines alten Führerscheins in einen italienischen Führerschein und seine Weigerung, diesen Führerschein dem Straßenverkehrsamt vorzulegen. Daraus ergebe sich, dass er nicht bereit sei, sich an Vorschriften des deutschen Staates zu halten. Einer Mitgliedschaft des Klägers in der Reichsbürgerbewegung bedürfe es nicht. Es reiche, wenn er Bestrebungen verfolge oder unterstütze, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet seien.

Dem Kläger ist mit Beschluss vom 04.12.2017 Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Insoweit und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 08.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz - hier: die Waffenbesitzkarten gemäß § 10 Abs. 1 WaffG - zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG besitzt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Nr. 2 a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Nr. 2 b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Nr. 2 c).

Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Im Rahmen der zukunftsbezogenen prognostischen Beurteilung ist angesichts der Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nicht der Nachweis erforderlich, dass der Betroffene den waffenrechtlichen Anforderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht genügen wird. Es reicht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit aus, und ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich bedenklich, nämlich im hohen Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, so dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit; vgl. auch die Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758 S. 54). Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs. 14/7758 S. 51). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen,

vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, juris.

Nach diesen Grundsätzen kommt es auf den Umstand, ob der Kläger Mitglied der so genannten „Reichsbürger“ ist, nicht entscheidend an. Auf eine entsprechende Zugehörigkeit könnte eine abschließende Prognose zur waffenrechtlichen Zuverlässigkeit bzw. Unzuverlässigkeit zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht gestützt werden. Mit dem Begriff der „Reichsbürger“ ist – trotz verschiedener Anhaltspunkte für eine bestimmte politische Orientierung -  keine klar organisierte und strukturierte Personengruppe oder Ideologie umschrieben. Entsprechend haben das Polizeipräsidium Köln und der Beklagte von einer so genannten „Reichsbürgerbewegung“ gesprochen, womit als gemeinsames Merkmal für verschiedene Gruppierungen herausgestellt wird, dass sich die Anhänger als Bürger des aufgelösten Deutschen Reiches verstehen. Gemeint ist – je nach eigenem Vorverständnis – etwa das Reich in den Grenzen des Deutschen Kaiserreichs oder das Reich in den Grenzen von 1937. Die der „Reichsbürgerbewegung“ nahestehenden Personen bestreiten regelmäßig die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat und behaupten den Fortbestand eines Deutschen Reiches. Die vertretene Ideologie ist zum Teil mit der Ablehnung der Demokratie, mit Elementen des Rechtsextremismus und mit Geschichtsrevisionismus verbunden. Die Bewegung gilt nicht als homogen und es existieren wohl keine beherrschende Gruppe und kein vorherrschendes Meinungsbild.

Vgl. beispielhaft u.a. https://de.wikipedia.org/ wiki/Reichsb%C3%BCrgerbewegung.

Aus diesem Grund ist eine Mitgliedschaft in dieser Bewegung im engeren Sinne nicht möglich und eine etwaige Sympathiebekundung zu Gunsten der „Reichsbürgerbewegung“ für die waffenrechtliche Beurteilung nicht allein maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere des konkreten Verhaltens der individuellen Person.

Soweit eine Person über die Verwendung von Formulierungen und Äußerungen aus dem Milieu der „Reichsbürgerbewegung“ hinaus ausdrücklich oder indirekt ihre Bindung an in der Bundesrepublik geltende Rechtsvorschriften in Abrede oder unter einen Vorbehalt stellt, begründet dies Zweifel an ihrer Rechtstreue und wird infolgedessen das Vertrauen, dass die Person mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgeht, in aller Regel zerstört. Denn ein Verhalten im Einklang mit der Rechtsordnung setzt voraus, dass diese anerkannt und beachtet wird.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 S 1470/17 –, juris Rn 27-28; ebenso oder mit ähnlicher Tendenz NdsOVG, Beschluss vom 18.07. 2017 - 11 ME 181/17 - Nds- Rpfl 2017, 291; VG München, Beschluss vom 25.07. 2017, a.a.O., Beschluss vom 08.06.2017, a.a.O., und Beschluss vom 23.05.2017 - M 7 S 17.408 - juris; VG Stuttgart, Beschluss vom 07.04.2017 - 5 K 2101/17 - juris; VG Minden, Urteil vom 29.11.2016 - 8 K 1965/16 - juris; VG Freiburg, Beschluss vom 10.11.2016 - 4 K 3983/16 - juris; VG Cottbus, Urteil vom 20.09.2016 - 3 K 305/16 - juris.

Das gilt insbesondere und umso mehr, wenn die Person eine ausdrückliche oder sinngemäße Erklärung, sich außerhalb des geltenden Rechts bewegen zu können, auch in die Tat umsetzt, wenn sie also aus Bekundungen zur vermeintlich fehlenden Verbindlichkeit der in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften praktische Konsequenzen zieht,

vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 S 1470/17 –, juris Rn 27f m.w.N.

Entsprechend diesen Voraussetzungen liegen hinreichende Erkenntnisse vor, dass der Kläger jedenfalls im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung die in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften in Abrede oder unter Vorbehalt gestellt hat und damit als unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG gelten muss.

Der Kläger hat durch sein Verhalten zumindest seit dem Jahr 2014 gezeigt, dass er in einen längerdauernden Konflikt mit der Rechtsordnung geraten ist und versucht, seine vermeintlichen Rechte durch Negation der bestehenden Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen in seinem Interesse durchzusetzen. Soweit erkennbar dafür ursächlich war wohl die Verurteilung des Klägers wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahrerflucht und fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr durch das Amtsgericht H.           (Urteil vom 09.04.2014 - 00 DS 000 JS 000/00 - 00/00) zu einer Geldstrafe. Die Verurteilung führte auch dazu, dass dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen wurde und die Verwaltungsbehörde vor Ablauf von weiteren drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen durfte. Im Rahmen des Versuchs, eine neue Fahrerlaubnis zu erhalten, wurde das medizinischpsychologische Gutachten vom 18.12.2014 erstellt. In der abschließenden Bewertung des Gutachters heißt es im Wesentlichen, der Kläger habe über erhebliche Zeiträume große Mengen Alkohol konsumiert und sei sich der Tragweite der Problematik und der sich daraus ergebenden Konsequenzen keineswegs im ausreichenden Umfang bewusst. Da der Kläger ein Problemtrinker sei, bestehe eine erhebliche Rückfallgefährdung in Belastungssituationen. Im Ergebnis sei zu erwarten, dass der Kläger auch zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Dies führte dazu, dass dem Kläger in der Folgezeit und bis zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung keine neue Fahrerlaubnis erteilt worden ist.

Im Rahmen seiner Bemühungen um Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ließ der Kläger in seinem Schreiben an den Oberbergischen Kreis vom 14.05.2015 erkennen, dass er das Urteil des Amtsgerichts H.           für unwirksam halte, die Einbehaltung seines Führerscheins durch das Straßenverkehrsamt H.           für widerrechtlich und verschiedene grundlegende Gesetze (Strafprozessordnung, Zivilprozessordnung, Gerichtsverfassungsgesetz) für ungültig und nichtig halte. Richter und andere Justizangestellte, die auf der Grundlage dieser nichtigen Vorschriften handelten, machten sich haftbar. Zum Zeitpunkt seiner Tat (gemeint ist wohl die Trunkenheitsfahrt) und zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung sei ihm nicht klar gewesen, dass das Land ein immer noch besetztes und somit nicht souveränes Land sei. Er beabsichtige, vor einem europäischen oder internationalen Gericht sein Recht auf Teilnahme am Straßenverkehr und für den Erhalt seiner Fahrerlaubnis zu erstreiten. Er sehe keinen Sinn darin, in einem Land, welches durch eine Nichtregierungsorganisation geführt werde und dessen Rechtssystem fassadenartig sei, eine Wiederaufnahme zu versuchen. Er kündigte an, verschiedene namentlich benannte Personen der Kreisverwaltung mit weiteren Maßnahmen und Strafanträgen zu belangen, wenn ihm seine Fahrerlaubnis nicht bis zu einem bestimmten Tag zurückgegeben werde.

Entsprechende Äußerungen und Drohungen äußerte der Kläger auch in einem Verfahren, in dem er beim Kreis betreffend seine Grundstücke Urkunden ausgestellt bekommen haben wollte, die seinen persönlichen – von den geltenden Vorschriften abweichenden - Vorstellungen entsprechen. In seinem Schreiben vom 19.10.2016 kündigte er dem Amtsleiter für den Fall, dass seiner Forderung nicht binnen einer kurzen Frist entsprochen werde, an, ihn vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag als persönlich verantwortlich zeichnende Person zu benennen. Beigefügt war ein am 28.09.2015 durch die Kreisverwaltung antragsgemäß ausgestellter Staatsangehörigkeitsausweis. Dieser Ausweis wird in der Regel Personen ausgestellt, bei denen rechtlich verbindlich zu klären ist, ob sie (noch) die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Da es im Fall des Klägers eines solchen Nachweises keineswegs bedurfte, kann er im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 19.10.2016 als weiterer Beleg verstanden werden, dass sich der Kläger nicht als Bürger der Bundesrepublik Deutschland versteht. In dem vorgenannten Schreiben nimmt er auf den Staatsangehörigkeitsausweis Bezug und wolle sich als Deutscher durch Abstammung ausweisen, im Personenstand „Status quo ante bellum 1913“. Damit sei er Bundesstaatsangehöriger des Staatenbundes und des Völkerrechtssubjekts Deutsches Kaiserreich von 1871. Ferner beigefügt war eine so genannte „Personenstandserklärung“, in der sich der Kläger als Angehöriger des Königreiches Preußen bezeichnet. Weiter heißt es, seine Zugehörigkeit zur Bundesrepublik in Deutschland und zur Europäischen Union und die damit verbundene Glaubhaftmachung „Deutsch“ als vermeintliche Staatsangehörigkeit sei daher nichtig. Er verzichte gemäß dem Staatsangehörigkeitsgesetz auf die Glaubhaftmachung „Deutsch“ und bleibe bei seiner früheren, durch Abstammung erworbenen Staatsangehörigkeit zum Königreich Preußen.

Aufgrund der aus diesen verschiedenen Äußerungen klar erkennbare Verneinung der Existenz der Bundesrepublik und der damit einhergehenden offensiven Ablehnung der Rechtsordnung kann nicht mit der im Waffenrecht erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass die maßgeblichen Regelungen des Waffenrechts abweichend hiervon als bindend angesehen werden und das Verhalten danach ausgerichtet wird.

Das Klagevorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Soweit der Kläger in Abrede stellt, dem Kreis der sogenannten „Reichsbürger“ anzugehören und sich von seinen früheren Äußerungen distanziert, reicht dies nicht aus. Im Hinblick auf die recht umfangreichen selbst verfassten Texte, deren Inhalte und das wiederholt drohende Auftreten gegenüber Behörden bedarf es mehr als einer pauschalen Äußerung, um den daraus gewonnenen Eindruck zu zerstreuen oder zu widerlegen. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, kann offenbleiben. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist derjenige der letzten Behördenentscheidung. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides lagen die oben genannten Schreiben vor, ohne dass sich der Kläger von diesen bis zum Widerruf der Waffenbesitzkarten distanziert hätte. Vielmehr hat er im Wesentlichen damit argumentiert, er sei bislang in waffenrechtlich relevanter Weise nicht in Erscheinung getreten. Darauf kommt es jedoch nicht an.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, er verhalte sich rechtstreu und sei etwa dem Urteil des Amtsgerichts H.           nachgekommen. Diese Verhaltensweise mag zwar im Hinblick auf die von dem Kläger geäußerten Anschauungen nicht folgerichtig und widersprüchlich sein. Sie ist aber nicht geeignet, die aufgezeigten durchgreifenden Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit zu zerstreuen. Beispielsweise hat er seinen im Inland ungültigen ausländischen Führerschein nicht der Straßenverkehrsbehörde zur Eintragung eines entsprechenden Vermerks überlassen, was für eine Beachtung der Rechtsordnung nach Opportunitätsgesichtspunkten spricht.

Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen. In einem solchen Fall ist es in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, auch nicht erforderlich, dass es bereits zu einer Verletzung von Vorschriften gerade des Waffenrechts gekommen ist,

vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 S 1470/17 –, juris Rn 31f m.w.N.

Die Schlussfolgerung des Beklagten, auf Grund der generellen Risiken des Waffenbesitzes sei der Schutz der Allgemeinheit deutlich höher zu bewerten als das private Interesse des Klägers, ist nicht zu beanstanden. Schließlich ist es ihm ohnehin nicht verwehrt, seinem Hobby als Sportschütze auch in Zukunft nachzugehen.

Ziffer 2. der Verfügung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf § 46 Abs. 2 S. 1 WaffG und ist Folge des vollziehbaren Widerrufs.

Die unter Ziffer 3. erfolgte Gebührenfestsetzung ist rechtmäßig. Gemäß § 50 Abs. 1 WaffG werden für Amtshandlungen nach diesem Gesetz Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Nach § 2 Abs. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) bestimmen sich die Gebühren für diese Amtshandlung nach der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO). Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung unter Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifstellen dargelegt, wie er die Gesamtgebühr von 380 EUR ermittelt hat. Bedenken gegen die Richtigkeit der Festsetzung sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Kammer hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 S. 1 VwGO.

Lukas Jozefaciuk