Verkehrsrecht | Unfall | Kanzlei | Anwalt | Rechtsanwalt | Dieselskandal | Abgasskandal | Autokreditwiderruf | Frankfur
Die Verkehrsrechtskanzlei.
Urteile Verkehrsrecht_Anwalt Frankfurt Verkehrsunfall_ Anwaltskanzlei für Verkehr Frankfurt_ Anwalt Verkehrsrecht_ Anwalt Dieselskandal_ Anwalt Abgasskanda_ Anwalt Autokredit widerrufen.jpg

Urteile zum Verkehrsrecht

Rechtssprechung Datenbank

 

Suchen in unserer Urteilsdatenbank

In unserer Urteilsdatenbank finden Sie Rechtsprechung zum Thema Verkehrsrecht. Hier können Sie bestimmte Suchbegriffe eingeben und Ihnen werden die einschlägigen Urteile angezeigt.

 

VG Köln, Beschluss vom 14.07.2017 - 23 L 2823/17

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage - 23 K 4203/17 - gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 21. Februar 2017 - wird angeordnet. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 41,02 Euro festgesetzt.

Gründe

Der zulässige Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage - 23 K 4203/17 - gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 21. Februar 2017 anzuordnen,

hat Erfolg.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ordnet das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung Klage gegen die Anforderung öffentlicher Kosten und Abgaben (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dann an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Norm liegen dann vor, wenn der Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg.

Dies ist vorliegend der Fall. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren alleine möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht Überwiegendes dafür, dass der Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 21. Februar 2017 rechtswidrig ist und die Klage in der Hauptsache Erfolg haben wird.

Die streitige Gebühr beruht auf Ziffer 206 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Danach ist u.a. für die Versagung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung eine Gebühr von 33,20 EUR bis zu 256,00 EUR zu erheben. Tatbestandliche Voraussetzung für die Gebührenerhebung ist, dass die entsprechende Fahrerlaubnis rechtmäßig versagt worden ist. Dies ist voraussichtlich jedoch nicht der Fall. Es spricht Vieles dafür, dass der Antragsgegner die Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis zu Unrecht von der Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens abhängig gemacht hat und aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die mangelnde Eignung des Antragstellers geschlossen hat.

Nach § 11 Abs. 8 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser ein von der Fahrerlaubnisbehörde angefordertes Gutachten nicht beibringt. Vor dem Hintergrund, dass die Gutachtenanforderung selbst als vorbereitende Maßnahme im Verwaltungsverfahren nicht angefochten werden kann, ist dieser Schluss jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Gutachtenanforderung sich im Nachhinein als rechtmäßig erweist. Dies ist vorliegend jedoch voraussichtlich nicht der Fall.

Gemäß §§ 48 Abs. 9 Satz 1, 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde dann die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens anordnen, wenn Bedenken an der Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen bestehen. Zusätzlich zur allgemeinen Kraftfahreignung muss ein Bewerber für eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Gewähr dafür bieten, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird. Hiermit ist nicht nur die allgemeine Zuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinn gemeint, sondern es wird ein Bezug zum besonderen Vertrauensverhältnis bei der Beförderung von Fahrgästen hergestellt. Das Gewährbieten umfasst daher neben der ordnungsgemäßen Beförderung der Fahrgäste und deren Bewahrung vor Verkehrsunfällen auch den konkreten Umgang mit diesen Personen und ihrem Eigentum und Vermögen. Eignungsbedenken können sich daher nicht nur aus straßenverkehrsbezogenen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, sondern auch aus Straftaten, die nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder der Personenbeförderung stehen, namentlich aus Vermögensdelikten, ergeben.

Vgl. Beschluss der Kammer vom 8. August 2014 - 23 L 1061/14 -, Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage § 11 FeV, Rdn. 22, m.w.Nw.

Dabei müssen die vorgehaltenen strafrechtlichen Verfehlungen keinen unmittelbaren Bezug zu der angestrebten Tätigkeit haben bzw. im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit begangen worden sein. Ausreichend, aber auch zugleich notwendig ist, dass die Art und Weise der Tatausführung, die Schwere oder ggfs. die Häufigkeit der begangenen Straftaten Charaktereigenschaften erkennen lassen, die sich im Falle der Fahrgastbeförderung zum Schaden der Allgemeinheit oder der Fahrgäste auswirken können. Bereits ein einmaliges Fehlverhalten kann die Unzuverlässigkeit begründen, wenn es schwer wiegt und ein sicheres Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung der Fahrgastbeförderung nicht erwarten lässt. Ferner fällt die zu treffende Prognoseentscheidung auch dann zu Lasten des Bewerbers aus, wenn die begangenen Straftaten/Zuwiderhandlungen sowie das gesamte bisherige Verhalten einen gewissen Hang zur Missachtung von Rechtsvorschriften erkennen lassen und deshalb Pflichtverstöße gegenüber Fahrgästen nicht auszuschließen sind.

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2004 - 19 A 832/04 -.

Gemessen hieran sind aufgrund des Strafbefehls des Amtsgerichts W. vom 17. Dezember 2013 - 00 Cs 000 Js 0000/00-000/00- wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 1 und 2 StGB) und des weiteren Strafbefehls des Amtsgerichts W. vom 3. Juli 2014 - 00 Cs 000 Js 000/00- wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO) hinsichtlich des Antragstellers keine Zweifel an der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen begründet. Dies folgt daraus, dass die in den Strafbefehlen geahndeten Straftaten keinen hinreichenden Bezug zu den Sorgfaltspflichten bei der Personenbeförderung aufweisen.

So auch zu einer vergleichbaren Konstellation überzeugend VG Aachen, Urteil vom 27. März 2012 - 2 K 2341/10 -.

Der mangelnde Bezug zur Personenbeförderung ergibt sich schon daraus, dass die besonderen Tätereigenschaften, die Voraussetzung für die Begehung dieser Straftaten notwendig sind, bei der Personenbeförderung nicht gegeben sind. Denn Täter einer Tat nach § 266a StGB kann nur ein Arbeitgeber sein; Täter einer Tat nach § 15a InsO kann nur ein Vertretungsberechtigter einer juristischen Person sein. Der Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung ist gegenüber seinen Fahrgästen jedoch weder Arbeitgeber noch Vertretungsberechtigter. Auch lässt sich aus den vom Antragsteller begangenen Taten nicht ohne weiteres auf einen Charakterzug schließen, der zu einer Gefährdung des Vermögens oder des Eigentums der Fahrgäste führen kann. Denn die geahndeten Taten des Antragstellers dienten nicht der Vermehrung des eigenen Vermögens, sondern - ohne dass die Kammer hierbei die Taten relativiert oder beschwichtigt - der rechtswidrigen Entlastung des vom Antragsteller geführten Unternehmens. Daraus, dass der Antragsteller einen von ihm geführten Betrieb auch unter Missachtung der für ihn geltenden gesetzlichen Regelungen begünstigen und weiterführen wollte, lässt sich nicht mit der für die Anordnung einer medizinischpsychologischen Untersuchung notwendigen Gewissheit schließen, dass er auch rechtswidrig und durch Straftaten sein eigenes Vermögen zu Lasten der Fahrgäste vermehren wird. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass § 266a StGB und § 15 InsO anders als - für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gewiss relevante - Straftatbestände wie Diebstahl, Unterschlagung, Raub, Erpressung, Betrug, Untreue, Computerbetrug oder Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten keine Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht voraussetzt. Die für die Fahrgäste besonders gefährliche feindliche Willensrichtung, die sich aus der strafbaren Durchsetzung des Wunsches nach persönlicher Bereicherung ergibt, hat sich daher bei den vom Antragsteller begangenen Taten gerade (noch) nicht erwiesen.

Anders BayVGH, Beschluss vom 6. Mai 2013 - 11 CE 13.765 -.

Vor dem Hintergrund, dass der notwendige Bezug zum besonderen Schutzobjekt bei der Fahrgastbeförderung fehlt, ist auch die planmäßige und dauerhafte Tatbegehung entgegen der Auffassung des Antragsgegners kein Grund zur Anordnung der medizinischpsychologischen Begutachtung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der festgesetzte Streitwert entspricht ¼ der streitigen Gebühr.

Lukas Jozefaciuk