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VG Köln, Beschluss vom 14.04.2020 - 9 L 477/20

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 9 K 1316/20 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 5. März 2020 hinsichtlich der Fahrerlaubnisentziehung und Untersagung des Führens von Fahrzeugen wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs anzuordnen,

bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinsichtlich der Entziehungs- und Untersagungsverfügung statthaft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO, da die Klage insoweit wegen der durch die Antragsgegnerin ausgesprochenen Anordnung der sofortigen Vollziehung keine aufschiebende Wirkung entfaltet, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Hinsichtlich der Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, da die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 112 Satz 1 JustG NRW kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, da die im Rahmen des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausfällt.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich vor allem an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Im Rahmen des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht bei Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes zudem zu prüfen, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.

Dies zugrunde gelegt überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Entziehungs- und Untersagungsverfügung, da sich diese nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen und auch nur gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist und daher die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV).

Im Regelfall ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV derjenige, der Alkohol missbräuchlich verwendet. Missbrauch liegt vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Nach Beendigung des Missbrauchs ist die Fahreignung dann wieder gegeben, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist (Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV). Zwar enthält die Anlage 4 keine Angaben darüber, nach welchem Zeitraum dies in der Regel der Fall ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind aber zumindest unter anderem ein angemessenes Problembewusstsein und eine hinreichende Integration der Änderung in das Gesamtverhalten vorauszusetzen. Der Betroffene muss diesen Änderungsprozess nachvollziehbar aufzeigen.

BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 3 C 32/07 -, juris Rn. 16 ff., 20: umfassend auch Nr. 3.13.1 lit. b der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung.

Handelt es sich bei dem Betroffenen - wie hier - um eine Person, die nur als Fahrradfahrer alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen hat, müssen zur Klärung der Gefahr künftiger Verstöße gegen das fahrerlaubnisrechtliche Trennungsgebot im Rahmen einer - wie hier erfolgten - medizinischpsychologischen Begutachtung zum einen die Umstände der in der Vergangenheit zu verzeichnenden Trunkenheitsfahrt, zum anderen die Vorgeschichte und die Entwicklung des Trinkverhaltens des Betroffenen sowie schließlich sein Persönlichkeitsbild näher aufgeklärt und bewertet werden. Insoweit kommt es darauf an, ob die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad Ausdruck eines Kontrollverlustes war, der genauso gut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug führen kann. Ist nach erfolgter Vergewisserung über die Erfüllung dieser Kriterien vom Betroffenen die Änderung seines Trinkverhaltens zu fordern, muss diese hinreichend stabil sein, damit die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bejaht werden kann.

Vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 3 C 32/07 -, juris Rn. 20; vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. April 2009 - 11 CS 08.3428 -, juris Rn. 26 f.

Gemessen daran ergibt sich aus dem vom Antragsteller vorgelegten Gutachten des E. e.V. vom 30. Januar 2020 zweifelsfrei, dass der Antragsteller wegen Alkoholmissbrauchs im fahrerlaubnisrechtlichen Sinne zurzeit nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Von einer gefestigten Änderung des Trinkverhaltens ist nach dem Ergebnis des Gutachtens gerade nicht auszugehen.

Ob es einen ausreichenden Anlass für die auf § 13 Nr. 2 lit. c FeV gestützte Gutachtensaufforderung der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019 gab, bzw. ob besagte Anordnung rechtmäßig war, ist vorliegend rechtlich nicht (mehr) relevant. Denn das hier maßgebliche Gutachten vom 30. Januar 2020 ist mit Einverständnis des Antragstellers erstellt und der Antragsgegnerin, wie auch dem Gericht vorgelegt worden. Es stellt insoweit eine neue Tatsache mit selbständiger Bedeutung dar, deren Verwertbarkeit gerade nicht von der Rechtmäßigkeit der vorangegangenen behördlichen Anordnung abhängt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 1996 - 11 B 14/96 -, juris.

Das Gutachten ist entgegen der Ansicht des Antragstellers darüber hinaus auch ausreichend, die Feststellung seiner Nichteignung im Sinne von § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV zu stützen.

Zu den inhaltlichen Anforderungen an ein Fahreignungsgutachten wie das vorliegende gehört nach der insoweit maßgeblichen Ziffer 1 lit. f der Anlage 4a zu § 11 Abs. 5 FeV unter anderem, dass Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche künftige Verhalten des Betroffenen ist, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Bei Alkoholmissbrauch, ohne dass Abhängigkeit vorhanden war oder ist, muss sich die Untersuchung darauf erstrecken, ob der Betroffene den Konsum von Alkohol einerseits und das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr andererseits zuverlässig voneinander trennen kann. Umgekehrt kommt nach der oben genannten Regelung die (Neu-)Erteilung der Fahrerlaubnis nur in Betracht, wenn sich ein grundlegender Wandel in der Einstellung zum Führen von Kraftfahrzeugen unter Einfluss von Alkohol vollzogen hat. Dafür müssen Bedingungen vorhanden sein, die einen Rückfall als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das Gutachten kann dabei auch geeignete Kurse zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung empfehlen. Die Empfehlung darf allerdings nur gegenüber Personen erfolgen, die zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis sind.

Nach Ziffer 2 lit. a der Anlage 4a zu § 11 Abs. 5 FeV muss das Gutachten zudem insbesondere widerspruchsfrei, schlüssig und nachvollziehbar sein. Es ist erforderlich aber auch ausreichend, wenn die wesentlichen Grundlagen, Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen nachprüfbar dargelegt sind.

Diesen Anforderungen genügt das hier streitgegenständliche Gutachten des E. e.V. vom 30. Januar 2020. Insbesondere wird umfänglich dargelegt, auf welche Grundlagen abgestellt wurde und welche Überlegungen zur Beurteilung des Antragstellers geführt haben. Dem Gutachten lässt sich nachvollziehbar und logisch entnehmen, welche Feststellungen der Gutachter bzw. die Gutachterin aufgrund der Untersuchung des Antragstellers getroffen hat. Dabei setzt sich das Gutachten mit der Vorgeschichte, den Motiven, der Persönlichkeit des Antragstellers und der Entwicklung und den Anlässen seines Trinkverhaltens auseinander. Auch die Umstände der Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad am 27. Juli 2019 werden aufgeklärt, soweit dies aufgrund der Einlassungen des Antragstellers möglich erscheint.

Das Gutachten kommt schließlich widerspruchsfrei, schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller eine (stabile) Einstellungs- und Verhaltensänderung zur Vermeidung erneuter alkoholbedingter Fehlverhaltensweisen im Straßenverkehr bislang noch nicht gelungen ist. Dementsprechend ist nach dem Gutachten auch zu erwarten, dass der Antragsteller erneut Kraftfahrzeuge sowie (sonstige) Fahrzeuge unter Alkoholeinfluss führen wird.

Soweit der Antragsteller insbesondere geltend macht, die (für den psychologischen Teil) verantwortliche Gutachterin widerspreche sich "mehrfach" und nehme "die Auswertung falsch" vor, zieht dies die Aussagekraft des Gutachtens nicht ernsthaft in Zweifel. Angesichts der entsprechenden umfassenden Ausführungen des Gutachtens im Rahmen des Abschnittes "Bewertung der psychologischen Befunde" stellen sich die im einzelnen vom Antragsteller benannten "Widersprüche" aus Sicht der Einzelrichterin nicht als solche dar. Eine - der Gutachterin letztlich ihre Sachkunde absprechende - "falsche Auswertung" ist insoweit ebenso wenig erkennbar.

Auch die übrigen pauschalen Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Sie zielen offensichtlich darauf ab, der Gutachterin generell die entsprechende Sachkunde abzusprechen. Objektive Anhaltspunkte für eine solche mangelnde Sachkunde sind jedoch weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dabei ist insbesondere der Vorwurf des Antragstellers nicht nachvollziehbar, aus dem Gutachten gehe nicht hervor, aus welchen Quellen die entsprechenden (psychologischen) Erkenntnisse gezogen würden. Vielmehr werden die konkret einbezogenen fachlichen Grundlagen ausdrücklich eingangs des Gutachtens benannt. Dass die Gutachterin von diesen maßgeblichen Beurteilungskriterien und -leitlinien (in willkürlicher Weise) abgewichen wäre, ist nicht ersichtlich.

Da die Fahrerlaubnisentziehung zwingende Folge der hier vorliegenden und nicht zu beanstandenden Feststellung der Nichteignung ist, erweist sich die auf das Gutachten vom 30. Januar 2020 gestützte Entziehungsverfügung bei summarischer Prüfung nach alledem als rechtmäßig.

Gleiches gilt für die im selben Bescheid erlassene und ebenfalls angefochtene Untersagungsverfügung zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung,

vgl. dazu ausführlich Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 17. Januar 2020 - 11 B 19.1274 -, juris Rn. 18 ff.

Rechtsgrundlage ist dabei § 3 Abs. 1 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde demjenigen, der sich als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren erweist, das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen hat. Ergänzend regelt § 3 Abs. 2 FeV die entsprechende Anwendung der §§ 11 bis 14, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist. § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV bestimmt wiederum, dass ein Fahrerlaubnisbewerber die notwendigen körperlichen und geistigen Voraussetzungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach der Anlage 4 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird.

Gemessen daran durfte die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des vorgelegten Gutachtens vom 30. Januar 2020 auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen nicht nur von Kraftfahrzeugen sondern auch von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen schließen. Die vorstehenden Ausführungen sind entsprechend übertragbar, da sich das Gutachten ausdrücklich (in schlüssiger, nachvollziehbarer und widerspruchsfreier Weise) auch mit der Frage auseinandersetzt - und diese letztlich verneint -, ob zu erwarten ist, dass der Antragsteller in Zukunft erneut Fahrzeuge unter Alkoholeinfluss führen wird.

Anders als im Rahmen der Fahrerlaubnisentziehung stand der Antragsgegnerin hinsichtlich der darüber hinausgehenden Untersagung gemäß § 3 Abs. 1 FeV grundsätzlich ein Auswahlermessen zu. So kann die Fahrerlaubnisbehörde nicht nur die Berechtigung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen generell untersagen, sondern diese auch lediglich beschränken oder auch nur mit erforderlichen Auflagen versehen.

In der Regel ist allerdings bei - wie hier - gutachterlich erwiesener Ungeeignetheit eine Beschränkung des Führens von Fahrzeugen oder die Anordnung von Auflagen nicht ausreichend, um den Straßenverkehr in hinreichendem Maße vor Gefahren zu schützen, weil sich mit der Feststellung der Nichteignung, anders als bei der bedingten Fahreignung, grundsätzlich eine abstrakte Gefährlichkeit des Betroffenen für den Straßenverkehr manifestiert hat. In einem solchen Fall reduziert sich das Auswahlermessen der Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig auf Null, sodass das Führen von Fahrzeugen zu untersagen ist.

Vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 3. Januar 2020 - AN 10 S 19.02347 -, juris Rn. 49 m.w.N.; VG München, Gerichtsbescheid vom 26. August 2010 - M 6a K 10.2158 -, juris Rn. 36.

Ausgehend davon sind bei der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen vorläufigen Bewertung der hier streitgegenständlichen Untersagungsverfügung Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO nicht erkennbar.

Die Antragsgegnerin hat vielmehr ihr Ermessen erkannt und - wenn auch knapp - ausgeübt. Dabei ist insbesondere kein Verstoß gegen das Übermaßverbot ersichtlich. Denn zum einen hat die Antragsgegnerin die Untersagung auf den Gebrauch von Fahrrädern beschränkt, was sie durch den Klammerzusatz "(Fahrrad)" verdeutlicht hat. Zum anderen hat sie maßgeblich darauf abgestellt, dass der Antragsteller selbst im Rahmen der Anhörung keine Aspekte vorgetragen hatte, die mögliche Alternativen, also mildere Mittel aufzeigen würden. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der Eindeutigkeit des Gutachtens vom 30. Januar 2020, das wie bereits dargelegt, in seinem Untersuchungsergebnis schlüssig von weiteren Alkoholfahrten des Antragstellers ausgeht, blieb der Antragsgegnerin keine andere Möglichkeit, als das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ohne Einschränkung (die über die bereits vorgenommene hinausgehen würde) zu untersagen, um so die weitere Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu verhindern und die Sicherheit des Straßenverkehrs aufrechtzuerhalten. Anhaltspunkte dafür, dass die Untersagung etwa zeitlich, sachlich oder örtlich beschränkt werden könnte, ohne dass sich dies auf die Verkehrssicherheit auswirken würde, sind dabei nicht erkennbar. Wegen der erheblichen Auffälligkeit des Antragstellers im Straßenverkehr mit einer sehr hohen Blutalkoholkonzentration von 2,15 Promille und der von ihm ausgehenden große Gefahr für den Straßenverkehr wäre eine (weitergehende) Beschränkung des Führens von Fahrzeugen oder die Anordnung von Auflagen im Übrigen auch nicht sachgerecht gewesen.

Nach alledem erweist sich sich die streitgegenständliche Ordnungsverfügung vom 5. März 2020 insgesamt als rechtmäßig. Soweit der Antragsteller noch darauf verweist, dass das gegen ihn geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden ist, ist dies im vorliegenden, fahrerlaubnisrechtlichen Zusammenhang auch unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 4 StVG rechtlich irrelevant,

vgl. nur Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 3 StVG Rn. 53 m.w.N.

Der weitergehende Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage anzuordnen, ist ebenfalls unbegründet. Auch insoweit überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse. Da nach dem Vorstehenden die Entziehungsverfügung aller Voraussicht rechtmäßig erging, begegnet auch die hieran anknüpfende Androhung des unmittelbaren Zwangs keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 55 Abs. 1, 58, 62 und 63 VwVG NRW. Die von der Antragsgegnerin durchzusetzende Pflicht zur Ablieferung der im Besitz befindlichen Führerscheine ist von § 47 FeV gesetzlich angeordnet.

Das zusätzlich erforderliche, besondere Dringlichkeitsinteresse an der sofortigen Vollziehung der Entziehungs- und Untersagungsverfügung folgt schließlich daraus, dass sie zum Schutz bedeutende Rechtsgüter erfolgt. Hierbei handelt es sich insbesondere um Leib und Leben der übrigen Verkehrsteilnehmer (Art. 2 Abs. 2 GG), die Verkehrssicherheit an sich sowie bedeutende Sachwerte der Allgemeinheit. Für diese Rechtsgüter würde ein erhebliches Gefährdungspotenzial geschaffen, wenn der Antragsteller trotz einer gegebenenfalls fehlenden Fahreignung weiter mit einem Kraftfahrzeug oder Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen könnte. Das Interesse an der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer hat insoweit Vorrang vor den Interessen des Antragstellers. Ebenso geht auch die allgemeine, vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Zwar ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass mit der sofortigen Durchsetzung der Fahrerlaubnisentziehung und Untersagungsverfügung ein ganz erheblicher und letztlich nicht wieder gutzumachender Verlust an persönlicher Mobilität verbunden ist und damit eine durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützte Rechtsposition tangiert wird. Dem stehen jedoch die oben benannten Rechtsgüter entgegen. Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen wiegt der möglicherweise eintretende, gegebenenfalls nicht mehr wieder gutzumachende Schaden für die zuvor genannten, hoch- und höchstwertigen Rechtsgüter einer potenziellen Vielzahl anderer Verkehrsteilnehmer zu schwer, als dass es verantwortet werden könnte, dem Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorerst die weitere Verkehrsteilnahme zu erlauben. Im Interesse der Verkehrssicherheit gilt dies auch dann, wenn dem Antragsteller durch die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis berufliche Nachteile entstehen sollten,

vgl. zu dieser Interessenlage im Hinblick auf die Fahrerlaubnisentziehung BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Juli 2007 - 1 BvR 305/07 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2012 - 16 B 536/12 -, juris Rn. 33.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und entspricht unter Berücksichtigung von Ziffer 46 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hinsichtlich der Fahrerlaubnisentziehung der Hälfte des in einem Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrags (Auffangstreitwert). Hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Untersagungsverfügung war streitwerterhöhend zusätzlich ein Betrag von der Hälfte des in einem Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrags (Auffangstreitwert, siehe Ziffer 46.14 des Streitwertkatalogs) anzusetzen. Die ausdrücklich mitangefochtene Zwangsmittelandrohung im selben Bescheid bleibt im Rahmen der Streitwertfestsetzung außer Betracht (vgl. Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.

Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) erfolgen.

Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

Lukas Jozefaciuk