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VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13.06.2018 - 7 K 12261/17

Entziehung der Fahrerlaubnis bei gelegentlichem Cannabiskonsum und fehlendem Trennungsvermögen. Trotz eines zeitlichen Abstandes zwischen der Cannabisfahrt und der Entziehungsverfügung von etwa einem Jahr und neun Monaten sowie einer Abstinenzbehauptung des Betroffenen kann - ohne Beachtung einer sog. verfahrensrechtlichen Einjahresfrist - von dessen Kraftfahrungeeignetheit ausgegangen werden, solange der (materielle) Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung aussteht.

Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Der Kläger ist in den Jahren 2007 und 2008 mehrfach wegen (vorsätzlichen) Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafrechtlich in Erscheinung getreten. Im Jahr 2008 wurde daraufhin eine Sperre zur Erteilung der Fahrerlaubnis von 18 Monaten verhängt.

Nach Vorlage eines angeordneten Gutachtens über eine medizinischpsychologische Untersuchung vom 18. November 2009, wonach nicht zu erwarten sei, dass er künftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen und/oder Strafgesetze verstoßen werde, hat die Beklagte dem Kläger am 27. Februar 2010 die Fahrerlaubnis erteilt.

In den Jahren 2010 und 2011 unternahm er mehrere Fahrten unter Einfluss von THC (Tetrahydrocarbonat). Insbesondere führte der Kläger am 8. Dezember 2010 sowie am 22. Januar 2011 ein Fahrzeug unter der Wirkung Cannabis. Die diesbezügliche Bußgeldentscheidung wurde am 11. Juni 2011 bzw. am 16. Juni 2011 rechtskräftig.

Mit Ordnungsverfügung vom 1. Februar 2011 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis. Im November 2011 wurde der Kläger mit Urteil des Landgerichts C. (rechtskräftig seit dem 7. Dezember 2011) wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde eine isolierte Sperre angeordnet, wonach die Verwaltungsbehörde dem Kläger vor Ablauf von einem Jahr keine Fahrerlaubnis erteilen dürfe.

Im September 2012 stellte der Kläger einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B. Das von ihm geforderte medizinischpsychologische Gutachten legte er vor. Die im Gutachten vom 30. Januar 2013 begutachteten Fragen, ob zu erwarten sei, dass er künftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol, Betäubungsmittel oder Medikamenten führen werde sowie ob zu erwarten sei, dass er künftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen und oder Strafgesetze verstoßen werde, wurden verneint. Die positive Prognose hinsichtlich der ersten Frage wurde auf die nachgewiesene Drogenfreiheit gestützt. Am 11. März 2013 wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klasse B neu erteilt. Am 8. August 2014 führten zivile Polizisten eine Kontrolle auf einem Spielplatz nahe der D. L. durch. Dabei wurde festgestellt, dass der Kläger Marihuana in seinem Besitz hatte. Mit Urteil des Amtsgerichts I. -X. vom 14. November 2014 wurde der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt.

Am Freitag, dem 5. Februar 2016, gegen 18:00 Uhr wurden beim Kläger anlässlich einer Verkehrskontrolle Pupillenauffälligkeiten (keine Reaktion) dokumentiert. Einen Drogenvortest lehnte er ab und machte keine Angaben zur Sache. Ihm wurde daraufhin nach richterlicher Anordnung eine Blutprobe entnommen. Diese ergab nach dem Gutachten des Labors L1. aus C1. T. vom 23. Februar 2016 einen THC-Wert von 7,7 µg/l (= ng/ml) und einen THC-Carbonsäure-Wert (= THC-COOH) von 30 µg/l. Die Tat wurde im Bußgeldverfahren mit Urteil des Amtsgerichts I. -X. vom 10. März 2017 wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden mittels THC geahndet. Das Urteil ist seit dem 14. Juli 2017 rechtskräftig. Hiervon hat die Beklagte am 27. September 2017 erfahren.

Zur Entziehung der Fahrerlaubnis angehört, führte der Kläger aus, er sei nach dem Ablauf von nunmehr ca. eineinhalb Jahren gegenwärtig nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. § 11 Abs. 7 FeV erlaube keinen zwingenden Rückschluss auf die Fahrungeeignetheit, wenn die so genannte "verfahrensrechtliche Einjahresfrist" seit der letzten Drogeneinnahme verstrichen sei. Es bestehe seit dem 5. Februar 2016 durchgehende Drogenabstinenz, die von nachhaltiger und dauerhafter Verhaltensänderung geprägt sei. Ein nachhaltiger Einstellungswandel bezüglich des Konsums sogenannter weicher Drogen ergebe sich insbesondere aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und familiären Situation. Er habe nach dem Vorfall am 5. Februar 2016 an einem Drogenkontrollprogramm teilgenommen. Hierzu werde der Untersuchungsbericht vom 22. Juni 2016 überreicht mit einem negativen Ergebnis sämtlicher relevanter Drogenparameter. Bei dem Vorfall vom 5. Februar 2016 handele es sich um einen einmaligen Verstoß. Von dem Vorfall habe die Beklagte schon im April 2016 Kenntnis erlangt und zunächst keine Maßnahmen ergriffen. Die im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens erhobenen Befunde würden nicht die Annahme rechtfertigen, dass verkehrsunsicheres Verhalten vorgelegen habe. Aus der Blutanalyse sei zu folgern, dass seinerzeit kein regelmäßiger Konsum von Cannabis vorgelegen habe. Aus den Werten könne auch kein gelegentlicher Konsum hergeleitet werden.

In einem Vermerk über ein Telefonat der Beklagten mit der o. -n. GmbH C. vom 27. Oktober 2017 hielt diese fest, dass kein Abstinenzprogramm für den Kläger verzeichnet sei.

Daraufhin entzog die Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 8. November 2017 die Fahrerlaubnis forderte ihn auf, den Führerschein spätestens drei Tage nach Zustellung dieser Verfügung abzuliefern (Ziffer 1), ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer 2), drohte die Festsetzung eines Zwangsgeldes i.H.v. 250 Euro an (Ziffer 3) und setzte einer Verwaltungsgebühr i.H.v. insgesamt 202,82 Euro fest (Ziffer 4). Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass der Kläger kraftfahrungeeignet sei, weil er gelegentlich Cannabis konsumiere und unter Einfluss des Betäubungsmittels bei einem THC-Wert von 7,7 µg/l mit einem PKW am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe. Der THC-COOH-Wert von 30 µg/l spreche für einen gelegentlichen Konsum. Gegen den vorgetragenen einmaligen Vorfall spreche, dass der Kläger in Drogenangelegenheiten nicht unerfahren sei. Am 3. Februar 2011 sei ihm erstmals die Fahrerlaubnis entzogen worden, und zwar aufgrund von fünf Fahrten unter Einfluss von Cannabis (2. Oktober 2010, 13. November 2010, 8. Dezember 2010, 26. Dezember 2010 und 22. Januar 2011). Eine weitere Fahrt sei am 22. März 2011, dann ohne Fahrerlaubnis, erfolgt. Auch nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Jahr 2013 sei der Kläger im Hinblick auf die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln erneut mit Cannabis in Berührung gekommen. Durch die erneute Fahrt unter Cannabis am 5. Februar 2016 sei davon auszugehen, dass die Betäubungsmittelproblematik nicht überwunden sei. Der im Anhörungsverfahren vorgelegte Abstinenznachweis zeige eine Momentaufnahme. Nach Rücksprache mit der o. -N im C. werde dort kein Abstinenzprogramm für einen längeren Zeitraum vom Kläger durchgeführt. Eine frühere Entziehung der Fahrerlaubnis habe nicht erfolgen können, da die Rechtskraft des Bußgeldverfahrens habe abgewartet werden müssen.

Zur Begründung der Gebührenfestsetzung führte sie mit Verweis auf Gebührennummer 206 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - aus, dass für die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 200 € zuzüglich Auslagen (Zustellgebühr) 2,82 € festgesetzt werden. Die Gebühr sei wegen des umfangreichen Verwaltungsaufwandes gerechtfertigt.

Unter dem 17. November 2017 teilte der Kläger mit, dass sich sein Führerschein wegen der Vollstreckung eines Fahrverbotes seit dem 9. November 2010 in amtlicher Verwahrung bei der Staatsanwaltschaft C. befinde.

Der Kläger hat am 8. Dezember 2017 Klage erhoben und am 10. Dezember 2017 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt ergänzend an, die Überprüfung, ob ein längeres Drogenkontrollprogramm durchgeführt werde, genüge nicht als Ermittlung. Wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihm seine Drogenabstinenz im Drogenkontrollprogramm bzw. einer medizinischpsychologischen Untersuchung zu ermöglichen. Er könne diesbezüglich nicht auf das Wiedererteilungsverfahren verwiesen werden. Bezüglich der Vorfälle aus dem Jahr 2010 und der Jugendstrafe aus dem Jahr 2011 sowie dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln aus dem Jahre 2014, die überdies keinen Bezug zum Straßenverkehr aufweise, sei Tilgungsreife gemäß § 46 BZRG eingetreten. Seine Teilnahme am Straßenverkehr sei notwendige Voraussetzung für die Ausübung seines Berufes. Bezüglich der geltend gemachten Abstinenz verweist er auf die nunmehr vorgelegten Drogenscreenings vom 8. November 2017 (Urinscreening eins von sechs im Rahmen eines Abstinenzprogramms seit dem 2. Oktober 2017) vom 18. Februar 2018 (Urinscreening zwei von sechs) sowie vom 18. April 2018 (Urinscreening drei von sechs) sowie seine eidesstattliche Versicherung vom 12. Juni 2018.

Soweit die Beklagte den Bescheid vom 8. November 2017 in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2018 aufgehoben hat, hat der Kläger die Klage zurückgenommen und beantragt nunmehr,

den Bescheid vom 8. November 2017 in Gestalt der Änderung vom 13. Juni 2018 hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 sowie hinsichtlich Ziffer 4 in Höhe der verbleibenden Gebührenfestsetzung i.H.v. 36,02 € aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.

Bezüglich der festgesetzten Gebühr führte die Beklagte als ergänzte Ermessenserwägung mit Schriftsatz vom 7. Juni 2018 aus, dass die festgesetzte Verwaltungsgebühr i.H.v. 200,- Euro wegen des aufwändigen Verwaltungsaufwandes gerechtfertigt sei. Sie sei im oberen Teil des mittleren Bereichs festgesetzt worden, da der Sachverhalt als Fall mittleren Schwierigkeitsgrades eingeordnet worden sei. Diese Einordnung sei nicht zuletzt wegen der Länge der Verfahrensdauer, die insbesondere wegen der Dauer des vorangegangenen Bußgeldverfahrens von über eineinhalb Jahren zustande gekommen sei. Mit der Dauer des Verfahrens seien damit zu würdigende Besonderheiten einhergegangen, wodurch sich der Fall von beliebigen anderen Fällen abgehoben habe und daher als Fall mittleren Schwierigkeitsgrades eingeordnet worden sei.

Mit Beschluss vom 24. Januar 2018 hat die Kammer den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (Az. 7 L 3523/17) die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen am 10. April 2018 zurückgewiesen (Az. 16 B 236/18).

Durch Beschluss vom 18. Mai 2018 hat die Kammer den Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich der Gebührenfestsetzung teilweise zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. November 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Entziehungsverfügung ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG - i. V. m. § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV -. Darauf gestützt hat die Beklagte entgegen der Ansicht des Klägers die Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht verfügt. Die hierfür maßgebliche gesetzliche Ermächtigungsnorm des § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. c StVG genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG -. Danach müssen Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmen. Der Gesetzgeber soll insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und, sofern Einzelregelungen einer Verordnung überlassen bleiben, die Tendenz und das Programm schon soweit umreißen, dass sich der Zweck und der mögliche Inhalt der Verordnung bestimmen lassen. Die Vorgaben müssen sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm ergeben; es genügt, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte des Gesetzes. Geringere Anforderungen an die Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung sind vor allem bei vielgestaltigen Sachverhalten zu stellen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82 -, juris, Rn. 58 und vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 -, juris, Rn. 63 sowie OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2002 - 19 B 1316/02 -, juris, Rn. 7 mit weiteren Nachweisen.

Diesen Anforderungen genügt § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit c StVG. Nach dieser Vorschrift muss die Rechtsverordnung - oder allgemeine Verwaltungsvorschrift - Regelungen über die Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen enthalten, damit im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs eine einheitliche Handhabung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen" gewährleistet ist. Von der Ermächtigung darf nur zu diesem Zweck und in den durch § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG vorgegebenen Grenzen Gebrauch gemacht werden. Entgegen der Ansicht des Klägers sind für den Verordnungsgeber bindende Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gesetzlich, nämlich in § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, näher umschrieben. Danach ist zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Auf eine weitergehende Vorgabe der Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen hat der Gesetzgeber angesichts der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte, die der Begriff "Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen" umfasst, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verzichtet.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2002 - 19 B 1316/02 -, juris, Rn. 7.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Es handelt sich um eine gebundene, nicht im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung. Die Fahreignung des Betroffenen beurteilt sich nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i. V. m. Anlage 4 zur FeV. Die Einnahme von Cannabis findet in Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV nähere Behandlung. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist die Fahreignung nur dann gegeben, wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen dem Konsum und dem Fahren trennt und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegt (Nr. 9.2.2).

Der Kläger erweist sich gemäß § 11 Abs. 1 FeV i. V. m. Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Kläger bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann. Maßgebend ist vorliegend, dass der Kläger am 5. Februar 2016 gegen 18:00 Uhr ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr geführt hat. Der im Blut des Klägers nach dem Ergebnis des Gutachtens des Labors L1. aus C1. T. vom 23. Februar 2016 festgestellte THC-Wert von 7,7 µg/l (= ng/ml) übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 StVG durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/ml und rechtfertigt die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur. Zu den neuesten Erkenntnissen und der Frage der Beibehaltung dieses Grenzwertes siehe VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 4303/15 - und Beschluss vom 25. Februar 2016 - 7 L 30/16 -; OVG NRW, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 551/16 und 16 A 432/16 -, juris, Rn. 64 ff, 122, das abweichend von der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission weiterhin von einem Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Serum ausgeht (- 16 A 551/16 - nicht rechtskräftig, vgl.: BVerwG - 3 C 14.17 -).

Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Kläger bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann. Unerheblich ist es für die Frage der mangelnden Trennung, ob er nur einmal ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss geführt hat.

Ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. etwa Beschluss vom 30. März 2017 - 7 L 217/17 -; OVG NRW, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 -, juris, Rn. 143; OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2017 - 16 B 473/17 -, jeweils m. w. N., a.A. Bay. VGH, Urteil vom 25. April 2017 - 11 BV 17.33 - (Revision eingelegt, BVerwG 3 C 13.17).

Der Kläger ist - entgegen seiner Ansicht - auch als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen. Dass der Kläger im nahen zeitlichen Vorfeld der Verkehrskontrolle vom 5. Februar 2018 erstmals (nach längerer Abstinenz) Cannabis konsumiert hat, ist nicht ersichtlich. Zwar hat er einen (nach längerer drogenfreier Zeit) lediglich einmaligen Konsum von Cannabis behauptet; dieser Vortrag ist jedoch nicht glaubhaft. Insoweit gilt, dass eine Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss eines Betäubungsmittels es grundsätzlich rechtfertigt, auf eine mehr als einmalige Cannabisaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene Fahrerlaubnisinhaber - wie hier der Antragsteller - einen solchen Konsum zwar geltend macht, dessen Umstände aber nicht konkret und glaubhaft darlegt.

Ständige Rechtsprechung des OVG NRW; vgl. z.B. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2014 - 16 B 500/14 -, juris, und OVG NRW Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 -, juris, Rn. 47 f. mit weiteren Nachweisen zur Senatsrechtsprechung; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. März 2011 - 10 B 11400/10 -, NVWZ 2011, 573.

Die lediglich pauschale Behauptung eines (nach längerer Abstinenz stattgefundenen) Erstkonsums ohne nähere Angaben steht daher der Annahme eines gelegentlichen Konsums nicht entgegen. Zu der geforderten Darstellung gehört insbesondere die Erläuterung, welche äußeren Umstände den drogenauffällig Gewordenen gerade zu diesem Zeitpunkt dazu veranlasst haben, erstmalig - bzw. erstmalig wieder nach einer längeren Abstinenz - Cannabis zu versuchen, vor allem aber auch, was den Betreffenden nach diesem Konsum dazu bewogen hat, trotz seiner Unerfahrenheit mit dem Verlauf eines Haschisch- oder Marihuanarausches - bzw. trotz einer verblassten Erinnerung an lange zurückliegende Rauscherfahrungen - schon relativ bald nach dem Konsum wieder ein Kraftfahrzeug zu führen. Der Grund für die Mitwirkungsobliegenheit des mit Cannabis auffällig gewordenen Kraftfahrzeugführers liegt darin, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass ein mit den Wirkungen der Droge unerfahrener - bzw. seit längerem nicht mehr konsumierender - Fahrerlaubnisinhaber bereits wenige Stunden nach dem (Erst-)Konsum wieder ein Kraftfahrzeug führt und er dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät.

Vgl. eingehend OVG NRW, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 -, Blutalkohol 54 (2017), 328 = NWVBl. 2017, 379 = juris, Rn. 47 ff. m. w. N. und Beschluss vom 10. April 2018 - 16 B 236/18 -.

An einer solchen Schilderung des Klägers fehlt es vorliegend.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob eine hinreichende zeitliche Zäsur zwischen den damaligen Vorfällen und der aktuell anlassgebenden Fahrt unter Cannabiseinfluss vorläge, oder ob die von der Beklagten zur Begründung herangezogenen Fahrten unter Cannabiseinfluss aus den Jahren 2010 und 2011, wie er meint, wegen Verjährung nicht mehr verwertet bzw. ihm nicht mehr vorgehalten werden dürfen.

Dem Kläger kann auch nicht in der Einschätzung gefolgt werden, wegen des zeitlichen Abstands zwischen der Fahrt unter Cannabiseinfluss am 5. Februar 2016 und dem Erlass des angefochtenen Bescheides am 8. November 2017 habe im maßgeblichen Erlasszeitpunkt nicht mehr von einer fortbestehenden Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden dürfen. Soweit sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs,

vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2005 - 11 CS 04.2526 -, VRS 109 (2005), 64 = juris, Rn. 26, und vom 4. Februar 2009 - 11 CS 08.2591 -, juris, Rn. 17; offenlassend nunmehr aber Bay. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 - 11 CS 16.2316 -, DAR 2018, 160 = juris, Rn. 25,

zum Bestehen einer - allein durch eine Abstinenzbehauptung ausgelösten - sog. verfahrensrechtlichen Jahresfrist beruft, folgt das erkennende Gericht dem in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom Beschluss vom 10. April 2018 - 16 B 236/18 -.

Vielmehr ist im Rahmen eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ohne Beachtung einer solchen verfahrensrechtlichen Jahresfrist bzw. sonstiger starrer zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen, solange der (materielle) Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung aussteht.

Vgl. ausführlich OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2010 - 16 B 382/10 -, juris, Rn. 5 ff. m. w. N., und zuletzt Beschluss vom 8. November 2017 - 16 B 966/17 -.

Vorliegend lag bis zum Ergehen der angefochtenen Ordnungsverfügung am 8. November 2017 kein Sachverhalt vor, aufgrund dessen von einer wiedererlangten Fahreignung des Antragstellers oder nur noch von Zweifeln an seiner Kraftfahreignung ausgegangen werden konnte. Aufgrund der Vorgeschichte des Antragstellers zu seinem Drogenkonsumverhalten spricht viel dafür, von ihm eine dauerhafte Cannabisabstinenz zu fordern, worauf auch die positive Prognose des medizinischpsychologischen Gutachtens aus Januar 2013 gestützt worden war; allein der Übergang zu einem weniger einschneidend veränderten Konsum- und Verhaltensmuster, also etwa zu einem fortgesetzten Gelegenheitskonsum bei nunmehr sicherem Trennen von Konsum und Fahren, dürfte - jedenfalls in seinem Fall - nicht ausreichen, um künftige Gefährdungen mit der erforderlichen Gewissheit auszuschließen.

So auch OVG NRW, Beschluss vom 10. April 2018 - 16 B 236/18 - im zugehörigen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes.

Eine Cannabisabstinenz des Antragstellers ist bislang nicht in ausreichender Weise nachgewiesen. Die von ihm vorgelegten Ergebnisse von Drogenscreenings vom 22. Juni 2016, vom 2. November 2017 vermitteln nach Anzahl und zeitlicher Distanz lediglich ein punktuelles Bild und unterschreiten die Anforderungen an einen gesicherten Nachweis einer längeren Abstinenz. Weder die kurz vor dem Erlass der Entziehungsverfügung begonnene Teilnahme an einem Drogenkontrollprogramm noch die nunmehr in dessen Rahmen erstellten weiteren Befundberichte vom 6. Februar 2018 sowie vom 18. April 2018 vermögen einen konkreten Abstinenznachweis nicht zu ersetzen, zumal letztere erst jeweils nach dem maßgeblichen Entziehungszeitpunkt liegen. Abgesehen davon bedarf es zur Wiedererlangung der Fahreignung zusätzlich einer fachlich abgesicherten Prognose dahingehend, dass auch zukünftig mit einer Cannabisabstinenz gerechnet werden kann. Ein solcher Nachweis kann nur mittels einer medizinischpsychologischen Begutachtung geführt werden, an der es gleichfalls fehlte.

Bei feststehender Ungeeignetheit steht dem Beklagten kein Ermessen zu und die Fahrerlaubnis ist zwingend zu entziehen.

Die in Ziffer 1 des Bescheides vom 8. November 2017 enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Die in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 8. November 2017 enthaltene Zwangsgeldandrohung entspricht den Anforderungen von §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und ist rechtmäßig.

Die in Ziffer 4 des Bescheides vom 8. November 2017 in Gestalt der Änderung vom 13. Juni 2018 festsetzte (verbleibende) Verwaltungsgebühr i.H.v. 33,20 Euro zuzüglich Auslagen i.H.v. 2,82 Euro sind dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - Die maßgebliche Gebührennummer 206 sieht für verschiedene Maßnahmen, unter anderem die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine Rahmengebühr von 33,20 Euro bis 256,00 Euro vor. Die Beklagte hat durch Teilaufhebung vom 13. Juni 2018 die Gebühr - insoweit in nicht zu beanstandender Weise - auf die Mindestgebühr reduziert.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, trägt er die Kosten gem. § 155 Abs. 2 VwGO; soweit er im Übrigen unterliegt, trägt er die Kosten gem. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Lukas Jozefaciuk