VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.06.2016 - 17 K 4420/13
Ein "geschäftsmäßiger Transport" i. S. d. Zusatzzeichens 1026-35 "gewerblicher Lieferverkehr frei" liegt unabhängig von Art und Umfang des beförderten Gegenstandes vor, wenn der durchgeführte Transport zur Führung und Aufrechterhaltung des Geschäfts- oder Gewerbetriebes erforderlich ist.
Ein Transport von Gegenständen, der in einem nur irgendwie gearteten entfernten Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb steht, stellt keinen Lieferverkehr dar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger stellte sein Kraftfahrzeug vom Typ Mercedes Benz Vito mit dem amtlichen Kennzeichen N. - FM 3005 am 27. Mai 2013, einem Montag, auf dem Seitenstreifen der Straße G. in E. in Höhe Haus Nr. 3 ab, und zwar in einem Bereich, der mit dem Zeichen 283 mit Zusatzbeschilderung ("Gewerblicher Lieferverkehr frei"; "werktags 7-19 h"; "auf dem Seitenstreifen") gekennzeichnet war. Wegen der Einzelheiten wird auf die Fotografien Bl. 8 ff. und nach Bl. 57 ff der Beiakte verwiesen. In dem Kraftfahrzeug des Klägers lag eine vom Bürgermeister der Stadt I. ausgestellte "Ausnahmegenehmigung zum teilweise auf den Gehweg aufgesattelten Halten im absoluten Halteverbot N1. Straße 46 für Ladetätigkeiten Amtliches Kennzeichen: beliebig" aus.
Nachdem Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung der Beklagten das Fahrzeug des Klägers ausweislich des Abschleppberichts um 16:49 Uhr festgestellt hatten, wurde um 17:03 Uhr ein Abschleppunternehmen mit dem Abschleppen des Fahrzeugs beauftragt. Bevor das Fahrzeug abgeschleppt wurde, erschien um 17:08 Uhr der Kläger. Zugleich wurde erfolglos versucht, das Abschleppfahrzeug abzubestellen. Nachfolgend entfernte der Kläger sein Fahrzeug selbst. Das Abschleppfahrzeug erschien um 17:11 Uhr vor Ort.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2013 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Geltendmachung der Abschleppkosten (Auslagen und Gebühren) an.
In dem nachfolgenden Schriftwechsel machte der Kläger geltend, sich als Gewerbetreibender (seit 35 Jahren bestehender Betrieb der Metallverarbeitung Meisterbetrieb & Ingenieurbüro in I. ) zum Abstellen des Fahrzeugs legitimiert gefühlt zu haben. Die Beklagte bat unter Verweis darauf, dass nur ein geschäftsmäßiger Transport als erlaubte Liefertätigkeit zulässig sei, um Vorlage der Gewerbeanmeldung sowie eines Nachweises über die Warenanlieferung am fraglichen Tag, aus dem hervorgehe, welche Ware wann und wo abgeholt und wann und an wen geliefert worden sei. Der Kläger verwies darauf, bei der Firma G1. , I1. . 7-11, in E. unweit des Abstellortes eine dort reparierte Überwachungskamera für das Gewerbeobjekt in Menden abgeholt zu haben. Diese Tätigkeit habe in einem Zusammenhang mit seinem Gewerbe gestanden. Ein Parkverstoß liege damit nicht vor. Wegen der Einzelheiten der vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Bestätigungsschreiben der Firma G1. , Angaben zum klägerischen Gewerbe) wird auf den Inhalt der Beiakte (Bl. 24, 36 f) Bezug genommen.
Mit Leistungsbescheid vom 20. August 2013 machte die Beklagte die für die Abschleppmaßnahme (Leerfahrt ohne Verrichtung) vom Abschleppunternehmen berechneten Kosten in Höhe von 43,66 € sowie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 97,00 € (insgesamt: 140,66 €) gegen den Kläger geltend. Das Fahrzeug des Klägers sei verkehrsordnungswidrig innerhalb einer mit absolutem Halteverbot ausgeschilderten Ladezone im näheren Umfeld der Fußgängerzonen abgestellt gewesen. Diese Ladezone sei ausschließlich für den gewerblichen Lieferverkehr vorgesehen und diene dazu, dem stetig steigenden Bedarf von gewerblichen Warenanlieferungen im Bereich der Innenstadt Rechnung zu tragen. Die entsprechend ausgewiesenen Flächen müssten für den beschriebenen Zweck tatsächlich zur Verfügung stehen, und zwar auch außerhalb der in Fußgängerzonen erlaubten Anlieferzeiten (21.00 - 11.00 Uhr). Unter den erlaubten gewerblichen Lieferverkehr falle nicht das Abholen einer Stückware, hier in Gestalt einer Überwachungskamera für das eigene Unternehmen. Die vom Kläger vorgebrachten Einwände rechtfertigten keine andere Beurteilung.
Der Kläger hat am 13. September 2013 Klage erhoben.
Er trägt unter Vertiefung des Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vor:
Zufolge des in der Rechtsprechung entwickelten Begriffs des Lieferverkehrs komme es nicht darauf an, ob die geschäftliche Beförderung dem Transport kleinerer oder größerer Gegenstände diene. Sei für einen Lieferverkehr das Halten in einer Verbotszone, wie hier, gestattet, sei es jedem Gewerbetreibenden erlaubt, die Flächen zum Abstellen des Fahrzeugs zu nutzen, sofern die Fahrt und das Abstellen des Fahrzeuges zu gewerblichen Zwecken erfolgt sei. Das sei hier der Fall gewesen. Er sei innerhalb seiner Geschäftstätigkeit damit befasst gewesen, einen aus seinem Gewerbebetrieb stammenden Gegenstand in Gestalt einer reparierten Überwachungskamera zu transportieren. Eine Differenzierung nach der Art des Gutes vorzunehmen, widerspräche dem Erfordernis der Eindeutigkeit der Beschilderung im Straßenverkehr. Auch die Höhe der Verwaltungsgebühren sei anzuzweifeln. Korrekterweise wäre auf die konkreten Kosten der Abschleppmaßnahme hinzuwirken gewesen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Leistungsbescheid der Beklagten vom 20. August 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie führt unter Verweis auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren und im Leistungsbescheid aus, die Abschleppmaßnahme sei rechtmäßig durchgeführt worden. Falls man der klägerischen Argumentation folgen würde, wäre der Kreis der Parkplatzberechtigten uferlos, da dann letztlich jeder Einkauf eines Gewerbetreibenden, der in irgendeiner Weise das Gewerbe betreffe, das Parken in einer ausgeschilderten Ladezone erlauben würde. Das würde deren Zweck widersprechen. Der dort erlaubte Lieferverkehr betreffe vielmehr "Lieferungen", wie sie von Lieferanten vorgenommen würden. Dies sei ein geschäftsmäßiger Transport von Sachen von oder zu Gewerbetreibenden sowie von oder zu sonstigen Kunden, somit der An- und Abtransport als Kerntätigkeit. Entsprechendes sei nicht Inhalt des klägerischen Gewerbes. Die von ihm betriebene Metallverarbeitungsfirma sei nicht mit dem Gewerbe eines Postzulieferers zu vergleichen, der mit dem An- und Abtransport von Paketen seiner Kerntätigkeit nachgehe. Die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung in Fällen der vorliegenden Art sei in der Rechtsprechung anerkannt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Gründe
Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter (§ 101 Abs. 2, § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO).
Die Klage ist nicht begründet.
Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 20. August 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Kläger ist zu Recht zu den Abschleppkosten nach § 77 Abs. 1 VwVG NRW in Verbindung mit §§ 15 Abs. 1 Nr. 7, 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW herangezogen worden.
Die Abschleppmaßnahme durfte angeordnet werden, nachdem der Kläger entgegen der Regelung in § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 62, Zeichen 283 sein Fahrzeug in einem Bereich abgestellt hatte, für den für ihn zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ein absolutes Halteverbot galt. Dem steht nicht entgegen, dass der in Rede stehende Bereich für den fraglichen Zeitraum für gewerblichen Lieferverkehr freigegeben war (vgl. Zusatzzeichen 1026-35). Die Voraussetzungen für diese Ausnahmeregelung waren vorliegend nicht erfüllt.
Aus der im Fahrzeug ausgelegten "Ausnahmegenehmigung" des Oberbürgermeisters der Stadt I. kann der Kläger insoweit von vornherein nichts herleiten. Das macht er auch selbst nicht geltend.
Nach der bereits von den Beteiligten in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft der Lieferverkehr im Sinne der genannten Bestimmungen "Lieferungen", wie sie von "Lieferanten" vorgenommen werden. Gemeint ist also der g e s c h ä f t s m ä ß i g e Transport von Sachen von oder zu Gewerbetreibenden sowie von oder zu sonstigen Kunden.
BVerwG, Urteil vom 8. September 1993 - 11 C 38/92 -, juris, (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht).
Diese Auslegung bestimmt auch das Verständnis der Beschilderung nach dem verobjektivierten Empfängerhorizont.
OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. Dezember 2015- 7 ME 53/15 -, juris, RdNr. 4.
Neben Be- und Entladetätigkeiten werden auch mit einem geschäftsmäßigen Transport unmittelbar verbundene Nebenverrichtungen erfasst, die üblicher Weise zum Liefern bzw. zum Transport gehören und nur kurze Zeiträume in Anspruch nehmen.
Vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 43. Auflage, § 12 StVO, Rdnr. 33 f.
Mit diesen Maßgaben ist auch ausgehend vom Vortrag des Klägers, wonach er das Fahrzeug im Rahmen seines Gewerbes abgestellt habe, um eine in einem nahe gelegenen Geschäft reparierte Überwachungskamera "für das Gewerbeobjekt" abzuholen, ein solcher Vorgang nicht als "geschäftsmäßiger Transport" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu bewerten. Das Abholen einer derartigen Kamera stellt keine geschäftsmäßige (Liefer-) Tätigkeit im Zusammenhang mit der vom Kläger betriebenen Metallverarbeitungsfirma dar. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich darauf abgestellt, von der Ausnahmeregelung erfasst seien (nur) geschäftsmäßige Lieferungen, wie sie von Lieferanten erbracht werden. Der Kläger ist bei dem Abholen der reparierten Kamera nicht als ein "Lieferant" in diesem Sinne tätig geworden, weil es nicht zum Geschäftsbereich des vom Kläger betriebenen Gewerbebetriebs gehört, derartige Gegenstände zu transportieren.
Zudem läge ein geschäftsmäßiger Transport im vorstehenden straßenverkehrsrechtlichen Kontext nur vor, wenn der durchgeführte Transport zur Führung und Aufrechterhaltung des Geschäfts- oder Gewerbetriebes erforderlich wäre.
So OLG Jena, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 1 Ss Rs 67/12 (146) u.a. -, juris, RdNr. 12 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 8. September 1993 a.a.O.
Auch daran fehlt es hier.
Der Kläger ist zwar Gewerbetreibender und hat unter Zugrundelegung seines Vorbringens eine Ware von einem (anderen) Gewerbebetrieb für den eigenen Gewerbebetrieb abgeholt, so dass er das Fahrzeug nicht als "Privater" in der Ladezone abgestellt hat und auch eine Ware transportiert haben mag. Er ist gleichwohl nicht entsprechend dem vorgenannten Verständnis "geschäftsmäßig" tätig geworden. Insbesondere umfasst der Geschäftsbetrieb des Klägers weder die Produktion oder die Reparatur noch den Vertrieb oder die Lieferung derartiger Kameras. Das Abholen der Kamera war für die Führung und Aufrechterhaltung seines Betriebes deshalb nicht erforderlich, mag auch eine mit deren Hilfe mögliche Überwachung für den klägerischen Betrieb nicht ohne jeglichen Nutzen sein.
Ein Verständnis der Ausnahmeregelung "gewerblicher Lieferverkehr frei" dahingehend, dass jedweder Transport von Gegenständen durch einen Gewerbetreibenden, der in einem auch nur irgendwie gearteten entfernten Zusammenhang mit dem Gewerbetrieb steht, zum Halten in einer Lieferzone berechtigte, würde dem Sinn und Zweck der Regelung widersprechen.
Die Anordnung des Haltverbots in Verbindung mit der Einrichtung einer speziellen Lieferzone dient insbesondere dem Ziel, im Zentrum einer Großstadt in unmittelbarer Nähe von Kaufhäusern und Einzelhandelsgeschäften Verkehrsflächen zum Be- und Entladen bzw. für den Transport von Gegenständen zur Verfügung zu stellen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. März 1998 - 5 A 183/96 -, juris, RdNr. 7
Sie soll, wie die Beklagte in einer keinen Bedenken unterliegenden Weise geltend gemacht hat, dem steigenden Bedarf von gewerblichen Warenanlieferungen im Bereich der Innenstadt Rechnung und dafür Sorge tragen, dass die entsprechend ausgewiesenen Flächen für diesen Zweck tatsächlich auch außerhalb der in Fußgängerzonen erlaubten Anlieferzeiten zur Verfügung stehen. Die bauliche Ausgestaltung (markierter Seitenstreifen) sowie die Ausschilderung der in Rede stehenden Ladezone heben die Bedeutung dieser Verkehrsfläche für den Liefer- und Ladeverkehr deutlich hervor. Diese Bedeutung würde weitgehend entwertet, wenn ein für die Führung bzw. Aufrechterhaltung des jeweiligen Geschäfts-/ Gewerbebetriebs nicht erforderlicher Transport auch kleinster Gegenstände, die in irgendeiner Weise in dem Geschäftsbetrieb Verwendung finden (können), ein ausnahmsweise zulässiges Halten ermöglichte. Denn dann wäre der in Betracht kommender Nutzerkreis auch unter den Gewerbetreibenden so groß, dass die funktional bezweckte Freihaltung des knappen Verkehrsraums mittels solcher Lieferzonen für den darauf angewiesenen Lieferverkehr in der Praxis tatsächlich kaum realisierbar oder jedenfalls erheblich eingeschränkt wäre.
Der vorliegende Fall erfordert keine exakte Eingrenzung der Frage, in welchen Fällen ein Lieferverkehr für den Geschäfts-/Gewerbebetrieb im Sinne der obigen Begriffsbestimmung "erforderlich" ist. Ein in keinem (unmittelbaren) Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit als solcher stehender Transport von Gegenständen, wie bspw. das Abholen eines Bildes oder sonstiger Dekoartikel für den Bürobereich, einer Packung Kaffee für die Mitarbeiter oder einer Kamera der hier in Rede stehenden Art, genügen jedenfalls nicht und stellen keinen Lieferverkehr dar.
Fehlt es mithin an einem "geschäftsmäßigen Transport" i.S.d. Ausnahmeregelung des Zusatzzeichens 1026-35 und liegt deshalb ein Parkverstoß vor, ist vorstehend rechtlich ohne Belang, dass es - anders als die Beklagte möglicherweise meint - bei einem gewerblichen Lieferverkehr als solchen nicht auf Umfang und/oder Gewicht der bei einem einzelnen Haltevorgang be- oder entladenen Gegenstände ankommt. Eine solche Abgrenzung ist vielmehr nur gerechtfertigt, wenn im Bereich eines (eingeschränkten) Halteverbots durch Zusatzzeichen das "Halten zum Be- und Entladen" zugelassen ist. (Nur) In einem solchen Bereich ist das Halten jedermann, also auch Privatpersonen gestattet und deshalb eine Eingrenzung auch nach Größe und Gewicht der zu beladenden Gegenstände angezeigt.
Vgl. im Einzelnen mit umfangreichen Nachweiskatalog: OLG Jena, Beschluss vom 17. Juli 2012 a.a.O., juris, RdNr. 11 und 13 und Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 12 StVO, RdNr. 32.
Um eine solche Konstellation geht es vorliegend nicht.
Dahinstehen kann auch, ob ein zur effektiven Kontrolle der einem Lieferverkehr vorbehaltenen Halteverbotszone regelmäßig erforderlicher, nach außen erkennbarer Hinweis auf eine Lade- bzw. Liefertätigkeit vorstehend hinreichend aus der Art des verwendeten Fahrzeugs in Gestalt eines (Klein-) Transporters erwachsen wäre.
Der somit vorliegende Verkehrsverstoß rechtfertigt zwar nicht ohne Weiteres das Vorgehen im Wege des Verwaltungszwangs.
Vgl. BVerwG -, Urteile vom 9. April 2014 - 3 C 5/13 -, juris und vom 14. Mai 1992 - 3 C 3.90 -, NJW 1993, S. 870.
Über den bloßen Verstoß gegen die StVO hinaus muss vielmehr eine besondere Lage gegeben sein, die die sofortige Beseitigung der Störung nahelegt, etwa wenn Kraftfahrzeuge andere Verkehrsteilnehmer behindern oder wenn eine Verkehrsfläche in ihrer Funktion beeinträchtigt wird. Letzteres war hier der Fall. Das Abstellen des Wagens des Klägers in einem dem Lieferverkehr vorbehaltenen Bereich beeinträchtigte die besondere Funktion dieser Fläche, wie sie im angefochtenen Bescheid von der Beklagten zutreffend beschrieben worden ist. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Auf die Feststellung einer konkreten Beeinträchtigung dieser Funktion kommt es nicht an.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2014 - 3 C 5/13 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil 24. März 1998 - 5 A 183/96 -, a.a.O.
Angesichts des Gewichts des mit der hier fraglichen Verkehrsregelung verfolgten legitimen Zwecks, im verkehrsbelasteten Innenstadtbereich Ladezonen für den Lieferverkehr freizuhalten, ist ein sofortiges Abschleppen regelmäßig und so auch hier mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
Die Beklagte war insbesondere nicht gehalten, mit der Anordnung des Abschleppens längere Zeit abzuwarten, ob der Kläger sein Fahrzeug selbst entfernt. Bei der anzustellenden exante Betrachtung ist die Einleitung einer Abschleppmaßnahme nur dann nicht erforderlich, wenn der Führer eines Fahrzeugs ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung der Störung veranlasst werden kann.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 09. April 2014 - 3 C 5/13 -, juris.
Dafür bestanden vorliegend keine Anhaltspunkte.
Der Kosteninanspruchnahme des Klägers steht auch nicht entgegen, dass dieser sein Fahrzeug letztlich selbst weggefahren hat. Nach gefestigter Rechtsprechung des OVG NRW,
vgl. Beschlüsse vom 18. Februar 2003 - 5 A 4183/01 - und vom 17. November 2003 - 5 A 3670/02 -, jeweils juris,
sind die Leerfahrtkosten dem Störer ohne weiteres konkret zuzurechnen und die dabei entstehenden Kosten von ihm zu tragen, wenn das Abschleppfahrzeug, wie hier, konkret für das betreffende Fahrzeug des Störers angefordert worden ist. In diesem Fall steht nämlich fest, dass es sich bei den Kosten der Leerfahrt um störungsbedingte Kosten der versuchten Ersatzvornahme handelt. Eine sich ggf. anschließende Möglichkeit, den Abschleppwagen anderweitig einzusetzen, stellt den Störer nach der zitierten Rechtsprechung des OVG NRW nicht von der bereits zuvor eingetretenen Kostenpflicht frei. Dafür, dass abweichend davon hier ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte,
vgl. dazu: OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2013 - 5 A 1687/12 -, juris,
ist nichts ersichtlich.
Der Kläger war als Halter und Fahrer des Fahrzeugs auch verantwortlich im Sinne der §§ 17, 18 OBG NRW und durfte daher zur Zahlung der Abschleppkosten herangezogen werden.
Auch die Höhe der festgesetzten Kosten/Gebühren unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kosten für die Leerfahrt ergeben sich aus der aktenkundigen Kostenrechnung des Abschleppunternehmers für eine "Leerfahrt ohne Verrichtung" in Höhe von 43,66 €. Diese steht überdies im Einklang mit der gerichtsbekannten Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Abschleppunternehmen, die die Kammer in ständiger Rechtsprechung,
vgl. aus jüngerer Zeit Urteil vom 4. November 2015 - 17 K 295/14 - ,
nicht beanstandet hat. Gegen die Höhe dieser Kosten hat der Kläger auch nichts erinnert.
Entgegen seiner Auffassung ist auch die Gebührenforderung in Höhe von 97,00 € nicht zu beanstanden. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 VO VwVG NRW werden Verwaltungsgebühren für die dort nachfolgend aufgeführten Amtshandlungen der Vollzugsbehörden im Zusammenhang mit dem Verwaltungszwang erhoben. Nach Nr. 7 dieser Vorschrift sind dies für das Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeugs 25,00 bis 150,00 €. Die Beklagte hat innerhalb dieses Rahmens im Anhörungsverfahren zunächst eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 67,00 € erhoben und diese, weil nachfolgend der Erlass eines einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachenden Leistungsbescheides erforderlich wurde, um 30,- € erhöht und auf insgesamt 97,- € festgesetzt. Dies entspricht den tatsächlichen durchschnittlichen Verwaltungskosten (Personal- und Sachkosten) der Beklagten bei der Anordnung einer Abschleppmaßnahme und dem Erlass eines Leistungsbescheids. Der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand muss dabei nicht genau ermittelt, sondern nur "berücksichtigt" werden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000- 5 A 2625/ 00 -, m.w.N., juris.
Einer Ermittlung der im vorstehenden Einzelfall angefallenen "konkreten" Gebühren bedarf es nicht. Die Behörde darf grundsätzlich bei der Gebührenbemessung für typische Fallgruppen Regelgebührentarife bilden. Es ist ihr gestattet, Regelfälle eines Sachbereichs zu erfassen und sie als so genannte typische Fälle gleichartig zu behandeln. Eine solche Typisierung ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Gewährleistung gleichartiger Bewertungsmaßstäbe gerechtfertigt. Sie kommt insbesondere bei häufig vorkommenden und gleichartigen Vorgängen - wie etwa dem Abschleppen von Fahrzeugen - in Betracht.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 a.a.O.
Anhaltspunkte dafür, dass der demgemäß zu Recht pauschalierte Verwaltungsaufwand für Abschleppmaßnahmen anlässlich von Leerfahrten ohne Verrichtung und nachfolgend erlassenem Leistungsbescheid zum Nachteil des Klägers zu hoch festgesetzt worden ist und nicht dem Kostendeckungsprinzip entspricht, sind nicht ersichtlich.
Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. November 2015 - 17 K 295/14 -.
Solche sind vom Kläger auch in der Sache nicht substantiiert worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.