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VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 05.02.2018 - 5 L 3024/17

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die geplante und genehmigte Bebauung des Grundstücks I. -L. -Str. 00.00.00 in C. .

Die Antragsteller sind Grundstückseigentümer an der I. -L. -Straße in C. -X. -N. . Die Antragstellerin zu 1. ist Miteigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks I. -L. -Straße xx. Der Antragsteller zu 2. ist Miteigentümer des ebenfalls mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks I. -L. -Straße xx.

Mit Baugenehmigung vom 22.09.2017 bewilligte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Errichtung von drei Mehrfamilienhäusern (integratives Wohnquartier mit drei Mehrfamilienhäusern und Unterparkungsebene im Souterrain) auf dem Grundstück I. -L. -Straße xx, xx und xx.

Am 5. Oktober 2017 haben die Antragsteller in dem Verfahren 5 K 10767/17 Klage erhoben und den vorliegenden Eilantrag gestellt.

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass die Baugenehmigung aus verschiedenen Gründen rechtswidrig sei. Die erteilte Baugenehmigung leide bereits an einem formellen Mangel. Die Antragsteller hätten gegen den am 31.01.2016 enthalten Bauvorbescheid ebenfalls Klage erhoben, weswegen die Antragsgegnerin bei Erlass der Baugenehmigung den Inhalt des noch nicht bestandskräftigen Bauvorbescheides erneut in der nachfolgenden Baugenehmigung hätte regeln müssen. Lediglich bei einem bestandskräftigen Bauvorbescheid genüge es, diesen nur redaktionell in die Baugenehmigung zu übernehmen, was jedoch ebenfalls nicht geschehen sei. Zudem sei der Bauvorbescheid der E. B. L1. H. erteilt worden, die Baugenehmigung jedoch der E. B. Beteiligungsverwaltungs H. . Ein Nachfolgetatbestand sei jedoch nicht ersichtlich.

Die erteilte Baugenehmigung sei auch materiell rechtswidrig. Insbesondere gingen von dem Bauvorhaben schädliche Umweltauswirkungen durch einen nicht hinzunehmenden Anstieg der Lärmbelastung (Verkehrslärm) aus. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin liege das betroffene Grundstück nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern im Innenbereich (§ 34 BauGB). Für die Antragsteller würde das Vorhaben unzumutbare Belästigungen infolge eines rechtlich relevanten weiteren Anstiegs des durch den Straßenverkehr ausgelöst Lärms mit sich bringen. Die Antragsgegnerin habe immissionsschutzrechtlich lediglich geprüft, ob mit schädlichen Umwelteinwirkungen für das Vorhaben zu rechnen sei, nicht jedoch, ob von dem Vorhaben selbst schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen könnten. Bei dem geplanten Vorhaben mit 44 Wohneinheiten würden zusätzlich zu der schon bestehenden Verkehrsbelastung 227 Wege täglich, die mit dem PKW zurückgelegt werden würden, hinzukommen. Zusätzlich würde die Kubatur des geplanten Gebäudes zu einer Verschärfung der Lärmbelastung beitragen. Denn das Bauvorhaben solle entlang der I. -L. -Straße auf einer Länge von rund 100 m entstehen, wobei die 10 m hohe Hauswand lediglich durch zwei kleine Einschnitte unterbrochen werde. Dadurch würde eine so genannte Spiegel-Schallquelle entstehen, die den durch den Straßenverkehr ausgehenden Lärm auf der Nordseite der I. -L. -Straße mindestens um 3 dB erhöhen würde. Dies würde jedoch zu einem derartigen Anstieg der Lärmbelastung führen, dass bereits die Werte für Industriegebiete nach Ziffer 6 der TA Lärm erreicht würden, nämlich eine Lärmbelastung von tagsüber 72 dB und nachts von 62 dB.

Die Antragsteller zweifeln in diesem Zusammenhang die Richtigkeit des von der Antragsgegnerin in Auftrag gebenen Gutachtens des TÜV Nord zur Lärmbelästigung der nördlichen Seite der I. -L. -Straße an. Der Gutachter sei von nicht zutreffenden aktuellen Lärmbelästigungswerten ausgegangen. In dem Gutachten sei ein Lkw-Anteil von ehemals 10 % tagsüber auf nunmehr 6,8 % angenommen worden. Es fehle ferner ein Zuschlag von 1 dB für zukünftige Verkehrszunahmen. Offenbar sei das Lärmgutachten auch in zwei Versionen erstellt worden, von denen allerdings nur eine sich in den Verwaltungsakten befinde. Ein von den Antragstellern beauftragter Gutachter, der von der IHK-M. öffentlich bestellt und vereidigt sei, habe in seiner Stellungnahme erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Gutachtens geäußert. Insbesondere halte es der von den Antragstellern beauftragte Sachverständige für zweifelhaft, dass die Werte von 70 dB am Tag und 60 dB in der Nacht noch unterschritten würden. Damit seien Grenzwerte erreicht, die einen Anspruch auf straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen in jedem Fall bejahen würden. Den Antragstellern gehe es jedoch gerade darum, nicht straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen durchzusetzen, sondern deren Notwendigkeit oder die anderer Lärmschutzmaßnahmen mithilfe der Regeln des Baurechts zu verhindern.

Ferner würde gegen das zulässige Maß der Bebauung in einem Ausmaß verstoßen, dass das Rücksichtnahmegebot durch eine erdrückende Bauweise verletzt werde. Das Bauvorhaben würde von der bereits vorhandenen Umgebung deutlich abweichen, so dass von einem Einfügen in die Eigenart der dortigen Umgebung nicht mehr gesprochen werden könne. Vergleichbare Objekte befänden sich nicht in der näheren Umgebung. Durch die Kubatur des Bauvorhabens fehle es nicht nur an einem bloßen Einfügen, sondern das Vorhaben erweise sich darüber hinaus als rücksichtslos. Dies würde ebenfalls gelten, wenn das Vorhaben als im Außenbereich gelegen angesehen werde. Auch dort gelte das Gebot der Rücksichtnahme. Daneben würden die drei Mehrfamilienhäuser tatsächlich ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden und damit in geschlossener Bauweise. Die nähere Umgebung sei jedoch durch eine offene Bauweise geprägt.

Schließlich verstoße das Vorhaben gegen die Vorgaben des regionalen Flächennutzungsplanes. Der regionale Flächennutzungsplan sehe für das Grundstück lediglich eine Straßenrandbebauung vor. Die südliche Hälfte der Freifläche sei zudem dort als Wald gekennzeichnet. Ein Schenkel des Gebäudes reiche jedoch deutlich in das als Wald gekennzeichnete Gebiet hinein. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans seien ebenfalls als drittschützend anzusehen.

Abschließend seien für das Vorhaben zu wenige Stellplätze vorgesehen. Bei 44 Wohneinheiten sei die genehmigte Anzahl von 48 Stellplätzen nicht ausreichend. Bereits jetzt erweise sich jedoch die Parkplatzsituation an der I. -L. -Straße als kritisch. Durch die Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs sowie der damit einhergehenden Parkplatzsuche werde gleichfalls eine Situation geschaffen, die sich für die Antragsteller als rücksichtslos darstelle.

Die Antragsteller beantragen,

die Baugenehmigung der Beklagten vom 22.09.2017 (21-BA-060395) unter Einschluss des Abweichungsbescheides vom 22.09.2017 zum Zeichen 21-BA-061975, zugestellt am 27.09.2017, aufzuheben sowie die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Gesuch auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

Die angefochtene Baugenehmigung sei nicht formell rechtswidrig. Erforderlich aber auch ausreichend sei es im Fall der vorliegenden Konstellation, dass nur die eigentliche Sachentscheidung des Vorbescheides in die Baugenehmigung aufgenommen werde (die Regelung). Eine erneute eingehende planungsrechtliche Prüfung sei hingegen nicht notwendig.

Der angefochtene Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die angefochtene Baugenehmigung vom 22.09.2017 verletze die Antragsteller nicht in nachbarschützenden Rechten des öffentlichen Baurechts. Selbst soweit die Annahme zutreffen sollte, dass durch das Bauvorhaben zusätzliche 216 Wege durch Kraftfahrzeuge entstehen würden, so würden sich die errechneten Wege jedoch nur zu 50 % zulasten der Antragsteller auswirken, da eine gleichmäßige Verteilung des Zu- und Abgangsverkehrs nach Ost und West zu unterstellen sei. Im Übrigen befänden sich die Gebäude der Antragsteller in einer Entfernung von rund 50 bzw. 100 m westlich versetzt zur geplanten Einfahrt des Bauvorhabens. Daneben sei die durch das streitige Bauvorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung als vernachlässigbar gering zu bezeichnen. Die Zunahme des Verkehrsaufkommens um rund 200 Fahrten pro Tag sei für die Antragsteller im Hinblick auf die bereits bestehende erhebliche Vorbelastung der I. -L. -Straße nicht bemerkbar und bewirke lediglich eine Pegelsteigerung von 0,1 bis 0,2 dB. Nicht zutreffend sei ferner, dass sich der Lärmpegel durch die einfache Reflexion (Spiegel-Schallquelle) um mindestens 3 dB erhöhen werde. Insoweit sei allenfalls eine Pegelzunahme von 0,5 dB zu erwarten. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin im bauaufsichtlichen Verfahren zur Erteilung der nunmehr angefochtenen Baugenehmigung eine Betrachtung der Lärmauswirkungen des streitigen Bauvorhabens vorgenommen. Der TÜV Nord sei in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 20.09.2017 zu der Bewertung gekommen, dass das Bauvorhaben in Hinblick auf die bereits bestehende hohe Verkehrsbelastung der I. -L. -Straße nicht zu einer signifikanten und kritischen Steigerung der Immissionssituation führe.

Das streitige Bauvorhaben entfalte zulasten der Antragsteller auch keine erdrückende Wirkung und sei nicht als rücksichtslos zu bezeichnen. Ein solcher Zustand wäre erst dann gegeben, wenn das angefochtene Bauvorhaben zum Nachteil des betroffenen Nachbarn dessen Grundstück abriegele bzw. eine Gefängnishofatmosphäre schaffe. Hier sei allerdings zu konstatieren, dass das streitige Bauvorhaben in den Hang hineinversetzt gebaut werde. Zudem wiesen die drei Gebäude erhebliche Aussparungen auf und würden so den Blick durch den Baukomplex eröffnen. Auch die erforderlichen Abstandsflächen würden klar eingehalten. Eine abriegelnde Wirkung sei daher nicht erkennbar. Unter Berücksichtigung der Gebäudeabstände und der bestehenden Freiräume zwischen den Gebäuden wahre das Bauvorhaben vielmehr die erforderliche Rücksichtnahme und die Interessen der Antragsteller.

Gleichfalls sei ein Verstoß gegen den Regionalen Flächennutzungsplan nicht ersichtlich. Denn die tatsächliche Bebauung liege innerhalb der Darstellung "Allgemeiner Siedlungsbereich". Unabhängig davon ließe sich aus einem Verstoß gegen die Darstellung des Flächennutzungsplanes ohnehin kein subjektiv öffentlichrechtlicher Abwehranspruch der Antragsteller ableiten.

Die Antragsgegnerin bestreitet hinsichtlich der voraussichtlichen Lärmauswirkungen des Bauvorhabens die Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze. In Anwendung der Vorgaben der TA Lärm seien im vorliegenden Fall nur die Betriebsgeräusche und Fahrbewegungen zugrunde zu legen, die auf dem eigentlichen Baugrundstück selbst sowie bei der Ein- und Ausfahrt von bzw. zur angrenzenden I. -L. -Straße stattfinden würden. Der durch die Anlage hervorgerufene zusätzliche Fahrverkehr im öffentlichen Verkehrsraum mit der daraus resultierenden Verkehrslärmbelastung stelle hingegen kein Kriterium dar, das eine Bewertung des streitigen Bauvorhabens als zum Nachteil der Antragsteller unzumutbar erscheinen lasse. Ohnehin komme es nach der Ausfahrt vom Vorhabengrundstück zu einer Vermischung mit dem übrigen Verkehr. Bei der I. -L. -Straße handele es sich um eine im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin liegende stark befahrene Straße mit einer Verkehrsbelastung von 10.600 Fahrzeugen pro Tag. Durch das Bauvorhaben werde lediglich weiterer Verkehr in sehr geringem Umfang eingespeist. Im Übrigen seien die Angriffe der Antragsteller gegen das durch die Antragsgegnerin in Auftrag gegebene Lärmgutachten unbegründet. Eine Herabstufung des Lkw-Anteils von 10 % auf 6,8 % sei vorgenommen worden, da dies das Ergebnis der Verkehrszählung aus dem Jahre 2013 widerspiegele. Auch im Übrigen seien die in dem Gutachten festgesetzten berechneten Werte zutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Beteiligtenvorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie den Inhalt der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung der am 5. Oktober 2017 erhobenen Anfechtungsklage - 5 K 10767/17 - gegen die dem Beigeladenen durch die Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung unter Einschluss des Abweichungsbescheides vom 22. September 2017 anzuordnen,

ist unbegründet.

Hat eine Klage gegen einen Verwaltungsakt, wie hier nach § 212a Baugesetzbuch (BauGB) in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), keine aufschiebende Wirkung, so kann das Gericht der Hauptsache deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80a Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen.

In dem wegen der Eilbedürftigkeit nur summarischen Verfahren hat es dabei nicht unmittelbar die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes zu prüfen, sondern zu untersuchen, ob das Interesse an dessen sofortiger Vollziehung das Interesse des Dritten an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Gegenstand dieser Abwägung ist das Interesse des Nachbarn an der Aussetzung der Vollziehung einerseits und das Interesse der Öffentlichkeit und des begünstigten Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung andererseits. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die sofort vollziehbare Baugenehmigung aufgrund von auch dem Schutz des Dritten dienenden Vorschriften rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Dritten. Ist hingegen kein Verstoß gegen nachbarrechtliche Abwehrrechte feststellbar, überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse sowie das private Interesse des Bauherrn am Bestand der sofortigen Vollziehbarkeit. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden.

Nach diesem Prüfungsmaßstab geht die Interessenabwägung vorliegend zu Lasten der Antragsteller aus. Ihr Interesse, vorläufig von der Ausnutzung der Baugenehmigung verschont zu bleiben, muss hinter dem widerstreitenden öffentlichen Interesse - genehmigte Zustände alsbald realisiert zu sehen - und dem privaten Interesse des Bauwilligen - alsbald die Baugenehmigung ausnutzen zu können - zurücktreten. Denn nach dem bisherigen Sach- und Streitstand wird die in der Hauptsache erhobene Klage sich voraussichtlich als unbegründet erweisen.

Die Klage ist voraussichtlich unbegründet, da den Antragstellern kein Abwehrrecht gegen das Vorhaben der Beigeladenen zustehen dürfte. Ein Abwehrrecht des Nachbarn setzt voraus, dass das Vorhaben gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind, und - sofern sich dies aus der nachbarschützenden Vorschrift ergibt - der Nachbar durch das Vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt wird. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich der Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, kann im Klageverfahren - und mithin auch im zugehörigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - nicht berücksichtigt werden.

Die Baugenehmigung verstößt nicht gegen öffentlichrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind. Das Vorhaben verstößt weder gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- noch gegen solche des Bauordnungsrechts.

1. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist formell rechtmäßig.

a) Insbesondere leidet die Genehmigung nicht deshalb an einem formellen Fehler, weil der Inhalt des ebenfalls angefochtenen und noch nicht bestandskräftigen Bauvorbescheids in der Baugenehmigung hätte erneut geregelt und voll inhaltlich in die Baugenehmigung übernommen werden müssen. Denn die im Bauvorbescheid als vorweggenommenen Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Baugenehmigung geregelten Fragen des Bauvorhabens bedürfen auch dann keiner erneuten Sachprüfung, wenn der Vorbescheid bei Erteilung der Baugenehmigung noch nicht bestandskräftig war. Die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 17. März 1989 - 4 C 14.85) in diesen Fällen geforderte erneute Regelung des Inhalts der Bebauungsgenehmigung in der Baugenehmigung bedeutet lediglich, dass die Behörde den Regelungsinhalt des Vorbescheides übernehmen und zum Bestandteil der Baugenehmigung machen, nicht aber den zugrundeliegenden Regelungsvorgang wiederholen muss. Dies erfordert kurz gefasst nur die Übernahme ihres Regelungsinhalts, nicht aber die Wiederholung des Regelungsvorgangs.

Siehe Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09. Dezember 1996 - 11a B 1710/96.NE -, Rn. 21, juris.

Hier hat die Antragsgegnerin ausweislich des Prüfbogens (Bl. 25 f. der beigezogenen VVe) im Rahmen der Prüfung zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung festgestellt, dass das Vorhaben dem Vorbescheid vom 21.01.2016 entspricht. Darüber hinaus lässt die sodann erteilte Baugenehmigung vom 22.09.2017 nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin darin - entgegen ihren Angaben bei der vorgenommenen Prüfung - gegenteilige bzw. einschränkende Regelungen vorgenommen hat. Die erforderliche Übernahme des Regelungsinhalts ist damit erfolgt. Ein formeller Fehler ist insoweit nicht ersichtlich.

b) Weiterhin steht der formellen Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung vom 22.09.2017 nicht entgegen, dass diese der E. B. C1. H. erteilt worden ist, der Bauvorbescheid vom 21.01.2016 jedoch der E. B. L1. H. . Einerseits ist die Rechtmäßigkeit des Bauvorbescheids vom 21.01.2016 nicht Inhalt des zu entscheidenden Verfahrens, das die Anfechtung der Baugenehmigung unter Einschluss des Abweichungsbescheides vom 22.09.2017 zum Gegenstand hat. Andererseits folgt aus der Regelung des § 57 Abs. 5 S. 3 BauO NRW, dass ein Wechsel des Bauherrn grundsätzlich möglich ist. Schließlich handelt es sich bei dem Bauvorbescheid - wie bei der Baugenehmigung auch - um einen sachbezogenen - und gerade nicht personenbezogenen - Verwaltungsakt.

Vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, Az. III ZR 161/88, VersR 1990, 305; BVerwG, Urteil vom 03. Februar 1984, 4 C 39/82 -, BVerwGE 69, 1-5.

Der hier zwischenzeitlich stattgefundene Wechsel in der Person des Bauherren kann danach keinen Einfluss auf die (formelle) Wirksamkeit der Baugenehmigung haben.

2. Die angegriffene Baugenehmigung ist auch materiell rechtmäßig.

Dabei hat sich der Prüfungsmaßstab des Drittschuldners hier daran zu orientieren, dass das Vorhaben dem Außenbereich zuzuordnen ist. Im Einzelnen:

a) Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass sich das Vorhaben im Außenbereich befindet, so dass sich seine planungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 BauGB richtet.

Dem Außenbereich zugehörig ist alles, was außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegt.

BVerwG, Urteil vom 01. Dezember 1972 - IV C 6.71 -, Rn. 18, juris.

Das Vorhabengrundstück befindet sich nicht innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils, vgl. § 34 Abs. 1 BauGB. Ein Bebauungszusammenhang besteht dann, wenn tatsächlich eine aufeinanderfolgende und zusammenhängende Bebauung vorhanden ist, die trotz Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt, die zur Bebauung vorgesehene Fläche an diesem Eindruck teilnimmt, also Bestandteil des Bebauungszusammenhangs ist, und sich ihre Bebauung als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt. Der Bebauungszusammenhang wird durch sogenannte Baulücken, d. h. einzelne unbebaute oder der Bebauung entzogene Grundstücke (Sportplatz, Parkanlage, Felsen) nicht unterbrochen, soweit der Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erhalten bleibt.

Vgl. BVerwGE 31, 20; 35, 256; NVwZ 1997, 899.

Etwas anderes gilt dann, wenn die Baulücke so groß ist, dass die vorhandene Bebauung keinen prägenden Einfluss auf die Bebauung der Baulücke ausüben kann.

Vgl. BVerwGE 41, 227; VGH Mannheim NVwZ-RR 2000, 481.

Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographischmathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Im Regelfall werden durch Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch durch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa einen Fluss oder einen Graben, Bebauungszusammenhänge unterbrochen oder abgeschlossen. Ebenfalls anerkannt ist, dass sich mit wachsender Größe einer Freifläche deren trennender Eindruck verstärken kann und eine Straße nicht immer oder auch nur regelmäßig eine verbindende Funktion hat. Regelmäßig endet die Bebauung am letzten Baukörper, wobei durch Nebenanlagen geprägte hintere Grundstücksbereiche gegebenenfalls in den Innenbereich einzubeziehen sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.4.2012 - 4 C 10.11 -, BauR 2012, 1626, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 5.8.2014 - 7 A 2518/13 -, juris, m.w.N.

Eine ringsum von Bebauung umgebene Freifläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht mehr als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt und die deshalb nicht als Baulücke erscheint, liegt nicht innerhalb eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB; sie ist damit bebauungsrechtlich Außenbereich.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.9.2005 - 4 BN 37.05 -, BRS 69 Nr. 95 = BauR 2006, 348.

Nach dem Vorstehenden handelt es sich bei dem in Rede stehenden Baugrundstücke um eine Freifläche, die den Bebauungszusammenhang unterbricht und nicht mehr als bloße Baulücke zu qualifizieren ist. Nach den der Kammer vorliegenden Luftbilder (maps.google.de; Bing Maps) und den Angaben des topographischen Informationsmanagementsystems Nordrhein-Westfalen (Tim Online) schließt das Vorhabengrundstück lediglich an der westlichen Grenze an die vorhandene Bebauung (I. -L. -Straße xx) an. An der nördlichen Grenze des Grundstücks verläuft die I. -L. -Straße. An der südlichen Grenze des Grundstücks befindet sich ein Erholungsgebiet bzw. grenzt das Grundstück an Sportanlagen und Tennisplätze an. Am östlichen Rande des Vorhabengrundstücks befindet sich ein sogenannter "Wendehammer" ohne jegliche Bebauung. Die Bebauung beginnt in östlicher Richtung (erst) wieder an der Kreuzung "I. -L. -Str./L2. Str." mit der Bebauung "L2. Straße xx". Das Vorhabengrundstück selbst hat eine Ost-West-Ausdehnung von rund 124 m. Der Abstand der letzten Bebauung auf der westlichen Seite (I. -L. -Straße xx) zu derjenigen auf der östlichen Seite (L2. Straße xx) beträgt rund 224 m (Vgl. jeweils Tim Online). Es befindet sich damit in ostwestlicher Richtung keine Bebauung auf einer Strecke von rund 224 m. Wie ausgeführt, ist das Grundstück auch in nördlicher und südlicher Richtung nicht durch eine angrenzende Bebauung geprägt. Damit liegt - bereits augenscheinlich - keine bloße "Baulücke" mehr vor, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbrechen würde. Vielmehr handelt es sich bei dem Vorhabengrundstück um eine Freifläche, die dem Außenbereich zuzuordnen ist, § 35 BauGB.

b) Ein Verstoß gegen drittschützende bauplanungsrechtliche Vorschriften liegt nicht vor.

aa) Zunächst ist im Außenbereich die Geltendmachung eines Gebietserhaltungsanspruchs wie in durch Bebauungsplänen festgesetzten Baugebieten oder faktischen Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB nicht möglich.

VGH BW, B. v. 24.1.2012 - 3 S 20/11 - DVBl 2012, 511.

Ein Gebietserhaltungsanspruch würde aber auch ausscheiden, wenn sich beide Grundstücke im Innenbereich nach § 34 BauGB und dort im gleichen Baugebiet bzw. faktischen Baugebiet befinden würden, da auf dem Grundstück der Beigeladenen nach der angegriffenen Baugenehmigung nur Wohnnutzung zulässig ist und daher eine Veränderung des Gebietscharakters zum Nachteil der Antragsteller, die ihr Grundstück ebenfalls zu Wohnzwecken nutzen, ausgeschlossen ist.

bb) Der Nachbar hat des Weiteren keinen allgemeinen Abwehranspruch gegen eine gegebenenfalls objektiv rechtswidrige Zulassung eines Bauvorhabens im Außenbereich.

Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Mai 2016, § 35 Rn. 185.

Die objektivrechtlichen Vorgaben zur planungsrechtlichen Zulässigkeit im Außenbereich dienen nach ihrem Normzweck der Bewahrung des Außenbereichs für die Allgemeinheit und gerade nicht dem individuellen Schutz der Nachbarn. Gegen Vorhaben im Außenbereich kann daher Nachbarschutz nur über das Gebot der Rücksichtnahme gewährt werden.

Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 13. Aufl. 2016, Vorb. §§ 29 - 38 Rn. 72.

cc) Das genehmigte Bauvorhaben verstößt auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt im Einzelfall nachbarschützende Wirkung insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Insoweit müssen die Umstände des Einzelfalles eindeutig ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen und inwieweit eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist.

BVerwG, U.v. 5.8.1983 - 4 C 96/79 - BVerwGE 67, 334.

Bei einem Bauvorhaben, dessen Zulässigkeit nach § 35 BauGB zu beurteilen ist, ist das Gebot der Rücksichtnahme in der Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i. V. m. § 3 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) enthalten.

Vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122.

Das Gebot der Rücksichtnahme kann zu einer Unzulässigkeit des Bauvorhabens im Einzelfall führen, wenn von dem konkreten Vorhaben Beeinträchtigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der Umgebung unzulässig sind. Dabei müssen die Interessen im Einzelfall abgewogen werden. Der Umfang der dem Nachbarn des Bauvorhabens aufgrund der Eigenart der näheren Umgebung zuzumutenden Beeinträchtigungen und Störungen bestimmt sich unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Umgebung und ihrer bebauungsrechtlichen Prägung sowie den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen.

Vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19/90 - DVBl 1993, 652.

(1) Das streitgegenständliche Bauvorhaben stellt sich vorliegend jedoch nicht als ein das Rücksichtnahmegebot verletzendes Vorhaben dar. Von dem Vorhaben geht keine unzumutbare Beeinträchtigung aus.

(a) Soweit durch die Antragsteller geltend gemacht wird, mit dem Bauvorhaben seien unzumutbare Lärmbelästigungen verbunden, da ein nicht hinzunehmender Anstieg durch (weiteren) Verkehrslärm zu erwarten sei, so wird das Bauvorhaben aller Voraussicht nach nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen führen.

Zunächst ist festzustellen, dass vorliegend eine reine Wohnnutzung genehmigt worden ist. Es muss daher nicht - wie etwa bei gewerblichen Nutzungen - mit einer permanenten An- und Abfahrt von Kraftfahrzeugen gerechnet werden muss.

Zudem regelt § 12 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) (der freilich nur in Plangebieten oder faktischen Plangebieten direkte Anwendung findet), dass Stellplätze und Garagen in Wohngebieten für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig sind. Daraus folgt, dass die Nachbarn die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen haben, dass aber besondere örtliche Verhältnisse auch zu dem Ergebnis führen können, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann. Dabei ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundentscheidung Rechnung zu tragen. Indes ist zu prüfen, ob im Einzelfall unzumutbare Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Die besonderen Umstände des Einzelfalls können es erforderlich machen, die Beeinträchtigung der Nachbarschaft auf das ihr entsprechend der Eigenart des Gebiets zumutbare Maß zu mindern. Hierfür kommen beispielsweise die bauliche Gestaltung der Stellplätze und ihrer Zufahrt, eine Anordnung, die eine Massierung vermeidet, der Verzicht auf Stellplätze zugunsten einer Tiefgarage oder Lärmschutzmaßnahmen an der Grundstücksgrenze in Betracht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. März 2003 - 4 B 59/02 -, Rn. 6, juris

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass unzumutbaren Beeinträchtigungen nicht schon immer dann vorliegen, wenn die Orientierungswerte der TA Lärm überschritten werden; eine unmittelbare Anwendung der TA Lärm mit ihren Immissionsrichtwerten (Nr. 6.1), dem Spitzenpegelkriterium (Nr. 6.3) und der von ihr definierten Vorbelastung (Nr. 2.4) wird bei der Beurteilung von Immissionen, die durch die Nutzung zugelassener notwendiger Stellplätze eines Wohnvorhabens verursacht werden, schon deshalb in der Regel nicht in Betracht kommen, um Wertungswidersprüche zu § 12 Abs. 2 BauNVO zu vermeiden.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05. September 2016 - 2 M 49/16 -, Rn. 31, juris.

Bei der Beurteilung des Lärms, der von den zu einem Wohngebäude gehörenden Stellplätzen ausgeht, sind insbesondere die Besonderheiten zu berücksichtigen, die aus Rangiervorgängen, Türenschlagen und anderen impulshaltigen Geräuschen ausgehen. Für die Bemessung der Zumutbarkeit der mit einem anlagenbezogenen Verkehr verbundenen Lärmbeeinträchtigungen bietet die TA-Lärm zwar brauchbare Anhaltspunkte, auch wenn sie an sich dazu bestimmt ist, die Anforderungen zu konkretisieren, denen Anlagen genügen müssen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des BImSchG unterliegen. Rechtliche Bindungen ergeben sich aus diesem Regelwerk aber nicht. Welche Folgerungen sich aus der TA Lärm im Einzelnen für den konkreten Fall ziehen lassen, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab; eine generelle, für alle Standorte von Stellplätzen geltende Beurteilung ist nicht möglich. Insbesondere darf die TA Lärm nicht schematisch angewandt werden.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, ebd.

Im vorliegenden Fall ist damit zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei den (befürchteten) Emissionen um solche handelt, die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehen. Der An- und Abfahrverkehr und die insoweit entstehenden Lärmbelästigungen sind durch den Rechtsgedanken des § 12 Abs. 2 BauNVO "privilegiert". Darüber hinaus ist bei dem konkreten Bauvorhaben zu berücksichtigen, dass der Lärm, der durch das Anwohnerparken ausgelöst werden wird, sich ganz überwiegend auf der Rückseite der geplanten Mehrfamilienhäuser (Südseite) auswirken wird. Denn die Stellplätze und Tiefgaragenplätze befinden sich allesamt auf der Rückseite des geplanten Anwesens. Dass auf der Vorderseite des Grundstücks der Beigeladenen an der I. -L. -Straße Parkbuchten entstehen werden, ist nicht geplant. Damit ist eine Beeinträchtigung der nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Grundstücke der Antragsteller durch "Parklärm" praktisch ausgeschlossen.

(b) Soweit durch die Antragsteller vorgetragen worden ist, dass darüber hinaus durch die steigende Anliegerzahl ein unzumutbarer Anstieg des Verkehrslärms auf der I. -L. -Straße zu befürchten sei, so ist zunächst unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen darauf zu verweisen, dass es sich bei den Emissionen, die durch Kraftfahrzeugverkehr der Anwohner des Bauvorhabens auf der I. -L. -Straße entstehen, um einen solchen handelt, der seinen "Ursprung" in dem an sich "privilegierten Anwohnerparken" hat. Es wäre jedoch ein Wertungswiderspruch, einerseits die Emissionen, die von dem zulässigen Parkvorgang der Anwohnerfahrzeuge ausgehen (Türenschlagen, Anlassen der Fahrzeuge, Rangieren, etc.) als zulässig anzusehen, andererseits sodann die Emissionen und die damit einhergehende Lärmpegelbelastung, die durch das Verlassen des Vorhabengrundstücks bzw. durch das Anfahren des Vorhabengrundstücks entstehen, als unzumutbar anzusehen.

Daneben würden die nach dem Vortrag der Antragsteller entstehenden weiteren 227 Fahrzeugbewegungen täglich nicht zu einem unzumutbaren Anstieg der Verkehrslärmsituation führen. Denn hierbei ist zunächst auf die bereits bestehende Verkehrsbelastungssituation der I. -L. -Straße zu verweisen. Nach der Lärmkartierung der Stadt C. (abrufbar unter https://geoportal.bochum.de) liegen die Grundstücke der Antragsteller bereits jetzt in einem Bereich, der sich durch einen hohen Verkehrsfluss und eine damit einhergehende hohe Lärmbelastung auszeichnet. Nach den Ergebnissen der Lärmkartierung vom 28.01.2013 wird die I. -L. -Straße jährlich von 4,4 Millionen Fahrzeugen befahren. Dies bedeutet eine tägliche Belastung von rund 12.054 Fahrzeugen. Der von den Antragstellern vorgebrachte Mehrverkehr von 227 Fahrzeugen täglich beträgt prozentual 1,88 %. Zu berücksichtigen ist ferner der Einwand der Antragsgegnerin, dass der von dem Vorhabengrundstück abgehende Verkehr nicht zu 100 % die I. -L. -Straße in Richtung der klägerischen Grundstücke (westliche Richtung) befahren wird, sondern es mindestens ebenso wahrscheinlich ist, dass von dem abfahrenden Verkehr das Vorhabengrundstück in östlicher Richtung verlassen wird. Gleiches gilt im Übrigen für den ankommenden Verkehr. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass sich die Anwohnerfahrzeuge allein aus westlicher Richtung dem Vorhabengrundstück nähern werden. Danach kann summarisch eine mögliche Verkehrszunahme festgestellt werden, die im Bereich zwischen 1 und 2 % liegt. Bereits dieser als gering zu bezeichnende Verkehrszuwachs spricht gegen eine unzumutbare Steigerung des Verkehrslärms durch den zu erwartenden Anwohnerverkehr.

Des Weiteren ist - einhergehend mit der bereits starken Verkehrsbelastungssituation - die bestehende Lärmsituation auf bzw. an der I. -L. -Straße zu berücksichtigen. Nach den Daten der Lärmkartierung (abrufbar unter https://geoportal.bochum.de) liegt der Lärmpegel unmittelbar neben der I. -L. -Straße zwischen 65-70 db(A). Die (leicht zurückliegenden) Grundstücke der Antragsteller sind nach der Lärmkartierung (im Wesentlichen) noch einem Lärmpegel von 60-65 db(A) ausgesetzt. Dies bedeutet, dass die Anwohner der I. -L. -Straße, bedingt durch den erheblichen Fahrzeugverkehr bereits jetzt einer nicht unerheblichen Lärmbelastung ausgesetzt sind. Allerdings ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass aufgrund der allenfalls geringen Verkehrszunahme ein derartiges Lärmniveau geschaffen wird, dass durch den zu erwartenden Anliegerverkehr die Verkehrslärmsituation das ortsübliche Maß überschreiten wird. Im Übrigen wäre bei einer Überschreitung des ortsüblichen Lärmpegelmaßes die Ergreifung straßenverkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 StVO angezeigt,

vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 04. Juni 1986 - 7 C 76/84 -, BVerwGE 74, 234-241, Rn. 13,

nicht jedoch die kategorische Untersagung baulicher Vorhaben mithilfe des öffentlichen Baurechts. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass sich die Grundstücke der Antragsteller sowie das Vorhabengrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet befinden und der Regionale Flächennutzungsplan der Städteregion Ruhr das gegenständliche Grundstück ausdrücklich als Wohnbaufläche und damit als prinzipiell zulässiges Vorhaben darstellt.

(c) Aus den gleichen Gründen kann auch das weitere Vorbringen der Antragsteller, durch das Vorhabengebäude würde eine so genannte Spiegel-Schallquelle entstehen, die den durch den Straßenverkehr ausgehenden Lärm auf der Nordseite der I. -L. -Straße mindestens um 3 dB erhöhen würde, was wiederum dazu führen würde, dass bereits die Werte für Industriegebiete nach Ziffer 6 der TA Lärm erreicht würden, nämlich eine Lärmbelastung von tagsüber 72 dB und nachts von 62 dB, nicht zur Unzulässigkeit des Bauvorhabens führen. Denn auch insoweit ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht, dass aufgrund der allenfalls geringen Verkehrszunahme und der an sich zulässigen (geplanten) Wohnbebauung ein derartiges Lärmniveau geschaffen wird, dass durch den zu erwartenden Anliegerverkehr die Verkehrslärmsituation das ortsübliche Maß überschreiten wird. Im Übrigen wären vorrangig Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 StVO angezeigt, nicht jedoch die kategorische Untersagung baulicher Vorhaben mithilfe des öffentlichen Baurechts. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

(2) Auch hinsichtlich der Größe und der Anordnung der Baukörper auf dem Grundstück der Beigeladenen kann keine Rücksichtslosigkeit festgestellt werden.

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann nach der Rechtsprechung in Betracht kommen, wenn das Wohngebäude des Antragstellers durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens "eingemauert" oder "erdrückt" wird, ihm also "abriegelnde" Wirkung zukommt, so insbesondere bei übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden.

Vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - juris.

Ob dies der Fall ist, hängt ganz wesentlich von der konkreten Situation im Einzelfall ab. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Verhinderung einer unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Wirkung auch zum Regelungszweck der landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen gehört und daher mit Blick auf planungsrechtliche Anforderungen zumindest aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot im Regelfall dann nicht verletzt ist, wenn die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden.

Vgl. BVerwG vom 7.12.2000 - 4 C 3/00 -, DVBl. 2001, 645.

Danach ist ein Verstoß im vorliegenden Fall fernliegend. Anzeichen dafür, dass die bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Abstandsflächen im Verhältnis zu den Antragstellern nicht eingehalten worden sind, sind nicht ersichtlich und werden von den Antragstellern auch nicht vorgetragen. Vielmehr ist festzustellen, dass die betroffenen Grundstücke der Antragsteller von dem Vorhabengrundstück durch die I. -L. -Straße getrennt werden und sich auf der anderen Straßenseite befinden. Dabei weist das Grundstück der Antragstellerin zu 1. zum Vorhabengrundstück einen Abstand von mindestens 22 m auf, das Grundstück des Antragstellers zu 2. einen Abstand von zumindest 32 m. Das Gebäude auf dem Vorhabengrundstück erscheint zur Straßenseite hin als dreistöckiges Gebäude und hat dabei eine maximale Höhe von rund 10 m. Die Umgebungsbebauung weist zumindest eine zweistöckige Bauweise auf. Die Grundstücke der Antragsteller liegen nördlich der I. -L. -Straße aufgrund der bestehenden Hanglage erhöht. Durch den Vorhabenbau wird zwar der freie Blick der Antragsteller in Richtung der Ausläufer des Weitmarer Holz beeinträchtigt werden. Die besondere Lage zum Außenbereich mit "Blick in die freie Natur" bedeutet für die Grundstücke der Antragsteller jedoch keine rechtlich gesicherte Position, sondern einen bloßen Lagevorteil. Daher stellt der Entzug dieses Lagevorteils - selbst wenn er durch eine objektiv rechtswidrige Maßnahme erfolgt sein sollte - keinen Eingriff in eine Rechtsposition dar.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 07. November 2006 - 2 W 13/06 -, Rn. 7, juris.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich zwischen den einzelnen Gebäuden etwa 7 m breite Aussparungen befinden, die geeignet sind, einer übermäßigen Verschattung entgegenzuwirken und zudem den freien Blick auf die dahinterliegende Landschaft ermöglichen.

Schließlich ist zu werten, dass sich die Grundstück der Antragsteller in einer (erheblichen) Entfernung von mindestens 22 m (Antragstellerin zu 1.) bzw. von 32 m (Antragsteller zu 2.) und zudem getrennt von der I. -L. -Straße vom Vorhabengrundstück befinden. Damit ist - im Rahmen der vorzunehmenden summarischen Prüfung - umso weniger erkennbar, dass von dem Bauvorhaben gegenüber den Antragstellern überhaupt eine erdrückende Wirkung ausgehen könnte.

Nach allem ist nicht ersichtlich, dass das angegriffene Bauvorhaben für das Grundstück der Antragsteller eine übergroße und damit erdrückende Wirkung haben wird und mit unzumutbaren Beeinträchtigungen hinsichtlich der Belichtung, Belüftung und Besonnung ihrer Grundstücke verbunden sein wird.

(3) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes ist auch nicht deshalb gegeben, weil für das verfahrensgegenständliche Vorhaben nicht genügend Stellplätze ausgewiesen wurden. Zwar kann die Frage der Nichterfüllung der Stellplatzpflicht unter dem Gesichtspunkt der Beachtung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme von Bedeutung sein.

Vgl. BVerwG vom 7.12.2000 - 4 C 3/00 -, DVBl. 2001, 645.

Vorliegend ist allerdings kein Verstoß ersichtlich. Denn hier wäre die Anzahl von 44 Stellplätzen bereits ausreichend gewesen. Nach den Richtzahlen für den Stellplatzbedarf (NRW), Anlage zu Nr. 51.11 VV BauO NRW in Ergänzung des § 51 Abs. 1 BauO NRW, ist für Wohngebäude mit Wohnungen ein Stellplatz je Wohnung ausreichend (siehe Nr. 1.1). Tatsächlich hat die Beigeladene sogar 48 Stellplätze ausgewiesen. Dass darüber hinaus das Bauvorhaben zu einer "akuten Parkplatznot" im unmittelbaren Einzugsgebiet führen wird, ist nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan und auch im Übrigen nicht ersichtlich.

dd) Schließlich verstößt das Vorhaben auch nicht gegen die Vorgaben des regionalen Flächennutzungsplanes. Es liegt kein Verstoß gegen die Darstellungen des Regionalen Flächennutzungsplans der Städteregion Ruhr vor, da dort das gegenständliche Grundstück ausdrücklich als Wohnbaufläche dargestellt ist. Im Übrigen berührt die Frage, ob ein Bauvorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, ausschließlich öffentliche Belange und die Planungshoheit der betroffenen Gemeinde, nicht aber die Rechtspositionen privater Dritter.

OVG NRW, Beschluss vom 27. März 2003 - 10 B 2088/02 -, juris, Rdnr. 5.

3. Da nach allem im summarischen Verfahren kein Verstoß gegen nachbarrechtliche Abwehrrechte festzustellen ist, überwiegt hier das öffentliche Interesse sowie das private Interesse des Bauherrn am Bestand der sofortigen Vollziehbarkeit. Der Antrag der Antragsteller war deshalb abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit Ziffer 7 Buchst. a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und trägt der anzunehmenden Bedeutung der Sache aus Sicht der Antragsteller Rechnung. Danach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung das Interesse an der Verhinderung des Bauvorhabens im Falle von Wohngrundstücken mit 1.500 - 15.000 EUR zu bemessen. Hier erscheint dem Gericht in Ausübung richterlichen Ermessens die Annahme eines Streitwerts von 10.000 EUR angemessen. Dieser Wert war im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren.

Lukas Jozefaciuk