VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2017 - 6 K 8147/17
Eine Gewerkschaft ist in Verfahren betreffend die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Bewilligung von Parkerleichterungen für Schwerbehinderte nach § 46 StVO nicht postulationsfähig.
Tenor
Die E. S. GmbH wird als Prozessbevollmächtigte des Klägers zurückgewiesen.
Gründe
Die E. S. GmbH ist im vorliegenden Verfahren nicht zur Prozessvertretung befugt und war somit – nach erfolgter Anhörung durch das Gericht – gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO als Bevollmächtigte zurückzuweisen. Wer als Bevollmächtigter vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt ist, regelt § 67 Abs. 2 VwGO. Dies sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder. Ferner sind gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO vertretungsbefugt juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der oben genannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder (oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder) entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO wird entgegen des Wortlauts, der keine Einschränkungen enthält, vornehmlich so ausgelegt, dass eine Vertretungsbefugnis nur in solchen Rechtsstreitigkeiten besteht, die zu dem satzungsmäßigen Aufgabenbereich der Gewerkschaft oder Vereinigung in einem zumindest mittelbaren Zusammenhang stehen.
Vgl. Posser/Wolff, VwGO, § 67 Rn. 36 f; Redeker/van Oertzen, VwGO, § 67 Rn. 14; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 67 Rn. 54 f. sowie OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. September 2010 – 6 N 52/10, NVwZ-RR 2011, 205).
Dieser einschränkenden Auslegung entsprechend, können auch juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer Organisation im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO stehen, gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO – aus dem sich die Postulationsfähigkeit der E. S. GmbH allein ergeben könnte – nur für solche Rechtsstreitigkeiten postulationsfähig sein, die einen Bezug zu dem satzungsmäßigen Aufgabenbereich der jeweiligen Organisation haben. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO.
Die Vertretung von Gewerkschaftsmitgliedern in straßenverkehrsrechtlichen Rechtstreitigkeiten ist von dem satzungsmäßigen Aufgabenbereich des E. bzw. der W. nicht umfasst. Dies trägt auch die E. S. GmbH nicht vor.
Streitgegenständlich ist vorliegend der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Bewilligung von Parkerleichterungen für Schwerbehinderte nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Die Regelung des § 46 StVO, auf den der Kläger den geltend gemachten Anspruch stützt, ist dem Straßenverkehrsrecht zuzuordnen. Das Straßenverkehrsrecht soll als sachlich begrenztes Ordnungsrecht den optimalen Ablauf des Verkehrs gewährleisten sowie Gefahren, Behinderungen und Belästigungen von Verkehrsteilnehmern und Dritten durch den Verkehr entgegenwirken. Speziell die Regelungen der Straßenverkehrsordnung sowie die auf ihrer Grundlage von den Straßenverkehrsbehörden erlassenen Regelungen dienen der Abwehr der typischerweise vom Straßenverkehr ausgehenden Gefahren. Dabei sind jene Regelungen grundsätzlich generell gefasst, richten sich mithin an alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen. § 46 StVO eröffnet den Verkehrsbehörden die Möglichkeit, von diesen generellen straßenverkehrsrechtlichen Regelungen in besonders gelagerten Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, wobei die Zuordnung zum Straßenverkehrsrecht erhalten bleibt.
Zwar führt der Kläger zur Begründung des Anspruchs auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO den Umstand seiner Schwerbehinderung an. Die vorliegend geltend gemachten Gründe für den streitgegenständlichen Anspruch begründen jedoch nicht dessen Zuordnung zum Schwerbehindertenrecht als Teilbereich des Sozialrechts. Es kann daher dahinstehen, ob die E. S. GmbH – wie sie in ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2017 dargelegt hat – für Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Sozialrechts als Teil ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereichs – umfassend – postulationsfähig ist.
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO).