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VG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2020 - 6 K 28/20

Der Begriff "Bundesbehörde" in § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO ist im organisatorischen Sinne zu verstehen und erfasst nur die verwaltungsorganisatorischen Einheiten, die unmittelbar durch den Bund selbst eingerichtet wurden und in diesen eingegliedert sind. Beliehene Private sind nicht erfasst. Die örtliche Zuständigkeit für Anfechtungsklagen gegen beliehene Private richtet sich nach § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO.

Tenor

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit gemäß § 83 VwGO i. V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart.

Gründe

I.

Der beklagte E. N. e.V. bestellte den Kläger am 0.00.2016 zum Vorsitzenden des mit der Abnahme amtlicher Prüfungen für Sportbootführerscheine betrauten Prüfungszentrums Stuttgart und Ausland.

Mit Bescheid vom 7. November 2019 widerrief der Beklagte die Bestellung des Klägers zum Vorsitzenden des Prüfungszentrums Stuttgart und Ausland für den amtlichen Sportbootführerschein mit den Geltungsbereichen Binnenschifffahrtsstraßen sowie Seeschifffahrtsstraßen zum 29. November 2019.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 2019 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung des Widerrufs der Bestellung an. In der Rechtsbehelfsbelehrung wies der Beklagte darauf hin, dass die Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf zu erheben sei.

Der Kläger hat am 3. Januar 2020 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der beiden Bescheide begehrt.

Die Kammer hat die Beteiligten mit Verfügung vom 24. April 2020 zu der beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Stuttgart angehört. Auf den Inhalt der diesbezüglichen Stellungnahmen wird Bezug genommen.

II.

Der Rechtsstreit war nach Anhörung der Beteiligten an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart zu verweisen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist gemäß § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. §§ 1 Absatz 2 AGVwGO, 12 Absatz 1 VwG BW 2008 örtlich zuständig.

1. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgericht Düsseldorf ergibt sich zunächst nicht aus § 52 Nr. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach ist bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts grundsätzlich das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat.

a) Der Kläger hat zwar eine Anfechtungsklage erhoben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich vorliegend um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) handelt. Insoweit dürfte fraglich sein, ob der hier in Rede stehende - auf die §§ 9 Absatz 2, 10 Absatz 4 Satz 2 Verordnung über das Führen von Sportbooten (Sportbootführerscheinverordnung - SpFV) gestützte - Widerruf der klägerischen Bestellung zum Vorsitzenden des Prüfungszentrums Stuttgart und Ausland eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts darstellt oder das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten rein privatrechtlicher Natur ist. Hierbei handelt es sich aber um eine Frage, die allein im Rahmen der Begründetheit der Klage von Bedeutung ist. Denn eine Maßnahme, mit der eine Behörde unter Berufung auf ihre öffentlichrechtlichen Befugnisse einen Einzelfall hoheitlich regelt, ist ein (anfechtbarer) Verwaltungsakt, auch wenn sich die geltend gemachte Befugnis nicht aus öffentlichem Recht, sondern aus Privatrecht herleitet.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 9. November 1984 - 7 C 5.84 -, juris, Rn. 3; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 27. April 2010 - 1 E 406/10 -, juris, Rn. 12; Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 40 Rn. 385; Ramsauer, in Kopp/Ramsauer, VwVfG 19. Aufl. 2018, § 35 Rn. 3b.

Der Beklagte hat zumindest äußerlich in Form eines Verwaltungsakts gehandelt. Er hat sich in seinem mit Widerspruchsbescheid überschriebenen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid, dessen sofortige Vollziehung er angeordnet hat, erkennbar auf öffentlichrechtliche Befugnisse zum Erlass einer einseitig hoheitlichen Einzelfallregelung berufen.

b) Indes unterfällt der Beklagte nicht dem Begriff der "Bundesbehörde". Dieser Begriff ist im organisatorischen Sinne zu verstehen und erfasst nur die verwaltungsorganisatorischen Einheiten, die unmittelbar durch den Bund selbst eingerichtet wurden und in diesen eingegliedert sind.

Vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Juni 2015 - 1 Bf 221/13 -, juris, Rn. 50; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, juris, Rn. 12; VG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 K 3020/16 -, juris, Rn. 7; VG München, Urteil vom 11. Mai 2017 - M 10 K 17.506 -, juris, Rn. 15; VG Berlin, Beschluss vom 27. Dezember 2012 - 14 K 250.12 -, juris, Rn. 3; VG Würzburg, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - W 3 K 11.456 -, juris, Rn. 5; VG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 12 m.w.N.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 52 Rn. 18 m.w.N.; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Rn. 9, Unruh, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2016, § 52 Rn. 10; Gilles, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 52 Rn. 16; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 52 Rn. 12; a.A. VG Gießen, Beschluss vom 12. Januar 2018, - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 4, VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013- 4 K 147.12 -, juris, Rn. 3 ff.; Berstermann, in: Posser/Wolff, BeckOK, Stand: 1. Januar 2020, § 52 Rn. 8; Bamberger, in: Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage 2016, § 52 Rn. 6 wonach mit dem Begriff "Bundesbehörde" der in § 1 Absatz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zu Grunde gelegte verfahrensrechtliche Behördenbegriff gemeint ist.

Dieses Begriffsverständnis der "Bundesbehörde" ergibt sich durch Auslegung der Norm. Im Einzelnen:

Maßgebend für die Auslegung ist der in der Gesetzesvorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Sie schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2017 - 9 C 30.15 -, BVerwGE 157, 203-208, BStBl II 2018, 116, juris, Rn. 14.

aa) Der hiernach zunächst zu betrachtende Wortlaut des § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO deutet bereits an, dass unter "Bundesbehörde" im Sinne der Vorschrift lediglich die organisatorisch durch den Bund selbst eingerichteten Stellen erfasst sein sollen.

Sprachlich stellt § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO auf "Bundes"behörden und "bundesunmittelbare" Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ab.

Zwar bleibt nach dem natürlichen Sprachgebrauch offen, ob der Begriff Behörden des Bundes nur im organisatorischen oder auch im funktionalen Sinne umfasst. Danach meint "Bundesbehörde" eine Behörde des Bundes oder eines Bundesstaates.

Vgl. Duden-Online (https://www.duden.de).

Indes deutet bereits der juristische Sprachgebrauch des Begriffs "Bundesbehörde" im Rahmen der VwGO sowie des Grundgesetzes daraufhin, dass er im Vergleich zum allgemeinen Sprachgebrauch einen enger gefassten Bedeutungsgehalt haben soll.

Der Begriff der "Bundesbehörde" wird neben § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO nur an zwei weiteren Stellen in § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO sowie § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO verwendet. Sprachlich unterscheidet er sich damit von dem an 49 Stellen in der VwGO genutzten Begriff "Behörde". Sowohl § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO als auch § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO nehmen dabei Bezug auf die "obersten" Bundesbehörden. Erfasst sind damit ausschließlich im organisatorischen Sinne die selbst vom Bund eingerichteten Behörden, die keinem Exekutivorgan unterstehen.

Vgl. dazu nur Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 68 Rn. 19; § 99 Rn. 15.

Einem solchen organisatorischen Begriffsverständnis folgt beispielsweise auch die Bedeutung der in Art. 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG ("obersten" und "übrigen"), Art. 85 Abs. 3 Satz 1 GG ("obersten"), Art. 87b Abs. 2 Satz 2 GG ("obersten" oder "Bundesoberbehörden"), sowie Art. 130 Abs. 3 GG ("obersten") verwendeten Begriffe der "Bundesbehörde".

Vgl. nur Butzer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 36 (89. Lfg. Oktober 2019) Rn. 25, 45; Depenheuer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87b (89. Lfg. Oktober 2019) Rn. 97.

Auch der früher geltende § 59 VwGO a.F., der Bundesbehörden bei anfechtbaren Verwaltungsakten zur Erteilung von Rechtsbehelfen verpflichtete, enthielt den Begriff der "Bundesbehörde". Dieser wurde in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahingehend verstanden, dass nur eigene, unmittelbar in die Bundesverwaltung eingegliederte Dienststellen erfasst sein sollten.

Vgl. Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 59 (24. Lfg. 2012) Rn. 6 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 24. November 1961 - VII C 82.61 -, NJW 1962, 409 (410).

Der Umstand, dass der Begriff der "Bundesbehörde" im juristischen Sprachgebrauch der VwGO und auch in Teilen des Grundgesetzes im organisatorischen Sinne verwendet wird, legt es nahe, ihn auch in § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO entsprechend auszulegen.

bb) Für ein derartiges Begriffsverständnis spricht daneben auch eine systematische Auslegung. Wird zunächst § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO selbst in den Blick genommen, lässt sich aus der bloßen Existenz der dort erfolgenden Aufzählung nicht ableiten, ob die darin enthaltenen Begriffe organisatorisch oder funktional zu verstehen sind. Wird jedoch die konkrete Ausgestaltung dieser Aufzählung betrachtet, spricht diese für ein organisatorisches und gegen das weitere funktionale Verständnis des Begriffs der "Bundesbehörde", das § 1 Abs. 4 VwVfG zugrunde liegt.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, Rn. juris, 12; Vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 12; VG Würzburg, Beschluss vom 20. August 2015 - W 3 S 15.678 -, juris, Rn. 33 und Urteil vom 16. Februar 2012 - W 3 K 11.310 -, juris, Rn. 20; VG Berlin, Beschluss vom 27. Dezember 2012- 14 K 260.12 -, juris, Rn. 3; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 16, 18; a.A. VG Gießen, 12.01.2018, Az. 4 K 8656/17.GI, juris, Rn. 4 ff. unter Bezugnahme auf VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 4 ff.

§ 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO zählt ausdrücklich nebeneinander "Bundesbehörden" und "bundesunmittelbare" Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts auf. Der Gesetzgeber hat also die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts den "Bundesbehörden" gegenübergestellt. Wäre "Bundesbehörde" wie in § 1 Abs. 4 VwVfG funktional zu versehen, wäre schwer nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ausdrücklich neben den Bundesbehörden aufgezählt hat. Diese wären dann ohnehin erfasst.

Vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 236.

Sind systematisch betrachtet bereits rechtlich verselbstständigte bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht vom Begriff der "Bundesbehörde" in § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO erfasst, ist dies erst recht für durch Bundesrecht Beliehene anzunehmen. Denn statusrechtlich bleibt eine juristische Person des Privatrechts auch nach einer Beleihung ein Privatrechtssubjekt. Sie ist lediglich Träger öffentlicher Verwaltung für den durch die Beleihung übertragenen Aufgabenbereich.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, juris, Rn. 12; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 246 m.w.N.; a.A. VG Gießen, Beschluss vom 12. Januar 2018 - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 8; VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 7.

Für ein systematisches Begriffsverständnis der "Bundesbehörde" im organisatorischen Sinne spricht weiter eine Zusammenschau des § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO mit § 52 Nr. 3 VwGO. § 52 Nr. 3 VwGO regelt die örtliche Zuständigkeit "Bei allen anderen Anfechtungsklagen", die nicht unter § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO fallen. § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO ist systematisch eine spezielle Regelung für ausgewählte Fälle, wohingegen § 52 Nr. 3 VwGO den Regelfall darstellt. Diesem Verhältnis entsprechend ist - in Abgrenzung zum Begriff der "Bundesbehörde" in Nr. 2 - der Begriff der "Behörde" in § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO im weitesten Sinne zu verstehen. Er gleicht dem funktionalen Behördenbegriff des § 1 Abs. 4 VwVfG.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. November 2010 - 2 A 63/08 -, juris, Rn. 51; VG Hamburg, Beschluss vom 04. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 16; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 25 m.w.N.

Ein vergleichbar zweigeteiltes Begriffsverständnis von organisatorisch verstandenem Begriff der "Bundesbehörde" und funktionalem Begriff der "Behörde" innerhalb der VwGO ergibt sich auch aus § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Zusammenschau mit § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

Der in § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO verwendete Begriff der "Behörde" folgt als Regelfall einem funktionalen Behördenbegriff, der auch Beliehene umfasst. Der in § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO verwendete Begriff der "Bundesbehörde" wird hingegen im organisatorischen Sinne verstanden und erfasst ausschließlich die Ministerien als unmittelbar vom Bund selbst eingerichtete Stellen.

Vgl. nur Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 99 Rn. 4, 15.

Die Kammer kann der Ansicht, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO a.F. stütze die weite funktionale Auslegung des Begriffs der "Bundesbehörde" in § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO, nicht beitreten.

So aber VG Gießen, Beschluss vom 12. Januar 2018 - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 18 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1998 - 3 B 71.97 - juris, Rn. 8.

Danach soll ein Beliehener unter den Begriff der "Bundesbehörde" fallen, weil das Bundesverwaltungsgericht eine beliehene juristische Person des Privatrechts im Anwendungsbereich von § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO a.F. unter den Begriff der juristischen Personen des öffentlichen Rechts gefasst hat. Dies deute auf ein weiter gefasstes Begriffsverständnis hin.

Jedoch liegt auch § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 4 VwGO bzw. § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO a. F. grundsätzlich ein rein organisatorisches Begriffsverständnis zugrunde, von dem beliehene Privatrechtssubjekte nicht erfasst sein sollen.

Vgl. Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen (OVG Bremen), Urteil vom 7. April 2011- 1 A 200/09 -, juris, Rn. 4.

Die insoweit angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft nur den- vorliegend nicht einschlägigen - Sonderfall eines beliehenen privatrechtlichen Vereins, der seinerseits ausschließlich aus juristischen Personen des öffentlichen Rechts besteht.

Dies selbst betonend BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1998 - 3 B 71.97 -, juris, Rn. 8; so auch OVG Bremen, Urteil vom 7. April 2011 - 1 A 200/09 -, juris, Rn. 8.

Auch eine systematische Betrachtung im Hinblick auf Art. 83 ff. GG steht dem gefundenen rein organisatorischen Begriffsverständnis nicht entgegen.

Dies aber andeutend VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 6; VG Gießen, Beschluss vom 12. Januar 2018 - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 7.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Einsatzes Beliehener im Bereich der Aufgabenwahrnehmung des Bundes nach Art. 83 ff. GG begründet nur, dass Beliehene überhaupt im funktionalen Sinne Träger von Verwaltungsaufgaben sein dürfen. Eine Aussage darüber, ob der Begriff der "Bundesbehörde" in § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO damit im organisatorischen oder funktionalen Sinne zu verstehen ist und Beliehene hiervon erfasst sind, lässt sich hieraus nicht ableiten.

So letztlich selbst VG Gießen, Beschluss vom 12. Januar 2018 - 4 K 8656/17.GI -, Rn. 18, juris

cc) Für eine dem juristischen Sprachgebrauch und dem systematischen Verständnis folgende Auslegung des Begriffs der "Bundesbehörde" nach § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO spricht weiter auch die Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Norm.

Zuständigkeitsvorschriften sind unmittelbarer Ausfluss der Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Regelung gerichtlicher Zuständigkeiten ist dabei zuvorderst Aufgabe des Gesetzgebers. In Zusammenschau mit dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet eine Regelung und Auslegung von Zuständigkeitsvorschriften eine Heranziehung möglichst eindeutiger Kriterien, um zu möglichst klaren Zuständigkeiten zu gelangen.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, juris, Rn. 12; VG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 K 3020/16 -, juris, Rn. 8; Stuttmann, DVBl. 2011, 1202 (1202); Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. Lfg. Juli 2019, § 52 Rn. 1 m.w.N.; Morgenthaler, in: BeckOK-GG, 42. Edt. Stand: 01.12.2019, Art. 101 Rn. 17 m.w.N.

Diese Voraussetzungen erfüllt das engere organisatorische Begriffsverständnis. Es ermöglicht dem Rechtsschutzsuchenden jederzeit ohne weitergehende Auslegung festzustellen, ob der Sitz des potenziellen Klagegegners für die Zuständigkeit maßgeblich ist.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, juris, Rn. 12; VG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 K 3020/16 -, juris, Rn. 8; a.A. VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 7; VG Gießen, Beschluss vom 12. Januar 2018 - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 8.

Auch eine teleologischsystematische Betrachtung des Verhältnisses von § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO zu § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO deutet in diese Richtung. Es sind keine durchgreifenden Gründe ersichtlich, weshalb eine Konzentration der Verfahren beim Verwaltungsgericht Düsseldorf - in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz hat - sinnvoller als eine Verteilung auf verschiedene Verwaltungsgerichte wäre.

§ 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO soll als Spezialregelung eine Konzentration zur Beschleunigung von Verfahren ermöglichen, die aufgrund ihres Umfangs und/oder ihrer spezialrechtlichen Prägung besondere Sachkunde erfordern. Umgekehrt dient § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO dem möglichst ortsnahen Rechtsschutz. Die so geregelte Dezentralisierung des Rechtsschutzes führt gleichzeitig zu einer horizontalen Kontrolle.

Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, juris, Rn. 12; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 14, 25.

Für eine Spezialisierung mag sprechen, dass Fragen des Wasserverkehrsrechts grundsätzlich eine Spezialmaterie darstellen und die zu erwartenden Fallzahlen eher gering sind. Gleichwohl sind die streitgegenständlichen Fragen des rechtlichen Umgangs mit Beliehenen sowie etwaigen Fragen zur gefahrenabwehrrechtlichen Zuverlässigkeit auch den anderen Bereichen des öffentlichen Rechts bekannt.

Bereits der Umstand, dass der Verordnungsgeber mit § 16 Abs. 1 Satz 1 SpFV sowohl den Beklagten mit Sitz in E1. als auch den E2. T. -Verband e.V. mit Sitz in I. beliehen hat, legt nahe, dass das Bundesministerium keinen besonderen Bedarf für eine Zuständigkeitskonzentration gesehen hat. Demgemäß hat es für die bisherige Verwaltungspraxis im Prüfungsbereich bei Sportbootführerscheinen in den Mustern für Rechtsbehelfsbelehrungen gegen Widerspruchsbescheide ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sitz und Anschrift des Verwaltungsgerichts einzusetzen sind, in dessen Bezirk der Kläger oder die Klägerin seinen oder ihren Wohnsitz hat.

Vgl. jeweils Anlage 4 der Richtlinien für den E2. N. e. V. und den E2. T. -Verband e. V. über die Durchführung der Aufgaben nach § 11 der Sportbootführerscheinverordnung-Binnen (idF. vom 13.03.2012) sowie DurchführungsRLSpbootFüV-See (idF vom 13.03.2012), die soweit ersichtlich mangels Nachfolgeregelung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 SpFV weiter fortgelten.

dd) Schließlich bestätigt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift das Verständnis des Begriffes der "Bundesbehörde" des § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO im organisatorischen Sinne.

Dabei sind Gesetzesmaterialien bei der Auslegung einer Norm lediglich unterstützend und insgesamt nur insofern heranzuziehen, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen. Der sogenannte Wille des Gesetzgebers bzw. der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann hiernach bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat. Die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen können demnach nicht über eine Heranziehung der Gesetzesmaterialien dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden.

Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31. März 2016 - 2 BvR 1576/13 -, juris, Rn. 63; BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2017 - 9 C 30.15 -, BVerwGE 157, 203-208, BStBl II 2018, 116, juris, Rn. 14; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Januar 2018 - 6 K 12341/17 -, juris, Rn. 114.

Sowohl die Ausführungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten in der Gesetzesbegründung als auch die Materialien über den Gesetzgebungsprozess lassen darauf schließen, dass der Bundesgesetzgeber den Anwendungsbereich von § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO auf "Bundesbehörden" beschränken wollte, die verwaltungsorganisatorisch unmittelbar durch den Bund selbst eingerichtet wurden.

Dass der Gesetzgeber eine solche "enge" Auslegung des Begriffs bezweckt hat, lässt sich bereits der Gesetzesbegründung zu § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO (vormals § 53), BT-Drs. 3/55, entnehmen. Hierin heißt es:

"Für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist vorbehaltlich der Nummer 1 zwischen Verwaltungsakten einer Bundesbehörde (Nummer 2) und anderen Behörden (Nummer 3) unterschieden. Für die Normierung einer besonderen örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts am Sitz der Behörde sind annähernd die gleichen Gründe maßgebend wie für die Zulassung der eininstanzlichen Zuständigkeit des BVwG nach § 50. Dort verlangte das unabweisbare Bedürfnis nach einer baldigen rechtskräftigen Entscheidung bei den sogenannten Mammutverwaltungsakten eine Ausnahme von der Regel. Hier müssen die Bundesoberbehörden der Wirtschafts- und Ernährungsressorts die Möglichkeit haben, die fast ausnahmslos auf spezialrechtlichen Vorschriften beruhenden Verfahren bei einem Gericht durchzuführen, das sich allmählich gründlich in dieses Spezialgebiet einarbeiten und dementsprechend schnell entscheiden kann. [...] Eine unbillige Belastung des Staatsbürgers hinsichtlich des Weges zur Gerichtsstelle ist mit dieser Regelung der örtlichen Zuständigkeit nicht verbunden, da es sich bei den Klägern meist um wirtschaftlich stärkere Kreise handelt. [...]

Gleiche Verhältnisse liegen vor, wenn es sich um den Verwaltungsakt einer obersten Bundesbehörde handelt, bei dem die Klage nach § 50 Abs. 2 an das Verwaltungsgericht verwiesen wird. Auch in diesen Fällen sollte sich bei einem bestimmten Verwaltungsgericht allmählich eine gründliche Kenntnis der speziellen Rechtsgebiete herausbilden.

Bei den mittleren und unteren Bundesbehörden liegt kein entsprechendes Bedürfnis für eine von Nummer 3 abweichende Regelung vor. Es erschien aber untunlich, den Katalog der örtlichen Zuständigkeit durch die Unterscheidung der einzelnen Bundesbehörden noch weiter zu komplizieren."

Vgl. BT-Drs. 3/55, S. 35.

Die Ausführungen zeigen, dass die Zuständigkeit am Sitz einer Bundesbehörde - vergleichbar zur eininstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts - eine besondere Ausnahme von der Regel des § 52 Nr. 3 VwGO darstellen soll. Um ausnahmsweise im Falle von besonders umfangreichen Verfahren durch Spezialisierung eine Beschleunigung zu erreichen, soll die insoweit als Nachteil begriffene Zentralisierung zur Anwendung kommen. Der Anwendungsbereich sollte dabei ursprünglich ausschließlich auf Bundesoberbehörden und oberste Bundesbehörden beschränkt sein. Bereits die durch den nicht weiter eingeschränkten Wortlaut der "Bundesbehörde" begriffliche Erfassung der mittleren und unteren Bundesbehörden war nicht bezweckt, wurde jedoch zur Vermeidung einer weitergehenden expliziten Aufführung von Bundesbehörden in Kauf genommen.

Dementgegen ohne Begründung VG Gießen, 12. Januar 2018, - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 5 unter Bezugnahme auf VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 4.

Diese Wertungen haben unmittelbar Niederschlag in dem seit Inkrafttreten der VwGO maßgeblich unveränderten Wortlaut des § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO gefunden. Dies ergibt sich aus dem schriftlichen Bericht und der Beschlussempfehlung des federführenden Rechtsausschusses vom 12. Mai 1959. Danach wurde der heutige § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO (vormals § 53 Nr. 2) inhaltlich übernommen und der heutige § 52 Nr. 4 VwGO (vormals § 53 Nr. 3a) bei Klagen in Beamtensachen eingefügt. Hierzu heißt es:

"Hierbei ist darauf Bedacht genommen worden, daß der Kläger seine Klage bei einem Gericht anbringen kann, das für ihn leicht erreichbar ist. Maßgebend war auch an dieser Stelle und in den anderen Fällen örtlicher Zuständigkeit der Grundsatz, daß Zusammenballungen vieler Klagen bei einzelnen Gerichten am Sitz der Bundes- und Landeszentralbehörden unerwünscht sind."

Vgl. BT-Drs. 3/1094, S. 6, 34 f.

Maßgeblicher Grundsatz für die Ausgestaltung der örtlichen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte war insoweit - der gefundenen systematischen und teleologischen Auslegung entsprechend - der Gedanke einer möglichst wenig konzentrierten Zuständigkeitsverteilung.

Dem folgend wird in dem Bericht des Rechtsausschusses klargestellt, dass der Begriff der "Behörde" in § 52 Nr. 3 VwGO (vormals § 53 Nr. 3) - in Abgrenzung zu § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO - "im weitesten Sinne" zu verstehen sei.

Vgl. BT-Drs. 3/1094, S. 6.

Ein Redaktionsversehen des Bundesgesetzgebers ist auch für die der Entstehung folgenden Jahrzehnte nicht anzunehmen. Das Institut der unmittelbar durch Bundesrecht erfolgenden Beleihung von Privatrechtssubjekten ist dem Gesetzgeber bereits seit Jahrzehnten bekannt. Gleichwohl hat er, zuletzt mit Änderung vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722), über § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO hinaus etwa mit § 52 Nr. 2 Satz 3, 4 und 5 VwGO sowie § 52 Nr. 3 Satz 4 VwGO für verschiedene Bereiche Zuständigkeitskonzentrationen geschaffen ohne eine insoweit erforderliche ausdrückliche Regelung für Beliehene vorzunehmen.

Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 K 3020/16 -, juris, Rn. 8; VG Hamburg, Beschlüsse vom 2. Dezember 1997 - 12 VG 740/96 -, juris, Rn. 3, vom 6. Januar 1998 - 12 VG 3495/97 -, juris, Rn. 3 und vom 4. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 13; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 16; hierzu letztlich schweigend VG Gießen, 12. Januar 2018, - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 4 ff. unter Bezugnahme auf VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 4 ff.

ee) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO auf durch Bundesrecht beliehene Private auch nicht entsprechend anzuwenden oder in erweiternder Auslegung auszudehnen.

Die methodische Rechtsfortbildung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt - unabhängig vom methodischen Mittel - eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss im Wege einer Gesamtbetrachtung wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2012 - 2 C 13.11 -, BVerwGE 143, 230-240, juris, Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 29. November 2018 - 5 C 10/17 -, BVerwGE 164, 23-39, juris, Rn. 11.

An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Wie soeben dargestellt, hat der Gesetzgeber bewusst im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses davon abgesehen, umfassende gerichtliche Zuständigkeitskonzentrationen zu schaffen. Durch die Beschränkung auf organisatorisch unmittelbar vom Bund selbst eingerichtete Behörden sind auch Beliehene letztlich bewusst von der Regelung des § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO ausgeklammert worden.

Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 K 3020/16 -, juris, Rn. 8; VG Hamburg, Beschlüsse vom 2. Dezember 1997 - 12 VG 740/96 -, juris, Rn. 3, vom 6. Januar 1998 - 12 VG 3495/97 -, juris, Rn. 3 und vom 4. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 13; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 16; hierzu letztlich schweigend VG Gießen, 12. Januar 2018, - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 4 ff. unter Bezugnahme auf VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 4 ff.

Gleichzeitig fehlt es an der Regelungslücke. Die örtliche Zuständigkeit hinsichtlich des Beklagten als unmittelbar durch Bundesrecht beliehenem Privatrechtssubjekt folgt stattdessen aus § 52 Nr. 3 Satz 2 Alternative 1 VwGO.

Vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 08. Juni 2015 - 1 Bf 221/13 -, juris, Rn. 50; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 25. November 1999 - 9 U 1/99 -, juris, Rn. 12; VG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 K 3020/16 -, juris, Rn. 7 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 12 K 2277/12 -, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Beschlüsse vom 20. November 1992 - 2 VG 2374/92 -, juris, Rn. 3, vom 2. Dezember 1997 - 12 VG 740/96 -, juris, Rn. 3, vom 6. Januar 1998 - 12 VG 3495/97 -, juris, Rn. 2 ff. und vom 4. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 11 ff.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 16; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 52 Rn. 9, 14; Stuttmann, DVBl. 2011, 1202 (1204); a.A. VG Gießen, 12. Januar 2018, - 4 K 8656/17.GI -, juris, Rn. 2 ff.; VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 - 4 K 147.12 -, juris, Rn. 3 ff.; Bamberger, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 52 Rn. 6.

2. Örtlich zuständig ist gemäß § 52 Nr. 3 Satz 2 Alternative 1 VwGO das Verwaltungsgericht Stuttgart. Danach ist im Falle der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde erlassen hat, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte - also der Kläger - seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Behörde im Sinne von § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO meint - wie bereits dargestellt - den weit gefassten, funktional verstandenen Begriff der "Behörde".

Vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Juni 2015 - 1 Bf 221/13 -, juris, Rn. 50; OVG NRW, Urteil vom 19. November 2010 - 2 A 63/08 -, juris, Rn. 51; VG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2002 - 15 VG 2656/2001 -, juris, Rn. 16 m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 12 K 2277/12 -, juris, Rn. 18 ff.; Stuttmann, DVBl. 2011, 1202 (1204); Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 25 m.w.N.

Der Beklagte ist nach Maßgabe von § 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 SeeAufgG, § 3 Abs. 1 Nr. 6a iVm. § 3a BinSchAufgG, § 16 Abs. 1 SpFV beliehen. Ihm ist gemäß § 9 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 2 SpFV für den Fall fehlender Eignung oder Zuverlässigkeit des Leiters eines Prüfungsausschusses die Aufgabe übertragen, diesen aus seinem Amt zu entlassen.

Die durch den Kläger angefochtene Entlassung als Leiter des Prüfungszentrums ist - wie bereits ausgeführt - jedenfalls ein Verwaltungsakt im formellen Sinne. Beliehene unterfallen dem funktionalen Begriff der "Behörde" nach § 1 Abs. 4 VwVfG und können Verwaltungsakte gemäß § 35 VwVfG erlassen.

Vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 246.

Schließlich erstreckt sich die Zuständigkeit des Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Entlassung auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke. Das Merkmal der sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckenden Zuständigkeit des § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO ist dahingehend zu verstehen, dass die Behörde für einen Bereich zuständig sein muss, der mehr als nur einen Verwaltungsgerichtsbezirk umfasst.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. November 2010 - 2 A 63/08 -, juris, Rn. 53.

Der Beklagte ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1, 3 SpFV in seiner Funktion als Beliehener flächendeckend, zur bundesweiten Einrichtung von Prüfungsausschüssen ermächtigt.

- Eine Übersicht findet sich unter: https://www.dmyv.de/fuehrerscheinfunk/pauebersicht/?L=528.

Im Rahmen dieser bedarfsgerecht einzurichtenden Prüfungsausschüsse bestellt und entlässt der Beklagte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 10 Abs. 2-4 SpFV bundesweit die Leiter der Prüfungsausschüsse.

Da der Wohnort des Klägers, d.h. I1. , zum Landkreis Böblingen gehört, der wiederum im Regierungsbezirk Stuttgart und damit im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Stuttgart liegt (vgl. § 1 Absatz 2 AGVwGO i.V.m. § 12 Absatz 1 VwG BW 2008), ist dieses das örtlich zuständige Gericht.

Eine Kostenentscheidung ist nach § 83 Satz 1 VwGO iVm. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG nicht veranlasst und bleibt der Endentscheidung vorbehalten

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 Satz 2 VwGO).

Lukas Jozefaciuk