VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.2017 - 6 L 2506/17
Liegt das Strafmaß unter der Bagatellgrenze von 60 Tagessätzen bedeutet das nicht, dass von der Zuverlässigkeit des Betroffenen auszugehen ist. Vielmehr verbleibt es bei einer Gesamtwürdigung im Einzelfall entsprechend § 7 Absatz 1a Satz 1 und 3 LuftSiG.
Tenor
1.Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2.Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der am 3. März 2017 erhobenen Klage (6 K 3687/17) gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 2. Februar 2017, zugestellt am 3. Februar 2017, wiederherzustellen,
hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Begründetheit eines Aussetzungsantrags ist danach zu beurteilen, ob im Falle des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig erfolgt ist und ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse an der Aussetzung überwiegt. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Der Antragsgegner hat das Begründungserfordernis des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO beachtet. Den Anforderungen des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO genügt jede schriftliche Begründung, die - sei sie sprachlich oder gedanklich auch noch so unvollkommen - zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Dabei kommt es - mit Blick auf die durch das Gericht vorzunehmende Interessenabwägung - nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 30. März 2009 - 13 B 1910/08 -, juris, Rn. 2 m.w.N.
Diesen Anforderungen werden die Darlegungen in der angegriffenen Ordnungsverfügung gerecht. Sie zeigen, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war. Der Antragsgegner hat zur Begründung ausgeführt, es bestehe die begründete Besorgnis, dass sich das vom Antragsteller ausgehende Sicherheitsrisiko bereits in einem Schaden konkretisiert haben könnte, bevor eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verfügung eingeholt werden könne. Zur Abwehr von Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs sei es erforderlich, unzuverlässigen Personen unverzüglich die Zuverlässigkeit abzusprechen, um den Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen verwehren zu können. Vor dem Hintergrund des immensen Schadens, den eine unzuverlässige Person in den sicherheitsrelevanten Bereichen eines Verkehrsflughafens im Ernstfall anzureichen in der Lage sei, müsse das berufliche Interesse des Antragstellers an einem weiteren Zugang zum Sicherheitsbereich bis zur Bestandskraft der Verfügung hinter dem öffentlichen Sicherheitsinteressen zurücktreten.
Dass diese Aspekte (teilweise) zugleich das Erlassinteresse an der Verfügung begründen, stellt die Begründung in formeller Hinsicht nicht in Frage. Denn das Erlassinteresse und das Interesse an der sofortigen Vollziehung können - gerade im Ordnungsrecht - durchaus zusammenfallen,
OVG NRW, Beschluss vom 30. März 2009 - 13 B 1910/08 -, juris, Rn. 4 m.w.N.
Ob die zur Begründung im Einzelnen angeführten Gründe zutreffend und tragfähig sind und ob sie den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das betrifft nicht die Frage der förmlichen Begründungslast nach § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO. Vielmehr hat das Gericht im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Absatz 5 VwGO eigenständig die gegenläufigen Interessen zu bewerten und gegeneinander abzuwägen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2009 - 20 B 299/09.AK -, Bl. 3 d. amtl. Abdrucks.
Die nach § 80 Absatz 5 VwGO erforderliche gerichtliche Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Maßgebliches Kriterium für die vom Gericht anzustellende Abwägung sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Antragstellers. Denn an der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist hingegen die angegriffene Maßnahme offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und Absatz 2 Satz 2 VwGO das Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehbarkeit. Im Falle des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO muss darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug gegeben sein. Die Offensichtlichkeit der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Maßnahme ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren feststellbar, wenn bereits bei der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ohne eine dem Hauptsacheverfahren vorbehaltene Beweisaufnahme die Erfolgsaussichten in der Hauptsache beurteilt werden können. Lässt sich die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung nach Aktenlage hingegen nicht hinreichend zuverlässig abschätzen, kann das Gericht lediglich eine Interessenabwägung in Form einer Folgenabschätzung vornehmen.
Bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die streitgegenständliche Ordnungsverfügung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage des Widerrufsbescheides ist § 49 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Nach dieser Vorschrift darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
Der Widerrufsbescheid ist formell rechtmäßig. Die Bezirksregierung E. war insbesondere für seinen Erlass zuständig. Gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZÜV) erfolgt die Überprüfung der Zuverlässigkeit im Sinne des § 7 Absatz 1 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) bei Beschäftigten von Luftfahrtunternehmen durch die Luftsicherheitsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich sich der Sitz des Unternehmens befindet. Bei Konzernunternehmen ist der Sitz der Konzernmutter gemäß § 2 Absatz 2 Satz 2 LuftSiZÜV auch für die Beschäftigten der Tochtergesellschaften maßgeblich. Da der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids für die E1. M. AG, die ihren Sitz in L. hat, tätig war, ist die Bezirksregierung E. die örtlich zuständige Luftsicherheitsbehörde. Dies folgt aus § 16 Absatz 2 LuftSiG i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 6 der Zuständigkeitsverordnung Luftfahrt (LuftfahrtZustVO; GV. NRW. 2007, S. 316), wonach die Bezirksregierung E. unter anderem für die Wahrnehmung der Aufgaben der Luftsicherheitsbehörden nach dem LuftSiG im Regierungsbezirk L. zuständig ist. Die nach § 28 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) erforderliche Anhörung ist erfolgt.
Der Widerrufsbescheid ist bei der im vorläufigen Rechtschutzverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage materiell rechtmäßig.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW sind aller Voraussicht nach erfüllt. Die Verurteilung des Klägers durch Strafbefehl des Amtsgerichts G. vom 1. September 2016, rechtskräftig seit dem 21. September 2016, wegen Gebrauchs falscher Zahlungskarten zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen (3410 Js 229115/16) stellt eine gegenüber der zuletzt am 10. Oktober 2014 erteilten positiven Zuverlässigkeitsfeststellung nachträglich eingetretene Tatsache dar, aufgrund derer die Bezirksregierung E. berechtigt war, die Feststellung der Zuverlässigkeit des Klägers im Sinne des § 7 Absatz 1 LuftSiG in der zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung noch anwendbaren Fassung vom 29. Juli 2009 zu versagen.
Vgl. zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt im Luftsicherheitsrecht: OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2011 - 20 B 1714/10 -, Bl. 3 m.w.N.
Zuverlässig im Sinne von § 7 LuftSiG,
vgl. zur formellen und materiellen Verfassungsmäßigkeit: Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 4. Mai 2010 - 2 BvL 8/07, 2 BvL 9/07 -, NVwZ 2010 S. 1146 ff.,
ist nur, wer die Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen (vgl. § 1 LuftSiG) in vollem Umfang zu erfüllen. Bezugspunkt der Überprüfung der Zuverlässigkeit muss dabei sein, ob Grund zu der Annahme besteht, bei dem Überprüften sei aktuell oder künftig ein Verstoß gerade gegen die Anforderungen zur Wahrung der Sicherheit des Luftverkehrs zu befürchten. Dabei ist eine Gesamtwürdigung des Einzelfalles vorzunehmen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 20 B 111/05 -, juris; vgl. zur Vorgängerregelung des § 29 d Luftverkehrsgesetz: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 15. Juli 2004 - 3 C 33.03 -, a.a.O.
Wegen des hohen Gefährdungspotentials des Luftverkehrs dürfen bei der Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit von zu überprüfenden Personen an den Grad der Wahrscheinlichkeit eines von ihnen zu verantwortenden Schadenseintritts nur geringe Anforderungen gestellt werden. Die Zuverlässigkeit ist zu verneinen, wenn daran Zweifel verbleiben (vgl. § 7 Abs. 6 LuftSiG), wobei die Rechtsprechung mit Blick auf die Wertigkeit der in Rede stehenden Rechtsgüter schon geringe Zweifel ausreichen lässt.
So unter anderem OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Juni 2009 - 20 B 148/09 -, und vom 23. Februar 2007 - 20 B 44/07 - unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 15. Juli 2004 - 3 C 33.03 - und vom 11. November 2004 - 3 C 8.04 -.
Auf Grund des gerade im Bereich des Luftverkehrs hohen Gefahrenpotentials und der Hochrangigkeit der zu schützenden Rechtsgüter bestehen im Hinblick auf Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) keine Bedenken, insoweit strenge Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu stellen, die auch in anderen Rechtsgebieten für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit als subjektive Zulassungsvoraussetzung gefordert wird und deren Normierung vor dem Hintergrund des dem Gesetzgeber bei der Einschätzung von der Allgemeinheit drohenden Gefahren und der Beurteilung der ihrer Verhütung und Bewältigung dienenden Maßnahmen zustehenden weiten Einschätzungs- und Prognosespielraums,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. März 2006 - 20 B 1985/05 - und Urteil vom 28. April 2005 - 20 A 4721/03 -, juris,
als verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzusehen ist.
Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2004 - 3 C 33.03 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. April 2005 - 20 A 4721/03 -, juris.
Dabei entspricht es den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts, umso strengere Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Bewerbern für eine entsprechende berufliche Tätigkeit zu stellen, je schutzwürdiger die Rechtsgüter sind, die gefährdet werden können, und je höher der mögliche Schaden ist. Wenn wie bei Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs hochrangige Rechtsgüter wie das Leben und die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet werden können, kann der Normgeber auch bereits die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadens ausreichen lassen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2004 - 3 C 33.03 -, juris Rn. 21.
Die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2009 - 20 B 148/09 -, juris Rn. 7 m.w.N.,
dessen Konkretisierung durch die Verwaltungsbehörden die Verwaltungsgerichte uneingeschränkt zu überprüfen haben.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u.a., BVerfGE 84, 39 = juris Rn. 47.
Der Überprüfte muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, um selbst bei Inaussichtstellen von Vorteilen oder der Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs zu wahren.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2005 - 20 B 2825/04 -.
Dabei ist einzustellen, dass eine Feststellung der Zuverlässigkeit nach der eindeutigen gesetzlichen Bewertung nicht erst dann ausgeschlossen ist, wenn sich konkrete gewichtige Sicherheitsrisiken durch den Betreffenden positiv feststellen lassen. Da bereits geringe einschlägige Zweifel der Feststellung der Zuverlässigkeit entgegenstehen, ist sie vielmehr schon dann zu verneinen, wenn mit Blick auf ein strafbares Verhalten ausreichend begründete Anknüpfungspunkte auf charakterliche und persönliche Schwächen deuten, die sich auf die Luftsicherheit gefährdend auswirken können.
Grundsätzlich lässt die Begehung von Straftaten daran zweifeln, dass sich der Betroffene auch in Zukunft jederzeit rechtstreu verhält und hinreichende Gewähr dafür bietet, die Belange des Luftverkehrs zu bewahren. Denn Straftatbestände kennzeichnen Kernforderungen der Rechtsordnung an die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Straftat muss dabei keinen spezifischen luftverkehrsrechtlichen Bezug aufweisen. Eine Gefährdung des Luftverkehrs kann ebenso dadurch eintreten, dass eine Person, die Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen oder sicherheitsempfindlichen Bereichen eines Flughafens oder die aufgrund ihrer Tätigkeit Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs hat, ihre Kenntnisse von Betriebsabläufen und Sicherheitsmaßnahmen an außenstehende Dritte weitergibt oder diesen den Zutritt zum Flughafen ermöglicht, sei es mit oder ohne Kenntnis der wahren Motive der Dritten.
Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - 20 B 1431/08 -, Urteil vom 28. April 2005 - 20 A 4721/03 -, juris; vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 20 CS 05.1674 -, juris, Rn. 9.
Insoweit sind insbesondere das Gewicht der abgeurteilten Verfehlung und ihre indizielle Aussagekraft für das in Rede stehende besondere Gefährdungspotential in den Blick zu nehmen. Das Gewicht einer strafrechtlichen Verfehlung kommt regelmäßig in der Höhe des Strafmaßes zum Ausdruck. Der indizielle Aussagewert der Verurteilung ist regelmäßig anhand der Gesamtumstände der Tat zu beurteilen, wie sie sich aus den Feststellungen des Strafurteils ergeben.
Vgl. Meyer, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: 18. Ergänzungslieferung Juli 2015, § 7 LuftSiG, Rn. 37.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Bezirksregierung E. die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung im Ergebnis zu Recht verneint. Aus dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts G. vom 1. September 2016, der nach § 410 Absatz 3 der Strafprozessordnung (StPO) einem rechtskräftigen Strafurteil gleichsteht, ergeben sich nach Aktenlage hinreichende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers.
Ob das Gewicht der abgeurteilten Verfehlung mit Blick auf das verhängte Strafmaß, das sich mit 50 Tagessätzen im unteren Bereich des durch §§ 152 a Abs. 1, 40 Abs. 1 Satz 2 StGB eröffneten Strafrahmens bewegt, für sich genommen bereits ausreichend ist, um von der luftsicherheitsrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers auszugehen, kann offen bleiben. Nach der vom Gesetzgeber in anderen sicherheitsrechtlichen Rechtsmaterien getroffenen Wertung wird die Unzuverlässigkeit regelmäßig erst bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen angenommen (vgl. § 5 Absatz 2 Nr. 1 WaffG, § 17 Absatz 4 Nr. 1d) BJagdG). Dieser Maßstab ist inzwischen auch auf die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit übertragen. Das folgt aus der geänderten Fassung des LuftSiG vom 23. Februar 2017 (LuftSiG n.F., BGBl. I S. 298), die zeitlich erst nach Bescheiderlass in Kraft getreten und damit auf den streitgegenständlichen Fall noch nicht anwendbar ist. Denn gemäß § 7 Absatz 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG n.F. fehlt es regelmäßig an der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn der Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind (vgl. § 7 Absatz 1a Satz 1 Nr. 1 LuftSiG n.F.).
Liegt - wie hier - eine Verurteilung unterhalb von 60 Tagessätzen vor, können sich gleichwohl aus den Gesamtumständen der Tat hinreichende Zweifel an der Zuverlässigkeit des zu Überprüfenden ergeben. Das bestätigt auch die n.F. des § 7 LuftSiG. Denn gemäß § 7 Absatz 1a Satz 3 LuftSiG n.F. ist bei sonstigen, d.h. gerade den nicht in den Regeltatbeständen genannten, Verurteilungen oder beim Vorliegen sonstiger Erkenntnisse im Wege der Gesamtwürdigung des Einzelfalls zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zum LuftSiG n.F., dass die Regelbeispiele im Interesse einer Erleichterung der Rechtsanwendung eine Orientierung für die Konkretisierung des Begriffs der Unzuverlässigkeit geben, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sie bei den Regeltatbeständen nur um typisierte Fallgruppen handelt, die keinesfalls abschließenden Charakter besitzen.
Vgl. BT-Drs. 18/9752, S. 53.
§ 7 Absatz 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG n.F. ist mithin so zu verstehen, dass bei Verurteilungen, die das dort genannte Strafmaß erreichen, von der luftsicherheitsrechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen ist, wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen. Liegt das Strafmaß darunter, bedeutet das nicht, dass von der Zuverlässigkeit des Betroffenen auszugehen ist. Vielmehr ist die Zuverlässigkeit des Betroffenen in diesen Fällen nicht in Richtung auf eine negative Entscheidung gesetzlich vorgeordnet. Es verbleibt bei einer Gesamtwürdigung im Einzelfall entsprechend § 7 Absatz 1a Satz 1 und 3 LuftSiG n.F. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die in den Regelbeispielen zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertung nicht überspielt wird.
Die danach - nach alter sowie neuer Rechtslage - heranzuziehenden Gesamtumstände der Tat, insbesondere der Tatort sowie das Motiv des Antragstellers, lassen begründete Anknüpfungspunkte auf charakterliche und persönliche Schwächen des Antragstellers erkennen, die sich auf die Luftsicherheit gefährdend auswirken können. Aus dem oben genannten Strafbefehl ergibt sich, dass der Antragsteller am 13. April 2016 bei der S. bank im G1. Flughafen vorstellig geworden ist und dort zwei gefälschte "American Express Traveler Schecks", jeweils im Wert von 500,00 Euro vorgelegt und versucht hat, diese in Bargeld umzutauschen. Dabei ist ihm bekannt gewesen, dass es sich bei den "Traveler Schecks" um Fälschungen handelte. Damit hat der Antragsteller vorsätzlich die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs gefährdet, um sich selbst bzw. einem Dritten - q. .m1. .00 (dazu sogleich) - auf Kosten der Allgemeinheit einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. Die beabsichtigten Vermögensvorteile von jeweils 500,00 Euro stellen keine Bagatellbeträge dar. Erschwerend kommt hinzu, dass der Antragsteller die Straftat im G1. Flughafen begangen hat. Begeht der Antragsteller auf Geheiß eines Dritten im Flughafen ein Fälschungsdelikt, ist zumindest nicht auszuschließen, dass er Dritten, sei es mit oder ohne Kenntnis der wahren Motive, auch zur Überwindung relevanter Sicherheitsvorkehrungen verhelfen könnte.
Der Einwand des Antragstellers, der Strafbefehl sei mit Blick auf seine Gutgläubigkeit zu Unrecht ergangen, kann weder die Luftsicherheitsbehörde noch das Gericht veranlassen, ein rechtskräftiges Strafurteil in Frage zu stellen. Die Behörde darf grundsätzlich ein rechtskräftiges strafrechtliches Urteil, dem ein rechtskräftiger Strafbefehl gemäß § 410 Absatz 3 StPO gleichsteht, ohne eingehende Überprüfung ihrer Entscheidung zugrunde legen, soweit die Verurteilung nicht erkennbar unrichtig ist oder zumindest gewichtige Punkte für ihre Unrichtigkeit sprechen.
BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2008 - 3 B 12.08 -, NVwZ 2009, 398 Rn. 9; OVG NRW, Beschluss vom 22. September 2015 - 20 E 1017/15 (n.v.); BayVGH, Beschluss vom 26. Januar 2016- 8 ZB 15.470, Rn. 21 (juris).
Solche gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Strafbefehls liegen nach Aktenlage auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers und der im Hauptsacheverfahren vorlegten E-Mailkorrespondenz zwischen ihm und q .m1 .00@mail.ru (Bl. 13 bis 20 der Gerichtsakte) nicht vor. Insbesondere lässt sich dem E-Mailverkehr mit q. .m1 .00@mail.ru nicht entnehmen, dass der Antragsteller der Annahme war, es handle sich bei den ihm übersandten Schecks um Originale und/oder dass er bei der S. bank lediglich habe überprüfen lassen wollen, ob es sich - seiner Annahme entsprechend - um Originale handelt. Im Gegenteil: Angesichts der ausländischen E-Mailadresse, der nicht erkennbaren und auch nicht weiter offengelegten Verbindung, in der der Antragsteller zu q .m1 .00 steht und des Inhalts ihres E-Mailverkehrs, der der Kammer nur unvollständig vorgelegt worden ist, musste sich die zweifelhafte Herkunft der dem Antragsteller übersandten Schecks geradezu aufdrängen.
Umstände, welche demgegenüber durchgreifend die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller nunmehr gleichwohl ohne jeden - auch nur geringen - Zweifel die Gewähr bietet, die Belange der Luftsicherheit zu wahren, fehlen. Solche Umstände ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, er sei seiner beruflichen Tätigkeit viele Jahre lang unbeanstandet nachgegangen. Denn ein einwandfreies Verhalten am Arbeitsplatz ist nur das, was von jedem Arbeitnehmer als selbstverständlich abverlangt wird. Ein besonderer Vertrauenstatbestand lässt sich daraus nicht herleiten,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2004 - 20 B 1871/04 -.
Außerdem ist eine langjährige Tätigkeit für einen Arbeitgeber auch als solche nicht aussagekräftig, weil sich persönliche Lebensumstände auch kurzfristig ändern können und dadurch Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit entstehen können, weshalb auch die Zuverlässigkeitsüberprüfung in zeitlichen Abständen neu durchgeführt werden muss.
Wie § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW ferner voraussetzt, wäre ohne den Widerruf der positiven Zuverlässigkeitsfeststellung auch das öffentliche Interesse, hier in Gestalt des hohen Gutes der Sicherheit des Luftverkehrs, gefährdet, da von dem Aufenthalt unzuverlässiger Personen in luftsicherheitsrelevanten Bereichen erhebliche Gefahren für eine Vielzahl bedeutender Rechtsgüter, insbesondere für Leben und körperliche Unversehrtheit - auch unbeteiligter - Dritter, ausgehen.
Die weiteren Voraussetzungen für einen Widerruf gemäß § 49 VwVfG NRW sind ebenfalls erfüllt. Die Bezirksregierung E. hat insbesondere die Jahresfrist des § 48 Absatz 4 i.V.m. § 49 Absatz 2 Satz 2 VwVfG NRW gewahrt. Sie hat am 19. August 2016 von der Verurteilung des Antragstellers durch das Amtsgericht G. erfahren und bereits am 2. Februar 2017 den Widerrufsbescheid erlassen.
Lagen nach alledem die Voraussetzungen für einen Widerruf der Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit vor, begegnet dieser auch vor dem Hintergrund keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass über ihn im Wege des Ermessens zu entscheiden war. Mit Rücksicht auf das hochrangige Schutzgut der zu gewährleistenden Luftsicherheit sind Fehler bei der behördlichen Ermessensausübung nicht ersichtlich. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Antragsteller schwerwiegende Folgen für seine berufliche und private Lebensführung hinnehmen muss. Diese stehen aber nicht außer Verhältnis zu dem erstrebten Zweck, dem Schutz des hohen Gutes der Sicherheit des Luftverkehrs vor den erheblichen Gefahren, die durch den Zugang unzuverlässiger Personen zu sicherheitsrelevanten Bereichen begründet werden. Im Übrigen hat sich für den Antragsteller ein Risiko verwirklicht, das er mit Begehung der Straftaten auf sich genommen hat. Dass für den von ihm ausgeübten Beruf besondere Sicherheitsanforderungen gelten, musste ihm angesichts der regelmäßig durchgeführten Überprüfungen seiner Zuverlässigkeit bewusst sein.
Neben der Rechtmäßigkeit Widerrufsverfügung vom 2. Februar 2017 ist auch ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug dieser Verfügung gegeben. Das Interesse des Antragstellers, weiterhin als Fachkraft für Logistik für die M. AG tätig zu sein, muss auch unter Würdigung des Grundrechts aus Artikel 12 GG hinter dem öffentlichen Interesse, unzuverlässigen Personen keinen Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen eines Verkehrsflughafens zu gewähren, mit Blick auf das hohe Schutzgut der Sicherheit des Luftverkehrs zurückzutreten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Absatz 2 Nr. 2, 52 Absatz 2 VwGO.