VG Ansbach, Urteil vom 19.08.2015 - AN 9 K 15.00086
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Wechselrahmens für Banner-Werbeplakate auf dem Geländer einer Bahnbrücke.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Außenwerbung. Ihr Geschäftsbetrieb besteht in der Errichtung von Werbeanlagen, die sie an Werbungtreibende vermietet.
Die Klägerin beantragte am 2. Juni 2014 für das Vorhaben Errichtung eines Wechselrahmens für Banner-Werbeplakate in einer Größe von 8 x 1 m an dem Brückengeländer der DB-Brücke über die ...Straße stadtauswärts, Fl.Nr... Gemarkung ... in ... die Erteilung einer Baugenehmigung. Mit Schreiben vom 5. August 2014 forderte die Beklagte weitere Unterlagen nach. Nach Einholung diverser Stellungnahmen mehrerer beteiligter Fachdienststellen teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 1. September 2014 mit, dass für das beantragte Vorhaben voraussichtlich keine Genehmigung erteilt werden könne. Darüber hinaus wurde die Klägerin aufgefordert, eine Baubeschreibung mit Angaben zur Größe, Werkstoffen und Beleuchtung der geplanten Anlage nachzureichen. Die von der Behörde angeforderte Produktbeschreibung ging mit Schreiben vom 25. September 2014 bei der Beklagten ein.
Am 15. Januar 2015 hat die Klägerin durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Untätigkeitsklage auf Erteilung der begehrten Bauerlaubnis erhoben.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2015 versagte die Beklagte die Baugenehmigung zur Anbringung eines Rahmens für Wechselwerbung (unbeleuchtet) am Brückengeländer der DB-Brücke stadtauswärts, ..., Fl.Nr. ... Gemarkung ... Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorhaben verstoße gegen Art. 8 BayBO und Art. 14 Abs. 2 BayBO.
Das geplante Vorhaben verstoße gegen das Verunstaltungsverbot nach Art. 8 Satz 1 der BayBO. Die Werbeeinrichtung müsse in Übereinstimmung mit dem gesamtarchitektonischen Aufbau des Bauwerks, insbesondere den Teilen, an denen sie angebracht sei, stehen. Auch wenn die Auffassung vertreten werden sollte, dass die Werbeeinrichtung nach den Regeln der Werbetechnik und Gebrauchsgraphik einwandfrei sei, müsse sie in Übereinstimmung mit dem gesamtarchitektonischen Aufbau des Bauwerks insbesondere den Teilen, an denen sie angebracht sei, stehen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Werbeanlagen ihrem Zweck nach dazu bestimmt seien, aufzufallen, sie sich mithin von der Umgebung abheben und die Blicke auf sich ziehen sollten, müssten sie dennoch eine maßstabsgerechte Form und eine unaufdringliche Farbgebung und Materialwahl aufweisen. Es sei daher stets zu prüfen, ob der Bau an sich als Träger einer Werbung geeignet sei. Das Bauwerk müsse sich als architektonische Einheit in seiner neuen Gestalt nach äußerer Form, Gliederung und Farbe auch nach Anbringung der Werbeanlage als einwandfrei erweisen. Bei dem Brückenbauwerk über der ...-Straße handele es sich um ein horizontales, einfaches, relativ schmal gehaltenes massives Bauwerk. Den oberen Brückenabschluss bilde die Fahrbahnoberkante bzw. Wartungswegoberkante. Das angebrachte Geländer diene lediglich der Absturzsicherung bei bahnspezifischen Arbeiten und sei eine Art Hilfskonstruktion. Es diene nicht der Absturzsicherung baulicher Anlagen im Sinne der BayBO mit deren Anforderungen. Das Brückengeländer sei überaus filigran gehalten. Es sei in sparsamster Weise und wenig erkennbar für die Umgebung ausgeführt. Durch die Anbringung eines farbigen undurchsichtigen Werbebanners mit einer Länge von 8 m und einer Höhe von 1 m an dem Brückengeländer, das sich über fast die ganze Fahrbahnbreite erstrecke, und in der Höhe mit dem Geländer abschließe, werde das Brückenbauwerk in seinem Erscheinungsbild erhöht. Die Absturzsicherung werde somit zu einem wesentlichen Bestandteil des gesamten Bauwerks, was es jedoch nicht sei. Die Werbeeinrichtung stimme nicht mit dem gesamtarchitektonischen Aufbau des Bauwerks, insbesondere den Teilen, an denen sie angebracht sei, überein. Das Bauwerk bzw. das Geländer der Brücke werde zu einem reinen Werbeträger degradiert und verliere dadurch seine ursprüngliche Funktion. Darüber hinaus hafte einem Werbetransparent aus Netzvinyl oder bedruckten Planen stets der Eindruck des Provisorischen an, was ebenfalls dazu beitrage, die Werbeanlage an dem Brückenbauwerk in höchstem Maße belastend und somit verunstaltend wirken zu lassen. Die beantragte Werbeanlage verunstalte das Bauwerk grob durch ihre aufdringliche Wirkung, übermäßige Länge, Anbringungshöhe und -ort, durch die beabsichtigte Art der Ausführung der Werbung und dem Wechsel der unter Umständen grellbunten Plakate das Bauwerk. Zudem entstehe eine starke Farbabweichung vom Grundton des Bauwerks. Die am Brückenbauwerk bestehende Einzelbuchstabenschrift sei auf Grund ihrer Ausführung und dem Anbringungsort nicht mit der beantragten Werbeanlage vergleichbar. Bei der bestehenden Werbeanlage handele es sich um eine hochwertig ausgeführte Werbeanlage, die sich an die Gestaltung des Brückenbauwerkes anpasse.
Durch die geplante Werbeanlage werde auch das Straßenbild nach Art. 8 Satz 2 der BayBO verunstaltet. Die beantragte Werbeanlage wirke durch den hohen Anbringungsort am Brückengeländer weit in das umgebende Straßenbild hinein und störe durch ihre aufdringliche Wirkung nicht nur das Brückenbauwerk in verunstaltender Weise, sondern auch das umgebende Straßenbild. Durch die übermäßige Größe und Anbringungshöhe und den Wechsel der unter Umständen grellbunten Plakate wirke die Werbeanlage hervorstechend und beherrschend. Die mit der Werbeanlage einhergehende gestalterische Unruhe führe somit zu einer Disharmonie, die als Verunstaltung des Straßen- und - engeren – Ortsbildes zu qualifizieren sei.
Darüber hinaus sei das Vorhaben wegen einer störenden Häufung von Werbeanlagen nach Art. 8 Satz 3 BayBO unzulässig. Im direkten Blickfeld und in unmittelbarer Nähe zur Unterführung bzw. in der Unterführung seien auf beiden Seiten bereits Plakatanschlagtafeln vorhanden. Dies sei an sich bereits eine Häufung von gleichartigen Werbeanlagen. Das Dazukommen einer weiteren, andersartigen Werbeanlage würde zu einer nicht mehr hinnehmbaren störenden Häufung führen und somit auch das Orts- und Straßenbild verunstalten.
Darüber hinaus werde die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gemäß Art. 14 Abs. 2 BayBO konkret gefährdet, da nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass durch die Anlage oder ihre Nutzung ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert werde. Die Unterführung, an der die Werbeanlage angebracht werden solle, sei durch eine obere Höhenbeschränkung gekennzeichnet, d. h. die Fahrbahn werde in ihrer Höhe verringert, so dass Fahrer größerer Fahrzeuge diese Hinweiszeichen unbedingt wahrnehmen müssten, um die Unterführung gefahrlos passieren zu können und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Direkt vor der Unterführung befinde sich darüber hinaus eine Hinweistafel des sogenannten dynamischen Verkehrsleitsystems. Durch die Werbeanlage könnte die Wahrnehmung des Gefahrenzeichens der Höhenbeschränkung dahingehend beeinträchtigt werden, dass diese von den Verkehrsteilnehmern nicht mehr einwandfrei wahrgenommen werden. Auch durch die ungewöhnliche Straßenführung, abbiegende Vorfahrtsstraße, habe der Kraftfahrer sein Augenmerk auf die Straße und die anderen Verkehrsteilnehmer zu richten; eine Ablenkung durch wechselnde Werbeanlagen könnte daher zu einer weiteren Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs führen. Eine Werbeanlage gefährde auch dann den Verkehr, wenn zwar nicht die Wahrscheinlichkeit, aber die erkennbar begründete Möglichkeit bestehe, dass der Durchschnittskraftfahrer durch eine solche Werbeanlage abgelenkt werde und dadurch möglicherweise ein Unfall herbeigeführt werden könne (mit Verweis auf Simon/Busse, BayBO-Kommentar, Art. 2, RdNr. 111). Gerade Werbeanlagen wie die beantragte Anlage, die direkt auf den Fahrverkehr ausgerichtet seien und gezielt die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer auf sich ziehen sollten, führten häufig zu einer Erhöhung der Unfallzahlen. Dies gelte vor allem dann, wenn es sich um Plakate handele, die die Aufmerksamkeit der Fahrer bzw. Fahrerinnen länger bindeten (z. B. um Schriften/Inhalte erfassen zu können). Durch die Werbeanlage könnte die Wahrnehmung der Gefahrenzeichen der Höhenbeschränkung sowie des Verkehrsleitsystems dahingehend beeinträchtigt werden, dass diese von den Verkehrsteilnehmern nicht mehr einwandfrei wahrgenommen werde. Da die Möglichkeit bestehe, dass Verkehrsteilnehmer durch die geplante Werbeanlage abgelenkt würden und dadurch ein Unfall herbeigeführt werden könne, erfülle die Werbeanlage den Verbotstatbestand des Art. 14 Abs. 2 BayBO.
Die Baugenehmigung für die beantragte Werbeanlage werde daher aus planungs-, bauordnungs- und verkehrsrechtlichen Gründen versagt.
Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2015 hat der Klägerbevollmächtigte den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2015 in das laufende Verfahren mit einbezogen und die erhobene Untätigkeitsklage als Verpflichtungsklage fortgeführt.
Zur Begründung wird ausgeführt, das Vorhaben sei sowohl in planungs- als auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht zulässig. Die von der Beklagten angeführten Versagungsgründe längen nach klägerischer Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht vor.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2015, Az. ... die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ergänzend vorgetragen, das Vorhaben sei wegen Verunstaltung gemäß Art. 8 Satz 1 BayBO unzulässig. Zwar seien Werbeanlagen dazu bestimmt aufzufallen, weshalb es Werbeanlagen immanent sei, dass sie von ihrer Gestaltung her in einen Kontrast mit der Umgebung gerieten. Dieser naturgemäße Kontrast müsse allerdings maßvoll sein. Ein maßvoller Kontrast sei hier jedoch nicht gegeben. Das Geländer, an der die Werbeanlage angebracht werden solle, sei unauffällig gestaltet und diene lediglich der Absturzsicherung. Durch die 8 m lange Werbeanlage, welche sich über die gesamte Fahrbahnbreite erstrecke, werde das Geländer in seiner Wahrnehmung verstärkt und gleichzeitig zu einem reinen Werbeträger degradiert. Die geplante Werbeanlage wirke auf Grund der Größe und unter Umständen Farbe besonders aufdringlich und dominierend. Durch den hohen Anbringungsort der Werbeanlage an der Brücke wirke die Werbeanlage auf Grund der Größe und Farbe als wesensfremdes Gebilde, das zu ihrer Umgebung in keiner Beziehung mehr stehe und somit das Straßen- und Ortsbild gemäß Art. 8 Satz 2 BayBO verunstalte. Darüber hinaus seinen im direkten Blickfeld bereits auf beiden Seiten Plakatanschlagtafeln vorhanden. Diese Häufung stelle sich auch als störende Häufung im Sinne von Art. 8 Satz 3 BayBO dar, da der enge örtliche Bereich, der gleichzeitig im Gesichtsfeld des Betrachters liege, mit Werbeanlagen derart überladen sei, dass das Auge keinen Ruhepunkt finde und das Bedürfnis nach werbefreien Flächen stark hervortrete. Zudem widerspreche die Werbeanlage Art. 14 Abs. 2 BayBO.
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom 27. Juli 2015 auf die Einzelrichterin übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogene Behördenakte Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses von Augenschein und mündlicher Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Deren Ablehnung durch die Beklagte ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
1.
Das streitgegenständliche Vorhaben ist gem. Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Insbesondere ist keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 13 BayBO anzunehmen. Da kein Sonderbau vorliegt, findet das vereinfachte Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 BayBO Anwendung.
Gem. Art. 68 Abs. 1 S. 1 Hs.1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Prüfungsgegenstand ist insoweit nach Art. 59 S. 1 Nr. 1 BayBO die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Nach Art. 68 Abs. 1 S. 1 HS. 2 BayBO darf die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt.
2.
Die Behörde hat den Bauantrag zu Recht nach Art. 68 Abs. 1 S. 1 HS 2 BayBO i.V.m. Art. 14 Abs. 2 BayBO abgelehnt.
Das streitgegenständliche Vorhaben erweist sich bereits wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 2 BayBO als unzulässig, da es die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs gefährdet.
Für eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs im bauordnungsrechtlichen Sinn ist nicht die überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass durch die Werbeanlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird. Vielmehr wird die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch eine solche bauliche Anlage bereits dann – konkret – gefährdet, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder „bloßer“ Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall oder doch eine Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist, insbesondere ein Durchschnittskraftfahrer durch sie abgelenkt wird. (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 – 15 ZB 10.2409 - juris; v. 24.2.2003 – 2 CS 02.2730 – juris). Der Nachweis, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist, oder eine hohe Wahrscheinlichkeit hierfür sind nicht erforderlich. Zur Annahme einer Gefahrenlage genügt vielmehr die Feststellung, dass die konkrete Situation die Befürchtung nahe legt, dass - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt. Geht es dabei um die Gefährdung von Leben und Gesundheit, sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (vgl. VG Augsburg, U. v. 10.6.2015 – Au 4 K 14.1686 – juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 24.2.2003 – 2 CS 02.2730 – juris Rn. 17 m.w.N.).
Auch wenn Anlagen der Außenwerbung an Ein- und Ausfallstraßen oder in den innerstädtischen Bereichen zum Straßenbild gehören und dementsprechend regelmäßig keine Störungsquelle darstellen (vgl. BayVGH, U. v. 22.8.2001 – 2 B 01.74 – juris Rn. 20), ist von einer Ablenkungsgefahr insbesondere dann auszugehen, wenn ein Verkehrsteilnehmer, der sich von einer Werbung angesprochen fühlt, vergleichsweise viele Informationen aufnehmen muss (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2015 – 11 ZB 14.2563 – juris Rn. 14). Dem lässt sich unter Berücksichtigung der zugenommenen Verkehrsdichte nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes auch nicht entgegen halten, dass der Durchschnittskraftfahrer heutzutage resistenter gegenüber Ablenkungen sei.
Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der Art der Werbeanlage, ihres Anbringungsorts und der in der unmittelbaren Umgebung der streitgegenständlichen DB-Brücke bestehenden konkreten Verkehrssituation von einer Ablenkungsgefahr für Verkehrsteilnehmer und somit von einer konkreten Gefährdung des Straßenverkehrs im bauordnungsrechtlichen Sinn auszugehen. Nach den im Augenschein gewonnenen Erkenntnissen ist die Verkehrssituation an der streitgegenständlichen DB-Brücke wegen der unmittelbar nachfolgenden abbiegenden Vorfahrtsstraße und der damit verbundenen Kreuzungssituation komplex und unübersichtlich. Hinzu kommen die unmittelbar an der DB-Brücke angebrachten Hinweiszeichen, die auf eine Höhenbeschränkung der Unterführung aufmerksam machen. Die Fahrbahn wird im Bereich der Unterführung in ihrer Höhe auf 3,8 m verringert, so dass Fahrer größerer Fahrzeuge diese Hinweiszeichen unbedingt wahrnehmen müssen, um die Unterführung gefahrlos passieren zu können. Das Gericht konnte sich bei dem durchgeführten Augenschein davon überzeugen, dass diese konkret vorgefundene, komplexe Verkehrssituation eine erhöhte Konzentration von allen Verkehrsteilnehmern erfordert.
In dieser Verkehrssituation ist die von der Klägerin geplante Werbeanlage, die in einer Höhe von 5,2 m in direkter Blickrichtung der in die Bahnunterführung einfahrenden Verkehrsteilnehmer, mithin unentrinnbar wahrnehmbar und mit entsprechender Fernwirkung am Brückengeländer angebracht werden soll, geeignet, die Aufmerksamkeit vom Verkehrsgeschehen abzulenken. Eine Bannerwerbung am Geländer der Eisenbahnbrücke, die herkömmlicherweise eine Fülle von Informationen enthält, würde die Wahrnehmung des Gefahrenhinweis-Zeichens behindern und von den verkehrlichen Anforderungen ablenken. Dies hätte gefährdende Auswirkungen auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.
3.
Ob dem Vorhaben darüber hinaus gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO entgegensteht, kann dahinstehen.
Entsprechend der gefestigten Rechtsprechung, wonach Werbeanlagen ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie das Bauwerk zu einem Werbeträger umfunktionieren (vgl. für Fassadenwerbung BayVGH, U. v. 11.11.2014 – 15 B 12.2765 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 24.9.2002 – 14 ZB 02.1849 – juris – Rd.Nr. 2) oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. OVG Berlin, B.v. 7.1.2002 – 2 SN 30.01 – NVwZ 202, 489 – juris LS 3 und RdNr. 16), spricht unter Berücksichtigung der Dominanz und Fernwirkung der geplanten Werbeanlage einiges für eine solche verunstaltende Wirkung, insbesondere im Hinblick auf die bereits vorhandenen Werbeanlagen am Vorhabensstandort.
4.
Auch die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens kann darüber hinaus dahinstehen. Der Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB steht dem Vorhaben insoweit nicht entgegen, als das Vorhaben den Zwecken des Eisenbahnbetriebs nicht widerspricht. Aus der Betriebsfremdheit einer Werbeanlage kann nicht geschlossen werden, dass sie der fachplanerischen Zweckbestimmung einer Eisenbahnanlage widersprechen würde (vgl. BayVGH, U. v. 9.12.2010 – 2 B 09.1500 – juris). Ein solches Widersprechen ist für die streitgegenständliche Werbeanlage nicht anzunehmen, da es den dem Eisenbahnverkehr gewidmeten Flächen keinen ins Gewicht fallenden Raum entzieht und mit dem Erscheinungsbild von Eisenbahneinrichtungen vereinbar erscheint (vgl. BVerwG vom 16.12.1988 BVerwGE 81, 111; BayVGH, U. v. 17.11.2008 - 14 B 06.3096 – juris; BayVGH, U. v. 9.12.2010, a. a. O.).
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
B e s c h l u s s:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.