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OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.05.2018 - 4 A 1372/16

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Köln vom 9.5.2016 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 2.561,67 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der §§ 84 Abs. 2 Nr. 2, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 ff. = juris, Rn. 15.

Das Zulassungsvorbringen stellt die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht schlüssig in Frage. Der Kläger hat die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 11.11.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 2.4.2015 betreffend die Förderperiode 2009 seien rechtmäßig, nicht mit erheblichen Gründen in Zweifel gezogen.

Er hat, obwohl ihm hierzu Gelegenheit gegeben worden ist, nicht nachgewiesen, dass er nach der an der Förderrichtlinie ausgerichteten Zuwendungspraxis der Beklagten zum Kreis der Zuwendungsberechtigten gehörte. Nach bereits erfolgter Bewilligung einer Zuwendung ist nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht maßgeblich, was die Behörde bei ihrer Erklärung gedacht hat (innerer Wille), sondern wie der Bürger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.2.1983 - 7 C 70.80 -, DVBl. 1983, 810 = juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 8.3.2018 ? 4 A 182/16 ?, juris, Rn. 5 f., m. w. N.

Für den Kläger war sowohl aus dem Bewilligungsbescheid für das Jahr 2009 als auch aus der einschlägigen Förderrichtlinie erkennbar, dass die Beklagte den Kreis der Zuwendungsberechtigten auf diejenigen Unternehmen festgelegt hat, die als Betreiber gewerblichen Güterkraftverkehrs eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 GüKG innehaben.

Die Beklagte hat mit dem Erlass des Zuwendungsbescheides vom 23.11.2009 gegenüber dem Kläger deutlich gemacht, dass sie ihre Zuwendungspraxis an den Vorgaben der einschlägigen Förderrichtlinie ausrichtet. Sie hat dem Kläger eine Zuwendung für die Zeit vom 28.5.2009 bis 31.12.2009 (Bewilligungszeitraum) gemäß der Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung über die Förderung der Sicherheit und der Umwelt in Unternehmen des Güterkraftverkehrs mit schweren Nutzfahrzeugen vom 3.2.2009 (BAnz. S. 629 ff.) - "Deminimis"-Förderrichtlinie - bewilligt. Dabei hat sie Bezug genommen auf den Antrag des Klägers vom 28.5.2009, in dem dieser erklärt hatte, als antragstellendes Unternehmen Güterkraftverkehr im Sinne des § 1 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) durchzuführen (Ziffer 5.1, 1. Spiegelstrich des Antrags). Gleichzeitig hatte der Kläger bestätigt, dass er die "Deminimis"-Förderrichtlinie zur Kenntnis genommen habe und als verbindlich anerkenne. Nach Nr. 3.1 der "Deminimis"-Förderrichtlinie gehören zum Kreis der Zuwendungsberechtigten Unternehmen, die unter anderem Güterkraftverkehr im Sinne des § 1 GüKG durchführen. Nach § 3 Abs. 1 GüKG ist der gewerbliche Güterkraftverkehr erlaubnispflichtig und im Falle der fehlenden Erlaubnis mit einer Geldbuße bewehrt (§ 19 Abs. 1 Nr. 1b GüKG). Da ein illegaler Betrieb nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werden kann, stand nach dem objektiven Empfängerhorizont fest, dass nur ein Unternehmen Zuwendungen erhalten kann, das selbst über die erforderliche güterkraftverkehrsrechtliche Erlaubnis verfügt.

Der Kläger hat jedoch nicht den Nachweis erbracht, dass er im Förderzeitraum über eine auf ihn als Einzelkaufmann ausgestellte Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr im Sinne von §§ 1, 3 GüKG verfügte. Auf dieses Erfordernis war er mit der unter dem 2.9.2014 erfolgten Anhörung zur beabsichtigten Aufhebung des Zuwendungs- und des Abrechnungsbescheides ausdrücklich hingewiesen worden.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist ihm die der Transportbetrieb E. GmbH erteilte Erlaubnis nicht zuzurechnen. Die Erlaubnis nach § 3 GüKG wird personen- bzw. unternehmensbezogen erteilt. Dies ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 2 GüKG, wonach die Erlaubnis einem Unternehmer, dessen Unternehmen seinen Sitz im Inland hat, für die Dauer von bis zu zehn Jahren erteilt wird. Randnummer 8 Buchstabe a der gemäß § 23 Abs. 1 GüKG erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Güterkraftverkehrsrecht vom 8.4.2009 (GüKVwV, BAnz. S. 1476 ff.) bestimmt hierzu, dass unter anderem einzelne natürliche Personen, die ein Güterkraftverkehrsgewerbe betreiben, Unternehmer im Sinne des Güterkraftverkehrsgesetzes sind. Auch Randnummern 16 und 17 GüKVwV verdeutlichen die Personen- bzw. Unternehmensgebundenheit der Erlaubnis. Danach ist sowohl bei einer Rechtsformänderung ein neues Erteilungsverfahren als auch bei einer reinen Namensänderung eine Berichtigung der Erlaubnis erforderlich.

Vgl. zur Rechtsformänderung OVG NRW, Beschlüsse vom 12.9.2016 ? 4 A 1613/15 ?, juris, Rn. 5 f., und vom 12.6.2014 ? 4 A 488/14 ?, juris, Rn. 3; BR-Drs. 940/08 vom 3.12.2008, Seite 12.

Eine Zurechnung der der GmbH erteilten Erlaubnis ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgetragenen Firmenverbund zwischen ihm als Einzelkaufmann und der der GmbH.

Der vorgetragene Firmenverbund mit der GmbH ändert nichts an dem gesetzlichen Erfordernis der Erlaubnis für das jeweilige antragstellende Unternehmen. Weder die in Nr. 3.3.1 und 3.3.2 der erst am 1.10.2014 in Kraft getretenen Richtlinie über die Förderung der Sicherheit und Umwelt des Güterkraftverkehrs mit schweren Nutzfahrzeugen vom 11.8.2014 (BAnz AT 25.8.2014 B5) vorgenommene Definition des Unternehmensbegriffs,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.3.2018 ? 4 A 182/16 ?, juris, Rn. 12,

noch der Verweis auf die dieser Regelung zugrunde liegende Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18.12.2013 (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1 ff.) führen zu einer anderweitigen rechtlichen Einschätzung. Abgesehen von ihrer fehlenden Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall zielen die Vorschriften nicht auf eine Vereinfachung der Antragstellung für verbundene Unternehmen, sondern bezwecken den Ausschluss von verbotenen Beihilfekumulierungen und damit Wettbewerbsverzerrungen bei verbundenen Unternehmen.

Vgl. Erwägungsgründe 3, 4 und 12 der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013.

Dem steht auch nicht das vom Kläger zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.6.2002 ? C-382/99 ? entgegen. Der Gerichtshof hat auch dort die Beihilfeberechtigung von verbundenen Unternehmen ausschließlich unter dem Aspekt der verbotenen Beihilfekumulierung gewertet. Hierzu hat er ausgeführt:

"In der Sache ist festzustellen, dass die in Rede stehende Regelung, indem sie die Gewährung von Beihilfen je Tankstelle vorsieht, ohne weiteres dem Eigentümer mehrerer Tankstellen, die er selbst betreibt, die Möglichkeit bietet, ebenso viele Beihilfen zu erhalten, wie er Tankstellen besitzt. Eine derartige Regelung birgt daher die Gefahr der Überschreitung der "Deminimis"-Schwelle je Empfänger, die nach der Mitteilung verboten ist."

Vgl. EuGH, Urteil vom 13.6.2002 ? C-382/99 ?, Niederlande gegen Kommission, juris, Rn. 37.

Es ist auch in der Sache nicht ersichtlich, warum verbundenen Unternehmen eine Erleichterung des Nachweises der Durchführung von Güterkraftverkehr zukommen sollte. Eine gesonderte Antragstellung ist für jedes den Gütertransportverkehr durchführende Unternehmen bei Erfüllen der erforderlichen Voraussetzungen ohne weiteres möglich und zumutbar. Die vom Kläger befürwortete Zurechnung der der GmbH erteilten Erlaubnis führte vielmehr zu einer Vermischung der Fördervoraussetzungen, die wiederum die Gefahr von verbotenen Beihilfekumulierungen aufwiese.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gleichwohl davon ausgehen durfte, die Beklagte werde ihm die Zuwendung auch ohne die erforderliche Erlaubnis gewähren, liegen nicht vor. Insbesondere lässt sich aus der auf Vorlage des Verwendungsnachweises und entsprechender Lohnabrechnungen erfolgten Erteilung des Abrechnungsbescheides vom 10.5.2011 im Zuwendungsverfahren für die Förderperiode 2010 nicht entnehmen, dass die Beklagte auf die Erfüllung der Voraussetzung nach Nr. 3.1 der Förderrichtlinie verzichtet. Aus dem dortigen Verwendungsnachweis vom 10.2.2011 ergibt sich deutlich, dass der Kläger die entstandenen Kosten für die durchgeführten Maßnahmen geltend macht. Anderweitiges ergibt sich auch nicht aus den dort nachgereichten Lohnabrechnungen. Ungeachtet des im Vergleich zum aufgedruckten Firmenstempel des Klägers sehr klein gedruckten Hinweises auf die Arbeitgebereigenschaft der GmbH ist nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagte diesem Hinweis einen schon bei Antragstellung bestehenden Firmenverbund und erst recht eine fehlende Erlaubnis des Klägers hätte entnehmen können.

Dementsprechend gibt das Zulassungsvorbringen auch nichts Durchgreifendes dafür her, dass dem Kläger entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts Vertrauensschutz im Sinne von § 48 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwVfG zukommen könnte. Auch insoweit hat er die Annahme des Verwaltungsgerichts, Vertrauensschutz sei gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG ausgeschlossen, nicht in Frage gestellt. Denn er hat weder dargelegt noch belegt, dass seine Angaben im Zuwendungsantrag entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts korrekt und vollständig gewesen sein könnten. Er hat im ganzen Verfahren seit der behördlichen Anhörung weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass er selbst im Jahr 2009 gewerblichen Güterkraftverkehr mit einer entsprechenden Erlaubnis durchführt hat. Dass der Kläger die einzelkaufmännisch geführte Firma und die GmbH als Einheit gesehen und eine Zuwendungsberechtigung jedenfalls für die Einheit angenommen haben könnte, musste im Rahmen der Ermessenserwägungen nicht berücksichtigt werden. Es kam ausschließlich auf die Abgabe ordnungsgemäßer Erklärungen bei Antragstellung an. Auch im Übrigen sind Ermessensfehler der Beklagten entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere handelt es sich bei einer fehlenden güterkraftverkehrsrechtlichen Erlaubnis nicht nur um einen formalen Antragsfehler, sondern um das Fehlen der Berechtigung zur Durchführung gewerblichen Gütertransportverkehrs im Sinne von §§ 1, 3 GüKG und damit der Berechtigung für die beantragte Zuwendung.

Der Einwand, die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei bereits vor Erlass des Aufhebungsbescheides vom 11.11.2014 abgelaufen, verfängt nicht. Nach dem Normzweck des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW handelt es sich bei der Jahresfrist nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. Der zuständigen Behörde wird ein Jahr Zeit eingeräumt, um die Entscheidung über die Rücknahme bzw. den Widerruf des Verwaltungsakts zu treffen. Daraus folgt, dass die Frist erst bei vollständiger behördlicher Kenntnis der für die Entscheidung maßgebenden Sach- und Rechtslage zu laufen beginnt. Erst wenn die Behörde auf der Grundlage aller entscheidungserheblichen Tatsachen den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Aufhebungsbefugnis zusteht, muss sie innerhalb eines Jahres entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die weiteren Voraussetzungen des § 48 VwVfG gegeben sind. Dies ist anzunehmen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung imstande ist, diese gesetzlichen Voraussetzungen zutreffend zu beurteilen, und daraus die richtigen Schlüsse zieht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.6.2012 - 2 C 13.11 -, BVerwGE 143, 230 = juris, Rn. 27 bis 29, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 8.3.2018 ? 4 A 182/16 ?, juris, Rn. 16 f., m. w. N.

Diese Kenntnis hatte die Beklagte frühestens mit der am 29.9.2014 erfolgten Reaktion des Klägers auf die Anhörung vom 2.9.2014 zur beabsichtigten Aufhebung des Zuwendungsbescheides für das Förderjahr 2009.

Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von §§ 84 Abs. 2 Nr. 2, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die sinngemäß aufgeworfene Frage,

ob es deklaratorischen oder konstitutiven Charakter habe, dass in der Verordnung Nr. 1407/2013 eine Definition für ein verbundenes Unternehmen gegeben sei und die Antragstellung für das Unternehmen erfolgen könne,

stellt sich vorliegend nicht, weil die Verordnung ? wie oben ausgeführt ? keinen Einfluss auf das gesetzliche Erfordernis der Erlaubnis nach § 3 GüKG nimmt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Lukas Jozefaciuk