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OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2016 - I - 1 U 112/15

Tenor

Die Berufung der Drittwiderbeklagten wird verworfen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.267,30 Euro zu zahlen. Die Beklagte zu 1) wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.267,30 Euro seit dem 20.03.2014 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 150,65 Euro zu zahlen.

Auf die Widerklage werden die Klägerin und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte zu 1) 4.630,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2014 zu zahlen. Die Drittwiderbeklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Beklagte zu 1) weitere 575,21 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2014 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 9%, die Beklagte zu 1) zu weiteren 18%, die Klägerin zu 46% und die Drittwiderbeklagte zu 18%. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen beide Beklagten als Gesamtschuldner zu 9%, die Beklagte zu 1) zu weiteren 18%, im Übrigen die Klägerin selbst. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten trägt die Beklagte zu 1) zu 27% und im Übrigen die Drittwiderbeklagte selbst. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin zu 46%, die Drittwiderbeklagte zu 18% und im Übrigen die Beklagte zu 1) selbst. Die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 46% und im Übrigen die Beklagte zu 2) selbst.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 75% und die Drittwiderbeklagte zu 25%. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Drittwiderbeklagten haben diese jeweils selbst zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst auf die Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil des Landgerichtes Bezug genommen. Die Drittwiderbeklagte bog im morgendlichen Berufsverkehr des 29.01.2014 mit dem Fahrzeug der Klägerin, einem Audi A3, von der A.STRAßE in B. nach links in die untergeordnete C.STRAßE ab. Ein ihr im Längsverkehr entgegenkommendes vom Zeugen D. gesteuertes Fahrzeug hatte im Kreuzungsbereich angehalten, um ihr dieses Abbiegen zu ermöglichen und ihr ein entsprechendes Signal gegeben. Hinter dem Fahrzeug des Zeugen D. näherte sich das von dem Beklagten zu 2) geführte Fahrzeug der Beklagten zu 1), ein Pkw der Marke Skoda. Der Beklagte zu 2) ging irrtümlich davon aus, das angehaltene Fahrzeug des Zeugen D. beabsichtigte nach links abzubiegen, obwohl der Fahrtrichtungsanzeiger nicht aktiviert worden war. Er fuhr deshalb rechts am Fahrzeug des Zeugen vorbei. Es kam daraufhin zu einem Zusammenstoß zwischen den Fahrzeugen der beiden Parteien, deren Fahrzeugführer einander erst kurz vor der Kollision wahrgenommen hatten.

Im vorliegenden Verfahren machen die Klägerin und die Beklagte zu 1) deshalb wechselseitig Schadensersatzansprüche geltend (Netto-Reparaturkosten, Kosten für vorgerichtlich eingeholte Privatgutachten sowie Mietwagenkosten bzw. Nutzungsausfallentschädigung und eine allgemeine Unfallpauschale). Der Klägerin war insgesamt ein Schaden in Höhe von 6.801,91 Euro entstanden. Der von der Beklagten zu 1) in Höhe von 7.808,69 Euro bezifferte Schaden war in erster Instanz noch hinsichtlich des den Reparaturkosten zu Grunde liegenden Stundensatzes umstritten.

Das Landgericht hat - nach Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens - mit seinem Urteil vom 18.06.2015 die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.267,30 Euro zu zahlen und im Gegenzug die Klägerin sowie die Drittwiderbeklagte gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 5.205,80 Euro an die Beklagte zu 1) verurteilt. Ferner hat es teilweise Zinsen und Rechtsanwaltskosten zugesprochen und im Übrigen die Klage und die Widerklage abgewiesen. Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht eine Haftungs-Quote der Klägerin und der Drittwiderbeklagten in Höhe von 2/3 und der beiden Beklagten im Umfang von 1/3 zu Grunde gelegt.

Diese Quote rechtfertige sich auf Grund einer Abwägung der Verursachungsbeiträge: Denn neben der vom Fahrzeug der Klägerin ausgehenden allgemeinen Betriebsgefahr habe die Drittwiderbeklagte damals die Pflicht des § 9 Abs. 3 StVO verletzt, indem sie sich auf das Signal des Zeugen D. verlassen und dadurch auf den Gegenverkehr nicht mehr genügend geachtet habe. Auf der anderen Seite habe der Beklagte zu 2) gegen die Vorschrift des § 1 StVO verstoßen, indem er an dem Fahrzeug des Zeugen D. in einer Weise vorbei gefahren sei, ohne auf das abbiegende Fahrzeug der Klägerin rechtzeitig reagieren zu können. Es sei zwar nicht grundsätzlich verboten gewesen, rechts am Fahrzeug des Zeugen vorbei zu fahren, zumal die A.STRAßE dafür genügend Platz gelassen habe. Doch hätte der Beklagte zu 2) nur vorsichtig und jederzeit bremsbereit das Fahrzeug passieren dürfen.

Gegen das ihnen am 22.06.2015 zugestellte Urteil des Landgerichtes wenden sich die Klägerin und die Drittwiderbeklagte mit ihrer Berufung. Die Berufung der Klägerin ging am 01.07.2015 bei Gericht ein, die Berufung der Drittwiderbeklagten erst am 22.09.2015.

Die Klägerin und die Drittwiderbeklagte halten ihren erstinstanzlichen Sachvortrag aufrecht. Sie wenden sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichtes und die auf diesen beruhende Haftungs-Quote. Die Beklagten verteidigen unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages die angefochtene Entscheidung und treten dem Berufungsvorbringen entgegen.

In zweiter Instanz haben die Beklagte zu 1) und die Klägerin (nur im Verhältnis dieser beiden Parteien zueinander) im Rahmen des Verhandlungstermins vom 19.04.2016 wechselseitig unstreitig gestellt, dass die Höhe des Stundenverrechnungssatzes in einer Markenwerkstatt von Skoda 98 Euro beträgt.

II.

Die Berufung der Drittwiderbeklagten ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Sie ist nämlich erst nach der vorgegebenen Frist von einem Monat (§ 517 ZPO) eingelegt worden. Denn während ihr das angefochtene Urteil bereits am 22.06.2015 zugestellt worden war, ist ihre Berufung erstmals am 22.09.2016 erklärt worden, nämlich zusammen mit der Berufungsbegründung der Klägerin.

Die - auch sonst zulässige - Berufung der Klägerin war hingegen rechtzeitig, nämlich schon am 01.07.2015, eingelegt worden.

Die Berufung der Klägerin ist auch teilweise begründet.

Allerdings ist die vom Landgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Haftungsverteilung nicht zu beanstanden. Denn trotz der Verstöße des Beklagten zu 2) gegen seine Pflichten aus den § 5 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 StVO sowie § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO ist dem Verstoß der Drittwiderbeklagten gegen die Vorschrift des § 9 Abs. 3 StVO das größere Gewicht beizumessen.

Im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1) geltend gemachte Schadenshöhe ist das Urteil des Landgerichtes allerdings anzupassen. Für die Berechnung der berechtigten Reparaturkosten ist nämlich an Stelle eines Stundensatzes von geltend gemachten 135 Euro lediglich ein Stundenlohn von 98 Euro anzusetzen. Diesen Betrag haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) in zweiter Instanz übereinstimmend unstreitig gestellt, um die Kosten eines hierauf gerichteten Sachverständigen-Gutachtens zu vermeiden. Auf Basis dieses niedrigeren Stundenlohns steht der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin lediglich ein Anspruch in Höhe von 4.630,59 Euro zu.

Auf die unveränderte Haftung der Drittwiderbeklagten in Höhe von 5.205,80 Euro wirkt sich dies allerdings nicht zu. Denn deren Abänderung war mit der unzulässigen Berufung der Drittwiderbeklagten nicht zu erreichen.

Im Einzelnen:

A.

Die wechselseitigen Ansprüche der Klägerin und der Beklagten zu 1) folgen jeweils aus den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG.

Nach § 7 Abs. 1 StVG hat der Halter dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen, der entsteht, wenn bei dem Betrieb seines Kraftfahrzeuges eine Sache beschädigt wird. Nach § 18 Abs. 1 StVG ist in diesem Fall auch der Führer des Fahrzeuges zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Diese Voraussetzungen sind hier für beide Parteien erfüllt:

Auf der einen Seite wurde das Auto der Klägerin beim Betrieb des vom Beklagten zu 2) geführten Fahrzeugs beschädigt, dessen Halterin die Beklagte zu 1) war. Der Unfall war für die Beklagten auch nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gewesen. Im Gegenteil hat der Beklagte zu 2) den Unfall damals mitverschuldet, indem er gegen die Vorschriften des § 5 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 StVO sowie § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO verstoßen hat, wie im Folgenden noch auszuführen sein wird.

Auf der anderen Seite war auch die Klägerin im Unfallzeitpunkt Halterin eines am Unfall beteiligten Fahrzeuges, welches von der Drittwiderbeklagten geführt wurde. Dabei war der Unfall auch für die Klägerin und die Drittwiderbeklagte nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG. Vielmehr ist dieser durch einen Verstoß der Drittwiderbeklagten gegen die Vorschrift des § 9 Abs. 3 StVO hervorgerufen worden, wie noch aufzuzeigen sein wird.

B.

Das Ausmaß der anteiligen Mithaftung der jeweils anderen Partei bestimmt sich gemäß §§ 17 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 StVG. Denn die diesbezügliche Voraussetzung ist jeweils gegeben, dass nicht nur der Schädiger, sondern auch der durch den Unfall Geschädigte kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist: Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1) sind gleichzeitig Geschädigte und zum Schadensersatz nach § 7 Abs. 1 StVG verpflichtet (siehe oben unter Ziffer A).

C.

Bei der nun vorzunehmenden Abwägung nach § 17 StVG kommt es nach dem Gesetz insbesondere darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Dabei ist nach diesen Vorschriften in erster Linie das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten bzw. deren Fahrzeuge zur Schadensentstehung beigetragen haben, wobei das auf der einen oder anderen Seite vorhandene individuelle Verschulden der Fahrzeuglenker nur einen Faktor der Abwägung darstellt (BGH NJW 2013, 3235; NJW-RR 2008, 335).

Im Rahmen dieser Bewertung sind nur unstreitige oder bewiesene Umstände zu berücksichtigen (BGH NJW 2007, 506; Senat, Urteil vom 01.03.2016, I-1 U 108/15; Urteil vom 08.10.2011, I-1 U 17/11; KG Berlin NZV 2003, 201). Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Nachteil gereichen und aus denen er die nach der Abwägung günstigen Rechtsfolgen für sich herleiten will (BGH NZV 1996, 231).

1.

Hinsichtlich der Seite der Beklagten sind die nachfolgenden Verursachungsbeiträge zu berücksichtigen:

a.

Zunächst einmal ist hier die von dem Fahrzeug der Beklagten zu 1) ausgehende allgemeine Betriebsgefahr in die Bewertung einzustellen.

b.

Ein Verstoß des Beklagten zu 2) gegen die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO hat diese nicht erhöht.

Nach dieser Regelung darf innerhalb einer Ortschaft ein Tempo von 50 km/h auf jeden Fall nicht überschritten werden. Ein solcher Geschwindigkeitsverstoß lässt sich aber nicht feststellen. Der Sachverständige hat hierfür nämlich keine Anhaltspunkte finden können (Seite 9 dessen Gutachtens, Bl. 132 GA). Dies hat das Landgericht in seinem Urteil zutreffend festgestellt (Urteil Seite 7 oben, Bl. 189 GA), was von der Berufung auch nicht in Zweifel gezogen wird.

c.

Doch ist dem Beklagten zu 2) ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO vorzuwerfen, welcher sich auch auf Unfall ausgewirkt hat.

Nach dieser Vorschrift muss ein Fahrzeugführer die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs unter anderem den Verkehrs- und Sichtverhältnissen anpassen. So muss er insbesondere seine Geschwindigkeit reduzieren, wenn seine Sicht durch andere Fahrzeuge behindert wird und sich für ihn deshalb die Verkehrslage vor ihm als unklar darstellt, also ihre Entwicklung nicht sicher zu beurteilen ist. Er muss so langsam fahren, dass er auf die zu erwartenden Gefahren sicher reagieren kann (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 3 Rdn 29).

Dem ist der Beklagte zu 2) damals nicht gerecht geworden: Da ihm durch das Fahrzeug des Zeugen D. die Sicht auf den Kreuzungsbereich weitgehend genommen war, konnte er links abbiegende Fahrzeuge nicht sehen. Angesichts dessen durfte er nur sehr langsam und jederzeit bremsbereit an dem Fahrzeug des Zeugen D. vorbei fahren. Dies hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt (Urteil Seite 6, Bl. 188 GA). Unter Missachtung dessen ist der Beklagte zu 2) aber mit einem Tempo von wenigstens 20 km/h gefahren. Das hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 18.03.2015 an Hand des Ausmaßes der Fahrzeugschäden nachvollziehbar ableiten können (Gutachten Seite 6 oben, Seite 9, Bl. 129 f. GA). Angesichts dieses zu schnellen Tempos hat der Beklagte zu 2) damals nicht mehr rechtzeitig auf das abbiegende Fahrzeug der Klägerin reagieren können.

d.

Die Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Beklagten zu 1) war damals zusätzlich erhöht durch einen - für den Unfall ursächlichen - Verstoß des Beklagten zu 2) gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO.

Nach dieser Regelung ist ein Überholmanöver generell verboten, wenn eine unklare Verkehrslage vorherrscht. Unklar ist eine Verkehrslage dabei immer dann, wenn angesichts der Verkehrssituation nicht mit einem ungefährdeten Überholen gerechnet werden darf (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 5 StVO Rdn 34 m.w.N.), etwa weil sich - nach objektiven Maßstäben - nicht verlässlich beurteilen lässt, wie sich der Vorausfahrende gleich verhalten wird (Senat, Urteil vom 17.12.2013, I-1 U 30/13; Urteil vom 30.04.2013, I-1 U 131/12). Dass eine Verkehrssituation in diesem Sinne unklar ist, wenn sich ein vorausfahrendes Fahrzeug zwar links einordnet, aber nicht den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt, hat der Senat bereits wiederholt entschieden und hält hieran fest (Senat, Urteil vom 30.04.2013, I-1 U 131/12; Urteil vom 20.11.2006, I-1 U 98/06; Urteil vom 21.01.2002; I-1 U 86/01; Urteil vom 18.06.2001, I-1 U 106/00; ebenso Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 5 StVO Rdn 34 und Rdn 67; BayObLG NJW 1966, 414; OLG Köln RuS 1993, 136).

Gegen diese Pflicht hat der Beklagte zu 2) schuldhaft verstoßen, indem er damals das Fahrzeug des Zeugen D. rechts überholt hat, wodurch es zu dem Unfall kam. Die Verkehrslage ist für ihn damals unklar gewesen: Denn die Beklagten behaupten zwar, dass der Zeuge D. sein Fahrzeug nach links hin eingeordnet habe. Unstreitig hat der Zeuge aber den Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt, so dass sich dem Beklagten zu 2) zumindest ein widersprüchliches und damit unklares Verhalten des Fahrzeugs vor ihm bot. Darüber hinaus konnte der Beklagte zu 2) zu erwartende Linksabbieger nicht sehen, weil ihm durch das Fahrzeug des Zeugen D. die Sicht auf den Kreuzungsbereich weitgehend genommen war (siehe oben).

e.

Darüber hinaus hat der Beklagte zu 2) damit auch gleichzeitig gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 1 StVO verstoßen.

Nach dieser Vorschrift des § 5 Abs. 1 StVO ist ein anderes Fahrzeug stets links zu überholen. Ein Überholen auf der rechten Seite eines Fahrzeuges ist nur in besonderen Ausnahmesituationen zulässig. So ist ein Überholen auf der rechten Seite gemäß § 5 Abs. 7 StVO dann vorgesehen, wenn ein vorausfahrender Linksabbieger seine Absicht, links abzubiegen, angekündigt und sich bereits entsprechend eingeordnet hat. Darüber hinaus dürfen gemäß § 7 Abs. 3 StVO Pkws mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t innerhalb geschlossener Ortschaften ausnahmsweise dann rechts vorbeifahren, wenn auf der Fahrbahn nebeneinander mehrere in gleiche Richtung führende Fahrstreifen markiert sind. Auch darf gemäß § 7 Abs. 2 StVO rechts schneller gefahren werden als links, wenn eine besondere Verkehrsdichte zu einer Schlangenbildung führt, was innerhalb einer Ortschaft angenommen werden kann, wenn sich mindestens 3 Fahrzeuge hintereinander stauen (Senat, Urteil vom 26.03.2007, I-1 U 226/06).

Gegen diese Pflichten hat der Beklagte zu 2) mit seinem Überholen des Fahrzeugs des Zeugen D. auf der rechten Seite ebenfalls schuldhaft verstoßen. Ein Ausnahmefall, der ein Überholen auf der rechten Seite erlaubt hätte, war nicht gegeben. Zum einen lag kein Fall des § 5 Abs. 7 StVO vor, da der Zeuge D. unstreitig den Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt, mithin keine Absicht angezeigt hat, nach links abbiegen zu wollen. Zum anderen war auch kein Fall des § 7 Abs. 3 StVO gegeben, da auf der Fahrspur des Zeugen D. und des Beklagten zu 2) zwar zwei Fahrzeuge nebeneinander fahren konnten, es jedoch an einer Markierung zweier verschiedener Fahrspuren fehlte. Schließlich war auch keine Schlangenbildung entstanden: Es wurde schon nicht vorgetragen wurde, dass vom Beklagten zu 2) weitere Fahrzeuge überholt worden wären, die sich hinter dem Pkw des Zeugen D. gestaut hätten.

Diese seine Pflichten hätten dem Beklagten zu 2) auch bewusst sein müssen. Der Verstoß des Beklagten zu 2) war auch mitursächlich für den Unfall, weil dieser ohne das Überholmanöver des Beklagten zu 2) von vornherein nicht geschehen wäre.

2.

Hinsichtlich der Klägerin und der Drittwiderbeklagten sind die nachfolgenden Verursachungsbeiträge zu berücksichtigen:

a.

Zunächst einmal ist hier die von dem Fahrzeug der Klägerin ausgehende allgemeine Betriebsgefahr in die Bewertung einzustellen.

b.

Diese Betriebsgefahr war vorliegend durch einen fahrlässigen Verstoß der das Fahrzeug führenden Drittwiderbeklagten gegen die Vorschriften des § 9 Abs. 3 StVO erhöht, welcher sich auch auf das Unfallgeschehen ausgewirkt hat.

(1)

Nach der Vorschrift des § 9 Abs. 3 StVO muss derjenige, der abbiegen will, entgegen kommenden Fahrzeuge die Vorfahrt gewähren und diese durchfahren lassen. Dazu muss er sich vorher vergewissern, dass die Straße für ihn frei ist. Wenn ein Linksabbieger dabei wegen eines Hindernisses den Gegenverkehr nicht sehen kann, muss er sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hinein tasten, bis die notwendige Übersicht für ihn gegeben ist (BGH NZV 2005, 249; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 9 Rdn 39; OLG Celle NZV 1994, 193).

Auch dann, wenn dem zum Warten verpflichteten Abbiegenden ein einzelner Entgegenkommender den Vorrang einräumen will, entbindet ihn dies nicht davon, selbst sicherzustellen, dass von seinem Abbiegen keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeht (Senat, Urteil vom 26.08.2014, I-1 U 151/13, abgedruckt in: Schaden-Praxis 2014, 403; Urteil vom 11. März 2014, I-1 U 71/13; Urteil vom 29.09.2009, I-1 U 163/08; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 9 Rdn 39; KG Berlin NZV 2003, 182).

Die Wartepflicht des Abbiegenden entfällt auch nicht deshalb, weil sich ein bevorrechtigter Fahrzeugführer seinerseits verkehrswidrig verhält (BGH NJW 1986, 2651). Dies gilt auch bei Verstößen gegen ein Überholverbot (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24.11.1999, 14 U 33/99, abgedruckt in: Schaden-Praxis 2000, 115).

(2)

Gegen diese Pflichten hat die Drittwiderbeklagte damals fahrlässig verstoßen. Bei genügender Aufmerksamkeit hätte sie die Annäherung des Fahrzeug der Beklagten zu 1) rechtzeitig vorher sehen können und müssen (nachfolgend Ziffer a). Dennoch ist sie ohne genügende Beobachtung des bevorrechtigten Verkehrs abgebogen, weil sie sich zu Unrecht auf das Signal des Zeugen D. verlassen hat (nachfolgend Ziffer b). Doch kommt es hierauf nicht einmal an, da die Drittwiderbeklagte sich damals ohnehin nicht vorsichtig genug in die Kreuzung hinein getastet hat (nachfolgend Ziffer c).

(a)

Wenn die Drittwiderbeklagte auf den bevorrechtigten, aus der Gegenrichtung kommenden Längsverkehr genügend geachtet hätte, wäre das Fahrzeug des Beklagten zu 2) für sie erkennbar gewesen. Dies hat das Landgericht zutreffend festgestellt (Urteil Seite 7 oben, Bl. 189 GA) und sich dabei auf die nachvollziehbaren und überzeugenden Ermittlungen des Sachverständigen stützen können: Aus der Halteposition, welche das Fahrzeug der Klägerin vor dem Einleiten des Abbiege-Vorganges einnahm, war "die A.STRAßE über eine Strecke von mindestens 130 m [zu] überblicken." (Seite 9 des Gutachtens des Sachverständigens, Bl. 132 GA). Zur Überbrückung der Distanz zwischen dieser Halteposition und dem späteren Kollisionsort musste die Drittwiderbeklagte etwa 11 m zurücklegen. Bei einer - wie von der Klägerin und Drittwiderbeklagten behaupteten - nur geringen Geschwindigkeit beim Abbiegen erforderte dies eine Zeitspanne von ungefähr 5 Sekunden (dazu Seite 7 des Gutachtens, Bl. 130 GA). Es ist nicht denkbar, dass der Beklagten zu 2) bei Beginn des Abbiege-Vorganges, also etwa 5 Sekunden vor dem Unfall, noch weiter als 130 m entfernt war, sich also noch außerhalb des Sichtradius der Drittwiderbeklagten befand. Denn um die 130 Meter in nur 5 Sekunden zurücklegen zu können, hätte er dann mit einem Tempo von rund 95 km/h unterwegs gewesen sein müssen (95.000 km/h / 3600 Sekunden je Stunde = 26,39 m/s x 5 Sekunden = 131,95 m). Vorliegend gibt es aber nicht einmal einen Anhaltspunkt geschweige denn einen Nachweis, dass das Fahrzeug überhaupt schneller als die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gewesen ist. Unter Berücksichtigung dessen muss der Beklagte zu 2) noch 70 m von der Kreuzung entfernt und bereits längere Zeit im Blickfeld der Drittwiderbeklagten gewesen sein, als diese ihren Abbiege-Vorgang einleitete (Seite 9 des Gutachtens des Sachverständigen, Bl. 132 GA).

Ohne Erfolg greift die Klägerin mit ihrer Berufung die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichtes an, indem sie nun geltend macht, der Sachverständige habe die damals vorherrschende Dämmerung sowie eine Sichtbehinderung für die Drittwiderbeklagte nicht berücksichtigt, welche durch einen "Verkehrsstau an [der] Kreuzung" (Seite 2 der Berufungsbegründung, Bl. 224b GA) hervorgerufen worden sei.

Denn die Angriffe der Klägerin sind gemäß § 531 ZPO verspätet und daher im Berufungsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig. Sie hätte das Gutachten rechtzeitig, nämlich bereits im Verfahren vor dem Landgericht, angreifen müssen.

Unabhängig davon wären die Angriffe aber auch in der Sache ohne Erfolg geblieben. Da die Klägerin selbst nicht behauptet, dass der Beklagte zu 2) sein Fahrzeug damals ohne Beleuchtung geführt habe, hätte sie den Scheinwerfer-Kegel von dessen Fahrzeug auch bei Dämmerung deutlich erkennen können. Soweit die Klägerin nunmehr erstmals eine Sichtbehinderung durch einen "Verkehrsstau" annehmen will, trägt sie schon nicht vor, an welcher Stelle sich denn weitere Fahrzeuge gestaut haben sollen, so dass eine Überprüfung ihrer Behauptung bereits deshalb nicht möglich wäre.

(b)

Die Drittwiderbeklagte hat sich zu Unrecht auf das Signal des Zeugen D. verlassen und deshalb dem bevorrechtigten Gegenverkehr zu wenig Beachtung gezollt.

Das hat das Landgericht zutreffend festgestellt (Urteil Seite 6, Bl. 188 GA). Dies ergibt sich deutlich aus der persönlichen Anhörung der Drittwiderbeklagten, anlässlich derer sie bekundet hat: "Nachdem Herr D. mir das Zeichen gegeben hatte, dass ich fahren könnte, habe ich in die C.STRAßE geschaut, ob von dort jemand kam oder ein Einfahren möglich war. Damit, dass ein Fahrzeug rechts an D. vorbeifahren würde, habe ich nicht gerechnet. Ich habe wohl mal dahin geschaut, aber konnte bevor ich abbog, nichts erkennen." (Seite 3 des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 16.09.2014, Bl. 101 oben GA). Dass die Drittwiderbeklagte mit Verkehr aus der Gegenrichtung überhaupt nicht gerechnet hat, passt mit ihrer Formulierung zusammen, lediglich "wohl mal dahin geschaut" zu haben. Dies genügte ihren Pflichten zur gewissenhaften Beachtung des Gegenverkehrs jedenfalls nicht.

Soweit die Berufungsbegründung die Äußerung der Drittwiderbeklagten offenbar anders interpretieren möchte und nunmehr erstmals behauptet, die Drittwiderbeklagte habe vor der Einleitung des Abbiege-Vorgangs nach Gegenverkehr Ausschau gehalten (Seite 2 der Berufungsbegründung, Bl. 224b GA), wäre dies schon gemäß § 531 ZPO nicht zu berücksichtigen. Denn in erster Instanz hat die Klägerin dies nie behauptet, sondern stets nur betont, sie hätte mit dem Fahrzeug der Beklagten nicht einmal rechnen müssen.

(c)

Doch kommt es weder auf die Feststellung des Landgerichtes noch auf den verspäteten Sachvortrag der Klägerin an. Denn die Drittwiderbeklagte hat damals bereits deshalb gegen § 9 Abs. 3 StVO verstoßen, weil sie sich nicht vorsichtig genug in die Kreuzung hinein getastet hat. Dies war erforderlich, da ihr durch das Fahrzeug des Zeugen D. keine freie Sicht auf den Kreuzungsbereich und den Gegenverkehr zur Verfügung stand. Angesichts dessen hätte sie sich nur sehr vorsichtig, Schritt für Schritt, in die Kreuzung hinein tasten dürfen, bis ihr die notwendige Sicht auf den Gegenverkehr möglich war (siehe bereits oben: BGH NZV 2005, 249; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 9 Rdn 39; OLG Celle NZV 1994, 193). Diesem Maßstab hat sie auch nach dem Sachvortrag der Klägerin und der Drittwiderbeklagten nicht genügt.

(3)

Dieses Verhalten der Drittwiderbeklagten ist auch fahrlässig gewesen. Auf die Grundsätze eines diesbezüglichen Beweises des ersten Anscheins kommt es dabei nicht einmal an. Denn die Drittwiderbeklagte hätte ihre oben dargestellten Pflichten kennen müssen und hat trotz dessen gegen diese verstoßen.

D.

Bei der Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles im Rahmen des § 17 StVG gelangt der Senat unter Berücksichtigung der vorstehend aufgelisteten jeweiligen Verursachungsbeiträge schließlich zu derselben Auffassung wie das Landgericht, dass nämlich eine Haftungs-Quote der Klägerin und der Drittwiderbeklagten auf der einen Seite und den Beklagten auf der anderen Seite im Verhältnis von 1/3 zu 2/3 angemessen ist.

Allerdings zieht der Verstoß eines Linksabbiegers gegen seine Wartepflicht in der Regel eine Haftung in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil nach sich (BGH NJW 2005, 1351; Senat, Urteil vom 05.02.2013, I-1 U 81/12; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 9 StVO, Rdn 55; Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 13. Auflage, Rdn 227). Auch wenn der Verkehrsverstoß der Drittwiderbeklagten messbar schwerer wiegt als das Fehlverhalten des Beklagten zu 2) ist im vorliegenden Fall jedoch im Hinblick auf das missachtete Überholverbot eine anteilige Mithaftung der Beklagten im Umfang von 1/3 gerechtfertigt.

E.

Der Höhe nach besteht unter Berücksichtigung der dargestellten Haftungs-Quote ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 2.267,30 Euro.

1.

Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden beträgt insgesamt 6.801,91 Euro netto und wird von den Beklagten der Höhe nach auch nicht in Zweifel gezogen.

2.

Die Klägerin ist insoweit auch vollumfänglich aktivlegitimiert.

a.

Diese Aktivlegitimation der Klägerin war allerdings hinsichtlich eines Teils ihres Schadens, nämlich der geltend gemachten Reparaturkosten, zeitweilig nicht gegeben. Denn dieser Anspruch war zwischenzeitlich gemäß § 86 VVG auf ihre Kasko-Versicherung übergegangen. Nach dieser Vorschrift des § 86 VVG geht ein Ersatzanspruch eines Geschädigten dann auf seine Versicherung über, wenn und soweit der Versicherer dem Geschädigten den ihm entstandenen Schaden ersetzt. Dieser Fall war hier eingetreten: Die Klägerin war ursprünglich gegenüber der von ihr in Anspruch genommenen Werkstatt zur Zahlung derjenigen Kosten verpflichtet, welche für die Reparatur ihres Fahrzeuges entstanden waren. Eben diese Kosten hat die Kasko-Versicherung der Klägerin für sie beglichen.

b.

Allerdings hat die Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreites die Aktivlegitimation wieder erlangt, nachdem die Kasko-Versicherung die auf sie übergegangen Ansprüche mit ihrem Schreiben vom 17.10.2014 an die Klägerin abgetreten hat.

Eine solche Abtretung der Versicherung an den Geschädigten ist zulässig (Voit in: Bruck/Möller, VVG, 9. Auflage 2009, § 86 VVG Rdn 213; OLG Schleswig OLGR 2007, 45).

Die Abtretungserklärung ist in dem Schreiben der Kasko-Versicherung vom 17.10.2014 zu sehen, in dem es heißt: "Demnach ist der Übergang der Schadensersatzansprüche gemäß § 86 VVG hinfällig. Der Fahrzeugschaden kann vollständig bei der Gegenseite geltend gemacht werden.". Diese Erklärung ist gemäß §§ 133, 157 BGB als Abtretungserklärung auszulegen, da die Versicherung damit zum Ausdruck gebracht hat, dass der auf sie übergegangene Anspruch nun wieder ein Recht der Klägerin darstellen sollte.

Der Abtretungsvertrag ist zustande gekommen, da die Klägerin spätestens mit dem Einreichen des Schreibens der Versicherung vom 17.10.2014 zur Gerichtsakte das Angebot der Kasko-Versicherung angenommen und diese ihrerseits gemäß § 151 Satz 1 BGB auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet hat.

3.

Da der Anspruch der Klägerin nur zu 1/3 besteht, kann sie von ihrem Schaden in Höhe 6.801,91 Euro (netto) die Zahlung eines Betrages von 2.267,30 Euro verlangen, wie ihn das Landgericht bereits in seinem angefochtenen Urteil zugesprochen hat.

F.

Der Anspruch der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin und der Drittwiderbeklagten, welche gesamtschuldnerisch haften, besteht in Höhe von 4.630,59 Euro.

Darüber hinaus bleibt es bei der Haftung der Drittwiderbeklagten in Höhe weiterer 575,21 Euro gegenüber der Beklagten zu 1). Letzteres beruht auf der Verurteilung der Drittwiderbeklagten durch das Landgericht in Höhe von 5.205,80 Euro, deren Abänderung mit der unzulässigen Berufung der Drittwiderbeklagten nicht zu erreichen war.

1.

Der Schaden der Klägerin beträgt insgesamt 6.945,89 Euro.

a.

Hierin enthalten sind Kosten für den eingeschalteten Privatgutachter in Höhe von 715 Euro, ein trotz der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs verbleibender merkantiler Minderwert von 390 Euro sowie Mietwagenkosten von 329,22 Euro und eine Auslagenpauschale in Höhe von 25 Euro.

b.

Hinzu kommen Netto-Reparaturkosten in Höhe von 5.486,67 Euro. Soweit die Beklagte zu 1) Reparaturkosten in Höhe von 6.349,47 Euro geltend gemacht hat, sind diese um einen Betrag von 862,80 Euro zu kürzen.

(1)

Ein Geschädigter kann von dem ersatzpflichtigen Schädiger statt der Wiederherstellung des Schadens den für die fiktive Herstellung seines bei dem Unfall beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Geldbetrag verlangen, § 249 Abs. 2 BGB. Diesen fiktiven Reparaturkosten sind regelmäßig die ortsüblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen (BGH, Urteil vom 23.02.2010, VI ZR 91/09, abgedruckt in: NJW 2010, 2118; ständige Rechtsprechung des Senates, Urteil vom 30.09.2014, I-1 U 156/13; Urteil vom 27.03.2012, I-1 U 139/11; Urteil vom 16.06.2008, I-1 U 246/07).

(2)

Während die von der Beklagten zu 1) mit ihrer Widerklage geltend gemachten Reparaturkosten auf Stundensätzen von 135 Euro bzw. 138 Euro beruhen, ist seit dem Verhandlungstermin vom 19.04.2016 zwischen der Beklagten zu 1) und der Klägerin unstreitig, dass in einer Vertragswerkstatt der Marke Skoda (des beschädigten Fahrzeugs) nur ein Stundensatz von 98 Euro zu zahlen ist.

Daher sind die in den geltend gemachten Reparaturkosten enthaltenen Stundenlöhne entsprechend um einen Betrag von 862,80 Euro zu kürzen. Diese Kürzung setzt sich aus den beiden Beträgen von 407 Euro und 455,80 Euro zusammen:

(a)

Zum einen wird in der Kalkulation der Reparaturkosten ein Teilbetrag von 1.485 Euro auf Basis eines Stundensatzes von 135 Euro ermittelt, mithin 11 Arbeitsstunden angesetzt. Für 11 Arbeitsstunden wären aber tatsächlich nur 1.078 Euro berechtigt gewesen (nämlich 11 Stunden x 98 Euro). Um die Differenz zwischen den berechneten 1.485 Euro und den berechtigten 1.078 Euro ist die Kostenkalkulation zu kürzen (also 407 Euro).

(b)

Zum anderen wird Arbeitslohn für Lackierarbeiten in Höhe von insgesamt 1.573 Euro auf Basis eines Stundenlohns von 138 Euro errechnet, mithin 11,4 Stunden. Für diese Zeit wären aber nur 1.117,20 Euro anzusetzen gewesen (11,4 Stunden x 98 Euro). Um die Differenz zwischen den geltend gemachten 1.573 Euro und den berechtigten 1.117,20 Euro ist die Kostenkalkulation ebenfalls zu kürzen (also 455,80 Euro).

2.

Da der Anspruch der Beklagten zu 1) nur im Umfang einer Quote von 2/3 besteht, kann sie von ihrem Schaden in Höhe von insgesamt 6.945,89 Euro die Zahlung eines Betrages von 4.630,59 Euro von der Klägerin verlangen.

G.

Der Zinsanspruch der Parteien beruht jeweils auf §§ 286 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2, 288 Abs. 1 BGB. Soweit die Klägerin die Zahlung von Zinsen bereits seit einem Zeitpunkt vor Zustellung der Klage begehrt, war dies im Hinblick auf ihre anwaltliche Mahnung vom 06.03.2014 unter Fristsetzung zum 20.03.2014 (Anlage K4, Bl. 19 GA) berechtigt.

H.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten zu 1) auch ein Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 150,65 Euro als Nebenforderung zu. Diese Kosten waren ihr durch die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten entstanden.

Die Höhe dieses Anspruches richtet sich nicht nach der Haftungs-Quote, sondern nach dem Betrag, den die Klägerin vorgerichtlich in berechtigter Weise geltend gemacht hat (BGH MDR 2008, 351). Dies war hier ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.267,30 Euro (siehe oben).

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar eine 1,5 fache Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG abgerechnet. Berechtigt ist jedoch nur eine 1,3 fache Gebühr. Denn gemäß Nr. 2300 VV RVG kann ein Rechtsanwalt für seine außergerichtliche Tätigkeit zwar eine Vergütung in Höhe von 0,5 bis 2,5 der Grundgebühr verlangen. Eine Gebühr von mehr als 1,3 ist aber nur gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit des Anwalts umfangreich und schwierig war (siehe etwa Senat, Urteil vom 18.02.2014, I-1 U 79/13). Im vorliegenden Fall lässt sich weder eine besondere Schwierigkeit noch ein überdurchschnittlicher Umfang feststellen. Der Sachverhalt weist weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten auf, die über eine durchschnittliche Verkehrsunfallsache hinausgehen.

Auf Basis des Gegenstandswertes von 2.267,30 Euro beträgt die 1,3 fache Gebühr 261,30 Euro. Nach dem Willen der Klägerin wird hiervon nur der hälftige Anteil als Nebenforderung geltend gemacht (Seite 4 der Klageschrift, Bl. 4 GA). Zuzüglich Auslagenpauschale von 20 Euro (7002 VV RVG) ergibt sich mithin ein von der Beklagten zu 1) zu zahlender Anspruch in Höhe von 150,65 Euro.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 97, 100 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht gegeben ist.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 9.740,41 Euro.

Lukas Jozefaciuk