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OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2016 - 1 U 127/15

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.07.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.04.2015 als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.829 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites erster Instanz werden der Klägerin zu 30% und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 70% auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 85% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 15% zu tragen.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst auf die Darstellung des Tatbestandes im angefochtenen Urteil des Landgerichtes Bezug genommen. Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 02.11.2014 geltend, bei welchem ihr ordnungsgemäß am Straßenrand geparktes Kraftfahrzeug durch das vom Beklagten zu 1) geführte und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Fahrzeug einer Mietwagenfirma aus Unachtsamkeit beschädigt wurde.

Nachdem die Beklagte zu 2) die ursprünglich mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzforderungen der Klägerin in Höhe von rund 7.200 Euro in zwei Tranchen am 11. März und am 10. April 2015 bezahlt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Wege einer Klageänderung hat die Klägerin danach noch eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 5.900 Euro für die Dauer von 100 Tagen zu je 59 Euro geltend gemacht.

Nach dem Unfall am 02.11.2014 beauftragte die Klägerin zur Ermittlung der ihr entstandenen Schäden zunächst den Parteigutachter A... mit der Erstellung eines Schadensgutachtens, welcher sein Gutachten unter dem 05.11.2014 erstellte. Doch erklärte der Gutachter der Klägerin, dass er wegen der Seltenheit ihres Fahrzeug-Typs zu einer korrekten Bewertung des Fahrzeugschadens nicht in der Lage sei und bezeichnete sein Gutachten insofern als "unbrauchbar". Die Klägerin gab darauf unter dem 25.11.2014 ein weiteres Gutachten bei der B... in Auftrag (Anlage K5, Bl. 12 f. GA).

Mit ihrem anwaltlichen Schreiben vom 28.11.2014 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2), dass sie nicht bereit sei, die Kosten der vorzunehmenden Reparatur ihres Fahrzeuges vorzufinanzieren.

Erst im März 2015 wurde das Fahrzeug von der Klägerin repariert.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Sie sei nicht in der Lage gewesen, die Reparatur ihres Fahrzeuges selbst zu finanzieren. Deshalb sei sie nach ihrer Auffassung berechtigt gewesen, mit dem Reparaturauftrag zuzuwarten, bis ihr die Beklagte zu 2) Gelder zur Verfügung gestellt habe. Ein Verstoß gegen eine Obliegenheit zur Schadensminderung könne ihr nicht vorgeworfen werden.

Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.062 Euro nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, hat es die Kosten den Beklagten auferlegt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegenüber den Beklagten gemäß § 249 BGB zu. Doch habe sie gegen ihre Pflicht zur Minderung des entstehenden Schadens verstoßen, indem sie mit dem Beginn der Reparatur bis zu der Zahlung der Beklagten gewartet habe. Auch wenn sie finanziell nicht in der Lage gewesen sein sollte, die notwendigen Reparaturarbeiten aus eigener wirtschaftlicher Kraft in Auftrag zu geben, hätte sie die Beklagten zumindest darauf aufmerksam machen müssen, dass sie einen Vorschuss benötige, was nicht geschehen sei. Ihre Erklärung vom 28.11.2014, dass sie die Reparatur nicht vorfinanzieren wolle, genüge hierfür nicht.

Die Klägerin könne daher lediglich den Betrag verlangen, welcher ihr auch bei Einhaltung ihrer Obliegenheiten entstanden wäre. Das Gericht schätze diese Zeit gemäß § 287 ZPO: Die Klägerin hätte das Fahrzeug innerhalb von 7 Tagen begutachten lassen können. Eine Reparatur sei innerhalb von 4 Tagen möglich gewesen. Zusätzlich sei ein Zeitraum von weiteren 7 Tagen anzusetzen, um eine Lieferzeit für Ersatzteile zu berücksichtigen. Für diese 18 Tage ergebe sich bei einem Tagessatz von 59 Euro eine Nutzungsentschädigung in Höhe der zugesprochenen Summe von 1.062 Euro.

Zeitlich nach diesem Urteil hat die Beklagte zu 2) die vom Landgericht zugesprochene Summe an die Klägerin gezahlt.

Gegen das der Klägerin am selben Tag zugestellte Urteil vom 17.07.2015 wendet sie sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Mit der Berufung hält die Klägerin ihren erstinstanzlichen Sachvortrag aufrecht und rügt den aus ihrer Sicht zu Unrecht angenommenen Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht. Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichtes Kleve vom 17.07.2015 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 4.838 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2015 zu zahlen.

Die Beklagten treten der Berufung entgegen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und zu einem Teil begründet.

Denn der Klägerin steht gegenüber den Beklagten eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von insgesamt 1.829 Euro zu. Sie hat mithin einen Anspruch, welcher in Höhe von 767 Euro über die vom Landgericht zugesprochene (und von der Beklagten zu 2) inzwischen bereits gezahlte) Summe von 1.062 Euro hinausgeht. Denn die Klägerin kann eine Gebrauchsbeeinträchtigung von insgesamt 31 Tagen geltend machen. Die vom Landgericht zu Grunde gelegte Zeitspanne von 18 Tagen wird der damaligen Situation der Klägerin nicht gerechnet, da diese insbesondere ein zweites Schadensgutachten einholen durfte, nachdem das erste von ihr eingeholte Gutachten sogar von seinem Ersteller für unbrauchbar erklärt worden war.

Bei der Neufassung des Tenors war gleichzeitig eine offenbare Unrichtigkeit zu korrigieren: Das Landgericht hat in seiner Urteilsformel irrtümlich Zinsen seit dem 10.06.2014 zugesprochen, während offensichtlich das Datum der Rechtshängigkeit des Anspruches am 10.06.2015 gemeint war, wie es die Klägerin auch beantragt hat. Für die Berichtigung einer solchen offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 319 ZPO ist das erkennende Rechtsmittelgericht zuständig, solange es mit dem Rechtsmittel befasst ist (BGH in ständiger Rechtsprechung, BGHZ 106, 373; BGH MDR 1996, 996; Senat, Urteil vom 09.02.2015, I-1 U 9/15; OLG Düsseldorf WuM 2004, 603; Zöller/Vollkommer, 31. Auflage 2016, § 319 Rdn 22).

Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

A.

Der Klägerin steht gemäß § 18 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 249 BGB gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 1.829 Euro zu.

1.

Ein Geschädigter kann im Rahmen seines Schadensersatzanspruches grundsätzlich Ersatz für den eingetretenen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit seines - privat genutzten - Pkws verlangen, soweit er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeiten - wie etwa Mietwagenkosten - getätigt hat (BGH VersR 2008, 370; Senat, Urteil vom 19.04.2016, I-1 U 57/15; Urteil vom 15.11.2011, I-1 U 50/11; Urteil vom 10.03.2008, I-1 U 198/07, abgedruckt in: NJW 2008, 1964). Denn das Vermögen des Geschädigten beinhaltet nicht nur den reinen Sachwert des Kraftfahrzeuges, sondern auch die Möglichkeit zu dessen ständigen Gebrauch. Diese Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt deshalb gegenüber dem Substanzwert einen selbständigen Vermögenswert dar, dessen Verlust ebenfalls vom Schädiger auszugleichen ist (Senat, Urteil vom 06.03.2012, I-1 U 108/11; Urteil vom 15.11.2011, I-1 U 50/11).

2.

Dies setzt voraus, dass der Geschädigte sein Fahrzeug an sich hätte nutzen wollen und ihm dies auch möglich gewesen wäre, der Gebrauch des Fahrzeuges aber wegen der Unfallschäden zeitweilig nicht möglich war (BGH VersR 2008, 370; NJW-RR 2008, 1198). Es ist dabei stets nur ein tatsächlich eingetretener Gebrauchsverlust maßgeblich, während ein Anspruch auf eine fiktive Nutzungsentschädigung nicht besteht (BGH NJW 2009, 1663; Senat, Urteil vom 15.11.2011, I-1 U 50/11; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage 2015, Kapitel 3 Rdn 102).

Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall eingetreten:

a.

Eine Gebrauchsbeeinträchtigung war gegeben. Denn das Fahrzeug war seit dem Unfalltag, dem 02.11.2014, nicht zu gebrauchen. Unstreitig lag bei dem Fahrzeug der Klägerin nämlich auf Grund des Unfalls "eine Einschränkung der Verkehrssicherheit vor"; lediglich "eine bedingte Fahrfähigkeit bis zur Werkstatt" war gegeben (vgl. Gutachten der B... vom 12.12.2014, dort Seite 6, Bl. 17 GA).

b.

Die Klägerin hätte ihr Fahrzeug auch genutzt, wenn es verkehrssicher gewesen wäre. Der entsprechende Nutzungswille ist nach der Lebenserfahrung zu vermuten (Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 26.08.2014, I-1 U 151/13; Urteil vom 17.12.2007, I-1 U 110/07). Zudem hat die Klägerin unbestritten vorgetragen, dass sie beruflich und privat auf ihren Pkw angewiesen war.

3.

Seine zeitliche Grenze findet der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung grundsätzlich bei Beendigung der Gebrauchsbeeinträchtigung, etwa durch die Wiederherstellung der Fahrfähigkeit des durch den Unfall beschädigten Fahrzeugs im Wege einer erfolgreichen Reparatur.

Etwas anderes gilt dann, wenn der Schädiger darlegen und beweisen kann, dass dem Geschädigten durch einen Verstoß gegen seine eigenen Obliegenheiten ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 BGB vorzuwerfen ist, indem er die Behebung seiner Gebrauchsbeeinträchtigung unnötig lange hinaus gezögert hat. Denn der Anspruchsberechtigte ist in zeitlicher Hinsicht gehalten, bei der Behebung seines Schadens zügig und ohne zu Zögern vorzugehen (BGH VersR 2008, 370; OLG Stuttgart NZV 2011, 83; OLG Saarbrücken MDR 2007, 1190; Jahnke in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, Rdn 198).

4.

Ein solcher Verstoß gegen ihre Obliegenheitspflichten ist der Klägerin auch im vorliegenden Fall vorzuwerfen, indem sie mit dem Beginn der Fahrzeugreparatur bis zum Eingang der ersten Zahlung der Beklagten zu 2) vom 10. März 2015 zugewartet hat (dazu nachfolgend Ziffer 5). Hätte sich die Klägerin um eine zügige Behebung der ihr entstandenen Gebrauchsbeeinträchtigung bemüht, hätte diese Beeinträchtigung nicht bis zum März 2015 angedauert, sondern lediglich 31 Tage (dazu nachfolgend Ziffer 6).

5.

Dass die Reparatur von ihr erst im März 2015 (nach Eingang der Zahlung) begonnen wurde, stellt einen Obliegenheitsverstoß der Klägerin dar.

a.

Grundsätzlich ist ein Geschädigter allerdings nicht verpflichtet, für die Beseitigung eines ihm entstandenen Schadens in Vorleistung zu gehen bzw. einen Kredit aufzunehmen. Es ist nämlich grundsätzlich Sache des Schädigers, die von dem Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren (BGH NJW-RR 2006, 394; BGH NJW 2002, 2553; NJW 1989, 290; Senat, Urteil vom 30.09.2014, I-1 U 3/14; Urteil vom 26.08.2014, I-1 U 151/13; Urteil vom 24.05.2011, I-1 U 220/10; Urteil vom 15.10.2007, I-1 U 52/07, abgedruckt in: Schaden-Praxis 2008, 298; Urteil vom 03.07.2006, I-1 U 204/05; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 254 Rdn 97, 99; Lorenz in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, 38. Edition, Stand: 01.11.2015, § 254 Rdn 35).

Von diesem Grundsatz ist allerdings dann eine Ausnahme anerkannt, wenn dem Geschädigten etwas anderes zumutbar ist, er namentlich Reparaturkosten ohne Schwierigkeiten vorfinanzieren kann bzw. er sich hierfür jedenfalls einen Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und durch dessen Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (BGH a.a.O.; Senat a.a.O.).

Sofern ein Geschädigter hierzu hingegen nicht in der Lage ist bzw. ihm dies nicht zugemutet werden kann, trifft ihn die Obliegenheit, den Schädiger hierauf jedenfalls aufmerksam zu machen. Er muss ihn darauf hinweisen, dass er sich nur mit Hilfe der Schadensersatzleistung oder zumindest eines Vorschusses auf den Fahrzeugschaden in der Lage sieht, die Reparatur durchzuführen. Denn auf diese Weise wird der Schädiger in Kenntnis gesetzt, dass ohne seine Zahlung zusätzliche Kosten für eine Nutzungsausfallentschädigung oder die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges drohen (vgl. Senat, Urteil vom 24.05.2011, I-1U 220/10; Urteil vom 15.10.2007, I-1 U 52/07, abgedruckt in: Schaden-Praxis 2008, 298; Urteil vom 03.07.2006, I-1 U 204/05; Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, § 249 BGB Rdn 198).

b.

Gegen diese Obliegenheitspflichten hat die Klägerin damals verstoßen:

(1)

Sie hat nämlich die Reparatur nicht durchgeführt, obwohl davon auszugehen ist, dass ihr die Finanzierung der Reparaturkosten in wirtschaftlicher Hinsicht sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar gewesen wäre.

Denn soweit sie diesen Einwand der Beklagten in Abrede stellt und für sich eine finanzielle Leistungsunfähigkeit in Anspruch nehmen will, kann diese Behauptung im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden, da sie insofern ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Diese sekundäre Darlegungslast bezieht sich auf ihre persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, nämlich diejenigen Umstände, zu denen der Schädiger aus eigenem Wissen nicht vortragen kann (BGH NJW-RR 2006, 394; Senat, Urteil vom 03.07.2006, I-1 U 204/05; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt NJW 2004, 3191). Hinsichtlich dieser Umstände ist ihr Sachvortrag ungenügend, nämlich ohne Substanz: Denn zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen hat sie schon in erster Instanz nichts vorgetragen, obwohl das Landgericht sie im Rahmen des Verhandlungstermins vom 16.06.2015 (Seite 1 des Protokolls, Bl. 125 GA) hierauf aufmerksam gemacht hat. Trotz dessen hat sie selbst im Berufungsverfahren keine Erklärung hierzu abgegeben.

(2)

Doch selbst wenn der Klägerin die Finanzierung einer Reparatur finanziell nicht möglich oder wenn ihr dies unzumutbar gewesen wäre, hätte sie jedenfalls gegen ihre Obliegenheit verstoßen, die Beklagten hierauf rechtzeitig und ausdrücklich aufmerksam zu machen.

Denn sie hat diese Behauptung zu spät, nämlich erstmals im Verlaufe des vorliegenden Gerichtsverfahrens vorgebracht, obwohl dies bereits zeitnah nach dem Unfall angezeigt gewesen wäre.

In ihrem vorgerichtlichen anwaltlichen Schreiben vom 28.11.2014 hat sie hingegen nicht behauptet, aus wirtschaftlichen Gründen an der Durchführung der Reparatur gehindert zu sein: Sie sei vielmehr - ohne hierfür Gründe zu nennen - generell nicht bereit, die Reparatur ohne vorherige Geldleistung durchzuführen (Anlage K2, Bl. 8 GA). Mit dieser generellen Weigerung vom 28.11.2014 hat die Klägerin aber eine Rechtsposition eingenommen, die ihr in dieser Absolutheit nicht zukam. Denn sofern es einem Geschädigten ohne weiteres zumutbar ist, kann er die Reparatur seines Fahrzeuges nicht verweigern und gleichzeitig auf Kosten des Schädigers weiterhin eine Nutzungsausfallentschädigung verlangen (siehe oben zur Rechtsprechung).

c.

Der Verstoß der Klägerin gegen ihre Obliegenheiten war auch kausal für die Verlängerung der Gebrauchsbeeinträchtigung.

Diese wäre nicht eingetreten, wenn sie das Fahrzeug aus eigenen Mitteln zeitnah repariert hätte (siehe oben).

Nicht eingetreten wäre die Verzögerung der Gebrauchsbeeinträchtigung auch bei einer frühzeitigen Information der Beklagten hinsichtlich ihrer - einmal unterstellten - finanziellen Leistungsunfähigkeit: Denn im dem Fall hätten die Beklagten entweder die Regulierung des Sachschadens umgehend vorgenommen oder jedenfalls der Klägerin einen Vorschuss auf den Reparaturschaden gezahlt, mit Hilfe dessen die Finanzierung der Reparatur für sie möglich gewesen wäre. Hiervon ist der Senat überzeugt. Maßstab dieser Überzeugungsbildung ist dabei das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO (Palandt/Heinrichs, 75. Auflage 2016, § 254 BGB Rdn 72 mit weiteren Nachweisen; KG Berlin NZV 2010, 209). Die danach erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beklagten bei Information durch die Klägerin viel früher Zahlungen geleistet hätten, gründet zunächst darauf, dass sich dies für einen Schädiger regelmäßig als wirtschaftlich vernünftig darstellt: Denn andernfalls riskiert er zu seinem Nachteil die Entstehung einer unverhältnismäßig hohen Nutzungsausfallentschädigung oder entsprechend hohe Kosten für ein angemietetes Ersatzfahrzeug, falls sich der Anspruch des Geschädigten im Verlaufe eines späteren und häufig lang andauernden Gerichtsverfahrens als berechtigt erweisen sollte (vgl. dazu Senat, Urteil vom 03.07.2006, I-1 U 204/05; ebenso KG Berlin NZV 2010, 209). Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall: Der Senat kann nämlich feststellen, dass die Beklagten ohnehin zu einer Regulierung bereit waren. Denn die Beklagte zu 2) hat bereits unter dem 11.03.2015 eine erste Zahlung in Höhe von 4.000 Euro geleistet hatte, obwohl ihr zu diesem Zeitpunkt die Klageschrift der Klägerin mit dem Hinweis auf ihren Vorschussbedarf noch nicht einmal zugegangen war.

6.

Hätte sich die Klägerin um eine zügige Behebung der ihr entstandenen Gebrauchsbeeinträchtigung bemüht, hätte dies lediglich 31 Tage in Anspruch genommen.

a.

Zunächst einmal war die Klägerin berechtigt, vor der Durchführung einer Reparatur ihres Fahrzeuges die entstandenen Fahrzeugschäden durch den von ihr umgehend nach dem Unfall beauftragten Gutachter A... untersuchen zu lassen.

(1)

Zur Einholung eines Privatgutachtens durch einen anerkannten Sachverständigen ist ein Geschädigter grundsätzlich berechtigt, soweit er dieses benötigt, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob das beschädigte Fahrzeug überhaupt technisch oder wirtschaftlich reparaturfähig bzw. -würdig ist (Senat, Urteil vom 15.10.2007, I-1 U 52/07; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Auflage, § 25 Rdn 24; OLG Köln, Urteil vom 29.08.2006, 15 U 38/06, zitiert nach Juris).

(2)

Diese Voraussetzungen lagen hier vor: Angesichts des nicht nur unerheblichen Fahrzeugschadens bestand ein solches Aufklärungsbedürfnis bei der Klägerin. Dass es sich bei dem von ihr ausgewählten Gutachter A... von der Sachverständigen-Gesellschaft C... um einen anerkannten Sachverständigen handelte, wird von den Beklagten nicht in Abrede gestellt.

(3)

Dessen Gutachten vom 05.11.2014 (Bl. 82 f. GA) hat die Klägerin jedenfalls am 07.11.2014 (einem Freitag) erreicht. Vom Tag des Unfalls (dem 02.11.2014) bis zu diesem Zeitpunkt waren 5 Tage verstrichen.

b.

Die Klägerin war damals auch berechtigt, noch ein zweites Gutachten einzuholen und dazu den Gutachter D... von der B... zu beauftragen.

(1)

Denn der berechtigte Informationsbedarf der Klägerin konnte durch das erste Privatgutachten nicht befriedigt werden. Zwischen den Parteien ist nämlich unstreitig, dass das erste Gutachten vom 05.11.2014 hinsichtlich der Ermittlung der Höhe der Fahrzeugschäden unbrauchbar war, was der Gutachter A... gegenüber der Klägerin ausdrücklich erklärte und auf die besondere Seltenheit ihres Fahrzeug-Typs stützte.

(2)

Es geht nicht zu Lasten der Klägerin, dass der von ihr eingeschaltete erste Gutachter kein brauchbares Ergebnis zu liefern vermochte. Denn weder war der Gutachter A... im Rahmen seiner Begutachtung als Erfüllungsgehilfe der Klägerin tätig geworden (Senat, Urteil vom 30.06.2009, I-1 U 176/08) noch sind Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden der Klägerin hinsichtlich der Person des Gutachters (dazu Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage 2015, Kapitel 3 Rdn 122) ersichtlich. Solche Anhaltspunkte werden von den Beklagten auch nicht aufgezeigt.

(3)

Nachdem das erste - unbrauchbare - Gutachten die Klägerin spätestens am 07.11.2014 (einem Freitag) erreicht haben musste (siehe oben), konnte von ihr erwartet werden, sich ab dem darauf folgenden Montag (10.11.2014) zu erkundigen, um einen geeigneten Fachmann für ihr offenbar seltenes Fahrzeug ausfindig zu machen. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin bei gehörigem Bemühen jedenfalls am 12.11.2014 den neuen Gutachter hätte beauftragen können. Soweit die Klägerin damals tatsächlich bis zum 25.11.2014 mit der Beauftragung zugewartet hat, gab es für diese Verzögerung keine Rechtfertigung. Eine solche wird von der insoweit darlegungspflichtigen Klägerin auch nicht vorgebracht. Der Senat geht davon aus, dass das B..-Gutachten des D... im Falle seiner rechtzeitigen Beauftragung am 12.11.2014 nach einer üblichen Bearbeitungszeit von 3 Tagen am 17.11.2014 fertig gestellt worden wäre und die Klägerin spätestens am 18.11.2014 (einem Dienstag) erreicht hätte. Vom Tag des Unfalls (dem 02.11.2014) bis zu diesem Zeitpunkt wären nunmehr insgesamt 16 Tage verstrichen gewesen.

c.

Im Anschluss hieran hätte die Klägerin die Reparatur in Angriff nehmen müssen. Insbesondere war für die Klägerin eine vorherige Prüfungs- und Überlegungszeit nicht erforderlich.

(1)

Zwar kann einem Geschädigten für seine Entschließung, auf welche Weise er einen erlittenen Schaden beheben will, eine angemessene Zeit für seine Entscheidung zuzugestehen sein (BGH NJW 2013, 1151; Senat, Urteil vom 07.4.2015, I-1 U 79/14; Urteil vom 23.06.2015, I-1 U 152/14; Jahnke in Burmann/Heß/ Hühnermann/Jahnke /Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, § 249 BGB Rdn 195).

(2)

Doch gab es damals keine Wahl mehr zu treffen: Es stand bereits fest, dass das Fahrzeug repariert werden konnte. Der B...-Gutachter D... hatte in dem zweiten Gutachten einen Reparaturschaden für die Klägerin ermittelt. An der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes war die Klägerin infolge dessen offenbar nicht mehr interessiert gewesen. Denn der Wiederbeschaffungswert war in dem von ihr in Auftrag gegebenen zweiten Schadensgutachten nicht einmal bestimmt worden.

(3)

Insbesondere war es für die Entscheidungsbildung der Klägerin nicht erforderlich, sich nach dem Erhalt des zweiten Gutachtens - zumal erst nach dessen Rückkehr aus seinem zweiwöchigen Urlaub - abermals von ihrem Prozessbevollmächtigten beraten zu lassen. Für welche juristische Fragestellung sie damals den erneuten Rat ihres Prozessbevollmächtigten benötigt hätte, trägt die Klägerin im Übrigen nicht vor.

d.

Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin nach dem Erhalt des zweiten Gutachtens am 18.11.2014 längstens 2 Tage benötigt hätte, um eine für die Reparatur ihres Fahrzeugs geeignete Werkstatt zu finden, wenn sie sich ohne weiteres Zögern nach einer solchen Werkstatt auf die Suche gemacht hätte. Sie hätte die Reparatur ihres Fahrzeuges dann am Morgen des darauf folgenden Tages, nämlich dem 21.11.2014, in Auftrag geben können. Bis zu diesem Zeitpunkt wären insgesamt 19 Tage verstrichen gewesen.

e.

Die reine Reparaturzeit nahm 4 Tage in Anspruch. Diese Zeit hat der Gutachter D... im Gutachten der B... veranschlagt (dort Seite 6, Bl. 17 GA). Da die Klägerin vorliegend fiktive Reparaturkosten auf Basis eines von ihr eingeholten Schadensgutachtens geltend macht, ist auch nur diese vom Gutachter veranschlagte Zeit maßgeblich, während es auf etwaige tatsächliche Schwierigkeiten einer durchgeführten Reparatur nicht ankommt (BGH NJW 2003, 3480; Senat, Urteil vom 17.12.2007, I-1 U 110/07).

Ausweislich des Gutachtens sollte zeitlich vorher noch eine Wartezeit von ungewisser Dauer hinzukommen, um die Ersatzteile zu bestellen (a.a.O.). Diese Ersatzteilbeschaffung dauerte nach der - mit der Berufung nicht angegriffenen - Feststellung des Landgerichtes weitere 7 Kalendertage.

Wäre die Werkstatt rechtzeitig am Morgen des 21.11.2014 (einem Freitag) mit der Reparatur beauftragt worden, hätten die Ersatzteile noch am selben Tag bestellt werden können. Nachdem diese dann im Verlaufe des 27.11.2014 eingetroffen wären, hätte am 28.11.2014 (einem Freitag) mit der eigentlichen Reparatur begonnen werden können. Zu der veranschlagten Reparaturdauer von 4 Tagen wären weitere 2 Tage hinzugekommen, da sich nicht annehmen lässt, dass in der Reparaturwerkstatt auch am Wochenende vom 29. und 30.11.2014 gearbeitet worden wäre. Am 03.12.2014 wären die Reparaturen mithin beendet gewesen.

Insgesamt hätte es vom Tag des Unfalls (dem 02.11.2014) bis zu der Fertigstellung der Reparatur 31 Tage gedauert, bis der Klägerin ihr Fahrzeug am 04.12.2014 wieder gebrauchsfähig zur Verfügung gestanden hätte.

7.

Da der Tagessatz für die Nutzungsentschädigung zwischen den Parteien mit 59 Euro unumstritten ist, steht dem Kläger für die berechtigten 31 Tage ein Anspruch in Höhe von 1.829 Euro zu.

B.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht gegeben ist.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.838 Euro

Lukas Jozefaciuk