Hessischer VGH, vom 08.05.2018 - 4 C 1041/16.N
1. Bei teilweiser Überplanung eines Bebauungsplans ist keine förmliche Aufhebung des überplanten Geltungsbereichs erforderlich
2. Zur Berechnung der Verkehrsbelastungsprognose
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller zu 1. zu 1/3, die Antragsteller zu 2. und 3. als Gesamtschuldner zu 1/3 und die Antragsteller zu 4. und 5. als Gesamtschuldner zu 1/3 zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Oberhalb Freiäcker", der im Stadtteil Wehen ein Neubaugebiet mit voraussichtlich 32 Bauplätzen ausweist.
Die Antragsgegnerin beschloss am 26. Juni 2012 die "Strategie zur Stadtentwicklung - Schwerpunkt bauliche Entwicklung", mit dem wesentlichen Ziel, die seit dem Jahr 2005 rückläufige Einwohnerzahl der Stadt Taunusstein von 29.300 zumindest wieder herzustellen und zu erhalten. Die daraufhin initiierte Baulückenbörse zur Nachverdichtung blieb wenig erfolgreich, da bei 34 erhobenen Baulücken nur ein Eigentümer Verkaufsbereitschaft signalisierte. Demgegenüber gab es 423 Bewerbungen für Baugrundstücke, wovon sich 129 explizit auf den Stadtteil Wehen bezogen. Die Antragsgegnerin entwarf sodann 2013 einen städtebaulichen Rahmenplan "Wehen-Süd", der die Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Befriedigung der Nachfrage nach Wohnbaugrundstücken vorsah. Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschloss am 13. Februar 2014 diesen Rahmenplan als Grundlage für die weitere Baulandentwicklung "Wehen Süd" in einer Größe von 16 ha. Am gleichen Tag beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet "Oberhalb Freiäcker" als ersten Bauabschnitt, der ein Wohngebiet mit einer Fläche von 3,6 ha umfasst.
Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB erfolgte durch öffentliche Auslegung in der Zeit vom 7. Juli 2014 bis 8. August 2014 und im Rahmen einer Bürgerinformationsversammlung am 10. Juli 2014. Die Offenlage des aktualisierten Bebauungsplanentwurfs gemäß § 3 Abs. 2 BauGB fand nach vorheriger Bekanntmachung am 1. August 2015 in der Zeit vom 10. August 2015 bis 15. September 2015 statt. Die Antragsteller erhoben jeweils mit Schreiben vom 14. September 2015 Einwendungen gegen den Planentwurf.
Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschloss am 10. Dezember 2015 den streitgegenständlichen Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" als Satzung. Die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses erfolgte am 11. März 2016.
Das streitgegenständliche Plangebiet umfasst zwei getrennte Geltungsbereiche, das eigentliche Plangebiet mit 3,6 ha (Geltungsbereich 1) sowie ein Gebiet für externe Ausgleichmaßnahmen mit ca. 2,1 ha (Geltungsbereich 2). Der Geltungsbereich 1 liegt im Stadtteil Wehen und bildet den südlichen Anschluss an den durch Wohnbebauung geprägten Siedlungsrand im Bereich der Dresdener Straße. Im Nordwesten wird der Geltungsbereich 1 durch Wohnbebauung, im Nordosten durch landwirtschaftliche Nutzflächen, im Südosten durch Gehölzstrukturen und im Süden durch Wald begrenzt. In diesem Geltungsbereich soll Baurecht für voraussichtlich 32 Wohnbaugrundstücke in einem reinen Wohngebiet geschaffen werden. Der Bebauungsplan überplant dabei teilweise Flächen, die durch den früheren Bebauungsplan "Freiäcker - 1. Änderung" als Ausgleichsfläche für das Baugebiet "Freiäcker" in Anspruch genommen werden. Die äußere Erschließung des Neubaugebiets soll über die Verlängerung der Dresdener Straße mit Anbindung an die Aarstraße (B 275) über einen lichtsignalgeregelten Knotenpunkt erfolgen.
Laut Begründung des Bebauungsplans sind im Zuge der Erschließung bauliche Veränderungen der Dresdener Straße vorgesehen. Die derzeitige straßenverkehrsrechtliche Ausweisung als verkehrsberuhigter Bereich soll geändert werden, es ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h geplant. Die Fahrbahnbreite soll auf 5,55 m erweitert werden, am südlichen Rand sind ein einseitiger Gehweg mit einer Breite von 1,95 m und ein Schrammbord am nördlichen Rand mit einer Breite von 0,5 m geplant. Der Anschluss des Neubaugebiets an den öffentlichen Personennahverkehr ist derzeit nicht vorgesehen, wird aber mittelfristig ins Auge gefasst, wobei die Trassenführung der zukünftigen Linienplanung für den Busverkehr vorbehalten bleibt.
Die Antragsteller sind jeweils Eigentümer von Grundstücken, die unmittelbar an dem Teil der Dresdener Straße gelegen sind, der als Zubringerstraße für das Neubaugebiet dienen soll. Der Antragsteller zu 1. ist Miteigentümer des Grundstücks Dresdener Straße .../..., die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. sind Miteigentümer des Grundstücks Dresdener Straße ... und die Antragstellerin zu 4. und der Antragsteller zu 5. sind Miteigentümer des Grundstücks Dresdener Straße .... Sämtliche vorgenannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Freiäcker 1. Änderung", der ein reines Wohngebiet festsetzt, und sind mit Wohnhäusern bebaut. Laut Begründung des hier angegriffenen Bebauungsplans werden die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für reine Wohngebiete von tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) durch den zusätzlichen Verkehr in der Dresdener Straße nicht überschritten.
Der Bebauungsplan setzt offene Bauweise fest. Überwiegend sind Einzelhäuser mit maximal zwei Wohneinheiten (WE) und Doppelhäuser mit nur einer WE zulässig und in einem kleineren Teil des Geltungsbereichs 1 auch Hausgruppen mit jeweils nur einer WE. Die Antragsgegnerin rechnet mit der Errichtung von voraussichtlich 48 WE, was einer Bruttowohnbaulanddichte Dichte von 21 WE/ha entspreche. Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Unterschreitung der Dichtewerte des Regionalplans Südhessen 2010 seien erfüllt wegen der vergleichsweise dezentralen Ortsrandlage, der topographischen Aspekte und der städtebaulichen Zielvorstellung, der Entwicklung eines Wohngebietes mit Einfamilienhäusern auf nachfragegerechten Grundstücken.
Der Geltungsbereich 1 ist im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin als Wohnbaufläche dargestellt und im Regionalplan Südhessen 2010 als Vorranggebiet "Siedlung Bestand/Planung" festgelegt. Der Geltungsbereich 2 des Plangebiets umfasst eine im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Fläche von 2,1 ha. Auf dieser Fläche soll ein 1,5 km langer Gewässerabschnitt der Aar einschließlich des Uferbereichs renaturiert werden.
Am 25. April 2016 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt.
Die Antragsteller rügen, der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans sowie die nachfolgende frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB ließen die externen Ausgleichsflächen nicht erkennen und seien daher unvollständig. Das gesamte Plangebiet sei erstmals im Beschluss über die Offenlage nach § 3 Abs. 2 BauGB bekanntgegeben worden. Damit werde der notwendigen Anstoßfunktion nicht genügt. Die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Frischluftschneise, die aufgrund der geplanten Bebauung beseitigt werde, wesentliche Umweltinformationen vorenthalten, weil diese im Offenlageverfahren nicht öffentlich bekannt gemacht worden seien.
Wegen der Teilidentität des Bebauungsplans "Freiäcker 1. Änderung" und des streitgegenständlichen Bebauungsplans habe es einer förmlichen Aufhebung bzw. Änderung des ersteren bedurft. Da dies nicht erfolgt sei, sei die Überplanung unzulässig.
Schließlich sei der Bebauungsplan nicht erforderlich. Da es ausweislich der Planbegründung Zweck des Bebauungsplans sei, die derzeitige Einwohnerzahl von Taunusstein zu erhöhen, zumindest aber zu erhalten, führe die Zahl von geplanten 32 Bauplätzen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keiner signifikanten Veränderung der Einwohnerzahl. Bei der Prüfung der Planrechtfertigung sei nur die konkrete Planung heranzuziehen. Der Hinweis der Antragsgegnerin, dass die vorliegende Planung nur ein Baustein in einem umfassenden Maßnahmenkatalog sei, sei mithin verfehlt. Auch die Ausführungen der Antragsgegnerin zum Artenschutz seien zweifelhaft, da die Begründung, dass das Eintreten der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG ausgeschlossen werden könne, nicht nachvollziehbar sei. Hierfür hätte es weiterer Prüfungen und Darlegungen bedurft. Überdies verstoße der streitgegenständliche Bebauungsplan gegen das Entwicklungsgebot, weil er nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden sei. Der Flächennutzungsplan der Stadt Taunusstein stamme aus dem Jahre 1980 und es seien seither ca. 60 Änderungen vorgenommen worden. Da eine gesamtheitliche Überarbeitung des Planes nie erfolgt sei, seien die Darstellungen des Flächennutzungsplanes "überholt" und der Flächennutzungsplan sei damit "funktionslos" geworden. Es hätte daher gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 BauGB mit der Aufstellung des Bebauungsplans gleichzeitig ein neuer Flächennutzungsplan aufgestellt bzw. der alte Flächennutzungsplan überarbeitet werden müssen.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragsgegnerin von der Planung Abstand genommen, zumindest aber anders geplant hätte, sofern sie ihre - der Antragsteller - und die sonstigen gerügten Belange erkannt, bewertet und dementsprechend in die Abwägung eingestellt hätte.
Die verkehrsmäßige äußere Erschließung des Neubaugebiets an das vorhandene Verkehrswegenetz sei nicht ausreichend gesichert. Insgesamt handele es sich bei der Dresdener Straße um eine schmale Wohnstraße, die auch nach dem geplanten Umbau viel zu schmal bleibe, um als alleinige Straße das Neubaugebiet ordnungsgemäß erschließen zu können. Aufgrund der geplanten 32 Baugrundstücke sei mit einem erheblichen Ziel- und Quellverkehr zu rechnen. Die Straße bilde ein Nadelöhr, das insbesondere für den Fall des Begegnungsverkehrs ungeeignet sei. Nahezu unmöglich wäre ein verkehrssicherer und problemloser Begegnungsverkehr von einem LKW oder einem Bus mit einem PKW. Gänzlich unmöglich wäre das verkehrssichere Passieren im Begegnungsfall eines LKW mit einem anderen LKW oder einem Bus. Dies habe die Antragsgegnerin übersehen. Insoweit sei die Abwägung defizitär. Auch unter Ordnungs- und Sicherheitsgesichtspunkten sei die Enge der Erschließungsstraße bedenklich, weil beispielsweise bei einem defekten LKW oder Bus es aufgrund der geringen Durchfahrtsbreite keine Zufahrt mehr für die Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge in das Neubaugebiet gäbe. Vor diesem Hintergrund hätte die Antragsgegnerin eine andere Erschließung des Neubaugebiets wählen müssen, wovon jedoch aus Kostengründen Abstand genommen worden sei. Völlig unberücksichtigt geblieben sei die Möglichkeit einer Erschließung über die B 275 (Aarstraße) in Verbindung mit einer Ortsumgehung.
Auch habe die Antragsgegnerin die durch die Erschließung des Neubaugebiets entstehende Lärmsituation an ihren - der Antragsteller - Grundstücken unzureichend untersucht. Auf dieser defizitären und zudem fehlerhaften Grundlage werde die Lärmproblematik in die Abwägung eingestellt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt der Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis fehlerhaft seien. Die von der Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren eingeholte Immissionsprognose vom 8. Dezember 2014 basiere auf unzutreffenden und veralteten Daten, die aus einer Verkehrszählung aus dem Jahre 2010 resultierten. Es sei nicht auszuschließen, dass es seit 2010 zu einer erheblichen Zunahme der Verkehrsströme im genannten Bereich gekommen sei. Eine Zunahme des Verkehrs sei schon infolge einer allgemeinen Zunahme des individuellen Personenverkehrs wahrscheinlich, auch und insbesondere im Hinblick auf die Attraktivität des Standortes Taunusstein und dessen guter Verkehrsanbindung an Wiesbaden und an das gesamte Rhein-Main-Gebiet. Aber auch durch diverse größere Bauvorhaben in der näheren Umgebung in den letzten fünf Jahren sei es zu einer deutlichen Erhöhung der Verkehrsmenge gekommen. Die Verkehrssituation auf der B 275, insbesondere im Abschnitt der Kreuzung Dresdener Straße/Aarstraße, sei bereits heute äußerst kritisch, denn zweimal am Tag breche dort der Verkehr zusammen. Von November 2010 bis Dezember 2012 und von August 2013 bis Oktober 2013 sei die komplette Ortsdurchfahrt der Aarstraße durch Taunusstein-Wehen grundsaniert worden und durch die Neustrukturierung der Verkehr gezielt aus den Nebenstraßen auf die Aarstraße verlagert worden, was zu einer signifikanten Zunahme des Verkehrs auf der Aarstraße geführt habe. Ohne eine neuerliche Verkehrszählung hätte eine Abschätzung der Leistungsfähigkeit des Knotenpunkts Aarstraße/Dresdener Straße überhaupt nicht vorgenommen werden können.
Weder die Verkehrsuntersuchung noch die Immissionsprognose berücksichtigten den zukünftigen öffentlichen Personennahverkehr, obwohl die Antragsgegnerin selbst nach Fertigstellung des gesamten Baugebietes Wehen-Süd von einer Buslinie im Neubaugebiet ausgehe. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die Verkehrsuntersuchung von voraussichtlich 50 neu entstehenden Wohneinheiten auf 33 geplanten Grundstücken ausgehe. Tatsächlich sei mit deutlich mehr Wohneinheiten zu rechnen. Die Berechnung des zusätzlichen Verkehrsaufkommens im Gutachten von 316 Fahrten pro Normalwerktag sei fehlerhaft zu niedrig bemessen. Zudem handele es sich bei dem angegriffenen Bebauungsplan nur um einen ersten Bauabschnitt. Nach dem städtebaulichen Rahmenplan der Antragsgegnerin seien noch drei bis vier weitere, deutlich größere Bauabschnitte geplant und es sei deshalb damit zu rechnen, dass es infolge dieser weiteren Planungen und des damit weiter zunehmenden Verkehrsaufkommen an den Grundstücken der Antragsteller zu weiteren erheblichen Lärmimmissionen kommen werde.
Da durch den geplanten Ausbau der Dresdener Straße mehrere Parkplätze wegfielen, die im Bebauungsplan "Freiäcker - 1. Änderung" festgesetzt seien, werde sich die Parkplatzsituation weiter anspannen und der Bedarf an Stellplätzen sei nicht mehr gedeckt. Es sei völlig unklar, ob tatsächlich eine Kompensation durch die Anordnung neuer Stellplätze erfolgen werde. Durch die geplante massive Wohnbebauung komme es zu einer Riegelwirkung, die die dort befindliche Frischluftschneise beeinträchtige. Auch hätte die Antragsgegnerin vor Inanspruchnahme des Außenbereichs für die Planung von Wohnbebauung zunächst Flächen im Innenbereich heranziehen müssen. So würden allein im Gebiet "Freiäcker" noch 24 Baulücken existieren, die zur Wohnbebauung nutzbar gemacht werden könnten.
Die vorgesehenen Regenrückhaltebecken stellten einen Eingriff in Natur und Landschaft dar und führten zu einer starken Beeinträchtigung der angrenzenden Wohngebiete durch Geruchs- und Ungezieferbelästigungen. Zudem überplane der Geltungsbereich 1 des Bebauungsplans eine durch den Bebauungsplan "Freiäcker" festgesetzte Ausgleichsfläche. Damit fiele die festgesetzte Ausgleichsfläche weg und als Ersatz sei die ca. 1,5 km lange Ausgleichsfläche entlang des Gewässerabschnitts der Aar geplant. Die Ausgleichsfläche an der Aar stünde in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Eingriff, so dass rechtlich gesehen eine Eingriffskompensation nicht erfolge. Es werde auch bestritten, dass die beabsichtigte Ausgleichsmaßnahme tatsächlich zu einer Kompensation führe. Die im Umweltbericht errechnete Biotopwertdifferenz von 553.500 Punkten sei nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar. Die Kompensationsberechnung sei auch schon deshalb fehlerhaft, weil bei der im Bebauungsplan "Freiäcker" festgesetzten Ausgleichsfläche vom Ist- und nicht vom Sollzustand ausgegangen worden sei. Auch die Flächengröße des geplanten Ausgleichs an der Aar sei nicht nachvollziehbar, denn es sei von einer Fläche von 15.000 m² auszugehen, wohingegen in der Flächenbilanz 20.513 m² angesetzt worden seien, so dass ein Eingriffsdefizit von ca. 90.000 Biotopwertpunkten verbleibe.
Die Antragsteller beantragen,
den Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Oberhalb Freiäcker" für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass es keiner förmlichen Änderung oder Teilaufhebung des Bebauungsplans "Freiäcker - 1. Änderung" bedurft habe, um Teile des Plangebiets durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" überplanen zu können. Dies habe sie im Planaufstellungsverfahren stets deutlich gemacht und bereits im Aufstellungsbeschluss klargestellt. Der Umstand, dass das Plangebiet im Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB und der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB nicht identisch mit der Offenlage nach § 3 Abs. 2 BauGB sei, sei unproblematisch, weil in der Begründung zum Vorentwurf des Bebauungsplans "Oberhalb Freiäcker" darauf hingewiesen worden sei, dass der durch den Bebauungsplan zu erwartende Eingriff noch bewertet und auf der Grundlage dieser Bewertung entsprechende externe Ausgleichsflächen gefunden werden müssten.
Der Bebauungsplan sei zur Erreichung der Planungsziele erforderlich. Die vorliegende Planung stelle sich als logische Fortsetzung ihres - der Antragsgegnerin - planerischen Konzepts dar. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag habe jede betroffene geschützte Art einzeln geprüft. Einwendungen gegen die fachliche Vertretbarkeit der ausführlich begründeten gutachterlichen Bewertung seien weder substantiiert dargelegt noch auch nur erhoben worden. Die Frage, ob der Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB aus dem Flächennutzungsplan entwickelt sei, sei anhand der planerischen Konzeption im engeren Bereich des Bebauungsplans zu beurteilen und nicht anhand der planerischen Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplans. Das Plangebiet sei im geltenden Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellt. Da das Plangebiet noch nicht anderweitig bebaut worden sei, sei der Flächennutzungsplan insoweit auch nicht funktionslos.
Es liege auch kein Verstoß gegen das Abwägungsgebot vor. Sie - die Antragsgegnerin - habe drei Planungsvarianten für die äußere Erschließung umfassend geprüft und abgewogen. Auch sei die Dresdener Straße für das zu erwartende Verkehrsaufkommen ausreichend dimensioniert. Im Bebauungsplan könnten nur Flächen festgesetzt werden, eine Straßengestaltung selbst sei nicht Sache der Bauleitplanung, sondern der anschließenden Ausführungsplanung. Die vorgesehene Breite von Fahrbahn und Gehweg entsprächen den Vorgaben der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) für PKW/LKW-Begegnungsverkehr. Die Berücksichtigung von PKW/LKW-Begegnung gewährleiste eine Straßendimensionierung, die auch Löschfahrzeugen eine reibungslose Benutzung der Straße ermögliche. Busbegegnungen hätten nicht berücksichtigt werden müssen, weil eine ÖPNV-Anbindung derzeit nicht erfolgen solle. Auch der Anschlussknoten Aarstraße/Dresdener Straße sei hinreichend leistungsfähig. Die Daten der Verkehrszählung aus dem Jahre 2010 seien nicht völlig veraltet und unbrauchbar, sondern könnten Grundlage einer Prognose sein. Es sei festgestellt worden, dass die Verkehrsmenge gegenüber den Werten der Jahre 2000 und 1995 abgenommen hätten. Die Verkehrsmengen im Bestand seien abschließend mit dem abgeschätzten zusätzlichen Verkehr durch das Neubaugebiet "Oberhalb Freiäcker" sowie durch die Bebauung der derzeit noch vorhandenen Baulücken im Bereich "Freiäcker" beaufschlagt worden. Taunusstein habe seit 1990 unverändert circa 29.000 Einwohner. Dies bestätige die Annahme stagnierender Einwohnerzahlen und gleichbleibender Verkehrsmengen. Auch die hinzukommende Verkehrsmenge aus dem Plangebiet sei zutreffend prognostiziert worden. Die Prognose beruhe auf der Annahme von 33 Grundstücken und 50 Wohneinheiten im Baugebiet "Oberhalb Freiäcker" sowie 25 Grundstücken mit 60 Wohneinheiten im Baugebiet "Freiäcker". Die Leistungsfähigkeit des Knotenpunkts Aarstraße/Dresdener Straße sei im Ergebnis mit der Qualitätsstufe B, das heiße der zweitbesten von vier ausreichenden Qualitätsstufen, bewertet worden. Dabei liege das Verkehrsaufkommen in der Dresdener Straße bei maximal 215 Kfz/Stunde, also nur bei etwas mehr als der Hälfte der Obergrenze für Wohnstraßen (400 Kfz/Stunde).
Die schallschutztechnische Untersuchung sei zum Ergebnis gekommen, dass die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für reine und allgemeine Wohngebiete im Umbauabschnitt der Dresdener Straße eingehalten würden. Die zulässigen Grenzwerte von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts würden jeweils deutlich unterschritten. Selbst bei der Berücksichtigung der von den Antragstellern geltend gemachten Mehrbelastungen wären Grenzwertüberschreitungen daher ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung von Verkehrslärm, der durch künftige Neubaugebiete einschließlich eines etwaigen öffentlichen Personennahverkehrs entstehen würde, sei für den gegenständlichen Bebauungsplan nicht abwägungserheblich.
Auch liege ein Abwägungsfehler bei der Bemessung der Zahl der Parkplätze nicht vor. Der Anliegergebrauch gewähre keinen Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen unmittelbar an dem eigenen Grundstück oder in dessen größtmöglicher Nähe errichtet würden oder erhalten blieben. Die Umweltprüfung habe ergeben, dass durch die Planung Freiluftschneisen erhalten blieben. Sie - die Antragsgegnerin - habe auch den Vorrang der Innenentwicklung hinreichend berücksichtigt. Es sei zunächst eine "Strategie der Stadtentwicklung" entwickelt worden, aus der sich ergebe, dass es zur Erhaltung einer konstanten Einwohnerzahl notwendig sei, die Maßnahmen der Innenentwicklung auch durch die Neuentwicklung einer größeren Wohnbaufläche im baulichen Außenbereich zu flankieren.
Auch der Eingriffsausgleich lasse keine Abwägungsfehler erkennen. Durch die Überplanung von Ausgleichsflächen sei ein doppelter Ausgleich erforderlich, der auch umgesetzt worden sei durch die bereits hergestellten und somit gegenüber dem Istzustand höherwertigen Ausgleichsflächen, was rechnerisch zu einem doppelten Ausgleich führe. Die anzusetzenden Biotopwertpunkte seien im Umweltbericht nachvollziehbar ermittelt worden. Abwägungsfehler seien insoweit von den Antragstellern weder substantiiert dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Auch seien die im Geltungsbereich 2 vorgesehenen Maßnahmen trotz räumlicher Entfernung zum Ausgleich geeignet, dies ergebe sich aus § 1a Abs. 3 Satz 3 und § 200a BauGB. Regenrückhalteanlagen seien Maßnahmen zum Schutz von Boden und Natur im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB, da das Muldensystem den Oberflächenabfluss des Regenwassers erheblich reduziere und damit zur Neubildung von Grundwasser beitrage. Es würden im Oberflächenwasser enthaltene Schadstoffe bei der Versickerung durch die belebte Bodenzone zurückgehalten. Regenwasser entfalte auch keine Gerüche und es gebe auch keine Erkenntnisse dazu, dass Regenrückhalteanlagen zu unzumutbaren "Ungeziefer"-Belastungen führten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (7 Ordner, 1 Hefter und 1 CD) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Gründe
Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg.
Der Normenkontrollantrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Denn die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan und damit eine Satzung nach § 10 Abs. 1 BauGB, über deren Gültigkeit der Hessische Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet.
Die Antragsteller sind auch gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie geltend machen können, durch den Bebauungsplan möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Zwar liegen die im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücke nicht innerhalb des streitgegenständlichen Plangebiets "Oberhalb Freiäcker", sondern in dessen näherer Umgebung. Die Antragsteller haben jedoch Tatsachen vorgetragen, die eine Verletzung ihres Anspruchs aus § 1 Abs. 7 BauGB auf fehlerfreie Abwägung ihrer Eigentumsbelange möglich erscheinen lassen. Das von ihnen geltend gemachte Interesse, von einem Anstieg des Straßenverkehrs und seinen belästigenden Auswirkungen verschont zu bleiben, stellt einen abwägungserheblichen Belang dar.
Die Zunahme der Belastung für die Grundstücke in der Nachbarschaft durch den Anstieg des Straßenverkehrs war in die Abwägung einzustellen. Denn die durch die Bauleitplanung verursachte Zunahme der Verkehrsbelastung ist mehr als nur geringfügig und dies war für die planende Stelle bei ihrer Entscheidung über den Bebauungsplan als beachtlicher Belang erkennbar. Bei wertender Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls unter Würdigung der Zahl der zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsbewegungen, der jeweiligen Vorbelastungen und der Schutzwürdigkeit der betroffenen Gebiete ergibt sich für die Antragsteller eine nicht nur geringfügige Zunahme des Straßenverkehrs und der Verkehrslärmimmissionen. Nach der Rechtsprechung der Bausenate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs kommt die Annahme einer nur geringfügigen Beeinträchtigung durch Verkehrslärm bei bis zu 200 Fahrzeugbewegungen pro Tag in Betracht (vgl. Urteil vom 29. Juni 2016 - 4 C 1440/14.N - juris Rdnr. 38 m.w.N.). Aus der von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Verkehrsuntersuchung der Baulandentwicklung "Oberhalb Freiäcker" der Heinz + Feier GmbH in Wiesbaden ergibt sich (Erläuterungsbericht der Verkehrsuntersuchung vom Dezember 2014, Bl. 456 ff. der Behördenakte), dass das zusätzliche Verkehrsaufkommen in der Dresdener Straße durch das Baugebiet "Oberhalb Freiäcker" insgesamt 316 Kfz-Fahrten an Normalwerktagen betragen wird (S. 6 der Verkehrsuntersuchung). Dieser zusätzliche Verkehr bewegt sich entlang der Grundstücke der Antragsteller in der Dresdener Straße. Da die Dresdener Straße bislang als Sackgasse ausgebaut ist, wird der Ausbau zur Erschließungsstraße für das Neubaugebiet einen erheblichen Zuwachs an Verkehrsbelastung für die Antragsteller bedeuten.
Den Antragstellern fehlt es auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Selbst wenn die Bauarbeiten, wovon sich der Senat anhand der vorgelegten Bilder in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, im Plangebiet weit vorangeschritten sind, so ist doch bei einem erfolgreichen Normenkontrollantrag und einer anschließenden Neuplanung durchaus eine anderslautende Festsetzung zur Erschließung in Betracht zu ziehen, die sich durch einen geringeren Anteil des planbedingten Mehrverkehrs in der Dresdener Straße für die Grundstücke der Antragsteller günstig auswirken könnte (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. Februar 2016 - 7 D 87/14.NE -, juris Rdnr. 30).
Der Normenkontrollantrag ist aber unbegründet.
Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Obere Freiäcker" verstößt im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses nicht gegen höherrangiges Recht.
Der von den Antragstellern angegriffene Bebauungsplan weist in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Fehler auf, der beachtlich ist und zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen würde.
Der Umstand, dass die konkrete Benennung der Geltungsbereiche des Plangebiets im Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB und der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB noch unvollständig war, weil die Lage der Ausgleichsflächen noch nicht bekannt war, stellt keinen beachtlichen Fehler dar. Denn eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ist nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplanes nur beachtlich, wenn eine der dort genannten Bestimmungen verletzt wurde. Weder § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB noch § 3 Abs. 1 BauGB werden in § 214 Abs.1 Nr. 2 BauGB aufgeführt.
Mit der Bekanntmachung der Auslegung des Bebauungsplanentwurfs nach § 3 Abs. 2 BauGB vom 1. August 2015 ist die damit bezweckte Anstoßfunktion erreicht worden. Aus dem im Rahmen der eigentlichen Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Bebauungsplanentwurf ergibt sich nicht nur der Geltungsbereich 1, sondern nun auch der Geltungsbereich 2 mit dem Vorhandensein und der Lage der Ausgleichsfläche hinreichend deutlich (vgl. Bl. 339, 343 bis 345 der Behördenakte).
Auch die Rüge der Antragsteller, ihnen seien wesentliche Umweltinformationen bezüglich einer Frischluftschneise im Offenlageverfahren nicht bekannt gegeben worden, ist nicht durchgreifend. In der Offenlegungsbekanntmachung vom 1. August 2015 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Umweltbericht umweltbezogene Informationen über Klima und Luft (Bedeutung des Plangebiets für die Kalt- und Frischluftbildung sowie das Lokal- bzw. Kleinklima) enthält. Die entsprechenden Informationen sind in Kapitel 2.2 des offengelegten Umweltberichts enthalten. Es ist nicht ersichtlich, welche Informationen über den Umweltbericht hinaus noch hätten ausgelegt werden müssen. Im Übrigen ist gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b BauGB die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich, wenn einzelne Angaben dazu gefehlt haben, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind.
Der Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Ansicht der Antragsteller bedurfte es keiner förmlichen Aufhebung oder Teilaufhebung des Bebauungsplans "Freiäcker - 1. Änderung", um Teile des Plangebiets durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" überplanen zu können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 10. August 1990 - 4 C 3.90 -, juris Rdnr. 21) gilt auch für Bebauungspläne der gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtssatz, dass die spätere Norm die frühere verdrängt; denn das gewünschte und auch gebotene Ergebnis der Widerspruchsfreiheit planerischer Festsetzungen wird durch die Rechtsfolge dieser ungeschriebenen Rechtsregel (lex posterior derogat legi priori) erreicht. Die Antragsgegnerin hat im Planfeststellungsverfahren stets die Überplanung klargestellt. Im Aufstellungsbeschluss vom 13. Februar 2013 unter Nr. 1 Satz 4 heißt es: "Durch die Aufstellung des Bebauungsplanes "Oberhalb Freiäcker" werden Teile des Bebauungsplanes "Freiäcker" (Inkrafttreten 01.09.1998), u.a. Festsetzungen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft, von Grünfläche sowie von Verkehrsflächen verdrängt." Diese Formulierung findet sich auch in der öffentlichen Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 27. März 2013 und jeweils mit der Formulierung "überplant" in den öffentlichen Bekanntmachungen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB vom 27. Juni 2014 (Bl. 8,10 der Behördenakte) und der Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB vom 1. August 2015 (Bl. 339, 344 der Behördenakte). Unabhängig davon und ohne, dass dies rechtlich geboten wäre, hat die Antragsgegnerin auf dem von ihr zur mündlichen Verhandlung mitgebrachtem und gemeinsam mit den Beteiligten in Augenschein genommenen Bebauungsplan "Freiäcker 1. Änderung" den Hinweis angebracht, dass mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans "Oberhalb Freiäcker" vom 11. März 2016 in diesem Bereich die Festsetzungen des Bebauungsplans Freiäcker 1. Änderung "verdrängt" werden und diesen Bereich farblich markiert.
Die Planung ist gemäß § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich.
Der Bebauungsplan ist zur Erreichung der Planungsziele der Antragsgegnerin erforderlich und eine fehlende Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplans wegen artenschutzrechtlicher Verbote kann nicht festgestellt werden.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB hat die Gemeinde Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat angeschlossen hat, kommt dem Kriterium der städtebaulichen Erforderlichkeit die Funktion zu, die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Blick auf die damit verbundenen Rechtswirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BVerwGE 146, 137 m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BVerwGE 146, 137; Hessischer VGH, Urteil vom 18. Mai 2017 - 4 C 2399/15.N -, juris Rdnr. 71).
Für die Frage der Erforderlichkeit ist dabei maßgebend, inwieweit der Bauleitplan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist die Erforderlichkeit auch dann zu bejahen, wenn sie auf eine städtebauliche Entwicklung bezogen ist. Die Erforderlichkeit kann sich insbesondere durch vorausgehende planerische Entscheidungen der Gemeinde über die örtlich anzustrebenden städtebaulichen Ziele ergeben (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 4 C 21.07 -, juris Rdnr. 17). Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinde, diejenige "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009, a.a.O.).
Diesen Anforderungen genügt der streitgegenständliche Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker". Dieser Bebauungsplan ist Teil einer übergeordneten städtischen Planung, mit der die Antragsgegnerin entsprechend der Planungsleitlinie des § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB die Entwicklung der Bevölkerung im Stadtgebiet sichern möchte. Die Planung stellt sich dabei als Umsetzung des planerischen Konzepts der Antragsgegnerin dar, durch die den informellen Vorplanungen im Rahmenplan gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB planerische Verbindlichkeit zukommt. Die informellen Vorplanungen der Antragsgegnerin sind in der von der Antragsgegnerin am 26. Juli 2012 beschlossenen "Strategie zur Stadtentwicklung - Schwerpunkt bauliche Entwicklung" zu sehen. Die hierin unter anderem vorgesehene Prüfung der Realisierungsmöglichkeit eines Baugebiets "Wehen-Süd" hat die Antragsgegnerin im Rahmen eines städtebaulichen Rahmenplans überprüft und entworfen. Der Rahmenplan "Wehen-Süd" wurde dann von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 23. Februar 2014 als Grundlage für die Baulandentwicklung "Wehen-Süd" beschlossen (Bl. 2 der Behördenakte).
Soweit die Antragsteller der Auffassung sind, das ausgewiesene Baugebiet sei zur Erreichung des Planungsziels der signifikanten Erhöhung der Einwohnerzahl mit seinen 32 Bauplätzen zu klein und die Antragsgegnerin betreibe durch hintereinander folgende Planungen eine unzulässige "Salamitaktik", ist das nicht durchgreifend. Der Antragsgegnerin steht es im Rahmen ihrer städtischen Planungskonzeption frei mit der Ausweisung des Baugebiets "Oberhalb Freiäcker" den ersten Schritt zur Zielerreichung zu beschreiten; denn sie ist nicht verpflichtet, ihr angestrebtes Planungsziel in nur einem Schritt zu erreichen.
Ferner ist § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt und deshalb die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag (BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 m.w.N.).
Der Bebauungsplan ist nicht wegen Verstoßes gegen ein artenschutzrechtliches Zugriffsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG dauerhaft nicht vollziehbar.
Zur Ermittlung, ob derartige Verbote entgegenstehen, hat die Antragsgegnerin den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag des Dipl.- Biol. Dr. Fokuhl zum Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" vom Oktober 2014 (aktualisiert: 1. Juni 2015, Bl. 388 ff. der Behördenakte) eingeholt. Die dort umschriebene Bestandserfassung wird von den Antragstellern nicht beanstandet und lässt auch ansonsten keine Fehler erkennen. Die Antragsteller rügen lediglich, dass die Begründung, dass das Eintreten der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG ausgeschlossen werden könne, nicht nachvollziehbar sei. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag führt aus, dass bei den nachgewiesenen Reviervogelarten die Revierschwerpunkte stets deutlich außerhalb des Geltungsbereichs des geplanten Baugebietes liegen (S. 17) und Bruträume der Vögel durch die Planungen nicht tangiert werden (S. 18). Auch konnten im Planungsgebiet keine Quartiere von Fledermäusen identifiziert werden (S. 33). Das Eintreten der Verbotstatbestände für Goldammer, Haussperling, Klappergrasmücke, Wacholderdrossel, Zwergfledermaus, Breitflügelfledermaus, Fransenfledermaus, Großer Abendsegler und Rauhautfledermaus könne daher ausgeschlossen werden, so dass Vermeidungsmaßnahmen und Kompensationsmaßnahmen nicht nötig seien (S. 36). Insgesamt sei zwar festzuhalten, dass generell vorhabenspezifische Störungen - insoweit unterhalb der Schwelle des § 44 Abs. 1 Nr.1 bis 3 BNatSchG - zu erwarten seien. Im Planungsgebiet könne es während der Bauzeit durch Lärmemissionen sowie sonstige Störwirkungen zu Beeinträchtigungen der Fauna kommen. Die bauzeitliche Verdrängung der Fauna durch die temporäre Inanspruchnahme sei jedoch nur kurzfristig und klinge nach Abschluss der Baumaßnahme ab, so dass nachhaltige anlagen- oder betriebsbedingte Beeinträchtigungen nicht zu erwarten seien. Für den Großteil der vorkommenden Vogelarten seien aufgrund der vergleichsweise hohen Stresstoleranz, der guten Anpassungsfähigkeiten sowie der derzeit schon vorhandenen Störwirkungen und der daraus resultierenden Gewöhnungseffekte keine oder nur geringe Auswirkungen zu erwarten. Ähnliches gelte aufgrund der verhältnismäßig unspezifischen Bindung auch für die nachgewiesenen Nahrungsgäste, nachhaltige Beeinträchtigungen seien aufgrund der Verfügbarkeit von Alternativhabitaten in der Umgebung nicht zu erwarten (S. 36 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags).
Die Antragsteller haben die Richtigkeit dieser gutachtlichen Feststellungen - auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung - nicht im Einzelnen in Frage gestellt. Sie haben weder ausgeführt, welche weiteren Untersuchungen seitens des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags noch hätten erfolgen müssen noch ist erkennbar, dass der Beitrag von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 2 B 57.12 -, juris Rdnr. 5).
Es liegt entgegen der Auffassung der Antragsteller kein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vor.
Das Plangebiet ist im geltenden Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1980 bereits als Wohnbaufläche dargestellt. Der Flächennutzungsplan ist insoweit auch weder geändert noch funktionslos geworden. Soweit die Antragsteller der Auffassung sind, der Flächennutzungsplan sei wegen seiner circa 60 Änderungen funktionslos geworden, ist das nicht zutreffend. Vielmehr belegt die häufige Überarbeitung des Flächennutzungsplans, dass dieser stets weiter entwickelt wurde und damit seine Steuerungswirkung bis heute erfüllt. Die Antragsgegnerin, die derzeit Planungen für die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes betreibt, hat im Rahmen dieses Verfahrens erklärt, dass die Darstellung einer geplanten Wohnbaufläche im Bereich Wehen-Süd mit einer Gesamtgröße von 16 ha dabei nicht in Frage steht (Bl. 151 und 151 R und Bl. 156 und 156 R der Behördenakte). Das Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 11. August 2014 an die Antragsgegnerin (Bl. 68 Behördenakte) zielt nicht - wie von den Antragstellern angenommen - auf eine vermeintliche Funktionslosigkeit des Flächennutzungsplans ab. Vielmehr wollte das Regierungspräsidium - nach Überzeugung des Senats - mit der Mitteilung, eine "Alternativenprüfung ist erforderlich um dem § 1a(2) des Baugesetzbuches Genüge zu tun", verdeutlichen, dass allein die Darstellung im Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1980 die Gemeinde nicht von einer weiteren Prüfung des § 1a Abs. 2 BauGB entbindet. Für die Gemeinde wird also klar gestellt, dass sie vor einer zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen verpflichtet ist, zunächst Möglichkeiten der Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen; dieser Verpflichtung ist die Gemeinde - wie unten auf S. 25 f. im Einzelnen ausgeführt - auch nachgekommen.
Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen § 41 BImSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV.
Die 16. BImSchV ist als zwingendes Recht zu beachten, da durch den geplanten Umbau des Teilabschnitts der Dresdener Straße der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV um mindestens 3 Dezibel (A) erhöht und damit die Straße wesentlich geändert wird. Die schallschutztechnische Untersuchung der Dr. Gruschka Ingenieurgesellschaft mbH vom 8. Dezember 2014 (Bl. 230 ff. der Behördenakte) berechnet, dass im Umbaubereich der Dresdener Straße tags der Beurteilungspegel um mehr als 6 dB(A) und nachts um mehr als 7 dB(A) erhöht wird (S. 3 der schalltechnischen Untersuchung).
Die schalltechnische Untersuchung kommt im Übrigen zu dem Ergebnis, dass die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für reine und allgemeine Wohngebiete im Umbauabschnitt der Dresdner Straße eingehalten werden. Die zulässige Grenzwerte von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts werden um mehr als 4 dB(A) tags und mindestens 4 dB(A) nachts unterschritten (S. 3 und 4 der schalltechnischen Untersuchung). Das Gericht geht auch davon aus, dass das dem Lärmgutachten zugrunde gelegte zusätzliche Verkehrsaufkommen im Umbauabschnitt der Dresdener Straße im Ergebnis richtig ermittelt ist (siehe unten auf S. 21 ff.). Selbst wenn man mit den Antragstellern davon ausginge, dass die berechnete zusätzliche Verkehrsmenge etwa wegen einer zu gering prognostizierten Anzahl der künftig neu durch das Baugebiet "Oberhalb Freiäcker" entstehenden Wohneinheiten zu niedrig bemessen sei, würde unter Berücksichtigung der von den Antragstellern geltend gemachten Mehrbelastung eine Grenzwertüberschreitung ausgeschlossen sein. Denn eine Verdopplung der Verkehrsstärke unter sonst gleichen Bedingungen bewirkt eine Änderung des Mittelpegels (nur) um 3 dB(A); das Verkehrsaufkommen spielt dabei keine Rolle (Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 12. Aufl. 2014, § 15 Rdnr. 15.1). Hier gehen selbst die Antragsteller prognostisch nicht von einer - gegenüber der Annahme der Verkehrsuntersuchung - doppelt so hohen Verkehrsmenge aus. Soweit die Antragsteller die Berücksichtigung von Verkehrslärm etwa durch den ÖPNV fordern, ist dies für den streitgegenständlichen Bebauungsplan nicht maßgeblich. Denn derzeit ist die Einrichtung eines ÖPNV nicht geplant.
Es liegt auch kein Verstoß gegen das Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gebot gerechter Abwägung verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Ebenso ist die Abwägung fehlerhaft, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 ? 4 C 50.72 ?, BVerwGE 45, 309, 314f. m. w. N.).
Nach diesem Maßstab liegen weder hinsichtlich der äußeren verkehrsmäßigen Erschließung über die Dresdener Straße, des Lärmschutzes, des Wegfalls öffentlicher Parkplätze, der Schutzgüter Klima und Luft, des Vorrangs der Innenentwicklung, des Eingriffsausgleichs noch der Gestaltung der Regenrückhalteanlagen Abwägungsfehler vor.
Abwägungsfehler im Zusammenhang mit der äußeren verkehrsmäßigen Erschließung des Plangebiets über die Dresdner Straße sind nicht gegeben.
Die Antragsgegnerin hat die äußere Erschließung umfassend geprüft und abgewogen. Das gilt sowohl für die alternative Prüfung zur äußeren Erschließung, für die hinreichende Dimensionierung der Erschließungsstraße als auch für die hinreichende Leistungsfähigkeit des Knotens Aarstraße/Dresdener Straße.
Die Antragsgegnerin hat ausweislich der Diskussion von Erschließungsvarianten (Planstand 19. November 2014, Bl. 199 ff. der Behördenakte) die in Betracht kommenden Erschließungsvarianten ermittelt und bewertet. Sie hat vier Planungsvarianten zur äußeren Erschließung vorgestellt und bewertet. Soweit die Antragsteller bemängeln, die von ihnen präferierte Möglichkeit einer Erschließung des Neubaugebiets über die B 275 (Aarstraße) in Verbindung mit einer Ortsumgehung sei völlig unberücksichtigt geblieben, ist dies nicht zutreffend. Die Möglichkeit einer weiteren Zufahrt auf die B 275 in Verbindung mit einer (Teil-) Ortsumfahrung ist geprüft und gleich zu Beginn der Prüfung "aus einer Vielzahl von Gründen" ausgeschieden worden. Zur Begründung des Ausschlusses der Erschließungsvariante mit einer (Teil-)Ortsumgehung seien "exemplarisch lediglich die Themen bestehendes Straßenrecht, Grundstücksverfügbarkeit, Kostenintensität, zeitliche Realisierbarkeit sowie eine Gesamtbeeinträchtigung des bestehenden Wohngebiets Freiäcker anzuführen", die von vornherein gegen eine entsprechende Planung sprächen (Bl. 200 der Behördenakte). Daher beschränkt sich die detaillierte Darstellung der Prüfung auf nur drei Erschließungsvarianten, die das Neubaugebiet "Oberhalb Freiäcker" ausgehend von der B 275 über das bestehende Baugebiet "Freiäcker" erschließen. Die Erschließungsvariante 0 stellt die Erschließung über die als Stichstraße ausgebaute Dresdener Straße dar, wie sie im Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" umgesetzt ist. Die Erschließungsvariante 1 sieht die Errichtung einer vollständig neuen Straßentrasse zwischen der vorhandenen Reihenhausbebauung in der Dresdener Straße und dem sich in der Dresdener Straße (im Bau) befindlichen Mehrfamilienhaus vor. Die Erschließungsvariante 2 zweigt zwischen dem vorhandenen Mehrfamilienhaus Dresdener Straße 22/22a und der Einzel- und Doppelhausbebauung Dresdener Straße 24 bis 30a von der Hauptachse der Dresdener Straße ab und mündet schließlich wie Erschließungsvariante 1 im Plangebiet. Nach dem Ergebnis der Untersuchung stellen sich die detailliert dargestellten Erschließungsvarianten 1 und 2 erheblich kostenintensiver gegenüber der geplanten Erschließung entlang der Dresdener Straße, an der die Grundstücke der Antragsteller liegen (Erschließungsvariante 0), dar. Zusätzlich sind die Erschließungsvarianten 1 und 2 gegenüber der Erschließungsvariante 0 mit einem höheren Flächenverbrauch, einer tendenziell höheren Anzahl der von den Trassenführungen betroffenen Personen und einer höheren naturschutzrechtlichen Eingriffsintensität verbunden. Dass diese Erwägungen tatsächlich unzutreffend sind, ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
Das Abwägungsgebot ist nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde - wie hier - in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309, 325f.). Dass die Antragsteller eine andere Erschließung für zweckmäßiger halten, stellt noch keinen Abwägungsfehler dar, solange das geplante System eine ordnungsgemäße Erschließung gewährleistet (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 ? 4 C 962/15.N -, juris Rdnr.119).
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Dresdener Straße auch für das zu erwartende Verkehrsaufkommen ausreichend dimensioniert.
Im Rahmen des Bebauungsplans können dabei aufgrund der Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB nur Verkehrsflächen festgesetzt werden, eine Straßengestaltung ist nicht zwingend Sache der Bauleitplanung, sondern der anschließenden Ausführungsplanung. Die Flächenfestsetzungen müssen aber eine funktionierende Straßenplanung ermöglichen. Dies ist hier der Fall. Insoweit wird auf die Entwurfsplanung des Ingenieurbüros Gastring (Bl. 359 der Behördenakte) verwiesen. Die geplante Fahrbahnbreite der Dresdener Straße von 5,55 m ist ausreichend dimensioniert. Sie entspricht den Vorgaben der von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen - Arbeitsgruppe Straßenentwurf - erarbeiteten Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (Ausgabe 2006; RASt 06) für PKW/LKW-Begegnungsverkehr. Die rechtlich nicht verbindlichen Richtlinien können als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden (Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. März 2018 - 15 CS 17.2523 ?, juris Rdnr. 36 m.w.N.). Nach der RASt 06 Nr. 4.3 (Fließender Kraftfahrzeugverkehr) i. V. m. Bild 17 (RASt 06, Seite 27) ist bei Begegnungsverkehr von Lkw und Pkw mit Bewegungsspielräumen grundsätzlich eine Fahrbahnbreite von 5,55 m erforderlich, die beim geplanten Umbau der Dresdener Straße auch vorgesehen ist. Die Berücksichtigung von PKW/LKW-Begegnungen gewährleistet eine Straßendimensionierung, die auch Löschfahrzeugen eine Nutzung der Straße ermöglicht. Laut Stellungnahme des Kreisausschusses des Rheingau-Taunus-Kreises (Bl. 804 der Behördenakte), bestehen aus brandschutztechnischer Sicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Planung. Busbegegnungen mussten nicht berücksichtigt werden, weil eine ÖPNV-Anbindung laut Begründung zum Bebauungsplan derzeit nicht erfolgen soll (Bl. 1054 f. der Behördenakte). Soweit eine spätere Anbindung an den ÖPNV erfolgen wird, ist dann zu überprüfen, ob die jeweiligen Verhältnisse dies zulassen.
Auch ist der Knoten Aarstraße/Dresdener Straße nach Überzeugung des Senats hinreichend leistungsfähig. Dies ist gutachterlich durch den Erläuterungsbericht zur Verkehrsuntersuchung der Baulandentwicklung "Oberhalb Freiäcker" der Heinz + Feier GmbH vom Dezember 2014 (- Verkehrsuntersuchung -, Bl. 182 ff. der Behördenakte) nachgewiesen.
Soweit in diesem Zusammenhang von den Antragstellern behauptet wird, dass die der Verkehrsuntersuchung zugrunde liegenden Ergebnisse der Verkehrszählung 2010 völlig veraltet und damit unbrauchbar seien, trifft dies nicht zu. Auch fünf Jahre alte Daten können Grundlage einer heutigen Prognose sein. Es wurde geprüft, ob eine Erhöhung dieser Prognosebasis wegen der zwischenzeitlichen Verkehrsentwicklung erforderlich ist. Dabei wurde festgestellt, dass die Verkehrsmengen gegenüber den Werten der Jahre 2000 und 1995 abgenommen haben (Bl. 2 der Verkehrsuntersuchung). Von einer Hochrechnung auf das Jahr 2015, die zu einer geringeren Verkehrsmenge geführt hätte, wurde im Sinne einer worst-case-Betrachtung abgesehen. Weitere Bauvorhaben im Stadtgebiet führen zwar auch zu mehr Verkehr im Stadtgebiet, jedoch nicht zwingend am hier zu betrachtenden Knoten Aarstraße/Dresdener Straße. Auch die beiden Baumaßnahmen an der B 275 (Aarstraße) von November 2010 bis Dezember 2012 und von August 2013 bis Oktober 2013 bewirkten keine erhebliche Zunahme des Verkehrs im Knotenpunkt Aarstraße/Dresdener Straße, die eine erneute Verkehrszählung erfordert hätten. Dies wird durch die in der mündlichen Verhandlung vom Bearbeiter der Verkehrsuntersuchung, Prof. Dr.- Ing. Heinz, mitgeteilten Ergebnisse der alle 5 Jahre bundesweit erfolgenden Verkehrszählung für die Zählstelle 330, die westlich der Dresdener Straße an der Aarstraße in unmittelbarer Nähe des Knotenpunktes liegt, untermauert. An der Zählstelle 330 gab es innerhalb von jeweils 24 Stunden im Jahr 2000 insgesamt 15.560, im Jahr 2005 14.103, im Jahr 2010 15.383 und im Jahr 2015 15.459 Verkehrsbewegungen. Auch diese Zahlen zeigen, dass eine erhebliche Verkehrszunahme am Knoten Dresdener Straße/Aarstraße zwischen 2010 und 2015 sich statistisch nicht belegen lässt.
Es ist auch ansonsten nicht mit einer signifikanten Erhöhung der Verkehrsmenge seit 2010 zu rechnen, da die Einwohnerzahl von Taunusstein seit 1990 unverändert bei circa 29.000 Einwohnern liegt.
Die Verkehrsmengen im Bestand (Verkehrszählung 2010) wurden mit dem zutreffend abgeschätzten zusätzlichen Verkehr durch das Neubaugebiet "Oberhalb Freiäcker" sowie durch die Bebauung der derzeit noch vorhandenen Baulücken im Bereich "Freiäcker" beaufschlagt.
Die hinzukommende Verkehrsmenge aus dem Plangebiet von 316 Kfz-Fahrten an Normalwerktagen ist ebenfalls im Ergebnis zutreffend prognostiziert. Die Prognose beruht auf der Annahme von 33 Grundstücken und 50 Wohneinheiten im Baugebiet "Oberhalb Freiäcker" sowie der Baulücken von 25 Grundstücken und 60 Wohneinheiten im Baugebiet "Freiäcker" (S. 5 des Verkehrsgutachtens).
Soweit die Antragsteller die Annahme von 50 Wohneinheiten im Baugebiet "Oberhalb Freiäcker" bei 33 Grundstücken beanstanden, führt dies im Ergebnis nicht zu einem fehlerhaften Prognoseergebnis.
Das Gutachten berücksichtigt die unter 2.3 erfolgten textlichen Festsetzungen im Bebauungsplan von maximal zwei zulässigen Wohnungen bei Einzelhäusern und maximal einer zulässigen Wohnung je Hausteil bei Doppel- und Reihenhäusern. In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter die Annahme, dass in Einzelhäusern ein Anteil von 50 % über eine Einliegerwohnung verfügt, mit Erfahrungswerten begründet. Dem sind die Antragsteller nicht entgegen getreten. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Zugrundelegung von insgesamt 50 Wohneinheiten zutreffend im Gutachten erfolgt ist.
Das von den Antragstellern angezweifelte Ergebnis des prognostizierten zusätzlichen Verkehrsaufkommens ist in der Verkehrsuntersuchung im Ergebnis ebenfalls richtig ermittelt. Zwar geht die schriftliche Darstellung der Verkehrsuntersuchung bei der Berechnung der Wege/Einwohner - unzutreffend - von 3,8 Wegen je Einwohner aus (S. 6 der Verkehrsuntersuchung) und gelangt rechnerisch insoweit nicht nachvollziehbar zu einem Verkehrsaufkommen von 316 Kfz-Fahrten an Normalwerktagen durch das Baugebiet "Oberhalb Freiäcker". Prof. Dr.- Ing. Heinz hat in der mündlichen Verhandlung aber nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer vorgesehenen Schwankungsbreite des Kennwerts Wege/Einwohner von 3,3 bis 3,8 der Berechnung tatsächlich der Mittelwert von 3,5 Wege/Einwohner zugrunde gelegt und nur die Darstellung der Kenngrößen in der Verkehrsuntersuchung insoweit nicht korrekt sei. Das in der Verkehrsuntersuchung berechnete Ergebnis von einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von 316 Kfz-Fahrten pro Normalwerktag aufgrund des geplanten Baugebiets "Oberhalb Freiäcker" bei einer Annahme von 50 Wohneinheiten erscheint dem Gericht auch im Ergebnis plausibel. Denn nach der ständigen Rechtsprechung der Senate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteil vom 17. August 2017 - 4 C 2760/16.N - , juris Rdnr. 24 m. w. N.) für die Ermittlung des planbedingten Mehrverkehrs verwendeten Berechnungsmethode gelangt man bei 50 Wohneinheiten sogar noch zu einem geringerem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von 288 Kfz-Fahrten pro Normalwerktag. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof legt pro Wohneinheit etwa 1,5 Fahrzeuge zugrunde, die circa 2,5 Mal am Tag bewegt werden, geht also täglich von 3,75 Fahrzeugbewegungen pro Wohneinheit aus. Der erkennende Senat (Urteil vom 17. August 2017 a.a.O.) addiert dazu einen motorisierten Besucher- und Güterverkehr von 2 Fahrten pro WE/Tag (50 x 1,5 x 2,5 +50 x 2 =287,5).
Selbst wenn man von den - unter Zugrundelegung der Festsetzungen des Bebauungsplans - in der mündlichen Verhandlungen erörterten maximal 56 zulässigen Wohneinheiten im Baugebiet "Oberhalb Freiäcker" ausgehen würde, wäre die zu erwartende zusätzlich hinzukommende Verkehrsmenge zu gering, um die Leistungsfähigkeit des Knotens Aarstraße/Dresdener Straße zu übersteigen. Dann würde sich die prognostizierte Summe an planbedingten zusätzlichem Verkehrsaufkommen nach der dargestellten Rechtsprechung auf 322 belaufen (56 x 1,5 x 2,5 + 56 x 2 = 322) und die vom Gutachter prognostizierte Summe von 316 nur geringfügig übersteigen.
Die Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes Aarstraße/Dresdener Straße mit der Qualitätsstufe B (S. 12 der Verkehrsuntersuchung), d.h. mit einer mittleren Wartezeit an Knotenpunkten mit Lichtsignalanlagen ohne Koordinierung von 35 oder weniger Sekunden entspricht der zweitbesten von vier ausreichenden Qualitätsstufen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen -HBS-, Köln 2001/2002, dargestellt auf S. 2, 3 der Verkehrsuntersuchung) Dies verdeutlicht, dass der Knoten ausreichend leistungsfähig ist. Laut Verkehrsuntersuchung ist zu Spitzenzeiten mit einem maximalen Verkehrsaufkommen in der Dresdner Straße am Knotenpunkt Aarstraße/Dresdener Straße/Aarmühlweg von 215 KFZ pro Stunde (Tabelle 7 auf S. 8 und S. 9 der Verkehrsuntersuchung) und damit nur etwas mehr als der Hälfte der Obergrenze für Wohnstraßen von 400 Kfz pro Stunde (vgl. hierzu RASt 06, S.38) zu rechnen. Selbst die Berücksichtigung der von den Antragstellern geltend gemachten Mehrbelastung - die Annahme von 56 statt 50 Wohneinheiten - im geplanten Baugebiet "Oberhalb Freiäcker", ändert am Ergebnis nichts.
Auch die Verwendung des von Dr.-Ing. Dietmar Bosserhoff entwickelten Programmsystems Ver_Bau: Abschätzung des Verkehrsaufkommens durch Vorhaben der Bauleitplanung mit Excel-Tabellen am PC von 2012 (S. 5 des Verkehrsgutachten, entspricht Bl. 185 R der Behördenakte) für die Berechnung des zusätzlichen Verkehrsaufkommens ist nicht zu beanstanden und wird von den Antragstellern auch nicht in Zweifel gezogen. Dieses Programmsystem orientiert sich an der vom Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen herausgegeben Schriftenreihe: "Integration von Verkehrsplanung und räumlicher Planung- Teil: Abschätzung der Verkehrserzeugung" (Heft 42, Wiesbaden 2000/2005) mit deren empfohlenen Vorgehensweisen unter Anwendung der dort ausgewiesenen Kenngrößen (S. 5 Verkehrsuntersuchung). Die Ergebnisse der Berechnung mittels des Programms Ver_Bau (S. 5 f. der Verkehrsuntersuchung) sind zudem im Wesentlichen bestätigt worden durch die Alternativberechnung aufgrund der geschätzten künftigen Einwohnerzahlen (S.11 f. der Verkehrsuntersuchung), die zu ähnlichen Ergebnissen kommt.
Die Verkehrsuntersuchung vom Dezember 2014 beruht insgesamt auf einer geeigneten fachspezifischen Methode, der zugrundeliegende Sachverhalt ist hinreichend ermittelt und das daraus abgeleitete Ergebnis schlüssig begründet worden. Sachverständigengutachten, die sich auf Prognosen beziehen, sind vom Gericht nur darauf zu überprüfen, ob die Prognose mit dem im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. Februar 2016 ? 7 D 87/14.NE -, juris Rdnr. 61). Zudem ist das Ergebnis der Verkehrsuntersuchung durch die Stellungnahme von Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement vom 25. August 2014 (Bl. 82 der Behördenakten) bestätigt worden.
Auch der Lärmschutz der Anwohner ist unter Berücksichtigung der Ergebnisse der eingeholten schalltechnischen Untersuchung ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden. Die Antragsgegnerin führt in der Begründung des Bebauungsplans (S. 15) aus, dass durch die geplante Ausweisung eines reinen Wohngebiets voraussichtlich keine erheblichen Beeinträchtigungen vorbereitet werden, die mit negativen Auswirkungen auf das nördlich angrenzende Wohngebiet verbunden sind.
Bei der Bemessung der Zahl der Parkplätze können Abwägungsfehler durch den Wegfall öffentlicher Parkplätze ebenfalls nicht festgestellt werden. Bei der Bemessung der Zahl der im Plangebiet zu ermöglichenden neuen Stellplätze entlang der inneren Erschließung des Plangebiets ist der Wegfall von vier Stellplätzen im Bestand in der Dresdener Straße berücksichtigt worden (Bl. 875, 1054 der Behördenakte). Das Recht auf Anliegergebrauch gemäß Art. 14 Abs. 1 GG gewährt dem Eigentümer keinen Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen unmittelbar bei seinem Grundstück oder in dessen angemessener Nähe eingerichtet werden oder erhalten bleiben (BVerwG, Urteil vom 6. August 1982 - 4 C 58.80 -, juris Rdnr.12, 14). Dass es aufgrund des Wegfalls der Parkplätze zu einer unzumutbaren Verkehrssituation kommen wird, ist weder von den Antragstellern vorgetragen noch sonst wie dem Gericht ersichtlich.
Soweit die Antragsteller rügen, dass die kleinklimatische Funktion (Frischluftschneisen) des Plangebiets "Oberhalb Freiäcker" für das Gebiet "Freiäcker" von der Antragsgegnerin nicht in die Abwägung eingestellt worden sei, ist dies unzutreffend. Im Rahmen des Umweltberichts mit integriertem landschaftspflegerischem Planungsbeitrag zum Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" - Planstand 10. November 2015 (Umweltbericht, Bl. 1062 ff. der Behördenakte) ist die Auswirkung der Planung auf die Schutzgüter Klima und Luft ermittelt und bewertet worden. Die Umweltprüfung hat ergeben, dass durch die Planung keine erheblichen Eingriffswirkungen in die Schutzgüter Klima und Luft erwartet werden und im Rahmen der Planung Frischluftschneisen erhalten bleiben (S. 9 des Umweltberichts). Die Untere Naturschutzbehörde erhob insoweit keine Anregungen und Bedenken gegen die Planung (Bl. 663 der Behördenakte).
Die Antragsgegnerin hat auch den Vorrang der Innenentwicklung gemäß § 1a Abs. 2 BauGB hinreichend berücksichtigt. Den Bedenken des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 11. August 2014 (Bl. 68 der Behördenakte) trug die Antragsgegnerin Rechnung. Sie entwickelte zunächst eine "Strategie der Stadtentwicklung", aus der sich ergibt, dass es zur Erhaltung einer konstanten Einwohnerzahl notwendig ist, die Maßnahmen der Innenentwicklung auch durch die Neuentwicklung einer größeren Wohnbaufläche im baulichen Außenbereich zu flankieren. Bei der differenzierten Standortanalyse der Stadtteile Bleidenstadt, Hahn, Neuhof und Wehen erstellte die Antragsgegnerin dann den städtebaulichen Rahmenplan, wonach das Gebiet "Wehen-Süd" vorrangig zu beplanen ist. Dies ist in der Begründung des Bebauungsplans ausführlich dargestellt (Bl. 1039 ff. der Behördenakte).
Die Ermittlung des externen Kompensationsbedarfs (Eingriffsbilanz) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die im Umweltbericht (S. 18) ermittelte Summe von 494.339 Wertpunkten (WP) ist nachvollziehbar und auch zutreffend ermittelt.
Soweit die Antragsteller von einer unzureichenden Eingriffskompensation ausgehen, weil Ausgleichsflächen des Plangebiets "Freiäcker" überplant würden, ist dies im Ergebnis unzutreffend. Zwar erfolgen durch die zeitlich gestaffelten Planungen von zunächst "Freiäcker 1. Änderung" und nunmehr "Oberhalb Freiäcker" zwei Eingriffe in Natur und Landschaft und erfordern eine Kompensation für beide als Baugebiet ausgewiesenen Flächen. Dies wird im vorliegenden Fall zutreffend auch so ermittelt. Im streitgegenständlichen Bebauungsplan wird nämlich bei der Berechnung der Eingriffskompensation davon ausgegangen, dass das durch den Bebauungsplan "Freiäcker 1. Änderung" als Ausgleichsfläche ausgewiesene Gebiet "Oberhalb Freiäcker" bereits vollständig hergestellt sei und sich damit für die Berechnung bereits in einem höherwertigen Zustand befinde (Tabelle 1a "Eingriffsbilanz" auf S. 18 des Umweltberichts). Dies führt rechnerisch zu einem Ausgleich sowohl für die bebaubaren Flächen des Bebauungsplans "Freiäcker 1. Änderung" als auch für die neu hinzukommenden bebaubaren Flächen des streitgegenständlichen Bebauungsplans "Oberhalb Freiäcker". Dies beanstandeten auch weder die Unteren Naturschutzbehörde (Bl. 663 der Behördenakte) noch der BUND (Bl. 695 f. der Behördenakte).
Dabei ist die Bewertung der im Plangebiet 1 wegfallenden Bolzplatz mit 10 WP/m² (S. 18 des Umweltberichts) nachvollziehbar begründet. Beim Bolzplatz lag zum Begehungszeitpunkt (5. Juni 2015) Artenarmut und Kurzrasigkeit vor, die sich deutlich von den umliegenden Wiesenflächen absetzte (erläutert auf Bl. 860 R der Behördenakte). Die Höhe von 10 WP/m² entspricht dabei der Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Typ-Nr. 11.224 der Anlage 3 der Verordnung über die Durchführung von Kompensationsmaßnahmen, Ökokonten, deren Handelbarkeit und die Festsetzung von Ausgleichsabgaben vom 1. September 2005 (Kompensationsverordnung - KV -), die bei "Intensivrasen (z.B. in Sportanlagen)" 10 WP /m² vorsieht.
Die im Geltungsbereich 1 naturnah zu gestaltenden Regenrückhalteanlagen stellen ? entgegen der Auffassung der Antragsteller - keinen weiteren Eingriff in Natur und Landschaft dar. Vielmehr sind die Regenrückhalteanlagen wegen ihrer Ausgestaltung Maßnahmen, die in die Eingriffsbilanz im Geltungsbereich 1 als eingriffsausgleichend einzustellen sind. Für die Anlage privater und straßenbegleitender Mulden zur Regenversickerung hat bereits das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass dies eine Maßnahme zum Schutz von Boden und Natur i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB sein kann (Urteil vom 30. August 2001 - 4 CN 9.00 -, juris Rdnr. 13). Dann nämlich, wenn ? wie hier - die Anlagen den Oberflächenabfluss des Regenwassers wesentlich reduzieren und zur Neubildung von Grundwasser beitragen sollen und im Oberflächenwasser enthaltende Schadstoffe bei der Versickerung durch die belebte Bodenzone zurückgehalten werden. Dies erfolgt im Bebauungsplan "Oberhalb Freiäcker" durch die Bepflanzung der Regenrückhalteanlagen. Die für die Becken vorgesehenen kleinräumigen Dauerstaubereiche sollen sich perspektivisch zu einem Feuchtbiotop entwickeln (hierzu Bl. 860 der Behördenakte).
Die im Geltungsbereich 1 im Rahmen der naturnah zu gestaltenden geplanten Regenrückhalteanlagen vorgesehenen Maßnahmen sind - entgegen der Auffassung der Antragsteller - bei der Ausgleichsbewertung auch nicht zu hoch angesetzt worden. Die Anlegung von Extensivgrünland ist mit 44 BWP/m² (entspricht der Höhe 44 WP/m² der Typ-Nr. 06.310 (B) "Extensiv genutzte Frischwiesen" der Anlage 2 KV) angemessen bewertet. Die in der Umgebung der Regenrückhalteanlagen bereits bestehenden Frischwiesen (Bl. 142 der Gerichtsakte) können gemäß der Wertliste der Anlage 3 KV zur Bewertung von Ausgleichsmaßnahmen verwendet werden, da diese durch die im Bebauungsplan vorgesehene Festsetzung der Einsaat mit regionaltypischem und standortgerechtem Kräutersaatgut als Extensivgrünland anzulegen sind und damit extensiviert werden (siehe auch S. 17 f. Umweltbericht). Die Höhe von 53 WP/m² für Schilfröhrichte (Phragmites australis) entspricht der Höhe 53 WP/m² der Typ-Nr. 05.410 für Schilfröhrichte der Anlage 2 KV und ist ebenfalls nicht zu beanstanden, da laut textlicher Festsetzungen des Bebauungsplans durch diese Initialpflanzungen mindestens 200 m² Röhrichtzonen entstehen sollen. Bei der Ausgleichsplanung ist nämlich gemäß § 3 Abs. 2 i. V. m. Nr. 1.3, Satz 5 der Anlage 2 KV der Zustand zu bewerten, der bei planmäßiger Pflege drei Vegetationsperioden nach Beendigung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu erwarten ist.
Auch die Ausgleichsberechnung für den Geltungsbereich 2 gemäß § 1a Abs. 3 BauGB lässt keine Fehler erkennen. Der über die Maßnahmen im Geltungsbereich 1 hinaus noch bestehende Ausgleichsbedarf ist zutreffend mit einer Höhe von 494.339 WP ermittelt, und es ist ein hinreichender planerischer Ausgleich in Höhe von 553.500 WP - und damit 59.161 WP mehr als rechtlich gefordert - erfolgt.
Die im Geltungsbereich 2 vorgesehenen Maßnahmen sind trotz räumlicher Entfernung zum Ausgleich geeignet. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 1a Abs. 3 Satz 3 und § 200a BauGB. Die Bewertung der Ausgleichsfläche ist nicht zu beanstanden. Die Ausgleichsberechnung weist hinsichtlich der mit insgesamt 553.500 WP bewerteten Renaturierungsmaßnahmen des circa 1,5 km langen Gewässerabschnitts der Aar keine Unstimmigkeiten auf. Die Größe der Ausgleichsfläche beträgt nicht nur - wovon die Antragsteller irrtümlich ausgehen - 15.000 m², sondern umfasst 20.500 m², weil auch der Uferbereich der Aar in die Maßnahmen einbezogen ist. Auch erfolgt eine Begründung der Aufwertung des Gewässerabschnitts im Umweltbericht. Es wird auf einer Fläche von 20.513 m² eine überdurchschnittlich hohe Aufwertung für die Schutzgüter Boden, Wasser, Natur und Landschaft erzielt, da diese durch die Vernetzungswirkung von Fließgewässern und die Fernwirkung von Ufergehölzen eine über die eigentliche Grundfläche weit hinausgehende Wirkung entfalten; es sei insgesamt sogar von einer Steigerung der Artenvielfalt auszugehen (S. 21 des Umweltberichts). Die Untere Naturschutzbehörde erhob keine Einwendungen (Bl. 663 der Behördenakte). Abwägungsfehler werden insoweit nicht substantiiert dargelegt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Soweit die Antragsteller schließlich die Anlage der Regenrückhalteanlagen wegen unzumutbarer Geruchs- und Ungezieferbelastungen rügen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden, weil es hierfür keine Anhaltspunkte gibt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller jeweils zu dem Anteil zu tragen, in dem sie unterlegen sind (§§ 154 Abs. 1, 159 VwGO i. V. m. § 100 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 VwGO liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG; der Senat legt für jedes durch die Planung betroffene Grundstück der Antragsteller 20.000,00 Euro zu Grunde (3 x 20.000,00 Euro = 60.000,00 Euro).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).