Hessischer VGH, Beschluss vom 21.08.2018 - 2 B 294/18
Dem Antrag des Straßenbaulastträgers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem er die Beseitigung der durch einen Anlieger in den öffentlichen Straßenraum eingebrachter Gegenstände begehrt, fehlt nicht das Rechtsschutzinterresse. Er ist nicht verpflichtet, das Beseitigungsbegehren gemäß § 17a Hessisches Straßengesetz (HStrG) durch Verwaltungsakt geltend zu machen, wenn angesichts der Streitlage ohnehin mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen ist. Dies gilt auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Ist der Straßenbaulastträger zugleich Eigentümer der Straße, kann er daneben auch zivilrechtliche Abwehransprüche aus Eigentums- und Besitzstörung gemäß §§ 1004, 862 BGB geltend machen.
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2018 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung abgeändert.
Den Antragsgegnern wird im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben,vor bzw. an dem Anwesen "A...straße ..., 61476 Kronberg im Taunus" folgende Gegenstände zu entfernen:Findling im Bereich des öffentlichen Stellplatzes in der A...straße vor dem Gebäude rechterhand der Eingangstür;
erhöhte schwarze Schachtabdeckung im Bereich des Stellplatzes in der X...straße;
Mülltonnen, soweit sie nicht unmittelbar zur Abfuhr bereitgestellt werden, einschließlich der Findlinge/Radabweiser in der X...straße im Bereich des dortigen Stellplatzes;
Standbriefkasten in der A...straße rechts neben der Eingangstreppe;
Fensterläden im Erdgeschoss, sowohl an der der A...straße als auch an der der X...straße zugewandten Gebäudeseite;die Pflasterung mit dem ursprünglichen Material und die ebenerdige Schachtabdeckung wiederherzustellen.Den Antragsgegnern wird es im Wege einstweiliger Anordnung untersagt, im öffentlichen Straßenraum erneut Findlinge, Mülltonnen (außer unmittelbar zur Entleerung) und einen Standbriefkasten aufzustellen und eine erhöhte Kellerschachtabdeckung und Fensterläden im Erdgeschoss des Hauses anzubringen.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung unter II. wird den Antragsgegnern ein Zwangsgeld bis zur Höhe von 25.000,- € und bei Uneinbringlichkeit Ersatzzwangshaft bis zur Dauer von 2 Wochen angedroht.Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der durch Anrufung der Zivilgerichte entstandenen Kosten zu tragen. Letztere Kosten fallen der Antragstellerin zur Last.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2018 ist gemäß §§ 146 Absätze 1 und 4, 147 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, und begründet.
Mit Erfolg wendet sich die antragstellende Stadt gegen die Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses für ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, mit dem sie von den Antragsgegnern die Entfernung verschiedener Gegenstände aus dem öffentlichen Straßenraum vor deren Hausgrundstück verfolgt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die Antragstellerin nicht auf den Erlass eines Verwaltungsakts mit einem Beseitigungsverlangen nach § 17 a des Hessischen Straßengesetzes - HStrG - zu verweisen, mit dem sie ihr Begehren auf einfachere Weise ohne Inanspruchnahme des Gerichts erreichen könnte.
Die Antragstellerin verweist zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Rechtsschutzinteresse einer Behörde für eine Leistungs- oder Feststellungsklage nicht schon dann entfällt, wenn die Möglichkeit besteht, das Begehren durch Verwaltungsakt geltend zu machen, sofern nicht der Erlass eines Verwaltungsakts gesetzlich vorgeschrieben ist, und angesichts der Streitlage ohnehin mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen ist (u.a. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2017 - 9 C 30/15 -, BVerwGE 157, 203 ff., juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2011 - 8 C 53/09 -, BVerwGE 139, 87 ff., juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 26. April 1968 - VI C 113.67 -, BVerwGE 29, 310 ff, juris Rn. 10; jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (OVG Bremen, Beschluss vom 29. Oktober 1998 - 1 BB 394/98 -, juris Rn. 9; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 97).
Ein solcher Fall, in dem das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung trotz der Möglichkeit zum Erlass eines Verwaltungsakts nicht entfällt, liegt hier vor.Eine gesetzliche Verpflichtung, ein straßenrechtliches Beseitigungsverlangen durch Verwaltungsakt durchzusetzen, besteht nicht. Deshalb besteht auch kein schutzwürdiges Interesse der Antragsgegner auf Durchführung eines Widerspruchsverfahrens, welches das Verwaltungsgericht annimmt.Nach dem vorprozessualen Verhalten der Antragsgegner, die sich bereits damals auf ein Recht zur Einbringung der beanstandeten Gegenstände in den öffentlichen Straßenraum berufen hatten, war auch mit der gerichtlichen Anfechtung einer Beseitigungsverfügung der Antragstellerin zu rechnen. Eine Klärung der Angelegenheit durch Verwaltungsakt ohne Inanspruchnahme der Gerichte war nicht zu erwarten. Gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Beseitigungsverfügung wäre von den bereits vorgerichtlich anwaltlich vertretenen Antragsgegnern voraussichtlich Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt worden.
Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich ferner aus den zivilrechtlichen Ansprüchen der Antragstellerin aus Eigentum und Besitz an den Straßengrundstücken. Nach der für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bindenden Rechtswegverweisung durch das Amtsgericht Königstein im Taunus mit Beschluss vom 23. August 2017 sind in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch die zivilrechtlichen Ansprüche zu prüfen, denn nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.Zivilrechtliche Abwehransprüche aus Eigentums- und Besitzstörung gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - können auch öffentlich-rechtlichen Körperschaften zustehen. Die öffentlichen Sachen unterstehen nämlich nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden dualistischen Konzeption durchaus der im BGB niedergelegten privaten Eigentumsordnung; die öffentlich-rechtliche Zweckbindung dieser Sachen schränkt lediglich die Eigentümerstellung ein (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 1973 - V ZR 176/71 -, BGHZ 60, 365 ff., juris Rn. 15; Staudinger/ Gursky (2012) BGB, § 1004 Rn. 85 m.w.N.; Staudinger/ Roth (2016) BGB, § 905 Rn. 26; Baldus in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 49 m.w.N.).Die zivilrechtlich begründeten Eigentums- und Besitzschutzansprüche können von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft aber nicht mit Verwaltungsakt durchgesetzt werden, sondern nur unmittelbar durch gerichtliche Geltendmachung.
Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO besteht ein Anordnungsgrund, weil diese zur Abwehr von Gefahren für Verkehrsteilnehmer bei Nutzung der öffentlichen Straßen dringlich ist. Die Antragstellerin weist zutreffend darauf hin, dass die von den Antragsgegnern aufgestellten Gegenstände Hindernisse darstellen, von denen insbesondere bei Dunkelheit Kollisionsgefahr für Fußgänger und Kraftfahrer ausgeht. Sie schränken auch die Nutzung der öffentlichen Straße durch die Allgemeinheit dauerhaft ein. Ein Verbleib der Gegenstände im öffentlichen Straßenraum bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglicherweise Jahre dauernden Rechtsstreites ist mit der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht vereinbar.Zutreffend sind ferner die Ausführungen der Antragstellerin, dass die Geltendmachung von Besitzschutzansprüchen nach §§ 861, 862 BGB wegen verbotener Eigenmacht im Wege einstweiligen Rechtsschutzes keinen besonderen Anordnungsgrund voraussetzt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. November 2011 - 10 W 47/11 -; Joost in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 861 Rn. 15; Palandt/ Herrler, BGB, 77. Aufl. 2018, § 861 Rn. 11 und § 862 Rn. 12; Klinck in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts (2014) V. Besitz Rn.60).
Es besteht auch ein Anordnungsanspruch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Dem Erlass einer Beseitigungsanordnung im Wege der einstweiligen Anordnung steht nicht das grundsätzlich bestehende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entgegen (vgl.: Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 15). Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt nämlich nicht vor, weil die Entfernung der Gegenstände rückgängig gemacht werden könnte (vgl. hierzu Kopp/ Schenke, a.a.O.).
Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnern die Beseitigung der beanstandeten Gegenstände sowohl nach der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 17a Abs. 1 HStrG wegen Benutzung einer Straße ohne die erforderliche Erlaubnis und verbotswidrigen Abstellens von Gegenständen, als auch nach den zivilrechtlichen Regelungen der §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB wegen Eigentums- und Besitzstörung verlangen.Sowohl für den öffentlich-rechtlichen als auch die zivilrechtlichen Beseitigungsansprüche ist entscheidend, dass die Antragsgegner kein Recht zur Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums für die von der Antragstellerin beanstandeten Gegenstände haben. Das System des Nutzungsregimes öffentlicher Straßen unterscheidet zwischen dem erlaubnisfreien Gemeingebrauch und der erlaubnispflichtigen Sondernutzung (vgl. hierzu: Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 287). Gemeingebrauch ist der jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften gestattete Gebrauch der Straße (§ 14 Satz 1 HStrG). Sondernutzung ist der Gebrauch der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (§ 16 Abs. 1 Satz 1 HStrG).Der sog. schlichte Gemeingebrauch erstreckt sich in erster Linie auf eine Benutzung der öffentlichen Straße zum Zwecke der Fortbewegung durch jedermann (vgl. Sauthoff, a.a.O., Rn. 293, 338). Anerkannt ist darüber hinaus der Anliegergebrauch als gesteigerter Gemeingebrauch. Er gestattet Anliegern der Straße bestimmte Nutzungen als erlaubnisfrei, die über den Gemeingebrauch für jedermann hinausgehen (vgl. Sauthoff, a.a.O., Rn. 287). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reicht der Anliegergebrauch nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert. Angemessen in diesem Sinne ist nicht schon jede Nutzung der Straße, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet, sondern ausschließlich das, was aus dem Grundstück und seiner sowohl der Rechtslage als auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Benutzung als Bedürfnis hervorgeht. Der geschützte Anliegergebrauch entspricht in diesem Rahmen der Tatsache, dass der Anlieger einer Straße auf den Gemeingebrauch an ihr in einer spezifisch gesteigerten Weise angewiesen ist. Aus diesem Grunde kann der Anliegergebrauch zwar nicht allein auf eine Nutzung der Straße zum Verkehr in dem engeren Sinne des Straßenverkehrs bezogen werden. Kennzeichnend und Voraussetzung für den Anliegergebrauch bleibt aber immer das besondere Angewiesen sein des Grundeigentums auf das Vorhandensein und die Benutzung der Straße (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 - IV C 4.72 -, juris Rn. 20 m.w.N,; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1969 - IV C 77.67 -, juris Rn. 20). Die ursprüngliche Herleitung des Anliegergebrauchs aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes - GG - hat das Bundesverwaltungsgericht inzwischen aufgegeben. Wie weit der Anliegergebrauch gewährleistet ist, richtet sich nach der neueren Judikatur vielmehr nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst und insoweit Inhalt und Schranken des Eigentums an Anliegergrundstücken im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmt (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7/99 -, juris Rn. 5). Der Umfang des Anliegergebrauchs wird dadurch bestimmt und begrenzt, dass die Straße als öffentliche Einrichtung nicht allein der Erschließung der Anliegergrundstücke, sondern schwergewichtig auch dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen dient, so dass ein Ausgleich zwischen einer Vielzahl von Interessen erfolgen muss (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7/99 -, juris Rn. 5; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. September 1990 - 1 BvR 988/90 -, juris Rn. 5). Dabei ist die Vorbelastung der Grundstücke durch die Situation, in die sie hineingestellt sind, zu beachten (BVerfG, a.a.O.).
Von dem so zu bestimmenden Anliegergebrauch ist die Einbringung der Gegenstände in den öffentlichen Straßenraum durch die Antragsgegner nicht umfasst.
Der Anliegergebrauch gewährt den Antragsgegnern kein Recht zur Aufstellung von Findlingen im öffentlichen Straßenraum, um ihr unmittelbar an zwei Straßen angrenzendes Wohnhaus vor parkenden und fahrenden Fahrzeugen zu schützen. Die Regelung des fahrenden und ruhenden Straßenverkehrs, ggf. auch durch bauliche Leiteinrichtungen, ist allein Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde. Die Antragsgegner sind als Privatpersonen nicht berechtigt, im Wege der Selbsthilfe Hindernisse im öffentlichen Straßenraum zu bereiten, um Kraftfahrzeuge von ihrem Wohnhaus fernzuhalten.Ihr Wunsch, in einem Kellerschacht einen Lastenaufzug für Mülltonnen zu installieren, welche sie im Keller aufstellen möchten, gibt ihnen nicht das Recht, den im öffentlichen Straßenraum befindlichen Schacht durch einen Findling für parkende Fahrzeuge zu blockieren. Ohnehin ist der von den Antragsgegnern gewünschte Lastenaufzug ohne einen Eingriff in den Straßenkörper nicht zu verwirklichen, für den eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich wäre, die die Antragstellerin nicht zu erteilen bereit ist.Auch die Absicht, das an dem Wohnhaus befindliche Fallrohr, die Eingangsstufen und den Haussockel vor Beschädigungen durch Kraftfahrzeuge zu schützen, verschafft den Antragsgegnern nicht die Befugnis zur Aufstellung von Findlingen im öffentlichen Straßenraum. Sie unterfällt nicht dem Anliegergebrauch. Soweit es zu Beschädigungen am Haus kommen sollte, müssen sich die Antragsgegner an den jeweiligen Schädiger halten. Sollte dieser im Einzelfall nicht zu ermitteln sein, ist dies Ausfluss der Lage des unmittelbar an die öffentlichen Straßen angrenzenden Wohnhauses und als situationsbedingt hinzunehmen.Soweit die Antragsgegner geltend machen, dass durch rücksichtsloses Parken der Zugang in ihr Haus behindert werde, müssen sie im Einzelfall mit rechtmäßigen Mitteln dagegen vorgehen, z.B. durch eine Anzeigeerstattung bei der Polizei, die die notwendigen Maßnahmen ergreifen kann.
Auch der unbestimmte Verweis der Antragsgegner auf die Aufstellung von Steinen und Pflanzgefäßen in der näheren Umgebung zum Schutz der Häuser führt zu keiner anderen Bewertung. Die ungenehmigte Einbringung der Gegenstände in den öffentlichen Straßenraum wäre auch in diesen Fällen rechtswidrig und nicht vom Anliegergebrauch umfasst.
Die Anbringung einer erhöhten Kellerschachtabdeckung im öffentlichen Straßenraum gehört ebenfalls nicht zum Anliegergebrauch. Von Seiten der Antragstellerin liegt nur eine Genehmigung für eine ebenerdige Schachtabdeckung vor, die von den Antragsgegnern wiederherzustellen ist.
Die dauerhafte Aufstellung von Mülltonnen im öffentlichen Straßenraum liegt gleichfalls nicht im Rahmen des Anliegergebrauchs. Dies ist nur insoweit der Fall, als die Mülltonnen unmittelbar zur Abholung bereitgestellt werden, und umfasst den Vorabend des Abfuhrtages und den Abfuhrtag selbst (Bay. VGH, Urteil vom 8. April 1992 - 4 B 88.933 -, juris Rn. 13; Sächsisches OVG, Urteil vom 5. März 2012 - 1 A 966/10 -, juris Rn. 41; vgl. auch § 8 Abs. 4 der Abfallsatzung der Antragstellerin i.d.F. vom 5. Dezember 2013). Dies war in der Tenorierung klarzustellen. In der übrigen Zeit müssen die Antragsgegner die Mülltonnen auf ihrem eigenen Grundstück unterbringen, etwa im Keller, aus dem diese über die innenliegende Kellertreppe und die Hauseingangstür zum Zwecke der Entleerung an den Straßenrand geschafft werden könnten.Im Übrigen hat die Antragstellerin Bereitschaft bekundet, angesichts fehlender Freiflächen auf dem Grundstück der Antragsgegner die Aufstellung der Mülltonnen im öffentlichen Straßenraum zu gestatten, sofern sie mit einer Einhausung versehen werden, und die Vorlage entsprechender Planunterlagen gefordert. Soweit die Antragsgegner darauf verweisen, dass die Untere Denkmalschutzbehörde eine Genehmigung der Mülltonneneinhausung abgelehnt habe, scheinen sie den Hintergrund miss zu verstehen. Die Untere Denkmalschutzbehörde des Hochtaunuskreises hat eine Genehmigung nämlich nicht aus denkmalschutzrechtlichen Gründen versagt, sondern sie hat die Antragsgegner darauf hingewiesen, dass für die Aufstellung der Mülltonneneinhausung keine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erforderlich sei, und sie aufgefordert, sich mit ihrem Antrag an die Antragstellerin zu wenden (vgl. Schreiben der Unteren Denkmalschutzbehörde des Hochtaunuskreises an die Antragsgegner vom 24. August 2017, Bl. 139 der Behördenakte und E-Mail vom 30. August 2017, Bl. 128R der Behördenakte).
Nicht vom Anliegergebrauch umfasst ist weiterhin die Aufstellung des gusseisernen Standbriefkastens im öffentlichen Straßenraum. Insoweit liegt nur eine denkmalschutzrechtlliche Genehmigung der Unteren Denkmalschutzbehörde des Hochtaunuskreises vor (vgl. E-Mail vom 21. November 2016 in der Anlage zu dem Schriftsatz der Antragsgegner vom 6. April 2018, Bl. 109 d.A.), nicht aber eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis der Antragstellerin, auf deren Erfordernis sie die Antragsgegner im Schreiben vom 1. März 2017 (Anlage zu dem Schriftsatz der Antragsgegner vom 6. April 2018, Bl. 110 d.A.) ausdrücklich hingewiesen hat.Fehl gehen die Antragsgegner in der Annahme, die Aufstellung des Standbriefkastens sei nach § 5 der Sondernutzungssatzung der Antragstellerin vom 13. September 2012 genehmigungsfrei, weil sich der Standort im Eingangsstreifen befinde.Die genannte Vorschrift regelt die erlaubnisfreie Sondernutzung. Keiner Erlaubnis bedürften danach u.a. bauaufsichtlich genehmigte Bauteile, wie Gebäude, Sockel, Gesimse, Fensterbänke, Balkone, Erker, Eingangsstreifen, Kellerlichtschächte, Sonnenschutzdächer und Vordächer (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 der Sondernutzungssatzung). Für den Standbriefkasten liegt aber keine bauaufsichtliche, sondern nur eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung vor, so dass die Erforderlichkeit einer Sondernutzungserlaubnis nicht entfällt.Zwar müssen die Antragsgegner die Möglichkeit haben, einen Briefkasten bereit zu halten, um ordnungsgemäß Briefsendungen zu empfangen. Dazu ist aber die Anbringung eines Briefkastens am Haus in üblicher Größe ausreichend. Soweit hierfür ebenfalls der Luftraum der öffentlichen Straße in Anspruch genommen werden müsste, ist dies dem Anliegergebrauch zuzuordnen.
Schließlich gehört die Anbringung und Benutzung der Klappläden im Erdgeschoss, die beim Öffnen und Schließen in den gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 HStrG zur öffentlichen Straße gehörenden Luftraum über dem Straßenkörper hineinschwenken, im konkreten Einzelfall nicht zum erlaubnisfreien Anliegergebrauch. Insbesondere beim Öffnen der Klappläden werden Fußgänger und parkende Verkehrsteilnehmer beim Aus- und Einsteigen in ihr Fahrzeug auf den gekennzeichneten Parkflächen gefährdet. Ausgehend von dem Gesichtspunkt, dass die Straße als öffentliche Einrichtung in erster Linie dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis dient (s.o., vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7/99 -, juris Rn. 5; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. September 1990 - 1 BvR 988/90 -, juris Rn. 5), und unter Berücksichtigung des beengten Straßenraums in der Altstadt ist die Anbringung von Klappläden im Erdgeschoss des Hauses hier nicht vom Anliegergebrauch umfasst. Die Antragsgegner sind auf die Benutzung der öffentlichen Straße insoweit nicht angewiesen, denn sie können auf andere Möglichkeiten der Verdunkelung und des Sichtschutzes zurückgreifen, die eine Inanspruchnahme des Luftraums über dem Straßenkörper nicht erfordern (z.B. Jalousien oder Vorhänge).Sie können sich auch nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz berufen, weil die Fensterläden schon lange vor ihrem Eigentumserwerb existiert hätten. Aus dem vorgelegten Schriftwechsel mit der Unteren Denkmalschutzbehörde (vgl. E-Mail vom 3. November 2016, Anlage zu dem Schriftsatz der Antragsgegner vom 6. April 2018, Bl. 108 d.A.) und der E-Mail der vormaligen Bevollmächtigten der Antragsgegner vom 16. März 2016 an die Antragstellerin (Anlage zur Antragschrift, Bl. 22 d.A.) geht vielmehr hervor, dass zwar in früherer Zeit Klappläden vorhanden gewesen sein sollen, jedoch nicht unmittelbar vor der Montage der neuen Klappläden durch die Antragsgegner.Auch eine baurechtliche Genehmigung der Klappläden, die zur erlaubnisfreien Sondernutzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Sondernutzungssatzung der Antragstellerin berechtigen würde, liegt nicht vor. Die vorhandene denkmalschutzrechtliche Genehmigung ist keine baurechtliche Genehmigung.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegner gibt es auch keinen "geschützten Eingangsstreifen des Hauses", in dem sich der Kellerschacht, die Klappläden und der Briefkasten befinden sollen. Für einen um das Haus laufenden Schutzstreifen im öffentlichen Straßenraum besteht keine Rechtsgrundlage. Sie ergibt sich auch nicht aus der Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Sondernutzungssatzung der Antragstellerin, wonach bauaufsichtlich genehmigte Bauteile wie Eingangsstreifen keiner Sondernutzungserlaubnis bedürfen. Dies betrifft nur den unmittelbaren Eingangsbereich, soweit er bauaufsichtlich genehmigt ist.
Dass das Wohnhaus der Antragsgegner unmittelbar an den öffentlichen Straßenraum angrenzt, ist eine gegebene Situation. Die Antragsgegner sind nicht berechtigt, einen fehlenden Vorgarten durch Sperrungen von öffentlichen Straßenflächen zu ersetzen.
Die öffentlich-rechtlich und privatrechtlich begründeten Beseitigungsansprüche schließen die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes des Straßenkörpers, insbesondere der Pflasterung mit dem ursprünglichen Material, ein.
Dem Antrag zu 3., mit dem die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegner begehrt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes für die Zukunft zu unterlassen, die öffentlichen Flächen außerhalb ihrer Zweckbestimmung ohne Zustimmung der Antragstellerin für private Zwecke in Anspruch zu nehmen, war nur insoweit zu entsprechen, als sich die Unterlassungsverpflichtung auf die Wiedereinbringung derjenigen Dinge in den öffentlichen Straßenraum bezieht, die Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung in dem vorliegenden Verfahren sind. Der Antrag zu 3. hat in seiner Allgemeinheit keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die Zulässigkeit der Nutzung des öffentlichen Straßenraums für private Zwecke bedarf der Überprüfung im jeweiligen Einzelfall, die dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist und nicht im Vollstreckungsverfahren erfolgen kann.
Die Zwangsmittelandrohung beruht auf den verwaltungsrechtlichen Regelungen in § 169 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 11 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 1 bis 3, 16 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes - VwVG -, die von der zivilprozessualen Regelung in § 890 ZPO abweichen, auf welche der Antrag zu 4. der Antragstellerin bezogen ist. Die Höhe des Zwangsgeldes ist nach § 11 Abs. 3 VwVG auf bis zu 25.000,- € beschränkt, und Zwangshaft kann nach § 16 Abs. 1 und 2 VwVG nur bei Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes bis zur Höchstdauer von zwei Wochen angeordnet werden.
Als unterliegender Teil haben die Antragsgegner gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen. Die teilweise Ablehnung des Unterlassungsbegehren ist als geringfügig zu bewerten und führt nicht zu einer Kostenpflicht der Antragstellerin (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO). Von der Kostenlast der Antragsgegner ausgenommen sind jedoch die durch die Anrufung des Zivilgerichts entstandenen Kosten, die nach § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG der Antragstellerin aufzuerlegen sind.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt ausgehend von dem Auffangwert von 5.000,- € (§ 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -), der entsprechend den Empfehlungen in dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 unter Nr. 1.5 in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 66 Abs. 3 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).