Verkehrsrecht | Unfall | Kanzlei | Anwalt | Rechtsanwalt | Dieselskandal | Abgasskandal | Autokreditwiderruf | Frankfur
Die Verkehrsrechtskanzlei.
Urteile Verkehrsrecht_Anwalt Frankfurt Verkehrsunfall_ Anwaltskanzlei für Verkehr Frankfurt_ Anwalt Verkehrsrecht_ Anwalt Dieselskandal_ Anwalt Abgasskanda_ Anwalt Autokredit widerrufen.jpg

Urteile zum Verkehrsrecht

Rechtssprechung Datenbank

 

Suchen in unserer Urteilsdatenbank

In unserer Urteilsdatenbank finden Sie Rechtsprechung zum Thema Verkehrsrecht. Hier können Sie bestimmte Suchbegriffe eingeben und Ihnen werden die einschlägigen Urteile angezeigt.

 

AG Hamm, Urteil vom 06.07.2018 - 19 C 121/16

Tenor

Die Beklagten werden verurteilt,

an die Klägerin als Gesamtschuldner 891,17 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 03.06.2016.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 43,36 %, die

Beklagten zu 56,64 %

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung

in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages abwenden, wenn

nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe

leistet.

Streitwert: bis 16.08.17 1.573,20 Euro.

ab 17.08.17 1.454,20 Euro.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt die Straßenbeleuchtung in A1 für die Stadt A1.

Aus abgetretenem Recht ist sie Gläubigerin aller diesbezüglich anfallenden

Schadensersatzansprüche.

Mit der Klage macht die Klägerin restliche Schadensersatzansprüche aus einem

Verkehrsunfall geltend, der von einem Versicherungsnehmer der Beklagten

verursacht und verschuldet wurde.

Bei dem Unfall wurde im Bereich der B1-allee in A1 der über 50 Jahre alte

Peitschenmast einer Straßenlaterne beschädigt. Die Stadtwerke A1 stellten dem

Unfallverursacher für den Austausch des Peitschenmastes und des Fundaments

einen Bruttobetrag i. H. v. 3.653,20 € in Rechnung. Auf den Mast entfiel dabei ein

Bruttobetrag i. H. v. 804,34 €.

Es wurde ein 15%iger Gemeinkostenzuschlag auf Fremdleistungen (Erdarbeiten und

verkehrsrechtliche Anordnung der Stadt A1) in die Rechnung aufgenommen.

Die Beklagte zahlte auf den Rechnungsbetrag einen Betrag i. H. v. 2.080,00 €.

Hinsichtlich des Mehrbetrages macht sie einen Abzug "neu für alt" geltend.

Die Beklagte wurde letztmalig mit Schreiben vom 19.05.2016 unter Fristsetzung zum

02.06.2016 zum Ausgleich der Restforderung aufgefordert.

Die Klage wurde wegen der Gemeinkostenzuschläge auf Fremdleistungen in Höhe

eines Betrages von 119,00 € mit Schriftsatz vom 16.08.2017 teilweise

zurückgenommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, ein "Abzug neu für alt" sei hier nicht zu berücksichtigen,

da ihr durch den Austausch des Mastes kein wirtschaftlicher Vorteil erwachse, da bei

notwendigen Modernisierungsmaßnahmen zur Wahrung eines einheitlichen

Erscheinungsbildes immer alle Maste eines Straßenzuges ausgetauscht werden und

wegen eines einzelnen neueren Mastes kein geringfügigerer Überprüfungssaufwand

anfalle.

Sie behauptet darüber hinaus, trotz des hohen Alters des beschädigten Mastes sei in

absehbarer Zeit eine Modernisierungsmaßnahme an der B1-straße in A1

nicht geplant. Der Mast enthalte keine Verschleißteile.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1454,20 € zu zahlen nebst Zinsen

i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der

Europäischen Zentralbank ab dem 03.06.2016.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, auf der Basis einer Restnutzungsdauer von 20 Jahren sei ein

Abzug i. H. v. 1555,22 € als Abzug "neu für alt" zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten

Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen

Sachverständigengutachtens des Sachverständigen C1

Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das schriftliche

Gutachten vom 22.01.2018 (Blatt 84 ff. der Akten) und die mündliche Erläuterung

des Gutachtens durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom

08.06.2018 (Bl. 117 ff. der Akten) Bezug genommen.

Darüber hinaus hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen

D1. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das

Sitzungsprotokoll vom 08.06.2018 (Bl. 117 ff. der Akten) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist wie aus dem Tenor ersichtlich begründet aus §§ 823, 249 BGB. Die

Beklagten schulden der Klägerin weiteren Schadensersatz aus einem

Verkehrsunfallereignis, bei dem ein Peitschenmast der Straßenbeleuchtung an der

B1-Allee in A1 beschädigt wurde.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahmen steht der Klägerin, auch unter dem

Gesichtspunkt eines Abzugs "neu für alt", ein über die vorprozessual erbrachten

Zahlungen der Beklagten hinausgehender Schadensersatzbetrag zu, wie er sich der

Höhe nach aus dem Tenor des Urteils ergibt.

Ein Abzug "neu für alt" ist nur dann gerechtfertigt, wenn die nach § 249 BGB

geschuldete Naturalrestitution bei dem Geschädigten eine messbare

Vermögensmehrung herbeiführt, die sich auch wirtschaftlich auswirkt.

Darüber hinaus muss die Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensrechts

entsprechen und der Ausgleich zumutbar und nicht unbillig sein. Der Schädiger trägt

die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Abzugs

"neu für alt".

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hält das Gericht es für angemessen, von

den Kosten für den Austausch des Peitschenmastes und des dazugehörigen

Fundaments 70 % der Materialkosten für den Peitschenmast abzusetzen. Ein

weitergehender Abzug "neu für alt", wie ihn die Beklagten vorgenommen haben,

kommt nicht in Betracht, da die von den Beklagten "vorgenommene Abrechnung auf

der Basis einer schematischen Zeitwertermittlung" diesen Vorgaben nicht gerecht

wird.

Der beschädigte Peitschenmast hat zwar im Hinblick auf sein Alter von über 50

Jahren auch nach den Ausführungen des Sachverständigen keinen wirtschaftlichen

Wert mehr. Ein vollständiger Abzug der Materialkosten für den neuen Peitschenmast

kommt jedoch deswegen nicht in Betracht, weil nach den Bekundungen des Zeugen

D1 er noch funktionstüchtig war und davon auszugehen ist, dass der

beschädigte Mast trotz seines hohen Alters noch funktionstüchtig ist und ein

Austausch der gleichartigen Maste des entsprechenden Straßenzuges noch nicht in

Erwägung gezogen wurde. Gleichwohl ist ein Abzug in Höhe von 70 % der

Materialkosten für den neuen Mast vorzunehmen, da im Hinblick auf das hohe Alter

der Maste im Bereich der B1-Allee davon auszugehen ist, dass die

Straßenbeleuchtung des gesamten Straßenzuges ausgetauscht werden muss, bevor

der ersetzte Peitschenmast unbrauchbar wird und ersetzt werden muss. Dadurch

fließt der Klägerin ein Mehrwert zu, der auch nicht dadurch entfällt, dass regelmäßig

immer die Beleuchtung eines gesamten im Zusammenhang zu sehenden

Straßenzuges vollständig ausgetauscht wird, wenn dies nötig ist.

In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der ausgetauschte Mast im

Zuge der demnächst durchzuführenden Modernisierung weiterverwendet werden

kann, da Modell und Technik noch den dann verwendeten Modellen entspricht oder

die Abweichungen zu den dann verwendeten Modellen so geringfügig sind, dass

dadurch hinsichtlich der Beleuchtungsstärke, Beleuchtungsart, dem

Wartungsaufwand und dem optischen Eindruck sich nur geringfügige Abweichungen

ergeben, die hinnehmbar sind.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der jetzt ausgetauschte Mast für die

Klägerin auch dann anderweitig wiederverwendbar ist, wenn er im Zuge der

demnächst anstehenden Modernisierung der Straßenbeleuchtung an der B1-

Allee an dieser Stelle nicht mehr verwendet werden kann.

Entgegen den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten hielt das

Gericht es nicht für gerechtfertigt, auch die Materialkosten für das neue Fundament

von dem zu ersetzenden Schadensersatzbetrag abzusetzen, weil nach den

Bekundungen des Zeugen D1 davon auszugehen ist, dass mit jedem

Austausch des Peitschenmastes auch ein neues Fundament erstellt werden muss,

weil die Peitschenmaste an der B1-Allee nicht auf Hülsen aufgesetzt werden,

die in ein Fundament eingelassen sind, sondern direkt in das Fundament eingebracht

werden. Insoweit ist daher ein wirtschaftlicher Vorteil der Klägerin durch die

Neuerrichtung des Fundaments nicht sicher festzustellen, da nicht auszuschließen

ist, dass der ausgetauschte Mast nur an anderer Stelle wiederverwendet werden

kann, wenn die Straßenbeleuchtung im Bereich der B1-Allee modernisiert

wird.

Von der wegen der teilweisen Klagerücknahme um 119,00 Euro reduzierten

Klageforderung war daher ein Betrag in Höhe von 563,03 Euro abzusetzen.

Die Klägerin kann auch den noch geltend gemachten Aufschlag auf die Fremdkosten

als Ausgleich für den mit der Vergabe verbundenen Aufwand ersetzt verlangen.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige

Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Lukas Jozefaciuk