AG Dortmund, Urteil vom 25.05.2018 - 729 Ds-250 Js 2008/17 -92/18
Tenor
Der Angeklagte wird wegen Nötigung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 EURO verurteilt.
Dem Angeklagten wird verboten, Kraftfahrzeug jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr für die Dauer eines Monats zu führen.
Die Abgabefrist des § 44 Abs. 2 StGB gilt auch für dieses Fahrverbot.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen.
- §§ 240 Abs. I, Abs. II, 44, 53 StGB -
Gründe
Der Angeklagte ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
Im Verkehrszentralregisterauszug sind drei Eintragungen vorzufinden:
1.
Am 29.12.2011 wurde dem Angeklagten unanfechtbar die Fahrerlaubnis nach einem schwerwiegenden Verstoß in der Probezeit entzogen.
2.
Am 23.04.2012 wurde dem Angeklagten durch die Stadt Dortmund wieder eine Fahrerlaubnis erteilt.
3.
Am 30.05.2017 (Rechtskraft: 17.06.2017) setzte der Kreis Neuss gegen den Angeklagten eine Geldbuße in Höhe von 70,00 EURO wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes auf einer Autobahn fest.
Der Angeklagte lebt seit 2003 in Deutschland. Er spricht gut Deutsch. Er hat hier eine Lehre als Restaurantfachmann in der Westfalenhalle in Dortmund erfolgreich absolviert. Die Ehefrau des Angeklagten ist gebürtige Deutsche und selbständige Kinderärztin mit eigener Praxis. Der Angeklagte und seine Frau haben zwei Töchter im Alter von 4 und 7 Jahren. Der Angeklagte ist Hausmann und kümmert sich um die Erziehung der Kinder. Zudem kümmert er sich um die beiden altersbedingt schwer erkrankten Eltern seiner Ehefrau.
1.
Am 23.06.2017 gegen 09:30 Uhr befuhr der Angeklagte mit dem Personenkraftwagen der Marke BMW mit dem amtlichen Kennzeichen ... - ... ... die X T in Dortmund.
Hierbei fuhr er sehr dicht auf den vor ihm fahrenden Personenkraftwagen der Zeugin U auf und scherte mehrfach nach links aus, ohne jedoch zu überholen. An der Ampel zur G-T musste er verkehrsbedingt hinter der Zeugin U warten. Als die Ampel auf Grünlicht wechselte, überholte der Angeklagte die Zeugin, wobei er bereits in den Gegenverkehr geriet. Hierbei streckte er durch das heruntergelassene Fenster längere Zeit den ausgestreckten Mittelfinger in Richtung der Zeugin und bremste diese mehrfach aus.
2.
Am 13.07.2017 war der Angeklagte erneut mit dem oben genannten Personenkraftwagen unterwegs. Diesmal befuhr er die E T. Auch hier fuhr er sehr nah auf den PKW der vor ihm fahrenden Zeugin C auf. Schließlich fuhr der Angeklagte rechts neben den PKW der Zeugin und zeigte ihr den "Vogel" wobei er außerdem noch in die Hände klatschte. Auf Nachfrage des Zeugen S, ob alles in Ordnung sei, antwortete der Angeklagte, es sei sein Land und erhob drohend die Faust. Schließlich überholte der Angeklagte die Zeugin und bremste diese mehrfach grundlos von 50 auf 30 km/h herunter.
Strafanträge bezüglich der Beleidigungen wurden nicht gestellt.
Der Angeklagte war insgesamt geständig.
Das Geständnis des Angeklagten war glaubhaft. Er erklärte insbesondere zur Ursache der Taten, dass er seit etwa zwei Jahren dünnhäutig geworden sei infolge vieler Probleme im Familienumfeld: Seine Frau müsse sehr viel arbeiten. Sie habe sehr lange Arbeitstage. Er sei bei der Kindeserziehung auf sich gestellt. Zudem müsse er Haus und Wohnung der Schwiegereltern abwickeln. Er müsse sich auch um den pflegebedürftigen Schwiegervater kümmern, der in dem Haushalt der Eheleute aufgenommen worden sei. Die Schwiegermutter sei stationär untergebracht. Auch hier müsse er den Kontakt halten und sich um diese kümmern. All dies sei zuviel für ihn.
Der Angeklagte hat sich entsprechend seines Geständnisses gegen Nötigung in zwei Fällen gemäß §§ 240 Abs. I, Abs. II, 53 StGB strafbar gemacht.
Das Geständnis des Angeklagten hat das Gericht ebenso strafmildernd gewertet, wie dessen Bedauern über die Tat. Seine persönliche Situation, die offensichtlich Ursache der Taten war, hat das Gericht ebenfalls strafmildernd bewertet. Schließlich fehlten auch Vorstrafen bei dem Angeklagten.
Insoweit war jedoch zu berücksichtigen, dass im Fahrerlaubnisregister eine verkehrsrechtliche Vorbelastung vorhanden war (Geschwindigkeitsverstoß). Die bereits länger zurückliegende Fahrerlaubnisentziehung und Neuerteilung der Fahrerlaubnis hat das Gericht nicht in seine Strafzumessung aufgenommen.
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat das Gericht die Verhängung von Einzelstrafen von jeweils 30 Tagessätzen für jede der Taten als tat- und schuldangemessen erachtet und hieraus unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen gebildet.
Die Höhe eines jeweiligen Tagessatzes hat das Gericht auf 30,00 EURO geschätzt. Der Angeklagte konnte zu den Einkommensverhältnissen seiner Ehefrau keine Aussagen machen. Der Familie gehe es gut. Sie verfüge aber nicht über Reichtümer.
Das Gericht hielt es auch angesichts des Tatbildes und des sich hieraus ergebenden Verkehrsbezugs für erforderlich zur Erziehung des Angeklagten als Denkzettel ein Fahrverbot gemäß § 44 StGB von kurzer Dauer anzuordnen. Der (Nebenstraf-)Rahmen insoweit betrug 1 bis 3 Monate, da die Taten vor der letzten Änderung des § 44 StGB stattgefunden haben (neue Gesetzesfassung ab 24.8.2017). Das Gericht hat hier eine Dauer von einem Monat und dementsprechend das Mindestmaß eines Fahrverbots für angemessen erachtet. Dabei hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass es sich nicht nur um eine einmalige Verfehlung des Angeklagten handelte, sondern gleich zwei gleichartige Taten an verschiedenen Tagen von ihm begangen wurden, was gegen einen einfachen Fehltritt, sondern vielmehr für vorliegenden Erziehungsbedarf spricht.
Zur Klarstellung hat das Gericht die Abgabefrist des § 44 Abs. II StGB in den Urteilstenor aufgenommen, obgleich es sich hierbei um eine eigentlich nicht "tenorierungspflichtige" Vollstreckungsregelung handelt. Auch wenn die Reform des § 44 StGB erst nach den hier in Rede stehenden Taten stattgefunden hat, so musste nach Ansicht des Gerichtes die seit dem 24.8.2017 geltende tätergünstige Vollstreckungsregelung des § 44 Abs. II StGB auch auf Taten wie die vorliegende, die nach altem Recht begangen und geahndet wurden, Anwendung finden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.