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AG Bonn, Urteil vom 18.05.2018 - 111 C 25/18

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.702,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2018 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von restlichem Schadenersatz aus einem Verkehrsunfallereignis in Anspruch.

Die Klägerin ist eine Autovermietungsgesellschaft mit Sitz in C. Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen. Am 18.03.2017 wurde das erst vier Monate alte Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen BN-#-...# in Bonn von dem Fahrzeug eines Versicherungsnehmers der Beklagten mit dem amtlichen Kennzeichen BN-# ... angefahren und beschädigt. Bei dem Fahrzeug der Klägerin handelt es sich um einen SUV mit Kosmosschwarz-Metalliclack. Die Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin ließ ein Gutachten zur Schadenshöhe erstellen, welches zu geschätzten Netto-Reparaturkosten in Höhe von 8.417, 51 € kam. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten des Sachverständigen S (Bl. 6-30 d.A.) Bezug genommen. Zudem macht die Klägerin Kosten für die Vorhaltung eines Ersatzfahrzeuges für die Dauer der Schadensfeststellung und geschätzten Reparatur in Höhe von 305,76 € geltend. Die Reparaturkosten regulierte die Beklagte lediglich in Höhe von 6.013,80 € und verweigerte die Zahlung der Vorhaltekosten. Die Klägerin rechnete fiktiv ab und veräußerte am 31.03.2017 das Fahrzeug im nicht reparierten Zustand.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kürzungen durch die Beklagte seien unberechtigt erfolgt. Sie behauptet, dass sie selbst keinen Reparaturbetrieb unterhalte und somit auch keinen Unternehmergewinn im Falle einer Reparatur habe. Der Sachverständige S habe die erforderlichen Reparaturkosten zutreffend ermittelt. Auch Verbringungskosten und UPE-Aufschläge seien im Raum Bonn üblich und damit auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung zu erstatten. Sie müsse zudem einen Fuhrpark vorhalten, um stets und auch im Falle eines Unfalls Fahrzeuge auf entsprechendem Niveau zur Verfügung stellen zu können.

Die Klägerin beantragt mit der der Beklagten am 03.02.2018 zugestellten Klage,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.709,47 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 24,70 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.04.2018 hat die Klägerin die Klage teilweise in Höhe eines Betrages von 6,48 zurückgenommen und beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.702,99 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 24,70 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszissatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe das reguliert, was schadensrechtlich erforderlich sei, um den Schaden zu beheben. Sie behauptet, die Klägerin sei Teil des RKG-Konsortiums und könne dort bei der RKG Rheinische Kraftwagen Gesellschaft mbH & Co KG Reparaturleistungen zu einem rabattierten Preis in Anspruch nehmen. Zudem sei eine Beilackierung des hinteren Kotflügels auf der linken Seite technisch nicht erforderlich. Die Beklagte ist der Ansicht, dass im Rahmen einer fiktiven Abrechnung grundsätzlich keine UPE-Aufschläge und Verbringungskosten erstattungsfähig seien. Insbesondere seien diese auch weder ortsüblich noch angemessen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I. Das Amtsgericht Bonn ist für den Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1, 73 Abs. 1 GVG, da der Streitwert bei 2.709,47 € liegt und damit unter dem Grenzwert von 5.000 €. Die örtliche Zuständigkeit beruht auf dem besonderen Gerichtsstand des § 20 StVG. Der Verkehrsunfall hat im Bezirk des Amtsgerichts Bonn stattgefunden.

II. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 2.702,99 € aus § 115 Abs. 1 VVG iVm § 1 PflVG iVm § 7 Abs. 1 StVG. Die Schadensregulierung dem Haftungsgrunde nach zu 100 % durch die Beklagte ist unstreitig. Die Haftung der Höhe nach ergibt sich aus § 249 Abs. 2 BGB. Der gemäß § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähige Schaden umfasst die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, NJW 1989, 3009).

Die Klägerin kann den ihr entstandenen Schaden fiktiv abrechnen. Die Festlegung des für die Reparatur erforderlichen Geldbetrages kann im Wege einer fiktiven Abrechnung sachgerecht auf der Grundlage des Gutachtens eines anerkannten Kfz-Sachverständigen erfolgen (OLG Düsseldorf, DAR 2008,523); dies gilt auch im Falle einer Veräußerung des Fahrzeugs vor Reparatur (BGHZ 66, 239; BGH, NJW 1992, 903). Bei der fiktiven Abrechnung trägt jedoch - anders als bei Abrechnung auf Reparaturkostenbasis - der Geschädigte das Werkstatt- und Prognoserisiko (OLG Hamm, NZV 1999, 297).

Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erstattung von fiktiven Beilackierungskosten in Höhe von 219,16 € für Arbeitslohn plus 223,47 € für Lackierarbeiten. Die Beilackierung dient zwar nicht der unmittelbaren Beseitigung des Unfallschadens. Sie ist jedoch dann zur Wiederherstellung des urpsprünglichen Zustands erforderlich, wenn auch aufgrund der teilweisen Neulackierung von beschädigten Teilen eine Farbangleichung von nicht durch den Schaden selbst betroffenen angrenzenden Fahrzeugteilen, wie hier den anliegenden Teilen zum hinteren Kotflügel links des klägerischen Fahrzeugs notwendig wird. Die Erstattungsfähigkeit von Beilackierungskosten bei fiktiver Abrechnung ist umstritten (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 28.03.2017, 26 U 72/16; LG Hamburg, Urt. v. 25.03.2014, 323 S 78/13; LG Köln, Urt. v. 10.05.2016, 11 S 360/15; Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts). Beilackierungskosten sind an sich nur dann erstattungsfähig, wenn besondere Maßnahmen sich bei der Lackierung als tatsächlich notwendig erweisen (OLG Hamm, Urt. v. 28.03.2017, 26 U 72/16). Weist das Fahrzeug jedoch - wie hier - als Besonderheit eine Metalliclackierung auf, ist eine Beilackierung üblicherweise zwingend erforderlich (so auch LG Aachen, Urt. v. 13.09.2017, 8 O 451/16; AG Fulda, Urt. v. 29.09.2016, 32 C 214/15). Auch im hier zur Entscheidung stehenden Fall, hat die Klägerin durch Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen S welcher die Notwendigkeit einer Beilackierung unter Hinweis auf die Besonderheiten des Farbtons des klägerischen Fahrzeugs festgestellt hat, selbige hinreichend substantiiert dargetan.

Der Klägerin steht die Erstattung von fiktiv abgerechneten 120,00 € Verbringungskosten für Lackierarbeiten zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht ein Anspruch auf Erstattung der Verbringungskosten auch dann, wenn diese Kosten nur fiktiv geltend gemacht werden, sofern diese Kosten ortsüblich und angemessen sind (OLG München, Urt. v. 28.02.2014, 10 U 3878/13 = R+S 2014, 471; OLG Düsseldorf, NZV 2002, 87; OLG Hamm, OLGR 1998, 91, 93; LG Köln, NJOZ 2017, 66; AG Bochum, NZV 1999, 518; LG Kassel, Zfs 2001, 359; LG Hildesheim, NZV 2010, 575; LG Hanau, NZV 2010, 574; LG Saarbrücken, DAR 2013, 520). Die Kosten für die Verbringung zu einer Fremdlackiererei gehören wie die Kosten des Lackierens selbst zu dem zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB (OLG Hamm, Urt. v. 21.01.1998, 13 U 135/97; AG Saarlouis, Zfs 1997, 95; AG Königswinter, Zfs 1995, 55; vgl. Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 2017, B. Der Fahrzeugschaden im Einzelnen, Rn. 57b). Allerdings bleibt der Geschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen dahingehend darlegungs- und beweisbelastet, dass die von ihm geltend gemachten Kosten zur Wiederherstellung seiner Rechtsgüter erforderlich sind (vgl. LG Köln, NJOZ 2017, 66). Nach dem in der Rechtsprechung anerkannten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass bei einer Reparatur typischerweise Verbringungskosten erhoben worden wären (OLG Düsseldorf, NJW 2008, 3366; LG Köln, Urt. v. 31.5.2006, 13 S 4/06; AG Ansbach, Urt. v. 15.6.2009, 2 C 1085/08). Es genügt, wenn der Geschädigte darlegt, dass in der Werkstatt, in die er das verunfallte Fahrzeug gebracht hätte, und in der Region, in der das Auto repariert werden sollte, typischerweise solche Aufschläge erhoben werden (LG Köln, NJOZ 2017, 66; AG Hechingen, Urt. v. 21.6.2012, 2 C 416/11). Der entsprechende Nachweis kann durch ein Privatgutachten basierend auf dem jeweiligen regionalen Markt geführt werden, soweit in diesem Gutachten die entsprechenden Kosten enthalten sind. Bei einer Abrechnung auf Gutachtensbasis ist daher dann von einer Ersatzfähigkeit der entsprechenden Position auszugehen, wenn ein öffentlich bestellter vereidigter (anerkannter) Kfz-Sachverständiger unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise Verbringungskosten erhoben werden (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523; KG Berlin, Urt. v. 10.09.2007, 22 U 224/06). Dies ist hier durch das vorgelegte Gutachten des Sachverständigen S teilweise geschehen. Es stellt fest, dass Verbringungskosten bei Reparatur durch die Firma S anfallen würden. Dass darüber hinaus Verbringungskosten in der geltend gemachten Höhe ortsüblich und angemessen sind, ist darüber hinaus gerichtsbekannt (vgl. hierzu: AG Bonn, Urteil vom 05.02.2018, 111 C 218/16).

Einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht hat dagegen die diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, NJW 2007, 1063; BGH, NJW 2014, 217; Palandt, § 254 Rn. 72) nicht hinreichend konkret dargetan. Diese hat keine konkrete und zumutbare Möglichkeit nachgewiesen, eine gleichwertige Reparatur ohne den Anfall von Verbringungskosten durchführen zu lassen, auf die der Geschädigte verwiesen werden müsste. Insofern verweist die Klageerwiderung lediglich pauschal darauf, dass in der Region üblicherweise die Lackierereien kostenlose An- und Abtransporte der Fahrzeuge vornähmen. Auch das Dekra Gutachten, auf welches sich die Beklagte stützt, nimmt keine Gegenrechnung mit einer anderen Referenzwerkstatt vor, da im vereinbarten Umkreis keine günstigere, den BGH Richtlinien entsprechende Werkstatt benannt werden konnte.

Darüber hinaus sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch die im Gutachten angesetzten UPE-Aufschläge in Höhe von 10 % auf die Ersatzteilpreise zu ersetzen, insgesamt 337,63 €. UPE-Aufschläge werden aufgrund der Lagerhaltung von Originalersatzteilen auf die unverbindliche Preisempfehlung des Ersatzteilherstellers erhoben. Wenn UPE-Aufschläge in der Region üblich sind, sind sie auch bei fiktiver Abrechnung zu ersetzen (BGH VersR 2010, 1380; OLG Frankfurt, BeckRS 2016, 09718; OLG München, R+S 2014, 471; OLG Hamm, NZV 2013, 247; KG, NZV 2011, 38; OLG Nürnberg, VersR 2001, 1042; LG Hagen, Urt. v. 12.4.2013, 1 S 175/12; AG Iserlohn, NJW-RR 2017, 669; vgl. auch Stiefel/Meier, Kraftfahrtversicherung, § 249 Rn. 151). Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen S fallen diese Kosten in der dem Parteigutachten zugrunde gelegten Fachwerkstatt der Firma S an. Hinsichtlich der Beweislast geltend die gleichen Grundsätze wie für die Verbringungskosten (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.03.2012, I- 1 U 108/11; Stiefel/Meier, Kraftfahrtversicherung, § 249 Rn. 151; Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 2017, B. Der Fahrzeugschaden im Einzelnen, Rn. 57b). Das Privatgutachten S stellt fest, dass bei der dem Gutachten zugrunde gelegten Werkstatt Zuschläge auf die Ersatzteilpreise in Höhe von 10% anfallen. Die Klägerin legt dar, dass Werkstätten in der Region üblicherweise UPE-Aufschläge erheben. Auch wenn die Beklagte auf justintime-Lieferungen von Ersatzteilen verweist, ist nicht dargetan, dass in einer konkret benannten anderen Fachwerkstatt in der hiesigen Region keine UPE-Aufschläge und Verbringungskosten anfallen.

Die Klägerin muss sich keinen Unternehmergewinn auf ihre fiktive Schadensabrechnung anrechnen lassen. Auch ein Geschädigter, der sein Unfallfahrzeug selbst repariert, kann dem Schädiger die Kosten einer Fremdreparatur einschließlich Unternehmergewinn in Rechnung stellen (BGHZ 61, 56; BGH, VersR 1989, 1056). Sofern der Geschädigte einen eigenen Reparaturbetrieb unterhält, kann er jedoch gehalten sein, die dort gegebenen Möglichkeiten einer kostengünstigen Reparatur soweit zumutbar im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht in Anspruch zu nehmen (BGH, VersR 1970, 832). Zumutbar ist die kostengünstige Reparatur in der eigenen Werkstatt nur bei nicht voller Auslastung (BGH, VrsR 1978, 243; AG Altöttingen, NJOZ 2017, 527). Grundsätzlich hat der Geschädigte also auch bei fiktiver Abrechnung Anspruch auf die im Reparaturgewerbe objektiv entstehenden Kosten einschließlich des Unternehmergewinns (BGH, NJW 1997, 2880; vgl. dazu auch Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 5.B. Rn. 36). Vorliegend ist der Unternehmergewinn aus zwei Gründen nicht in Abzug zu bringen: Die Klägerin betreibt selbst keine Reparaturwerkstatt. Der Verweis auf die örtliche Nähe und geschäftliche Verbundenheit der Klägerin zur S genügt nicht, um das Vorliegen einer eigenen Werkstatt anzunehmen. Es handelt sich insoweit um unterschiedliche juristische Personen, die auch als solche zu behandeln sind. Die hinsichtlich der Schadensminderungspflicht beweisbelastete Beklagte mutmaßt lediglich, dass die Klägerin bei der S Sonderkonditionen erhält. Darüber hinaus wurde hier keine Reparatur vorgenommen, sondern das Fahrzeug veräußert, sodass der Klägerin kein eventueller Rabatt zu Gute gekommen ist. Sie rechnet fiktiv ab und hat damit einen vollen Anspruch auf die objektiv entstehenden Kosten entsprechend des Sachverständigengutachtens inklusive der von der Beklagten gekürzten 20 % Unternehmergewinn. Es handelt sich gerade nicht um einen dem von der Beklagten zitierten Urteil des OLG Hamm (Urt. v. 18.12.1989, 6 U 94/89) entsprechenden Fall. Auch bei Nutzung einer - unterstellt - eigenen Werkstatt kann der Unternehmergewinn nur abgezogen werden, wenn der Schädiger das Vorhandensein freier Instandsetzungskapazitäten nachweist (LG Mühlhausen, Urt. v. 8.11.2011, 2 S 95/11; LG Hannover, NJOZ 2013, 158). Zwar mögen den Geschädigten, der eine eigene Reparaturwerkstatt unterhält, insoweit erhöhte sekundäre Darlegungspflichten treffen. Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn auch der Geschädigte die Werkstatt - wie hier - gerade nicht selbst unterhält und daher auch keinen unmittelbaren Einblick in deren Auslastung und Organisation hat, mögen der Geschädigte und die Werkstatt auch in engeren geschäftlicheren Beziehungen stehen.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Vorhaltekosten in Höhe von 299,28 €. Wird ein Fahrzeug beschädigt, so fällt es bis zum Abschluss der Reparatur für die vorgesehene Nutzung aus. Ein solcher Ausfall ist aber auch dann zu erwarten, wenn eine Sache von Zeit zu Zeit inspiziert, gewartet oder wegen ihres Verschleißes instandgesetzt werden muss. Wird zur Vorsorge für solche Situationen eine Reservehaltung betrieben, entstehen Vorhaltekosten (vgl. Geigel, Haftpflichtprozess, 3. Kapitel Rn. 93). Solche Vorhaltekosten sind im Schadensfalle grundsätzlich mit erstattungsfähig (BGHZ 32, 280; BGH, VersR 1976, 170; OLG Saarbrücken, VersR 2004, 621, 622). Das gilt auch dann, wenn die Vorhaltung nicht allein im Hinblick auf befürchtete fremdverschuldete Unfälle erfolgt, sondern etwa ein Ersatzfahrzeug aus einer allgemeinen Betriebsreserve eingesetzt wird (BGH, VersR 1978, 374). Die Klägerin hat hinreichend substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass eine Mietwagenfirma stets einen auf Fahrzeugausfälle ausgelegten Fuhrpark vorhalten muss, um ihr operatives Geschäft bewältigen zu können. Sie betreibt zur Vorsorge für das Fehlen von Fahrzeugen eine Reservehaltung. Auch wenn sie kein konkretes Fahrzeug allein für das vorliegende Schadensereignis vorgehalten hat, so entstanden ihr dennoch Kosten durch das Vorhalten einer größeren Flotte mit Blick auf fremdverschuldete Ausfälle. Es reicht aus, wenn der Geschädigte die Reservehaltung allgemein mit Rücksicht auf fremdverschuldete Ausfälle messbar erhöht hat und sich diese Vorsorge schadensmindernd ausgewirkt hat (BGHZ 70, 199). Der Schädiger hat die Vorhaltekosten für ein in Reserve gehaltenes Fahrzeug bereits dann zu ersetzen, wenn der Geschädigte dieses Fahrzeug in einem nicht ganz unerheblichen Umfang auch wegen fremdverschuldeter Ausfälle vorhält (OLG Koblenz, Urt. v. 01.9.2014, 12 U 1136/12). Es ist nicht erforderlich, dass ein Fahrzeug eigens für diesen Fall in Reserve gehalten wird. Die Klägerin musste den Fahrzeugausfall auch tatsächlich bis zu dessen Verkauf mangels Vermietbarkeit des beschädigten Fahrzeuges kompensieren und hat durch das Vorhalten einer Reserve den Schaden im Vergleich zur Anmietung eines Ersatzfahrzeuges gemindert.

Die Höhe der zu erstattenden Vorhaltekosten berechnet sich nach den vom Gutachter geschätzten 4-5 Tagen Reparaturdauer sowie drei Tagen Schadensfeststellungszeit multipliziert mit dem Satz der Vorhaltekosten für Mietfahrzeuge aus der SchwackeListe in Höhe von 37,41 €/Tag. Vorhaltekosten für ein in Reserve gehaltenes Fahrzeug sind insgesamt zu zahlen und nicht nur nach dem Anteil, der auf die Vorhaltung wegen Fremdschäden entfällt (BGHZ 70, 199; OLG Koblenz, Urt. v. 01.09.2014, 12 U 1136/12). Die Vorhaltekosten werden nach Einsatzzeit während der Reparatur berechnet (Buschbell, MAH Straßenverkehrsrecht, § 24 Rn. 175). Bei einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Basis eines Gutachtens kann eine Entschädigung für Vorhaltekosten jedoch nur für die Schadensfeststellung und die hypothetische Reparaturdauer in einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangt werden.

III. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung restlicher vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 24,70 EUR. Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, NJW 2017, 3588). Nach dem unwidersprochen gebliebenen Klägervortrag hat die Beklagte vorgerichtlich bereits 8.169,47 € reguliert. Dieser Schadensbetrag ist zwischen den Parteien unstreitig. Diesem Betrag war der streitige Klagebetrag, welchen die Beklagte zu zahlen verpflichtet ist, hinzuzurechnen. Mithin beträgt der Gebührenstreitwert 10.878,94 €. Aus diesem schuldet die Beklagte eine 1,3 Gebühr nebst Auslagenpauschale, mithin, 805,20 EUR. Da bereits in Höhe von 780,50 € reguliert hat, verbleibt ein zu zahlender Differenzbetrag in Höhe von 24,70 EUR.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2018 aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 Abs. 2, 291 BGB iVm § 187 Abs. 1 BGB analog. Rechtshängigkeit tritt mit Zustellung der Klageschrift an den Beklagten ein, §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 03.02.2018 zugestellt. Rechtshängigkeitszinsen sind erst ab dem 04.02.2018 zu zahlen. Der BGH wendet auf den Beginn des Zinsanspruchs § 187 BGB analog an (BGH, Urt. v. 24.01.1990, VIII ZR 296/88 = NJW-RR 90, 518, 519; BGH, Urt. v. 20.11.2012, II ZR 98/10 Rz 34).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte als unterliegende Partei bei verhältnismäßig geringfügiger Zuviel Forderung der Klägerin von unter einem Prozent die Kosten des Rechtsstreits vollständig zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert:

bis zum 19.04.2018: 2.709,47 €,

ab dem 20.04.2018: 2. 702,63 €.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Lukas Jozefaciuk