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VG Wiesbaden, Beschluss vom 18.07.2016 - 7 L 521/16.WI

Tenor

1.

Der Antrag wird zurückgewiesen.

2.

Der Antragssteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen

3.

Der Streitwert wird auf € 2.000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Schutz vor Emissionen durch die Anlieferungen von Abfällen mittels verkehrsrechtlichen Anordnungen von Einschränkungen für die sein Grundstück angrenzende Straße.

Der Antragssteller ist Eigentümer des A-Grundstücks. Das lange Zeit von Verfall und Leerstand betroffene Gebäude liegt in einem durch Bebauungsplan vom 03.09.1993 als "Abfallverwertungszentrum"/"Deponiegebiet" festgesetzten Gewerbegebiet, der ursprünglich das Grundstück mit seinen denkmalgeschützten Aufbauten als "Fläche mit Regelung und Maßnahmen zum Schutz zur Pflege und Entwicklung der Landschaft" festsetzte. Am 11.11.1999 beschloss der Magistrat eine Befreiung der Festsetzungen vom Bebauungsplan für das A-Grundstück der zugunsten einer gewerblichen oder kulturellen Nutzung. Begründet wurde der Beschluss damit, dass ein denkmalgeschütztes Gebäude, das in einer Ausgleichsfläche liegt, nicht zu verkaufen sei, jedoch nur eine Nutzung der Liegenschaft den Erhalt des Gebäudes sicherstellen könne. Aufgrund der vorhandenen Immissionen durch die umliegenden Abfallverwertungsbetriebe käme eine andere als gewerbliche oder kulturelle Nutzung nicht in Betracht. Der Antragssteller erwarb das Grundstück im Jahr 1999, sanierte das Gebäude unter Berücksichtigung von Denkmalschutzauflagen und betreibt es seitdem als und bzw. Medienschule. Das Grundstück wird pro Tag von etwa 150 Studenten frequentiert, 30 Dozenten halten sich pro Woche auf dem Grundstück auf. In dem Gebiet sind mittlerweile 32 bauliche Anlagen für Abfallverwertung- und Lagerung ansässig. Das Gewerbegebiet ist nur über eine Zufahrtsstraße, den B-Weg, ausgehend vom D-Kreisel, erreichbar, welcher sich am Grundstück des Antragsstellers in die Fortsetzung des B-Wegs und die A-straße gabelt. Diese sind nach der Straßenreinigungssatzung der Stadt Wiesbaden in die Reinigungsklasse A3 eingestuft, wonach eine Reinigung dreimal die Woche zu erfolgen hat. Darüber hinaus hatte die Interessengemeinschaft der im Gewebegebiet ansässigen Firmen e.V." erklärt, diese Straßen auf freiwilliger Basis durchgehend montags bis freitags zwischen 7:00 und 16:00 zu reinigen. Bei einer Verkehrszählung, die der Antragssteller durch eigene Mitarbeiter durchführen und dokumentieren lies, wurden bis zu 5.000 Verkehrsbewegungen, darunter 2.000 durch LKW-Verkehr, gezählt.

Mit Schriftsatz seines Klägerbevollmächtigten vom 11.04.2016, am selben Tag per Telefax beim Verwaltungsgericht eingegangen, hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, dass die einzige Zufahrtstraße in das Gewerbegebiet, der B-Weg, ausgehend vom D-Kreisel, welcher sich am Grundstück des Antragsstellers in die Fortsetzung des B-Weg und die A-Straße gabelt, völlig überlastet sei. So schätze er, dass über die Verkehrszählung hinaus am gesamten Tag bis zu 8.000 Verkehrsbewegungen stattfänden. Dieser intensive Verkehr, insbesondere durch schwere LKW, führe wegen verschmutzter Reifen, verloren gehender und herunter gewehter Ladung von den LKW zu einer erheblichen Straßenverschmutzung, die sich unmittelbar auch auf das Grundstück des Antragstellers auswirke. Der Staub und Dreck auf Straße und Gehweg werde durch die Verkehrsbewegungen aufgewirbelt und schlage sich auf dem Grundstück des Antragstellers nieder. Die "freiwillige" Reinigung der Straßen durch die Interessengemeinschaft der im Gewebegebiet ansässigen Firmen erfolge nur teilweise. Die Straßen seien in der Regel permanent derart verschmutzt, dass ein verkehrswidrige Zustand entstehe, wonach die Verursacher, maßgeblich die Abfallverwertungsbetriebe, ohnehin zur Reinigung verpflichtet seien. Der Gehweg werde darüber hinaus gar nicht gereinigt. Ein Reinigungsintervall sei nicht erkennbar. Von einer "freiwilligen" Reinigung könne somit nicht ausgegangen werden. Bei vielen LKW sei die Ladung nicht korrekt gesichert. Sie führen mit offener Ladefläche, obwohl diese hätte abgedeckt werden oder aber mit einem Netz überzogen werden müssten. Hierdurch und durch Beladung über die Ladekante hinaus werde häufig Ladung aller Art verloren, etwa Sand, Kompost, Bauschutt, Plastikabfall etc. Nach den §§ 7, 16 der Straßenreinigungssatzung könne bei Sonderverschmutzungen den hierfür Verantwortlichen die Reinigung unter Androhung der Ersatzvornahme aufgegeben werden. Weiterhin seien § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO und § 45 Abs. 9 StVO als Rechtsgrundlage anzuwenden. Insbesondere in Bezug auf unrechtmäßigen Verkehr seien Handlungsansprüche gegenüber einer Straßenverkehrsbehörde wegen einer Ermessensreduzierung anerkannt worden.

Der Antragsteller beantragt

1.

der Antragsgegnerin aufzugeben, auf dem Straßenabschnitt ab D-Kreisel bis hinter die am B-Grundstück befindliche Kreuzung (A-straße bzw. A-Weg) folgende straßenverkehrsrechtliche Anordnung zu treffen:a)

Durchfahrtverbot für Kraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von über 3,5 t (Zeichen Nr. 253 StVO) mit Zusatzzeichen Nr.30.1 StVO "Müllabfuhr LH Wiesbaden frei";

b)

Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 km/h (Zeichen 274 StVO) und generelles Überholverbot (276 StVO),

2.

ergänzend wird beantragt, die in Ziff. 1 beantragten Verfügungsmaßnahmen der Antragsgegnerin befristet aufzuerlegen und zwar so lange, bis durch die Landeshauptstadt Wiesbaden, vertreten durch den Magistrat, sichergestellt ist, dassa)

durch eine stationäre, hilfsweise mobile Dauereinrichtung unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten eine dauerhafte Überwachung des Straßenverkehrs in dem Deponiegebiet, ab D-Kreisel, stattfindet, vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Überprüfung und Einhaltung von Ladungsvorschriften für LKWs,

b)

gegenüber den Entsorgungsbetrieben der Landeshauptstadt Wiesbaden sichergestellt wird, dass Fahrbahn- und Gehwegreinigungen mindestens einmal täglich stattfinden und darüber hinaus der Interessengemeinschaft der im Gewebegebiet ansässigen Firmen, vertreten durch Herrn C, B-Weg, aufgegeben wird, Fahrbahnen und Gehwege in dem ab D-Kreisel beginnenden Deponiegebiet permanent zu reinigen von Montag bis Donnerstag 8.00 bis 18.30 Uhr sowie Freitag bis Samstag von 8.00 bis 16.00 Uhr.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin führt aus, dass weder die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts durch den Antragssteller glaubhaft gemacht worden sei und diese auch nicht bestehen.

Die Maßnahmen unter Ziffer 1 des Antrags zu 1. könnten nicht angeordnet werden, da es sich beim angesprochenen Bereich um die einzige Zufahrtsstraße zu verschiedenen Gewerbebetrieben handele, das auch von Fahrzeugen angefahren werden müsse, welche ein höheres zulässiges Gesamtgewicht als 3,5t haben. Das beantragte Zusatzzeichen "Müllabfuhr LH Wiesbaden frei" sei kein amtliches Zusatzzeichen aus dem Verkehrszeichenkatalog der Straßenverkehrsordnung und könne somit nicht angeordnet werden. Zudem würde es zahlreiche Fahrzeuge ausschließen, die zwingend den angesprochenen Bereich zur Ausübung ihrer betrieblichen Abläufe befahren müssten.

Der Gesetzgeber habe in § 3 StVO die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Personenkraftwagen auf 100 km/h, für Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5t bis 7,5t auf 80 km/h und für Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5t auf 60 km/h festgelegt, wenn sich der betroffene Streckenabschnitt, außer Orts befindet, was hier der Fall sei.

Alle Geschwindigkeitsbeschränkungen müssten den Anforderungen des § 45 Abs. 9 StVO entsprechen, was hier nicht der Fall sei. Anordnungen aus Verkehrssicherheitsgründen kämen nur bei baulichen Gegebenheiten und nur auf Streckenabschnitten in Betracht, auf denen das Unfallgeschehen erheblich über dem vergleichbarer Streckenabschnitte liege oder wenn der Zugang zu einer Kindertagesstädte oder Schule der Grundstufe bzw. Sekundarstufe I unmittelbar von der betreffenden Straße aus erfolgt. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Dies gelte überdies hinaus auch für die Anordnung eines generellen Überholverbotes.

Bezüglich der ergänzenden Anträge führt die Antragsgegnerin aus, dass diese keine vorläufigen Regelungen beinhalten und schon daher nicht im Eilverfahren realisierbar seien. Der Antrag unter b) richte sich gegen die Entsorgungsbetriebe, einem Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Wiesbaden, weshalb hier nicht der richtige Antragsgegner genannt sei.

In der Antragsschrift stellte der Antragsteller zunächst zusätzlich den Antrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, das Deponiegebiet, beginnend ab D-Kreisel als Umweltzone auszuweisen und mit regelmäßigen Kontrollen sicherzustellen, dass nur berechtigte Fahrzeuge in das Gebiet einfahren.

Bezüglich dieses Antrags trug die Antragsgegnerin vor, dass schon nicht eindeutig sei, wer Antragsgegner sei. Gehe man davon aus, dass die Antragsgegnerin der Oberbürgermeister - Straßenverkehrsbehörde - sei, sei nicht ersichtlich, woraus sich eine Zuständigkeit für die Einrichtung einer Umweltzone ergäbe. Darüber hinaus sei dem Antragsteller spätestens mit Schreiben vom 30.10.2015 bekannt, dass die Umweltzone ohnehin in absehbarer Zeit auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden soll. Nach derzeitigem Kenntnisstrand werde der Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, Teilplan Wiesbaden, zurzeit durch das Hessische Umweltministerium fortgeschrieben. In diesem Zusammenhang sei geplant, die bestehende Umweltzone mit Ausnahme von Autobahnen und Teilen des Forts auf das gesamte Stadtgebiet auszudehnen. Diese Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans, Teilplan Wiesbaden solle im Juli 2016 öffentlich ausgelegt und voraussichtlich Oktober 2016 in Kraft treten.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14.06.2016 nahm der Antragsteller diesen Antrag zurück.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen, die zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht wurden.

II.

Der Antrag ist gem. § 123 Abs. 5 VwGO statthaft.

Der Antrag richtet sich gegen die richtige Antragsgegnerin. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 StVO sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörden sachlich zuständig zur Ausführung der Straßenverkehrsordnung; dies sind die nach Landesrecht zuständigen unteren Verwaltungsbehörden oder die Behörden, denen durch Landesrecht die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde zugewiesen sind. Zuständige Verwaltungsbehörde ist gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Verordnung zur Bestimmung von straßenverkehrsrechtlichen Zuständigkeiten vom 12.11.2007 der Oberbürgermeister als Kreisordnungsbehörde, die nach § 4 Abs. 2 HGO diese Aufgaben in alleiniger Verantwortung wahrnimmt.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder um drohende Gefahren zu verhindern oder wenn sie aus anderen Gründen erforderlich ist. Dabei darf grundsätzlich nicht die Hauptsache vorweggenommen werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nach der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Rechtschutzgarantie jedoch dann, wenn der in der Hauptsache geltend gemacht Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist und wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere, unzumutbare oder nicht anders abwendbare Nachteile drohen. Diese Voraussetzungen sind wie alle Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO i.v.m. § 123 Abs. 3 VwGO). Zwar gilt das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht uneingeschränkt, sondern darf in Ausnahmefällen durchbrochen werden, wenn dies aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung unabweisbar notwendig ist.

Das ist vorliegend nicht der Fall. Es wird ausführlich vorgetragen, dass es auf dem entsprechenden Straßenabschnitt zu einem hohen Verkehrsaufkommen mit LKW kommt und dadurch auch zu typischen Emissionen. Es wird nicht vorgetragen, worin konkret der Anordnungsgrund bestehen soll. Der Antragsteller betreibt das Institut nach eigenen Angaben seit sechszehn Jahren. In dem als "Deponiegebiet" festgesetzten Gewerbegebiet, in welchem sich das Grundstück befindet, waren schon Abfallverwertungsbetriebe ansässig, bevor der Antragsteller das Grundstück erwarb. Soweit der Antragsteller vorträgt, die Anzahl der abfallverwertenden Betriebe und damit einhergehend die Verkehrsbewegungen und davon ausgehenden Emissionen hätten in dieser Zeit zugenommen, wird nicht dargelegt, warum eine Vorwegnahme der Hauptsache hier ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte. Bezüglich der Regelungsanordnung ist auch maßgeblich, dass diese in ihren Auswirkungen auf die umliegenden Gewerbebetriebe irreversible Folgen hätte. Bei einem Verbot von Kraftfahrtzeugen über 3,5 Tonnen käme der Geschäftsbetrieb zum Erliegen, denn - wie der Antragsteller selbst feststellt - handelt es sich bei den Verkehrsbewegungen zu einem großen Teil um Schwerlastverkehr der ansässigen Abfallverwertungsbetriebe. Die Anordnung einer solchen Regelung käme einer Nutzungsuntersagung für die ansässigen Betriebe gleich. Damit handelt es sich nicht um eine "vorläufige" Vorwegnahme der Hauptsache, bei der die angeordneten Regelungen reversibel wären, falls der Antragsteller im Hauptsacheverfahren unterliegen würde, sondern um eine "endgültige" Vorwegnahme. Am Charakter der Endgültigkeit der Vorwegnahme ändert sich auch durch die ergänzend beantragte Befristung der beantragten Regelungsanordnung nichts, da diese zeitlich nicht bestimmt und der Eintritt der auflösenden Bedingung, welche an sich schon hinsichtlich ihrer Voraussetzungen nicht konkret bestimmt ist, ungewiss ist.

An die endgültige Vorwegnahme der Hauptsache sind höchste Anforderungen zu stellen (BVerwG, Beschl. vom 13.8.1999 - 2 VR 1/99). Sie kommt wegen ihrer prinzipiellen Unvereinbarkeit mit dem Wesen der einstweiligen Anordnung nur dann in Betracht, wenn einem Antragsteller derart schwerwiegende Nachteile drohen, dass es ihm auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners unter keinen Umständen zugemutet werden kann, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (OVG Brandenburg, Beschluss vom 22.12.2010 - OVG 6 S 53/10). Von einer solchen Sachlage kann indes im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Antragsteller trägt nicht hinreichend vor, warum nach sechszehn Jahren Betrieb des Instituts jetzt ein solcher Ausnahmetatbestand vorliegen soll.

Abgesehen davon, dass kein Anordnungsgrund vorliegt, ist auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht gegeben. Ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörden bei der Aufstellung eines Verkehrsschildes aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO besteht nicht. Dieser ist zunächst nur auf den Schutz der Allgemeinheit gerichtet. Die Norm hat aber drittschützende Wirkung, wenn öffentlich-rechtlich geschützte Individualinteressen - insbesondere Gesundheit und Eigentum - als Schutzgüter der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs durch Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen, verletzt werden. Der vorliegend anzuwendende Maßstab sind die Einwirkungen des Straßenverkehrs, der üblicherweise in einem derart festgesetzten Gewerbegebiet zu erwarten wäre. Abzustellen ist auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger sowie auf eine eventuell gegebene Vorbelastung sowie sonstige Besonderheiten des Einzelfalls. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind ferner die Belange des Straßenverkehrs, der Verkehrsteilnehmer und der übrigen Anlieger zu würdigen. Im vorliegenden Fall handelt sich um ein als "Deponiegebiet" festgesetztes Gewerbegebiet. Auch wenn das Verkehrsaufkommen, wie glaubhaft vom Antragsteller dargelegt, hautsächlich aus Schwerlastverkehr in dem in der Antragsschrift dargestellten Umfang handelt, ist nicht ersichtlich, dass damit Beeinträchtigungen einhergehen, die über das in einem als "Deponiegebiet" festgesetzten Gewerbegebiet zu erwartende Maß besonders hinausgingen.

Ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörden bei der Aufstellung eines Verkehrsschildes aus § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO zum Schutze der Wohnbevölkerung ist nicht gegeben. Wie der Antragsteller richtig ausführt, gibt § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO dem Einzelnen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss (BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76/84 - BVerwGE 74, 234 (239)). Abzustellen ist auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger sowie auf eine eventuell gegebene Vorbelastung sowie sonstige Besonderheiten des Einzelfalls. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind ferner die Belange des Straßenverkehrs, der Verkehrsteilnehmer und der übrigen Anlieger zu würdigen. Im vorliegenden Fall handelt sich um ein als "Deponiegebiet" festgesetztes Gewerbegebiet. In einem Gewerbegebiet können gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Wohnungen für Angestellte nur ausnahmsweise zugelassen werden. Durch diese Einschränkung, wonach eine Wohnbebauung in einem Gewerbegebiet grundsätzlich unzulässig ist, soll ein Interessenkonflikt zwischen den Gewerbebetrieben mit den in dem Gebiet festgesetzten Nutzungen und damit einhergehenden Emissionen und möglichen Anwohnern vermieden werden. Es ist Sinn und Zweck eines Gewerbegebietes, die dort nach Widmung zulässigen Anlagen mit den von ihr ausgehenden Emissionen ungestört betreiben zu können. Das schließt auch die Belieferung dieser Betriebe ein.

Ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörden bei der Aufstellung eines Verkehrsschildes aus § 45 Abs. 9 StVO hat ebenfalls keinen Erfolg. Demnach sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Die beantragten Regelungen sind in einem als "Deponiegebiet" festgesetzten Gewerbegebiet mit Sicherheit nicht zwingend geboten, im Gegenteil. Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörden bei der Aufstellung eines Verkehrsschildes würde im vorliegenden Fall das Ermessen in der Weise reduzieren, dass weder ein Verbot für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen, noch ein Tempolimit von 20 km/h aufgestellt werden dürfte. Der Hinweis des Antragstellers auf die Rechtsprechung in Bezug auf unrechtmäßigen Verkehr ist wenig zielführend, da der Verkehr nicht unrechtmäßig ist.

Ob sich bezüglich der ergänzenden Anträge aus §§ 7 und 16 Straßenreinigungssatzung der Landeshauptstadt Wiesbaden subjektive Rechte herleiten lassen, kann dahinstehen, da es sich auch hier um Ermessensvorschriften handelt. Ein ermessensfehlerhaftes Handeln ist hier nicht ersichtlich. Gleiches gilt für § 15 Abs.1 HStrG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Dabei orientiert sich die Kammer an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31.5./1.6.2012 und 18.7.2013 beschlossenen Änderungen. Danach ist für verkehrsregelnde Anordnungen nach Ziffer 46.15 der Auffangstreitwert zu Grunde zu legen, der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Ziffer 1.5. in der Regel zu halbieren ist.

Lukas Jozefaciuk