VG Minden, Urteil vom 26.04.2018 - 12 K 6450/17
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 2. März 2017 in der Fassung des Beschwerdebescheides des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 2. Juni 2017 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der am 12. Mai 1994 geborene Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus der Bundeswehr.
Unter dem 24. Juni 2013 bewarb der Kläger sich um eine Einstellung als Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Feldwebel. Mit Erklärung vom 25. Oktober 2013 verpflichtete er sich, 13 Jahre Wehrdienst in der Bundeswehr zu leisten. Er trat seinen Dienst am 2. Januar 2014 an und wurde am 24. Januar 2014 unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Schützen ernannt. In den folgenden Monaten wurde der Kläger nacheinander zum Gefreiten und zum Obergefreiten befördert. Mit Wirkung vom 1. Januar 2015 wurde der Kläger zum Unteroffizier und mit Wirkung vom 1. Januar 2016 zum Stabsunteroffizier ernannt. Seine Dienstzeit wurde am 24. Oktober 2016 auf vier Jahre, beginnend mit dem 1. Januar 2014 und endend mit dem 31. Dezember 2017, festgesetzt.
Unter dem 12. Dezember 2016 - der Kläger leistete damals Dienst im 2./Versorgungsbataillon 7 in Augustdorf (Kreis Lippe) - beantragte der seinerzeit zuständige Kompaniechef, Hauptmann T. , beim Bundesamt für das Personalwesen der Bundeswehr unter Hinweis auf § 55 Abs. 4 des Soldatengesetzes (SG) die Entlassung des Klägers: Diesem sei am 20. März 2012 erstmalig die Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt worden. Am 2. August 2012 habe er um 0.34 Uhr die zulässige Höchstgeschwindigkeit in einer Ortschaft von 20 km/h um 38 km/h überschritten. In der Folge seien die Teilnahme an einem Aufbauseminar und ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet worden. Ferner seien drei Punkte im Fahreignungsregister eingetragen und es sei ein Bußgeld von 160,00 € verhängt worden. Am 7. November 2014 habe der Kläger um 15.11 Uhr die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft von 130 km/h um 25 km/h überschritten. Diese Verfehlung sei mit einem Bußgeld von 70,00 € geahndet worden. Zudem sei ein weiterer Punkt in das Fahreignungsregister eingetragen worden. Ferner habe die zuständige Fahrerlaubnisbehörde (Landrat des Saale-Holzland-Kreises) dem Kläger nahegelegt, eine verkehrspsychologische Beratung (§ 2a Abs. 7 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG -) in Anspruch zu nehmen; der Kläger sei dem jedoch nicht gefolgt. Zudem habe ihn die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG verwarnt. Am 26. Juni 2015 habe der Kläger sodann um 13.53 Uhr die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft von 80 km/h um 41 km/h überschritten. Hierfür sei gegen ihn ein Bußgeld von 480,00 € verhängt worden. Weitere zwei Punkte seien in das Fahreignungsregister eingetragen worden. Ferner habe die Fahrerlaubnisbehörde den Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG). Der Kläger habe seinen Führerschein am 23. September 2016 bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben und am 18. Oktober 2016 die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragt, woraufhin die Fahrerlaubnisbehörde am 1. November 2016 die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens angeordnet habe. Der Kläger erfülle nach alledem derzeit nicht die Voraussetzungen für die Teilnahme am Lehrgang Transportfeldwebel Streitkräfte (126274). Die dafür notwendige Dienstfahrerlaubnis der Klasse C könne er gemäß der Zentralrichtlinie A2-1050/10-0-20 frühestens nach Neuerteilung der zivilen Fahrerlaubnis erwerben. Wann dies der Fall sein werde, sei derzeit nicht absehbar. Darüber hinaus obliege es der Zentralen Militärkraftfahrstelle, über die Verhängung eines Ausbildungsverbotes zu entscheiden. Das Fehlverhalten des Klägers sei überdies aufgrund der Unterbrechung seiner Ausbildung in der Kompanie bekannt geworden, so dass eine zukünftige Verwendung als Transportfeldwebel im 2./Versorgungsbataillon 7 sowie im gesamten Verband undenkbar sei. Der Kläger habe wiederholt gegen straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen, wodurch er gezeigt habe, dass ihm das Verantwortungsbewusstsein in Bezug auf seinen Dienst als Transportunteroffizier fehle. Es sei zudem eine mangelnde charakterliche Reife zu beobachten. Zu einer Entlassung auf der Grundlage des § 55 Abs. 4 SG gebe es keine Alternative. - Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte, Oberstleutnant H. , schloss sich diesen Erwägungen an.
Dem Kläger wurde ebenfalls am 12. Dezember 2016 eröffnet, dass seine Entlassung aus dem Dienst als Soldat auf Zeit beabsichtigt sei. Hierzu äußerte sich der Kläger zunächst nicht.
Unter dem 7. Februar 2017 erklärte Hauptmann T1. in seiner Funktion als (nunmehriger) Kompaniechef: Der Kläger sei ein eher ruhiger und zurückhaltender Unteroffizier. Ihm übertragene Aufgaben nehme er teilweise nur widerwillig an und erfülle diese nicht immer zur Zufriedenheit der Vorgesetzten. Allerdings habe er in der Vergangenheit auch durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machen können. Er - Hauptmann T1. - habe den Eindruck, dass der Kläger sich der Ansprüche, die an ihn gestellt würden, nicht bewusst sei und die Tragweite seiner Handlungen nicht vollständig durchschaue. Es fehle mithin das erforderliche Verantwortungsbewusstsein. Auch falle es ihm schwer, seinen Führungsanspruch zur Geltung zu bringen. Er erfülle die geforderte Vorbildfunktion nicht. Die notwendige charakterliche Reife fehle.
Mit Bescheid vom 2. März 2017 entließ das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Kläger mit Ablauf des 15. April 2017 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit: Nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SG könne ein Feldwebelanwärter, der sich zum Feldwebel nicht eignen wird, entlassen werden. Die Feststellung, dass sich ein Feldwebelanwärter zum Feldwebel nicht eignen werde, hänge von den geistigen, körperlichen und charakterlichen Eigenschaften des Anwärters und dessen fachlicher Qualifikation ab und stelle eine auf gegenwärtigen Erkenntnissen beruhende und in die Zukunft gerichtete Prognose dar. Von jedem Feldwebel werde erwartet, dass er sein (auch außerdienstliches) Verhalten so einrichte, dass das in ihn gesetzte Vertrauen nicht beschädigt und seine dienstliche Einsatzbarkeit nicht eingeschränkt werde. Als Feldwebelanwärter, der für eine Verwendung im Verkehrs- und Transportwesen vorgesehen gewesen sei und der die einschlägige zivilberufliche Ausbildung bereits in Teilen absolviert habe, sei von ihm in besonderer Weise ein geschärftes Verantwortungsbewusstsein für die Disziplin im Straßenverkehr zu erwarten gewesen. Durch die von ihm begangenen wiederholten Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung habe er indessen gezeigt, dass er die für einen Feldwebel erforderliche charakterliche Festigkeit und Zuverlässigkeit nicht besitze. Personal und bedeutende Sachwerte könnten ihm nicht bedenkenlos anvertraut werden. Entlastende Aspekte, aufgrund der ausnahmsweise von einer Entlassung abgesehen werden könne, hätten nicht festgestellt werden können. - Der Bescheid wurde dem Kläger am 3. März 2017 gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt.
Am 30. März 2017 erhob der Kläger Beschwerde gegen den Bescheid vom 2. März 2017: Es sei richtig, dass er in relativ kurzer Zeit drei Verkehrsverstöße begangen habe; der letzte Verstoß liege indessen auch schon beinahe zwei Jahre zurück. Bei dem ersten Verstoß am 2. August 2012 sei er als Fahranfänger etwas aufgeregt gewesen und habe im Dunkeln das Schild, mit dem die Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h angeordnet worden sei, nicht wahrgenommen. Er habe gedacht, er dürfe 50 km/h fahren. Zu dem Verstoß am 7. November 2014 sei es gekommen, weil er bei der Wochenendfahrt nach Hause zunächst lange im Stau gestanden habe. Zugleich habe er aber noch seinen Vater besuchen wollen und seine Freundin habe schon auf ihn gewartet. Er sei daher auf die unüberlegte Idee gekommen, die verlorene Zeit durch schnelleres Fahren aufzuholen. Auch bei dem dritten Verstoß vom 26. Juni 2015 sei er auf dem Weg nach Hause gewesen. Nach dem Rennsteigtunnel habe er zum Überholen auf die linke Spur gewechselt und sei durch seine Unachtsamkeit erheblich zu schnell gewesen. Danach sei es zu keinen weiteren Verstößen mehr gekommen. Am 10. Januar 2017 habe er sich einer medizinischpsychologischen Untersuchung unterzogen. In dem dazu gefertigten Gutachten heiße es: Es sei nicht zu erwarten, dass er - der Kläger - erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Angesichts der guten Prognose und seiner Einsicht in sein Fehlverhalten im Straßenverkehr, die auch darauf beruhe, dass er sich psychologische Hilfe gesucht habe, sei die Entlassung wegen Nichteignung verfrüht gewesen. - Der Kläger legte dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr eine Abschrift des vollständigen medizinischpsychologischen Gutachtens vom 10. Januar 2017 vor.
Mit Beschwerdebescheid vom 2. Juni 2017, zugestellt am 7. Juni 2017, wies das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Beschwerde gegen den Bescheid vom 2. März 2017 zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte es die bereits im Ausgangsbescheid angestellten Erwägungen. In Auseinandersetzung mit der Beschwerdebegründung führte es zudem aus: Soweit der Kläger nunmehr geltend mache, dass er sich psychologische Hilfe gesucht habe, sei festzustellen, dass bereits nach dem ersten Verkehrsverstoß vom 7. November 2014 die Möglichkeit bestanden habe, eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Erst nach dem dritten Verstoß und der nachfolgenden Entziehung der Fahrerlaubnis habe er psychologische Hilfe in Anspruch genommen, Dies sei zu einem Zeitpunkt geschehen, als es um die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gegangen sei. Auch der Vortrag, dass der letzte Verstoß bereits längere Zeit zurückliege, sei irrelevant. Entscheidend sei vielmehr, dass er aufgrund des Fahrerlaubnisentzugs die weitere Ausbildung zum Transportfeldwebel nicht habe absolvieren können. Die Entlassungsentscheidung sei schließlich auch ermessensfehlerfrei ergangen. Namentlich komme keine Rückführung in eine andere Laufbahn gemäß § 55 Abs. 4 Satz 3 SG in Betracht, weil er als Feldwebelanwärter - anders als nach der genannten Norm erforderlich - nie in einer anderen Laufbahn gedient habe, in die er zurückgeführt werden könne.
Am 7. Juli 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung bezieht er sich auf sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend im Wesentlichen geltend: Die Beklagte mache es sich zu einfach, wenn sie lediglich in den Raum stelle, seine - des Klägers - Verfehlungen zeigten, dass er aus charakterlichen Gründen zum Feldwebel ungeeignet sei. Die von ihm begangenen drei Verstöße ließen einen solchen Schluss nicht zu. Entsprechende Verstöße könnten im Grunde jedermann passieren. Er habe für sich die Konsequenzen gezogen, das Unrecht seiner Taten eingesehen und verhalte sich nun entsprechend. Etwa zwei Jahre nach dem letzten Verstoß werde dann erst die Beklagte aktiv, weil ihr einfalle, sie müsse ihn wegen Nichteignung entlassen. Jeder habe aber das Recht auf eine zweite Chance. Er sei offen mit den Gründen für seine Verkehrsverstöße umgegangen. Die Verstöße seien selbstverständlich nicht in Ordnung. Es handele sich aber um außerdienstliche Taten. Im Dienst habe er keine Verfehlung begangen.
Der Kläger beantragt,
den Entlassungsbescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 2. März 2017 in der Fassung des Beschwerdebescheides 2. Juni 2017 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid und den zugehörigen Beschwerdebescheid; sie beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Kammerbeschluss vom 10. November 2017 wurde das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (ein Heft), die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (zwei Hefte) und die über den Kläger geführte Personalakte (ein Heft) Bezug genommen.
Gründe
A. Die Klage hat vollumfänglich Erfolg.
I. Sie ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft. Auch im Übrigen ergeben sich keine Zweifel an ihrer Zulässigkeit. Namentlich fehlt es dem Kläger nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Ein solches ist im Hinblick auf die begehrte Aufhebung des Entlassungsbescheides in der Gestalt des Beschwerdebescheides nicht etwa deshalb entfallen, weil die Dienstzeit des Klägers, wie aus der Mitteilung über die Dauer des Dienstverhältnisses vom 24. Oktober 2016 folgt, ohne die streitgegenständliche Entlassung mit Ablauf des 31. Dezember 2017 geendet hätte und diese Dienstzeit, soweit aus der beigezogenen Personalakte ersichtlich, nach dem 24. Oktober 2016 auch nicht mehr weiter verlängert wurde. Hierin liegt keine Erledigung der Entlassung (§ 43 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -). Eine solche Erledigung ist nämlich dann nicht gegeben, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtlich noch irgendeine unmittelbar belastende Wirkung für den Betroffenen entfaltet. Eine solche Fortwirkung kann auch darin bestehen, dass der Verwaltungsakt die Grundlage für einen anderen Verwaltungsakt bildet oder als Rechtsgrund und Rechtfertigung eingetretener Rechtswirkungen fortwirkt, indem er z.B. Erstattungs- und Beseitigungsverlangen entgegensteht bzw. sich auf sonstige Weise noch belastend auf den Betreffenden auswirkt, weil sein Regelungsgehalt nicht erschöpft ist.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. März 2009 - 1 A 107/07 -, NZWehrR 2009, 214 (juris Rn. 38), m.w.N.
So liegt der Fall auch hier. Die Entlassung des Klägers durch Bescheid vom 2. März 2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 2. Juni 2017 bildet zum einen den Rechtsgrund für die vorzeitige Einstellung der Bezüge (vgl. § 56 Abs. 3 SG). Zum anderen steht die Entlassung der Gewährung von Übergangsgebührnissen und Übergangsbeihilfen (§§ 11, 12 SG) entgegen.
Vgl. zum letztgenannten Aspekt den Beschluss des Bayer. VGH vom 29. Juni 2001 - 3 B 96.2208 -, juris Rn. 13 ff.
Ein Rechtsschutzinteresse ist danach unzweifelhaft gegeben.
II. Die danach zulässige Klage ist auch begründet, da der Bescheid vom 2. März 2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 2. Juni 2017 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Es gibt keine Rechtsgrundlage, die den streitgegenständlichen Bescheid trägt. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf § 55 Abs. 4 SG. Nach dieser Bestimmung gilt: Ein Soldat auf Zeit kann in den ersten vier Jahren seiner Dienstzeit entlassen werden, wenn er die Anforderungen, die an ihn in seiner Laufbahn zu stellen sind, nicht mehr erfüllt (Satz 1). Ein Offiziersanwärter, der sich nicht zum Offizier, ein Sanitätsoffizier-Anwärter, der sich nicht zum Sanitätsoffizier, ein Militärmusikoffizier-Anwärter, der sich nicht zum Militärmusikoffizier, ein Feldwebelanwärter, der sich nicht zum Feldwebel, und ein Unteroffizieranwärter, der sich nicht zum Unteroffizier eignen wird, soll unbeschadet des Satzes 1 entlassen werden (Satz 2). Ist er zuvor in einer anderen Laufbahn verwendet worden, soll er nicht entlassen, sondern in diese zurückgeführt werden, soweit er noch einen dieser Laufbahn entsprechenden Dienstgrad führt (Satz 3).
Vorliegend ist keiner der Entlassungstatbestände des § 55 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SG erfüllt, da die Prognose der Beklagten, der Kläger werde sich nicht zum Feldwebel eignen, rechtsfehlerhaft ist:
1. In den Sätzen 1 und 2 des § 55 Abs. 4 SG sind zwei Entlassungstatbestände enthalten, nämlich in Satz 1 die Entlassung eines Soldaten auf Zeit in den ersten vier Dienstjahren wegen mangelnder Eignung, unabhängig von seinem Dienstgrad, und in Satz 2 die Entlassung von Soldaten auf Zeit, die sich im Anwärterstatus ihrer Laufbahn befinden, auch soweit sie bereits länger als vier Jahre in den Streitkräften Dienst geleistet haben. In beiden Fällen wird gleichermaßen auf die mangelnde Eignung des betreffenden Soldaten auf Zeit für die jeweilige Laufbahn abgestellt. Diese Eignung hängt von den geistigen, körperlichen und charakterlichen Eigenschaften sowie von der fachlichen Qualifikation des Zeitsoldaten ab. Da für die Feststellung der Eignung in erster Linie die spezifischen Anforderungen des militärischen Dienstes maßgebend sind, können nur die militärischen Vorgesetzten sachverständig und zuverlässig beurteilen, ob der Soldat auf Zeit diesen Anforderungen entspricht. Dementsprechend kommt der zuständigen Stelle bei der Prüfung der Frage, ob eine Eignung im vorgenannten Sinne fehlt, ein Beurteilungsspielraum zu. Die Gerichte müssen sich infolgedessen auf die Prüfung beschränken, ob der Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff und den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei betätigen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2006 - 1 WB 8.06 -, juris Rn. 21 und 22, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2015 - 1 A 807/15 -, juris Rn. 11; Scherer/Alff/Poretschkin, Kommentar zum Soldatengesetz, 9. Auflage (2013), § 55 Rn. 9 ff.; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Kommentar zum Soldatengesetz, 3. Auflage (2016), § 55 Rn. 23 ff.
2. Ausgehend hiervon ist zunächst einmal die Einschätzung der Beklagten nicht zu beanstanden, dass die in Rede stehenden Gesetzesverletzungen des Klägers im Straßenverkehr in der Gestalt dreier Geschwindigkeitsverstöße charakterliche Mängel offenbaren, die ihn bei isolierter Betrachtung als ungeeignet zum Feldwebel erscheinen lassen. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es sich bei den in Rede stehenden Verkehrsverstößen lediglich um Ordnungswidrigkeiten gehandelt habe, die jedem einmal passieren könnten. Vielmehr lässt das Verhalten des Klägers vor der im Verwaltungswege erfolgten Entziehung der Fahrerlaubnis eine intensive Missachtung von Regeln und Vorschriften des Straßenverkehrsrechts sowie eine Sorglosigkeit im Umgang mit diesen Regeln und Vorschriften erkennen.
Allerdings ist es in der Tat nicht ungewöhnlich, dass ein Verkehrsteilnehmer gelegentlich einmal wegen Ordnungswidrigkeiten belangt wird. Ein solches gelegentliches Fehlverhalten lässt noch nicht von vornherein auf schwerwiegende charakterliche Mängel schließen. Vielmehr räumt hier das Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG mit seinem - einer Fahrerlaubnisentziehung vorausgehenden - abgestuften Warn- und Maßnahmenkatalog dem verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmer die Chance ein, einen drohenden Fahrerlaubnisentzug durch besonders angepasstes und umsichtiges Verhalten im Straßenverkehr sowie durch die Teilnahme an den dort vorgesehenen Maßnahmen abzuwenden. Für Fahranfänger in der Probezeit - zu dieser Personengruppe gehört der Kläger - enthält § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 StVG zudem ein dreistufiges Warn- und Maßnahmensystem, das bei schwerwiegenden Zuwiderhandlungen, zu denen die hier in Rede stehenden Geschwindigkeitsverstöße gehören (vgl. Abschnitt A Nr. 2.1 der Anlage zu § 2a StVG) folgendes vorsieht: Zunächst, d.h. bei der ersten Zuwiderhandlung, ist unter Fristsetzung die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen. Sodann, bei der zweiten Zuwiderhandlung, wenn sie nach der Teilnahme an dem Aufbauseminar geschieht, ergeht eine schriftliche Verwarnung sowie die Empfehlung, binnen zwei Monaten an einem verkehrspsychologischen Aufbauseminar teilzunehmen. Schließlich, bei der dritten Zuwiderhandlung, wenn sie nach Ablauf der vorgenannten Zwei-Monats-Frist erfolgt, ist der Entzug der Fahrerlaubnis vorgesehen. Wer die sich aus den Warn- und Maßnahmensystemen gemäß §§ 2a, 4 StVG ergebende Chance nicht nutzt, sondern weiterhin durch Verkehrsverstöße auffällt bzw. an gesetzmäßig angeordneten Maßnahmen nicht teilnimmt, zeigt, dass er entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, die hierfür notwendige Selbstdisziplin aufzubringen, und erweist sich damit als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Dies traf zunächst auch auf den Kläger zu, der am 26. Juni 2015 einen schwerwiegenden Geschwindigkeitsverstoß beging, obwohl die zuständige Fahrerlaubnisbehörde bereits zuvor, im Anschluss an die gleichfalls schwerwiegenden Geschwindigkeitsverstöße vom 2. August 2012 und 7. November 2014, die in § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG genannten Maßnahmen ergriffen hatte, nämlich die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar sowie die Verwarnung und Empfehlung der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung. Die hiervon ausgehende Warnfunktion hatte beim Kläger offenkundig versagt, denn er hat trotzdem den weiteren Verstoß vom 26. Juni 2015 begangen. Ein verantwortungsbewusster Fahranfänger in der Probezeit hätte sich demgegenüber durch die Maßnahmen nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG zu einem angepasstem und vorsichtigem Verhalten bewegen lassen. Dass der Kläger sich zunächst nicht in dieser Weise hat zur Einsicht bringen lassen, offenbart eine erhebliche Sorglosigkeit gegenüber den für seine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen einschlägigen Rechtsnormen und stellt eine grobe Verletzung von Sorgfaltspflichten dar. Die Normen des Straßenverkehrsrechts und die im Einzelfall an Ort und Stelle getroffenen Verkehrsregelungen - wie z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen - dienen der Sicherheit des Straßenverkehrs, und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit sowie von Sachwerten. Dieser Schutz kann letztlich nur gewährleistet werden, wenn sich die Verkehrsteilnehmer durchweg an die Vorschriften halten, und zwar selbst dort, wo deren Übertretung in der Situation des Augenblicks keine konkrete Gefahr mit sich bringt. Auch in der Bundeswehr gibt es zahlreiche Vorschriften und Regelungen, die der Sicherheit von Leib, Leben und Sachwerten sowie dem reibungslosen Zusammenleben der Soldaten in der Gemeinschaft dienen. Ebenso wie im Straßenverkehr ist es hier erforderlich, diese Vorschriften und Regelungen durchweg einzuhalten, weil nur auf diese Weise die Sicherheit von Leib, Leben und Sachwerten, aber auch die Aufrechterhaltung der Disziplin und letztlich die Einsatzbereitschaft gewährleistet werden können. Von einem Feldwebel, der gemäß § 10 Abs. 1 SG als Vorgesetzter in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben hat, und dessen Entscheidungen im Zweifel von besonderer Tragweite für Leib, Leben und Sachwerte sowie die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sind, ist hier in besonderem Maße Treue und Disziplin beim Befolgen von Vorschriften und Regeln zu verlangen. Erhebliches Fehlverhalten im Straßenverkehr und die dabei zutage tretenden charakterlichen Mängel lassen demgegenüber befürchten, dass es dem betreffenden Feldwebelanwärter auch im dienstlichen Bereich an der notwendigen Einsicht und Selbstdisziplin beim Befolgen sicherheitsrelevanter Vorschriften fehlen wird. Stellt man mithin isoliert auf die in den Jahren 2012 bis 2015 begangenen Geschwindigkeitsverstöße und den daran anknüpfenden Entzug der Fahrerlaubnis ab, so erscheint es nicht von vornherein beurteilungsfehlerhaft, hieraus auf eine mangelnde charakterliche Eignung zum Feldwebel zu schließen.
Vgl. zum Ganzen VG Kassel, Beschluss vom 31. Januar 2005 - 7 G 2361/04 -, juris, Rn. 37 ff.
3. Jedoch ist es bei dem vorstehend unter 2. dargelegten Fehlverhalten des Klägers nicht geblieben. Vielmehr liegt ein medizinischpsychologisches Gutachten vor, das dem Kläger nachvollziehbar eine durchgreifende Verhaltensänderung attestiert. Ein solcher Umstand kann von rechtlicher Relevanz für eine anderweitige prognostische Beurteilung der Eignung des betreffenden Zeitsoldaten für die erstrebte Laufbahn sein. Eine nicht hinreichende Berücksichtigung entsprechender Umstände würde den Bedeutungsgehalt des Begriffs der Eignung verkennen. Denn dieser Begriff, der sich auf die für die angestrebte dienstliche Verwendung erforderlichen Verhaltens- und Leistungsvoraussetzungen einer Person bezieht, stellt nicht nur auf einen Ist-Zustand zum Zeitpunkt der getroffenen Bewertung ab, sondern erfordert gerade auch eine Prognoseentscheidung. So ist bei der Beurteilung der - hier maßgeblichen - charakterlichen Eignung namentlich zu prüfen, ob diejenigen Umstände, die im Beurteilungszeitpunkt aktuell für eine Nichteignung sprechen, diesen Schluss auch prognostisch für den zu beurteilenden künftigen Zeitraum tragen. Dazu besteht vor allem dann Anlass, wenn eine atypische Entwicklung oder geänderte, für die Eignungsbeurteilung relevante Umstände substantiiert vorgetragen werden. Eine fehlerfreie (Eignungs-)Prognoseentscheidung liegt nur dann vor, wenn sich die zuständige Stelle erkennbar mit diesen Gesichtspunkten hinreichend auseinandersetzt sowie ihr gefundenes Ergebnis in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise dem Betroffenen mitteilt. Sofern für diese Prüfung und Entscheidung besondere medizinische, psychologische oder andere Fachkenntnisse erforderlich sind, müssen diese herangezogen und verwertet werden. Fehlen der zuständigen Stelle insoweit die erforderlichen Fachkenntnisse, ist sie gehalten, diese bei fachkundigen Stellen zu ermitteln und sie bei ihrer dann zu treffenden Entscheidung zugrunde zu legen. Verzichtet die zuständige Stelle auf die Einholung anderweitigen Sachverstandes und stützt sie sich allein auf ihre eigene Sachkunde, muss sie diese in nachvollziehbarer Weise durch eine überzeugende Darlegung nachweisen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 WB 9.05 -, juris Rn. 22.
Gemessen hieran ist die in Bezug auf den Kläger vorgenommene Eignungsbeurteilung beurteilungsfehlerhaft, so dass die darauf gestützte Entscheidung, den Kläger gemäß § 55 Abs. 4 SG aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zu entlassen, im Ergebnis keinen Bestand haben kann.
Zwar ist insoweit in Rechnung zu stellen, dass die Feststellung der Eignung des Klägers zum Feldwebel als solche keine unmittelbar dem Beweis durch Gutachten zugängliche Tatsache ist. Soweit die Beklagte jedoch, obwohl ihr das aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 10. Januar 2017 erstellte medizinischpsychologische Gutachten des Instituts "Pimampu-GmbH" (künftig: Pima) bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Beschwerdebescheids bekannt war, weiterhin von einer fehlenden charakterlichen Eignung des Klägers ausgegangen ist, verkennt sie den rechtlichen Begriff der Eignung und überschreitet damit den der zuständigen Stelle zustehenden Beurteilungsspielraum. Auch wenn man der Beklagten zugesteht, dass das besagte medizinischpsychologische Gutachten gerade nicht die Frage der Eignung des Klägers für die Feldwebellaufbahn zum Gegenstand hatte und diese Frage aufgrund der insoweit bestehenden militärfachlichen Einschätzungsprärogative der Bundeswehr auch nicht abschließend beantworten kann, behandelt das Gutachten doch mit der - ausdrücklich prognostischen - Einschätzung und Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der erneuten Verletzung von Verkehrsvorschriften durch den Kläger einen Fragenkreis, der wegen des maßgeblichen Abstellens der Beklagten auf die erfolgte Ahndung entsprechender Delikte und den daraus folgenden Verlust der Fahrerlaubnis als Gründe für die Annahme einer charakterlichen Nichteignung von wesentlicher Bedeutung ist. Wenn einem Bewerber für eine militärische Laufbahn prognostisch die charakterliche Eignung allein oder doch zumindest vorrangig wegen der Begehung entsprechender Verkehrsdelikte abgesprochen wird, dann darf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit vom Betroffenen vorgelegten Fachbegutachtungen, die zum Ergebnis einer hinreichend wahrscheinlichen ernsthaften Verhaltensänderung des Klägers in dieser Beziehung mit - prognostisch - positiven Auswirkungen für sein zukünftiges Verhalten kommen, nicht unterbleiben. In dem Gutachten der Pima führen die Sachverständigen, die Diplom-Psychologin K. und der Arzt Dr. H1. , im Wesentlichen aus: Aufgrund der vorliegenden Befunde sei davon auszugehen, dass der Kläger wegen einer geminderten Anpassungsbereitschaft vermehrt gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen habe. Er habe für die Verkehrssicherheit problematische Verhaltensmuster entwickelt, die durch eine erhöhte Risikobereitschaft bzw. verminderte Risikowahrnehmung aufrechterhalten worden seien. Inzwischen sei es jedoch zu einer selbstkritischen Distanzierung von diesem früheren Verhalten gekommen. Der Kläger habe begonnen, sich mit den Bedingungen des problematischen Fahrverhaltens auseinanderzusetzen. Er habe die ungünstige Gewohnheitsbildung erkannt, die für das frühere nonkonforme Verhalten verantwortlich gewesen sei, nämlich Unaufmerksamkeit, Fehlinterpretation, Bequemlichkeit, Selbstüberschätzung und Imponiergehabe. Somit sei eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche und stabile Verhaltensänderung erfüllt. Er habe Verantwortung für sein Handeln übernommen und sei in seiner Persönlichkeit gereift. Er habe sich weitgehend von den ungünstigen äußeren Bedingungen freigemacht, die sein Verhalten früher bestimmt hätten. Zudem habe er fachliche Hilfsangebote konstruktiv angenommen. Da ein erkennbarer Veränderungsprozess stattgefunden habe, sei eine günstige Prognose möglich. Es sei im Ergebnis nicht zu erwarten, dass der Kläger erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Diese Ausführungen der Sachverständigen sind überzeugend, vollständig und frei von Widersprüchen. Zudem kann das Gericht keine relevanten Tatsachenfehler erkennen. Durchgreifenden Zweifel an der Sachkunde und der Unparteilichkeit der Sachverständigen bestehen nicht. Angesichts der danach dem Kläger nachvollziehbar attestierten Verhaltensänderung und der darauf gestützten Prognose, er werde sich künftig aller Voraussicht nach verantwortungsbewusst und angepasst im Straßenverkehr verhalten, hätte die Beklagte das Gutachten bei ihrer Bewertung der Eignung des Klägers für die Feldwebellaufbahn nicht übergehen dürfen, da in dem Gutachten plausibel gerade eine Änderung derjenigen Verhaltensauffälligkeiten festgestellt wird, welche die Beklagte als Grundlage ihres Befundes der mangelnden Eignung heranzieht. Statt der somit gebotenen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der im Gutachten von K. /H1. enthaltenen Feststellungen beschränkt sich die Beklagte auf die Feststellung, der Kläger habe psychologische Hilfe erst nach dem Verlust der Fahrerlaubnis eingeholt. Dies ist angesichts der durch die Sachverständigen nachvollziehbar attestierten Verhaltensänderung vollkommen unzureichend und beurteilungsfehlerhaft. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Begründung der Ablehnungsentscheidung dahin zu verstehen sein sollte, dass auch im Falle einer - prognostisch - festzustellenden Verhaltensänderung des Klägers aufgrund der erfolgten Übertretung von Verkehrsvorschriften im Straßenverkehr eine Eignung für die Laufbahn der Feldwebel zu verneinen sein soll. Denn auch eine solche Einschätzung bedürfte einer nachvollziehbaren Begründung. Die (sinngemäße) Berufung darauf, dass der Kläger erst unter dem Druck der erfolgten Fahrerlaubnisentziehung - und somit nach Meinung der Beklagten offenbar verspätet - psychologische Hilfe gesucht hat, reicht insoweit jedenfalls nicht aus, weil der für eine solche Schlussfolgerung maßgebliche Beurteilungsmaßstab hierdurch nicht in nachvollziehbarer Weise erkennbar wird
- so in einem ähnlich gelagerten Fall bereits BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 WB 9.05 -, juris Rn. 29 -.
Festzuhalten bleibt danach, dass die allein auf die begangenen Verkehrsverstöße gründende Annahme der Beklagten, der Kläger sei charakterlich ungeeignet, beurteilungsfehlerhaft ist. Die in der Stellungnahme des Kompaniechefs vom 7. Februar 2017 angesprochenen weiteren Defizite des Klägers, die der Sache nach (ebenfalls) seine mangelnde Reife und fehlendes Verantwortungsbewusstsein betreffen, finden in den angefochtenen Bescheiden keinen hinreichend deutlichen Niederschlag und bilden zumindest keinen selbständig tragenden Grund für die von der Beklagten angestellte Prognose zur Eignung des Klägers.
Soweit die Beklagte der Sache nach die durch den Fahrerlaubnisentzug bedingte Unterbrechung der Ausbildung des Klägers zum Transportfeldwebel anspricht, stellt sie nicht ausreichend in ihre Überlegungen ein, dass dem Kläger nach der für ihn positiven medizinischpsychologischen Begutachtung und dem Fehlen weiterer bekannter Gründe, an seiner Fahreignung zu zweifeln (§ 2 Abs. 4 StVG, § 11 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -), die Fahrerlaubnis zeitnah wiederzuerteilen war und ausweislich einer durch das Gericht eingeholten Auskunft des Landrates des Saale-Holzland-Kreises inzwischen auch wiedererteilt worden ist. Bei der Beurteilung der Eignung eines Soldaten für die Feldwebellaufbahn ist - wie ausgeführt - eine auf die Zukunft gerichtete Prognose zu treffen, die es im hier interessierenden Zusammenhang erfordert hätte, nicht nur eine etwa eingetretene Unterbrechung von Ausbildungsabschnitten in der Vergangenheit zu betrachten, sondern mit Blick auf die künftige Fortentwicklung auch zu berücksichtigen, dass die entzogene Fahrerlaubnis nach der medizinischpsychologischen Begutachtung wiederzuerteilen war und wiedererteilt worden ist. Hieran fehlt es jedoch.
4. Ist danach bereits keiner der Entlassungstatbestände des § 55 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SG erfüllt, kommt es auf die im angefochtenen Bescheid thematisierte weitere Frage, ob der Kläger gemäß § 54 Abs. 4 Satz 3 SG in eine andere Laufbahn hätte zurückgeführt werden können, nicht mehr an.
B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht hat die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren (Beschwerdeverfahren) durch den Kläger gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt, weil diese Hinzuziehung aus der Sicht einer verständigen Partei in der Lage des Klägers angesichts der Bedeutung sowie der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeit der Sache zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich erschien. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).