VG Köln, Urteil vom 15.04.2016 - 18 K 6726/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist Inhaber einer Firma, die gesetzlich vorgeschriebene Eichungen und Wartungsarbeiten von Waagen erbringt, wozu sie Eichgerätschaften vorhält. Mit einem ihrer Fahrzeuge transportiert sie die für die Wartung und Eichung erforderlichen Gewichte, die sie mittels eines am Heck des Fahrzeugs fest installierten Krans vom bzw. auf das Fahrzeug und auf die zu eichenden oder zu wartenden Geräte bzw. von diesen hebt. Dieses Fahrzeug ist von der Lkw-Maut "Toll Collect" befreit, weil es keine Güter oder Personen transportiert. Der Kläger beabsichtigt, mit seinem Fahrzeug auch ohne Feinstaubplakette überallhin fahren zu können, wozu es als selbstfahrende Arbeitsmaschine anerkannt werden muss. Die dafür erforderliche Umschreibung der Kraftfahrzeugdokumente setzt nach Auskunft des zuständigen Straßenverkehrsamts eine Änderungsabnahme durch einen Sachverständigen für Kraftfahrzeugverkehr voraus.
Auf einen entsprechenden Antrag des Klägers bei der U. GmbH erwiderte diese mit Schreiben vom 6.5.2014, die Erstellung eines Vorschlags zur Berichtigung der Fahrzeugart von "Lkw geschl. Kasten" in "selbstfahrende Arbeitsmaschine" sei nicht möglich, weil das Fahrzeug keine selbstfahrende Arbeitsmaschine gemäß § 2 Nr. 17 FZV sei. Dies seien allein Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Verrichtung von Arbeiten, jedoch nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet seien. Das Fahrzeug des Klägers diene aber dem Transport von Ballastgewichten, der Transport weiterer Güter sei technisch ebenfalls möglich; die am Fahrzeug verbaute Anhängerkupplung diene dem Mitführen eines Anhängers. Fest verbundene Einrichtungen zur Verrichtung von Arbeiten seien nicht vorhanden. Der festverbaute Ladekran sei vorrangig dazu vorgesehen, Ladung aufzunehmen bzw. abzusetzen, sei aber nicht zur Verrichtung von Arbeit geeignet, die nicht im Zusammenhang mit der Transportaufgabe des Fahrzeugs stehe.
Zur Begründung der am 21.11.2015 erhobenen Klage führt der Kläger aus: Entgegen dem Vortrag der Beklagten sei diese als beliehene, amtlich anerkannte Sachverständige passiv legitimiert; zumindest müsse sie sich wegen ihres Auftretens als passiv legitimiert behandeln lassen. Er habe gegen sie einen Anspruch auf Durchführung einer Änderungsabnahme des Lkw in "selbstfahrende Arbeitsmaschine". Nach § 2 Nr. 17 FZV komme es nicht darauf an, ob ein Fahrzeug abstrakt geeignet sei, Güter zu transportieren, sondern auf die konkrete Verwendung. So seien Betonmischfahrzeuge als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt, obwohl sie den Beton auch transportierten, weil ihre Aufgabe primär die Mischung des Betons sei. Auch Messwagen zur Durchführung und Auswertung von Messungen seien vom Kraftfahrtbundesamt als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt. Um eine solche handele es sich auch bei dem hier in Rede stehenden Fahrzeug. Es diene nicht dazu, Güter oder gar Personen zu befördern, sondern ausschließlich dazu, Messungen durchzuführen. Dazu würden zwar Messgewichte transportiert, dieser Transport sei aber nur Mittel zum Zweck der eigentlichen Arbeitsverrichtung. Bis zum Inkrafttreten der Verordnung zur Neuordnung des Rechts der Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften am 1.3.2007 habe eine Dienstanweisung zu § 18 Abs. 2 StVZO existiert, wonach Kraftfahrzeuge mit fest angebrachten Einrichtungen zur Durchführung und/oder Auswertung von Messungen als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt worden seien, wenn das Fahrzeug aktiv an der Leistung von Arbeit mitwirke. Obwohl die Dienstanweisung durch Inkrafttreten der FZV möglicherweise außer Kraft gesetzt worden sei, habe diese Novellierung aber nicht die bis dahin üblichen Bewertungskriterien für selbstfahrende Arbeitsmaschinen infrage gestellt oder aufgehoben. Durch die Weigerung der Beklagten, das Fahrzeug des Klägers als selbstfahrende Arbeitsmaschine anzuerkennen, verletze diese den Kläger in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit, weil er im ständigen Wettbewerb mit anderen Unternehmen und staatlichen Stellen stehe, die ebenfalls die Wartung und Eichung von Waagen anböten. Entsprechende Fahrzeuge des Bundeslands Rheinland-Pfalz und eines privaten Unternehmers seien als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt. Dazu bietet der Kläger Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an.
Nachdem der Kläger zunächst beantragt hatte,
die Beklagte zu verpflichten, die Zulassungsbescheinigung für den Lkw des Klägers, DaimlerChrysler, 000.00, Kennzeichen , Fahrzeug-ID-Nr. , von "Lkw geschl. Kasten" in "selbstfahrende Arbeitsmaschine" zu berichtigen,
beantragt er nunmehr,
die Beklagte zu verpflichten, für den Lkw des Klägers, DaimlerChrysler, , Kennzeichen , Fahrzeug-ID-Nr. , die Änderungsabnahme durchzuführen und den Lkw dabei als "selbstfahrende Arbeitsmaschine" anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt sie ihre Begründung des ablehnenden Bescheids und trägt darüber hinaus vor: Sie sei als Holding-Gesellschaft der U. lediglich mit Verwaltungsaufgaben befasst und deshalb für das klägerische Begehren nicht passiv legitimiert; das sei vielmehr die U. GmbH. Auch diese sei aber nicht in der Lage, Zulassungsbescheinigungen zu berichtigen, sondern lediglich befugt, Fahrzeuguntersuchungen durchzuführen bzw. Untersuchungsberichte vorzulegen, die ihrerseits Grundlage für die Straßenverkehrsbehörden darstellen könnten, gewünschte Änderungen in den Zulassungspapieren vorzunehmen. Das Fahrzeug des Klägers sei jedenfalls keine selbstfahrende Arbeitsmaschine im Sinne des § 2 Nr. 17 FZV. Ob entsprechende Fahrzeuge Dritter als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt und gekennzeichnet seien, sei der Beklagten unbekannt.
Gründe
Die Klage, deren Antrag angesichts des von Anfang an vorgetragenen Begehrens einer Änderungsabnahme nicht im Wege einer Klageänderung geändert, sondern lediglich berichtigt worden ist, hat keinen Erfolg. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob es sich um eine Verpflichtungs- oder Leistungsklage handelt. Auch auf die Passivlegitimation der Beklagten kommt es nicht an.
Die Klage ist jedenfalls deshalb unbegründet, weil der klägerische Lkw nicht als selbstfahrende Arbeitsmaschine qualifiziert werden kann. Gemäß § 2 Nr. 17 FZV sind selbstfahrende Arbeitsmaschinen Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Verrichtung von Arbeiten, jedoch nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet sind. Dabei müssen die verrichteten Arbeiten sich von einem bloßen Transport unterscheiden und dürfen für andere Arbeiten nicht lediglich eine Hilfsfunktion haben, weil anderenfalls der Begriff der selbstfahrenden Arbeitsmaschine konturenlos und dadurch der als Ausnahme eng auszulegende Tatbestand erweitert würde. Der klägerische Lkw ist indes kein Fahrzeug, das eine andere Hauptfunktion als den Transport hat. Nach seiner Bauart werden weder mit noch in dem Lkw selbst Messarbeiten vorgenommen. Vielmehr transportiert er lediglich die für die Messarbeiten notwendigen Gewichte. Der Kran des Fahrzeugs ist zwar eine mit dem Fahrzeug fest verbundene Einrichtung, verrichtet jedoch die Messarbeiten ebenfalls nicht selbst, sondern dient lediglich als Hilfseinrichtung, indem er die Gewichte auf die zu eichenden bzw. zu wartenden Geräte hebt, und im Übrigen als Hilfseinrichtung für den Transport der Gewichte. Nach allem ist der Lkw des Klägers nicht mit den von ihm angeführten Messwagen zu vergleichen, weil diese Fahrzeuge - im Unterschied zum klägerischen Lkw - Messvorgänge selbst und unmittelbar vornehmen.
Die Novellierung des Straßenverkehrsrechts ändert daran nichts. Selbst nach der früheren Dienstanweisung zu § 18 Abs. 2 StVZO wurden (nur) Kraftfahrzeuge mit fest angebrachten Einrichtungen zur Durchführung und/oder Auswertung von Messungen als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt, wenn das Fahrzeug aktiv an der Leistung von Arbeit mitwirkte. Danach musste unmittelbar eine mit dem Fahrzeug fest verbundene Einrichtung Messungen durchführen oder auswerten und zusätzlich für diese Arbeit das Fahrzeug - etwa durch eine gerade für die Messung als solche erforderliche Fahrt - aktiv mitwirken. Indes führen weder der Kran des klägerischen Fahrzeugs noch dieses selbst Messungen durch bzw. werten solche aus.
Vielmehr ist das klägerische Fahrzeug mit Fahrzeugen von Vermessungs-Ingenieuren vergleichbar, mit denen notwendige Vermessungsgerätschaften transportiert werden. Da Vermessungsarbeiten unmittelbar weder mit noch in solchen Fahrzeugen von Vermessungsingenieuren durchgeführt werden, sind auch solche Fahrzeuge keine selbstfahrenden Arbeitsmaschinen. Dabei ist nicht maßgeblich, dass das klägerische Fahrzeug zusätzlich einen Kran aufweist. Denn dieser hat eine Transport-Hilfsfunktion und bezogen auf die Messungen ebenfalls lediglich eine Hilfsfunktion, indem er die notwendigen Messgewichte - wenn auch unmittelbar auf die zu eichenden oder zu wartenden Geräte - hebt. Der Kran nimmt aber selbst keine Messungen vor und wertet solche auch nicht selbst aus.
Schließlich kommt es aus materiellrechtlichen Gründen nicht darauf an, ob andere Fahrzeuge als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt sind, weshalb dem diesbezüglichen Beweisantrag des Klägers auch nicht von Amts wegen nachzugehen war. Entweder sind die anderen Fahrzeuge mit dem klägerischen Fahrzeug nicht vergleichbar, weil mit ihnen andere Arbeiten als Transporte vorgenommen werden, oder sie sind zu Unrecht als selbstfahrende Arbeitsmaschinen anerkannt, was dem Kläger aber kein "Recht auf Gleichheit im Unrecht" entgegen den geltenden Vorschriften verschafft.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte - ERVVO VG/FG - vom 7. November 2012, GV. NRW. S. 548) zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
Die Antragsschrift sollte dreifach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstands wird auf
5.000,00 €
festgesetzt.
Gründe:
Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für der Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss kann schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte - ERVVO VG/FG - vom 7. November 2012, GV. NRW. S. 548) bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. Die Beschwerdeschrift sollte dreifach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.