VG Köln, Beschluss vom 01.08.2016 - 23 L 1727/16
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine Fahrerlaubnis für die Klassen A1, M, B, S und L zu erteilen,
hilfsweise
die aufschiebende Wirkung der Klage 23 K 2292/16 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 22. Februar 2016 wiederherzustellen,
und weiter hilfsweise
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu entscheiden,
hat weder mit dem Haupt- noch mit den Hilfsanträgen Erfolg.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO in Gestalt der Sicherungs- oder der - hier in Betracht kommenden - Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines Regelungsgrundes und eines Regelungsanspruchs glaubhaft macht. Hierbei meint der Regelungsgrund die Eilbedürftigkeit der Sache, die das Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zulässt; ein Regelungsanspruch liegt nur dann vor, wenn der materielle Anspruch auf das begehrte behördliche Handeln besteht.
Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Hauptantrages nicht vor; der Antragsteller hat das Bestehen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht. Soweit der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner zur Erteilung einer vorläufigen Fahrerlaubnis zu verpflichten, ist der Antrag auf ein rechtlich unmögliches Handeln gerichtet. Denn das Fahrerlaubnisrecht kennt keine "vorläufige Fahrerlaubnis".
Vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, StVG § 2, Rdn. 22.
Liegen die Voraussetzungen der Fahrerlaubnisverordnung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis - namentlich die Eignung nach § 11 FeV und der Nachweis der Befähigung nach §§ 15 ff. FeV - vor, so hat der Fahrerlaubnisbewerber einen Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis der in Rede stehenden Klassen. Liegt eine der Voraussetzungen nicht vor, so besteht der Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis nicht. Dabei ist das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen durch die Fahrerlaubnisbehörde jeweils endgültig und nicht vorläufig zu prüfen. Unabhängig davon, dass eine vorläufige Fahrerlaubnis im ausgefeilten System der Fahrerlaubnisse nach dem Straßenverkehrsgesetzt nicht geregelt ist, verbietet sich eine vorläufige Einschätzung der Fahreignung schon mit Blick auf die hochrangigen Rechtsgüter wie Leib und Leben der übrigen Verkehrsteilnehmer, die durch die Erteilung einer Fahrerlaubnis betroffen werden.
Soweit man den Antrag des Antragstellers dahingehend versteht, dass er nicht nur die Erteilung einer vorläufigen, sondern einer endgültigen Fahrerlaubnis begehrt, so steht dem Antrag das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache scheitert schon daran, dass der Antragsteller - wie noch ausgeführt werden wird - derzeit offenkundig keinen Anspruch auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis hat.
Dem ersten Hilfsantrag steht die Rechtskraft des Beschlusses vom 10. Mai 2016 im Verfahren 23 L 693/16 entgegen. Mit diesem Beschluss hat die Kammer bereits den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Abänderung dieses Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO liegen ersichtlich nicht vor.
Der zweite Hilfsantrag ist gleichfalls nicht begründet. Ein Anspruch auf Neubescheidung des Antrags auf Erteilung der Fahrerlaubnis vom 11. Juli 2016 besteht nicht. Der Antragsgegner hat den Antrag mit Bescheid vom 15. Juli 2016 zu Recht abgelehnt. Voraussetzung für die hier alleine in Betracht kommende Neuerteilung einer Fahrerlaubnis ist nach § 20 FeV die vorherige Entziehung der Fahrerlaubnis. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Wirkung, dass die Fahrerlaubnis erloschen ist,
vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, a.a.O., StVG § 3, Rdn. 35,
liegt erst dann vor, wenn die Entziehungsverfügung bestandskräftig ist. Hieran ändert auch nichts, dass der Antragsteller aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung die Entziehungsverfügung trotz Klageerhebung beachten und gegen sich wirken lassen muss. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung und das hierauf bezogene Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO regeln alleine den Suspensiveffekt (§ 80 Abs. 1 VwGO) bis zur Bestandskraft bzw. bis zu dem in § 80b VwGO genannten Zeitpunkt. Die rechtsgestaltende Wirkung der Entziehungsverfügung tritt hingegen erst mit der Bestandskraft der Entziehung ein.
Ist der Antragsteller somit in verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht mangels Bestandskraft der Ordnungsverfügung vom 22. Februar 2016 noch Inhaber einer Fahrerlaubnis, so fehlt es bereits am Sachbescheidungsinteresse für einen Antrag auf Neuerteilung. In verwaltungsverfahrensrechtlicher Sicht ist der Antragsteller derzeit noch Inhaber einer Fahrerlaubnis, auch wenn er hiervon derzeit keinen Gebrauch machen darf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2, §53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und entspricht der Hälfte des für das Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes.