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VG Hamburg, Urteil vom 12.05.2016 - 15 K 6236/15

1. Die Erhebung von Gebühren für unerlaubte Sondernutzung (§ 19 Abs. 3 HWG) und Kosten des Abschleppens und Verwahrens eines in Spanien zugelassenen, hier unmittelbar nach Verbringungen nach Deutschland für mehrere Monte auf einem nicht reglementierten Parkplatz abgestellten Kfz ist rechtswidrig, da das Fahrzeug hier ein Jahr am Verkehr teilnehmen darf (§ 20 FZV) und es für den Zeitraum zulässigen Parkens keine Beschränkungen gibt, solange das Fahrzeug versichert, betriebsbereit und für die weitere Teilnahme am Verkehr bestimmt ist.

2. Im Falle unerlaubter Sondernutzung kann ein Fahrzeug regelmäßig nicht im Wege der Ersatzvornahme (§ 13 Abs. 1 HmbVwVG) entfernt werden, wenn zuvor lediglich Zettel mit einem Wegfahrgebot an das Fahrzeug geheftet wurden. Dies stellt keine wirksame Bekanntgabe des Wegfahrgebotes dar, da eine Kenntnisnahme durch den Störer nicht hinreichend gewährleistet ist.

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 8. April 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2015 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Gebühren für eine wegerechtliche Sondernutzung und das anschließende Abschleppen eins Kraftfahrzeugs.

Der in Österreich geborene Kläger, der in Schleswig Holstein amtlich gemeldet ist, war Halter weißen Mercedes 200 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ... . Das Fahrzeug war erstmals 19... zugelassen worden und wies zuletzt eine Laufleistung von rund 300.000 km auf. Seit dem 8. August 2000 war es in Alicante in Spanien auf den Kläger zugelassen und trug das amtliche spanische Kennzeichen ....

Vor einem mehrmonatigen Spanienaufenthalt parkte der Kläger das Fahrzeug, das er nach eigenen Angaben kurze Zeit zuvor aus Spanien nach Deutschland gebracht hatte, im Juli 2014 in ... Hamburg, auf der Höhe der Hausnummer 71 in einer öffentlichen Parkbucht, die nicht beschildert war.

Nachdem sich Anwohner über das dort langfristig abgestellte Fahrzeug beschwert hatten, wurde dieses am 14. Oktober 2014 erstmals durch den Außendienst der Beklagten besichtigt und es wurde eine Reihe von Fotos gefertigt. Im Fahrzeug war hinter der Windschutzscheibe ein von außen lesbarer Zettel mit der Aufschrift „IN CASE OF EMERGENCY“ sowie einer deutschen und einer spanischen Telefonnummer hinterlegt worden. Es wurde ein gelber Hinweiszettel am Fahrzeug angebracht, mit dem der Verantwortliche aufgefordert wurde, den Wagen unverzüglich zu entfernen. Am 7. November 2014 wurde am Fahrzeug ein roter Hinweiszettel mit der Verfügung angebracht, den Wagen binnen eines Monats zu entfernen, allenfalls werde es kostenpflichtig entfernt.

Nachdem am 9. Dezember 2014 festgestellt worden war, dass das Fahrzeug sich immer noch dort befand, bat die Beklagte am 11. Dezember 2014 die Firma Autoverwertung, das Fahrzeug abzuholen und 7 Werktage zu verwahren. Am 5. Dezember 2014 wurde das Fahrzeug abgeholt. Am 14. Januar 2015 wurde es für 675 € versteigert.

Wenige Tage später, am 20. Januar 2015, meldete sich der Kläger, der aus Spanien zurückgekehrt war und sein Fahrzeug suchte, bei der zuständigen Polizeidienststelle und teilte mit, dass er der Eigentümer und Halter sei. Die Beklagte versuchte daraufhin, den Erwerber des Wagens festzustellen. Am 28. Januar 2015 teilte dieser mit, dass er das Auto inzwischen zum Ausschlachten weiterverkauft habe.

Nach Anhörung des Klägers setzte die Beklagte gegen diesen mit Bußgeldbescheid vom 8. April 2015 ein Bußgeld in Höhe von 300 € nebst 25 € Gebühren fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Fahrzeug sei mindestens im Zeitraum vom 14. Oktober bis zum 15. Dezember 2014 nicht fahrbereit bzw. nicht zugelassen unbefugt abgestellt gewesen. Dies stelle eine unbefugte Sondernutzung nach dem Hamburgischen Wegegesetz (HWG) dar, welche ordnungswidrig sei. Bei dem Abstellen des Fahrzeuges habe es sich nicht mehr um ein Parken im Sinne von § 12 StVO, sondern ausschließlich um die Nutzung der öffentlichen Straße als langfristige Abstellfläche gehandelt, da das Fahrzeug nicht mehr gemäß seiner ursprünglichen Zweckbestimmung als Verkehrsmittel genutzt worden sei.

Mit Gebühren- und Kostenfestsetzungsbescheid ebenfalls vom 8. April 2015 setzte die Beklagte darüber hinaus Benutzungsgebühren für das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs für 2 Monate in Höhe von 227 € sowie Kosten des im Wege der Ersatzvornahme vorgenommenen Abtransportes und der Verwahrung des Fahrzeugs einschließlich Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 287,98 € fest. Verrechnet wurde dieser Betrag mit dem Versteigerungserlös von 675 €, von dem 76 € an Versteigerungskosten abgezogen wurden. Hierdurch entstand ein Überschuss in Höhe von 84,02 €, der mit dem gleichzeitig festgesetzten Bußgeld verrechnet wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass durch das Abstellen des Fahrzeuges der öffentliche Weg über die Teilnahme am allgemeinen Verkehr bzw. über seine Zweckbestimmung hinaus in Anspruch genommen worden sei, so dass eine unerlaubte Sondernutzung vorgelegen habe, welche gebührenpflichtig sei. Die Benutzungsgebühr betrage jeweils monatlich 63,50 €; für die unerlaubte Sondernutzung werde ein Zuschlag von 100 € erhoben. Der Abtransport durch ein Vertragsunternehmen koste 101,15 €, die Verwahrkosten für 5 Wochen beliefen sich auf 160,65 € und der Gemeinkostenzuschlag von 10 % auf 26,18 €.

Am 21. April 2015 legte der Kläger sowohl gegen den Bußgeldbescheid Einspruch als auch gegen den Gebühren- und Kostenfestsetzungsbescheid Widerspruch ein: Es liege keine Sondernutzung vor. Das Fahrzeug sei fahrbereit und auch in Alicante/Spanien zugelassen gewesen. Bei der Parkfläche handele es sich um einen öffentlichen Parkplatz, dessen Nutzung nicht durch Schilder begrenzt sei. Die Leichtigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs sei in keiner Weise beeinträchtigt worden. Das Fahrzeug sei ordnungsgemäß geparkt und damit gemäß seiner Zweckbestimmung als Verkehrsmittel benutzt worden. Es habe somit Gemeingebrauch vorgelegen. Überdies sei die Abschleppmaßnahme unverhältnismäßig gewesen, weil hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar eine Telefonnummer hinterlegt worden sei.

Vor dem Hintergrund, dass das Fahrzeug des Klägers möglicherweise betriebsbereit und zugelassen gewesen sei und deshalb dort zu Recht geparkt habe, stellte das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 5. August 2015 das Ordnungswidrigkeitenverfahren ein.

Am 3. Juli 2015 wurde von Amts wegen ermittelt, dass das Fahrzeug in Alicante, Spanien zugelassen war.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2015, zugestellt am 12. Oktober 2015, wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Gebühren für die Sondernutzung und die Kosten für den Abtransport und die Verwahrung des Fahrzeugs seien zu Recht festgesetzt worden. Das Abstellen des Fahrzeugs durch den Kläger sei eine gebührenpflichtige Sondernutzung im Sinne des HWG. Die gleichzeitige Erhebung von Vollstreckungskosten sei zulässig. Hier habe es sich nicht mehr um erlaubnisfreien Gemeingebrauch der Parkfläche gehandelt. Denn der dafür nötige Verkehrsbezug des Parkens werde aufgegeben, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ein nicht umgehend betriebsbereites oder ein vorrangig zu anderen Zwecken als zur Wiederinbetriebnahme abgestelltes Fahrzeug den öffentlichen Straßengrund in Anspruch nehme. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass ein Parkvorgang von weniger als einem Monat noch Gemeingebrauch sei. Das Fahrzeug des Klägers sei aber für rund ein halbes Jahr dort abgestellt worden, was diesen noch unbeachtlichen Zeitraum um ein Vielfaches überschreite und für eine Sondernutzung spreche. Selbst wenn sich allein aus der Abstelldauer noch keine Sondernutzung ableiten lasse, folge diese daraus, dass der Halter des Fahrzeugs zunächst nicht habe ermittelt werden können und bis heute nicht geklärt sei, ob der Kläger tatsächlich Halter gewesen sei. Auch habe sich am Fahrzeug kein Hinweis auf eine bestehende Zulassung oder auch einen bestehenden Versicherungsschutz befunden. Zudem könne die Versicherung und Zulassung eines Fahrzeuges in Spanien, das seinen regelmäßigen Standort aber ersichtlich in Deutschland habe, gegen geltendes Recht verstoßen. Ferner sei keine gültige Zulassungsbescheinigung der spanischen Behörden vorgelegt worden, wie auch die Versicherung des Fahrzeuges nicht nachgewiesen worden sei. Auch sei das Fahrzeug mittlerweile ausgeschlachtet worden, so dass Zweifel an der technischen Betriebsbereitschaft bestünden. Angesichts des Umstandes, dass die Anwohner in der Nähe des Flughafens durch dort geparkte Fahrzeuge erheblich belastet seien, sei die Erhebung der Gebühren auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Höhe folge aus der maßgeblichen Gebührenordnung. Ferner habe der Kläger die Kosten für den Abtransport, die Verwahrung und Versteigerung des Fahrzeugs tragen müssen. Diese seien Kosten der Ersatzvornahme. Vollstreckt worden sei die auf dem roten Hinweiszettel verfügte Aufforderung, das Fahrzeug binnen eines Monats zu entfernen. Dieses sei angesichts der unbefugten und störenden Sondernutzung rechtlich nicht zu beanstanden. Auch seien zu Recht die Kosten der Versteigerung festgesetzt worden. Auch diese sei rechtmäßig erfolgt. Es habe außer den Nummernschildern keinerlei Anhaltspunkte für die Zulassung des Fahrzeugs gegeben. Deshalb habe man von einer widerrechtlichen Nutzung des Wagens in Deutschland ausgehen müssen. Auch die im Fahrzeug angegebenen Telefonanschlüsse stünden der Maßnahme nicht entgegen. Die zuständige Sachbearbeiterin habe diese nicht als solche erkannt. Auch habe sie nicht die Pflicht gehabt, Nachforschungen anzustellen. Dies ergebe sich schon aus den ungewissen Erfolgsaussichten und den weiteren Verzögerungen, die damit verbunden sein könnten. Angesichts der Umstände, insbesondere des Alters des Fahrzeugs und seines Wertes von nur rund 1000 €, habe man davon ausgehen dürfen, dass der Halter kein Interesse mehr an diesem gehabt habe.

Am 11. November 2015 hat der Kläger Klage erhoben: Es sei zutreffend, dass er sein Fahrzeug auf dem angegebenen öffentlichen Parkplatz für vier Monate abgestellt habe. Das Fahrzeug habe dort aber niemanden behindert. Außerdem habe er in dem Wagen seine Telefonnummern hinterlegt. Unter diesen Nummern wäre es der Beklagten jederzeit problemlos ohne größeren Aufwand und ohne Verzögerung möglich gewesen, ihn zu kontaktieren. Dies habe sie unterlassen. Das Fahrzeug sei betriebs- und fahrbereit, zugelassen und damit ordnungsgemäß geparkt gewesen. Eine Sondernutzung habe deshalb nicht vorgelegen. Der Wert des Fahrzeugs habe zuletzt ungefähr 1000 € betragen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 6. April 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Mit Beschluss vom 11. Mai 2016 ist der Rechtsstreit auf die Vorsitzende als Einzelrichterin übertragen worden. Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Die Sachakten der Beklagten haben dem Gericht vorgelegen.

Gründe

I.

Das Gericht durfte ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten dem zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage führt zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Gegenstand des angefochtenen Gebühren- und Kostenfestsetzungsbescheids vom 8. April 2015 sind zum einen Gebühren für unbefugte Sondernutzung in Höhe von 227 €, zum anderen die Kosten der zwangsweisen Entfernung und Verwahrung des Fahrzeugs, nämlich Kosten des Abtransports in Höhe von 101,15 €, Verwahrkosten in Höhe von 160,65 € sowie ein Gemeinkostenzuschlag 26,18 €. Die Kosten der anschließenden Versteigerung sind hingegen nicht Regelungsgegenstand des Bescheids, da mit ihnen nur der hier aufgerechnete Versteigerungserlös wiederum aufgerechnet worden war. Für die Erhebung von Sondernutzungsgebühren fehlt es bereits an einer (unbefugten) Sondernutzung (unten 1.). Kosten der zwangsweisen Entfernung und Verwahrung des Fahrzeugs können nicht geltend gemacht werden, da das Fahrzeug zu Unrecht zwangsweise von seinem Parkplatz entfernt wurde (unten 2.).

1. Der Erhebung einer Sondernutzungsgebühr nach § 19 Abs. 3 HWG steht bereits entgegen, dass das Parken des klägerischen Fahrzeugs keine Sondernutzung der dafür genutzten öffentlichen Parkbucht darstellte.

Nach der Legaldefinition des § 19 Abs. 1 S. 1 HWG ist jede Benutzung der öffentlichen Wege, die ihren Gebrauch durch andere dauernd ausschließt oder in den Wegekörper eingreift oder über die Teilnahme am allgemeinen öffentlichen Verkehr (Gemeingebrauch) oder den Anliegergebrauch hinausgeht, Sondernutzung. Eine solche lag hier nicht vor, weil es sich beim mehrmonatigen Parken des in Spanien zugelassenen Fahrzeugs noch um eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr handelte.

Das Fahrzeug des Klägers war damals bestimmungsgemäß auf einem hierfür vorgesehenen öffentlichen Parkplatz abgestellt, welcher keinen besonderen Beschränkungen unterlag. Es trug Nummernschilder und war ordnungsgemäß zugelassen. Wenn die Beklagte, insbesondere die Wegeaufsicht, letzteres nicht sofort selbst feststellen konnte, ist dies nicht dem Kläger anzulasten. Vielmehr hätten sich die Mitarbeiter des Bezirksamtes hier des Sachverstands der Straßenverkehrsbehörde bedienen können. Der Teilnahme am allgemeinen Verkehr steht ferner nicht entgegen, dass das Fahrzeug nicht im Inland, sondern in Spanien zugelassen (unten a.) und dass es damals gleich mehrere Monate lang auf einer öffentlichen Parkfläche abgestellt worden war (unten b.).

a. Es ist davon auszugehen, dass das Fahrzeug des Klägers damals aufgrund seiner spanischen Zulassung berechtigt war, in Deutschland am Verkehr teilzunehmen.

Nach § 20 Abs. 1, Abs. 6 FZV darf ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassenes Fahrzeug vorübergehend, d.h. maximal bis zu einem Jahr, am Verkehr im Inland teilnehmen, wenn für dies von einer zuständigen Stelle des anderen Mitgliedstaates eine gültige Zulassungsbescheinigung ausgestellt und im Inland kein regelmäßiger Standort begründet ist. Die Jahresfrist beginnt mit dem Tag des Grenzübertritts.

Nach den unwidersprochenen und unwiderlegten Angaben des Klägers hat dieser das Fahrzeug zuletzt im Juli 2014, also kurz bevor es in Fuhlsbüttel abgestellt wurde, nach Deutschland gefahren. Die Jahresfrist des § 20 Abs. 6 S. 1 FZV war somit zum Abschleppzeitpunkt noch gewahrt. Auch ist nicht feststellbar, dass für das Fahrzeug ein regelmäßiger Standort in Deutschland begründet worden war oder werden sollte. Offenbar lebt der Kläger sowohl in Alicante in Spanien als auch in Norddeutschland, so dass nachvollziehbar ist, dass er das Fahrzeug in Deutschland nur vorübergehend benutzen wollte. Auch die Beklagte nennt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Fahrzeug länger als in dem hier bekannten Zeitraum von Juli bis Dezember 2014 in Deutschland am Verkehr teilgenommen hat.

b. Ferner genügte auch die mehrmonatige Parkdauer nicht, um eine unerlaubte Sondernutzung zu begründen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Beschluss vom 9.10.1984, 2 BvL 10/82, BVerfGE 67, 299 ff., juris Rn. 70; im Anschluss daran OVG Hamburg, Beschluss vom 19.6.2009, 2 Bs 82/09, juris Rn. 6) ist auch das Parken eines Kraftfahrzeuges Teil des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen, da dieser notwendigerweise auch umfasst, dass das Fahrzeug zwischen den „fließenden“ Verkehrsvorgängen abgestellt wird („ruhender“ Verkehr). Der Verkehrsbezug des Parkens wird erst dort aufgegeben, wo ein aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht umgehend betriebsbereites oder ein vorrangig zu anderen Zwecken als sofortiger Inbetriebnahme abgestelltes Fahrzeug den öffentlichen Straßengrund in Anspruch nimmt und somit zu einer auf die Straße aufgebrachten verkehrsfremden Sache - nicht anders als jeder beliebige sonstige körperliche Gegenstand - wird. Derartige Vorgänge fallen aus der Widmung zum Verkehr und damit aus dem einschlägigen Gemeingebrauch heraus.

Es ist nicht festgestellt worden, dass das Fahrzeug des Klägers nicht mehr fahrtüchtig und damit nicht betriebsbereit war. Auch wenn das Fahrzeug 27 Jahre alt war, angesichts der monatelange Standzeit im Freien keinen gepflegten Eindruck machte, eine Laufleistung von rund 300.000 km aufwies und nur noch einen Wert von 1000 € hatte, so erscheint es angesichts der allgemein bekannten Haltbarkeit der damals gebauten Fahrzeuge des Typs Mercedes 200 als durchaus möglich, dass das Fahrzeug noch sicher am Verkehr teilnehmen konnte. Sollte dies anders und das Fahrzeug fahruntüchtig gewesen sein, wäre die Beklagte hierfür beweispflichtig. Durch die rasche Verwertung des Fahrzeugs wurde diese Beweismöglichkeit jedoch vereitelt. Auch hatte der Kläger es nicht aufgegeben, sondern wollte es nach der Rückkehr mit dem Flugzeug für die Weiterfahrt verwenden, fand es dann aber am Abstellort nicht mehr vor. Nichts spricht dafür, dass das Fahrzeug aus einem anderen Grund als der Wiederinbetriebnahme dort aufgestellt war. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte für eine Nutzung z.B. als Werbefläche, Ausstellungsobjekt oder Materiallager oder eine Aufstellung nur zu Verkaufszwecken.

Einen Zeitraum, nach dessen Überschreitung aus einem dem Gemeingebrauch zuzurechnenden Parken eine (unerlaubte) Sondernutzung wird, regelt weder das Gesetz, noch hat die Rechtsprechung einen solchen entwickelt. Insbesondere kennt die Straßenverkehrsordnung, die das Parken von Fahrzeugen erschöpfend regelt (vgl. bereit BVerwG, Urteil vom 3.6.1982, 7 C 73/79, juris Rn. 11), keine Bestimmung des Inhalts, dass das Parken über eine bestimmte Zeitdauer hinaus unzulässig ist (vgl. insbesondere bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, VII C 76.68, juris Rn. 12 ff.). Die erlaubte Nutzung der zur Verfügung stehenden Parkflächen kann vielmehr nur durch Verkehrsschilder oder Parkuhren zeitlich begrenzt werden (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 16.4.2007, 17 K 502/06, juris Rn. 29). Auch ein für längere Zeit geparktes Fahrzeug nimmt damit am Verkehr teil, wenn es zum Verkehr zugelassen und betriebsbereit ist. Ob der Halter des Fahrzeugs die Inbetriebnahme des Fahrzeuges alsbald oder erst nach längerer Zeit beabsichtigt, kann schon deshalb nicht entscheidend sein, weil diese Willensrichtung sich einer zuverlässigen Feststellung entzieht und sich jederzeit ändern kann. Das Abstellen des Fahrzeugs darf allerdings nicht zu einem anderen Zweck als dem der späteren Inbetriebnahme erfolgen (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, VII C 76.68, juris Rn. 19). Ein zugelassenes, betriebsbereites und weiterhin zur Teilnahme am Straßenverkehr gehaltenes Fahrzeug kann somit auch mehrere Monate auf öffentlichem Grund gestellt werden, ohne dass dieses eine gebührenpflichtige Sondernutzung darstellt.

Dem steht auch nicht das von der Beklagten angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 1985 (7 C 40/84, juris Rn. 13) entgegen. Wenn dort ausgeführt wird, dass ein Abstellen eines Fahrzeugs von weniger als einem Monat noch dem ruhenden Verkehr zuzurechnen sei, lässt dies nicht den Umkehrschluss zu, dass ein längeres Parken eine Sondernutzung darstellte. Das Urteil betrifft kein Kraftfahrzeug, sondern lediglich einen abgekuppelten Wohnwagenanhänger, der für einige Tage auf öffentlichem Grund abgestellt war, ansonsten aber auf privatem Gelände stand und zweimal im Jahr zum Campen benutzt wurde. So heißt es in jener Entscheidung: „Für Zeiträume, wie sie hier in Rede stehen, ermangelt es nämlich an objektiven Kriterien, die ein verkehrsrechtlich zulässiges Parken von einem als Sondernutzung anzusehenden und damit durch die Straßenverkehrsordnung nicht mehr gedeckten Dauerparken abgrenzen. Ob ein längerfristiges, auf ein 'Überwintern' hinauslaufendes Abstellen von Wohnwagen im öffentlichen Straßenraum gegen § 32 Abs. 1 S. 1 StVO verstößt, hatte der Senat aus Anlass des vorliegenden Falles nicht zu entscheiden“. Für den hier zu entscheidenden Fall eines Personenkraftwagens liefert diese Entscheidung damit keine verwertbaren Hinweise.

2. Die Rechtmäßigkeit der Kostenforderungen in Bezug auf das Abschleppen und Verwahren des Fahrzeugs entfällt bereits deshalb, weil das Fahrzeug rechtmäßig geparkt war, somit im Rechtssinne nicht störte und deshalb nicht zwangsweise entfernt, verwahrt und verwertet werden durfte. Darüber hinaus hätten die Kostenforderungen selbst im Fall einer unerlaubten Sondernutzung keinen rechtlichen Bestand. Im Einzelnen gilt folgendes:

a. Die Erstattungsforderung der Beklagten kann nicht gemäß § 13 Abs. 2 HmbVwVG auf eine rechtmäßige Ersatzvornahme gegründet werden.

Nach § 13 Abs. 1 HmbVwVG setzt eine Ersatzvornahme voraus, dass der Pflichtige seine vollziehbare Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist (vertretbare Handlung), nicht oder nicht vollständig erfüllt.

Da sich allein aus dem Wegegesetz kein Wegfahrgebot ergibt, sondern bei unerlaubter Sondernutzung eine Beseitigungsverfügung nach § 61 S. 1 HWG erforderlich ist, bedurfte es hier eines solchen Verwaltungsaktes. Dieser ist dem Kläger gegenüber aber mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 HmbVwVfG). Zwar enthielt der zuletzt an das Auto des Klägers angeheftete rote Zettel eine wegerechtliche Ordnungsverfügung mit dem Inhalt, das Fahrzeug binnen der dort genannten Frist von einem Monat zu entfernen. Den Zettel hat der damals in Spanien befindliche Kläger jedoch nicht lesen können, so dass ihm die Verfügung nicht nach § 41 Abs. 1 S. 1 HmbVwVfG bekannt gemacht wurde (entsprechend auch VG Hamburg, Urteil vom 22.2.2002, 3 VG 3715/2001, juris Rn. 26). Denn Bekanntgabe bedeutet, dass der Verwaltungsakt tatsächlich derart in den Machtbereich des Adressaten gelangen muss, dass dieser bei gewöhnlichen Verlauf und unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 16. Auflage 2015, § 41 Rn. 6, 7c). Dies ist bei einem an ein Auto angehefteten Zettel nicht der Fall. Für eine Übertragung der Grundsätze, nach denen Verkehrsschilder auch ortsabwesenden Fahrern öffentlich bekannt gemacht werden (grundlegend BVerwG, Urteil vom 11.12.1996, 11 C 15/16, BVerwGE 102, 316 ff. juris Rn. 9), auf eine individuelle Beseitigungsverfügung gibt es keinen Anlass.

b. Auch kann die Kostenforderungen nicht auf polizeirechtliche Maßnahmen, hier entweder eine unmittelbare Ausführung nach § 7 SOG oder die Sicherstellung von Sachen, insbesondere Kraftfahrzeugen, nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SOG, gestützt werden. Insoweit fehlt es bereits an einem verbotswidrigen Zustand. Aber selbst dann, wenn dieser hier gegeben wäre, wäre keine rechtmäßige unmittelbare Ausführung oder Sicherstellung erfolgt.

Nach § 7 Abs. 1 SOG darf im Wege der unmittelbaren Ausführung eine Maßnahme nur getroffen werden, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht abgewehrt oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht beseitigt werden kann.

Diese Voraussetzungen haben hier nicht vorgelegen. Zwar hatte die üblicherweise verwendete Methode des Anheftens einer Ordnungsverfügung auf gelben und roten Zetteln hier eine etwaige Störung der öffentlichen Sicherheit nicht beseitigen können. Dafür gab es aber zwei andere erfolgversprechende Wege, den Fahrzeughalter zu erreichen:

Zum einen hatte das Fahrzeug ein gültiges Kraftfahrzeugkennzeichen, so dass über dieses der Halter ermittelt werden konnte. Angesichts des ausländischen Kennzeichens war zwar anzunehmen, dass dies eine gewisse Zeit beansprucht hätte. Da in der Beseitigungsverfügung, die auf dem roten Zettel an das Auto geheftet worden war, ein ganzer Monat Zeit zur Entfernung des Fahrzeugs eingeräumt worden war, hätte die Beklagte ohne Zeitverlust parallel dazu auch über das computergestützte europäische Kraftfahrzeugzulassungsnetz eine Halteranfrage machen können und damit zeitnah die spanische Adresse des Klägers erfahren.

Zum anderen war im Fahrzeug ein gut lesbarer Hinweiszettel mit zwei für den Notfall bestimmten Telefonnummern ausgelegt, den die zuständige Bedienstete der Beklagten zwar fotografiert und damit aktenkundig gemacht, ansonsten aber offensichtlich nicht weiter beachtet hat. Da hier hinsichtlich der Entfernung des Fahrzeugs keine besondere Eile geboten war, gab es keinen Grund, diese beiden Telefonnummern zu ignorieren. Erkennbar handelte es sich bei der einen sogar um einen deutschen Festnetzanschluss. Ein Anruf dort ließ erwarten, dass eine Person sich melden würde, die in deutscher Sprache Angaben zu dem Fahrzeug und dem Halter machen konnte und auch bereit und in der Lage gewesen wäre, das Fahrzeug zu entfernen. Da eine Entfernung des Fahrzeugs auf diese Weise jedenfalls nicht unwahrscheinlich war, hätte zumindest versucht werden müssen, den Halter oder eine von ihm beauftrage Person telefonisch zu erreichen. Hierbei wäre auch die Möglichkeit, einen schriftlichen Hinweis per SMS zu geben, zu erwägen gewesen. Erst wenn im Einzelfall angemessene Kontaktbemühungen, einen Verantwortlichen mittels im Fahrzeug ausgelegte Telefonnummern rechtzeitig zu erreichen, nicht zum Erfolg führen, hat der Pflichtige die Nachteile daraus zu tragen (vgl. neuestens dazu BVerwG, Urteil vom 9.4.2014, 3 C 5/13, BVerwGE 149, 254 ff., juris Rn. 16).

Schließlich wäre auch eine Sicherstellung nach § 14 Abs. 1 S. 2 SOG nicht in Betracht gekommen. Hiernach wird ein verbotswidrig abgestelltes oder liegen gebliebenes Fahrzeug in der Regel sichergestellt, wenn es die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist und der vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren nicht mit einer Umsetzung auf einen in unmittelbarer Nähe gelegenen Freien und geeigneten Platz im öffentlichen Verkehrsraum begegnet werden kann. Wenn das Fahrzeug des Klägers tatsächlich verbotswidrig abgestellt worden wäre, wäre es hier in gleicher Weise wie bei der unmittelbaren Ausführung geboten gewesen, vor den streitbefangenen Maßnahmen zu versuchen, den Kläger zu kontaktieren und auf diese Weise zur eigenen Entfernung des Fahrzeugs aufzufordern.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren (§ 162 Abs. 2 S. 2 VwGO) folgt aus dem Umstand, dass sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Kläger nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

Lukas Jozefaciuk