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VG Hamburg, Beschluss vom 18.01.2016 - 15 E 5340/15

Zum Anspruch auf verkehrslärmmindernde und abgasmindernde Maßnahmen, insbesondere eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h und Reduzierung des Linien-Busverkehrs in einer innerstädtischen Wohnsammelstraße.

Tenor

Der Antrag vom 30. September 2015 auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller nach einem Streitwert von 5.000 €.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren verkehrslärm- und abgasreduzierende Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 StVO, insbesondere die Einrichtung einer Tempo-30-Zone und Durchfahrtbeschränkungen für Busse und Lkw vor seinem Wohnhaus.

Der Antragsteller wohnt seit knapp einem Jahr mit seiner Familie, darunter 2 Kindern, zur Miete im 1. Obergeschoss des viergeschossigen Hauses H. Straße 56 in Harburg. Zur Straße, einer zweispurigen Allee, befindet sich ein 7- 8 m tiefer Vorgarten. Zur straßenabgewandten Seite hat das Haus einen Garten, der durch die umliegenden Häuser vor dem Verkehrslärm geschützt ist. Durch den Baustufenplan Heimfeld vom 25. Februar 1958 ist die Gegend als Wohngebiet ausgewiesen. Auch die Nachbarhäuser dienen im wesentlichen Wohnzwecken.

Die H. Straße ist an dieser Stelle einschließlich der beidseitigen Fußwege 15 m breit. Die Fahrbahnbreite beträgt 6,40 m. Von 1907-1957 führte eine Straßenbahnlinie durch die Straße, die dann vom Busverkehr abgelöst wurde. Die H. Straße wird tagsüber von der Buslinie y befahren, die die S-Bahn-Station Hamburg-Heimfeld mit den westlich gelegenen Wohngebieten und auch dem Harburger Krankenhaus verbindet. Die Busse fahren ab 4 Uhr im 20-Minuten-Takt, ab 5 Uhr zehnminütig und zwischen 7:30 Uhr und 21 Uhr alle 5 Minuten in beide Richtungen, zuletzt bis ca. 1:30 Uhr im 20-Minuten-Takt. Nachts fahren dort außerdem in größeren Intervallen die Nachtbusse 641 und 642, in den Nächten vor Sonnabenden und Feiertagen auch die Linie y. Die H. Straße ist als Vorfahrtstraße ausgeschildert. Sie ist als Bezirksstraße ausgewiesen mit der Funktion einer Sammelstraße, die den Verkehr der anliegenden Wohnviertel aufnimmt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 50 km/h.

Eine Verkehrszählung am 8. Mai 2012 erbrachte ausweislich der Sachakte der Antragsgegnerin auf der H. Straße Höhe Milchgrund eine Verkehrsstärke von 4.930 Kraftfahrzeugen/Tag.

Mit Schreiben vom 4. Juni 2015 machte der Antragsteller geltend, als Anwohner der H. Straße stark durch Verkehrslärm betroffen zu sein. Er beantrage deshalb verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 45 StVO. Seine Wohnung liege nur wenige Meter von der Straße entfernt und weise keine besonderen Schallschutzeinrichtungen auf. Laut Zeitung verkehrten in der H. Straße täglich circa 4000 Fahrzeuge, rund 10 % davon HVV-Schwerlastverkehr. Zwischen 7:00 Uhr morgens um 21:00 Uhr abends fahre im Mittel alle zweieinhalb Minuten ein Bus am Haus vorbei, pro Tag seien es 406 Busse. Eigene Messungen mit einem Smartphone hätten ergeben, dass vor dem Fenster des Wohnzimmers der Lärm von Autos in der Regel zwischen 65 und 75 dB und der Lärm von Bussen bei über 85 dB liege. Im Innenraum seien bei vorbeifahrenden Autos etwa 40, bei vorbeifahrenden Bussen 50 dB und mehr gemessen worden. Er begehre deshalb zur Lärmreduzierung die Einrichtung einer Tempo-30-Zone, die Einrichtung von Fahrradstreifen, die Auftragung von Flüsterasphalt, eine Veränderung der Streckenführung der HVV-Busse, so dass diese nur in eine Richtung durch seine Straße führen, tagsüber den Einsatz von Gelenkbussen, um die Frequenz der Fahrten absenken zu können, den Einsatz von strombetriebenen Linienbussen, Tafeln, die die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit anzeigten, sowie regelmäßige Kontrollen der Verkehrsgeschwindigkeit, besonders morgens und abends.

Kurz hiernach richtete der Antragsteller eine Eingabe an die Hamburger Bürgerschaft, mit der er um Prüfung bat, ob die Buslinie y schnellstmöglich von idealerweise strombetriebenen Gelenkbussen bei einer gleichzeitigen Streckung des Fahrtaktes von 5 auf z. B. 10 Minuten bedient werden könne.

Mit Schreiben vom 14. September 2015 teilte die Bürgerschaft dem Antragsteller mit, dass seine Eingabe als „nicht abhilfefähig“ beschieden worden sei. Beigefügt war ein nicht datiertes Schreiben der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, in dem unter anderem ausgeführt wurde: Die Behörde habe die Beurteilungspegel für den Straßenverkehr für das Gebäude H. Straße 56 anhand der Vorgaben der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) ermittelt. Dabei sei von einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke von 4.600 Kraftfahrzeugen bei einem Schwerlastanteil von 7 % ausgegangen worden. Für die Zeit von 22 bis 6:00 Uhr sei von 37 Bussen ausgegangen worden. An der Fassade des Hauses hätten sich Beurteilungspegel zwischen 63 und 64 dB(A) tagsüber und 57 bis 58 db(A) nachts errechnet. Damit seien die Mindestpegel von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts, die nach den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutzrichtlinien-StV) überschritten werden müssten, um Lärmschutzmaßnahmen ergreifen zu können, nicht erreicht worden. Angesichts des Busverkehrs sei die Einführung einer Tempo-30-Zone nicht verträglich, da dann auch die Regelung „rechts vor links“ gelte, die zu häufigen Abbremsvorgängen führe und den Komfort der Fahrgäste beeinträchtige. Eine Veränderung der Streckenführung der Linienbusse insbesondere über die x. Straße komme nicht in Betracht, weil dann in der verlegten Richtung der S-Bahnhof Heimfeld nicht mehr angefahren könne, wovon ungefähr 2.500 Fahrgäste betroffen wären. Da die Nachfrage in Bezug auf die Buslinien gestiegen sei und weiter steige, diene die mittelfristig geplante Umstellung der Linie y auf Gelenkbusse vorrangig dem Ziel, mehr Fahrgäste aufnehmen zu können. Eine Reduzierung der Kapazität im Busverkehr wirke dem zuwider. Außerdem sei der 5-Minuten-Takt dem Verkehr der S-Bahn angeglichen worden. Emissionsfreie Busse seien ab 2020 vorgesehen. Der Bezirk Harburg verfüge über zwei Geräte, die Autofahrern die tatsächliche Geschwindigkeit anzeigten. Diese würden an besonderen Brennpunkten aufgestellt und seien derzeit in der Bremer Straße installiert. Auch stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen würden lediglich dort installiert, wo dies aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend erforderlich sei. Dies sei in der H. Straße nicht der Fall.

Mit Schreiben vom 24. September 2015 wendete sich der Antragsteller hiergegen: Die durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge betrage nach einer aktuellen Messung des Polizeikommissariats 46 aus dem Juni 2015 nicht 4.600, sondern 5.000 Kraftfahrzeuge pro Tag. Auch sei der Schwerlastverkehr mit 7 % deutlich zu niedrig angesetzt. In den Nachtstunden schwanke er zwischen 0 % und 20 %. Fehlerhaft sei auch die Annahme, dass erst ab einem Beurteilungspegel von 70 dB (A) tagsüber und 60 dB (A) nachts Lärmminderungsmaßnahmen ergriffen werden dürften. Vielmehr müssten sie dann nach der Rechtsprechung ergriffen werden, während bei geringeren Werten Maßnahmen im Ermessenswege zu prüfen seien. Ferner könne auch in einer Tempo-30-Zone eine Vorfahrtstraße eingerichtet werden, wenn die Belange des Busverkehrs dies erforderten. Auch gebe es mehrere Möglichkeiten, um den Busverkehr in der Straße durch eine andere Streckenführung zu reduzieren, wie auch der 5-Minuten-Takt der Busse dann reduziert werden könne, wenn auch die S-Bahn nur im 10-Minuten-Takt verkehre. Außerdem seien Geschwindigkeitskontrollen in der H. Straße durchaus notwendig, da dort nach Aussage des Polizeikommissariats 46 die Durchschnittsgeschwindigkeit der meisten Fahrzeuge über 50 km/h liege.

Bereits in einer Mail vom 19. September 2015 hatte der Antragsteller die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass er auch befürchte, dass die Stickoxidwerte an seinem Wohnort überschritten seien. Er habe Einsicht in eine Studie der Umweltbehörde zur Stickoxidbelastung in Harburg aus dem Jahr 2010 nehmen können und dort gesehen, dass die Stickoxidbelastung im Bereich S.- Straße/P. bei bis zu 46 µg/m³ und damit über dem EU-Grenzwert gelegen habe.

Am 30. September 2015 hat der Antragsteller bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der er 1. die Anordnung von Tempo 30 auf der H. Straße mindestens auf dem Abschnitt zwischen Milchgrund und P. Weg, 2. die Sperrung der H. Straße in diesem Abschnitt in mindestens eine Richtung für den Busverkehr oder alternativ für den Schwerlastverkehr inklusive Busverkehr und 3. die Kontrolle der Geschwindigkeitsreduzierung durch repressive Maßnahmen begehrt. Zur Begründung macht er geltend: Seine Wohnung sei erheblich von Verkehrslärm betroffen. Die Antragsgegnerin unternehme hiergegen nichts, obwohl sie dazu verpflichtet sei. Nach eigenen Berechnungen, die er mithilfe einer online-Lärm-Messungs-App durchgeführt habe, bewege sich der Lärmpegel vor seiner Wohnung nachts stets im Bereich von 60 dB (A), wobei ein Pegel von 56 dB (A) niemals unterschritten werde. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin zum Eingreifen verpflichtet sei. Der Verkehr in der H. Straße habe in den letzten Jahren ständig zugenommen, insbesondere auch nach der Bebauung des ehemaligen Scharnhorst-Kasernengeländes. Sie habe besonders aufgrund des starken Busverkehrs faktisch die Aufgabe einer Hauptverkehrsstraße bekommen. Die Straße sei überproportional stark von Schwerlastverkehr betroffen, was bereits als solches ein Einschreiten der Behörde verlange. Das von der Antragsgegnerin angenommene Busaufkommen von 37 sei viel zu gering und werde tatsächlich um mehr als 50 % überschritten. Außerdem hätten aktuelle Verkehrsmessungen in den die H. Straße kreuzenden Straßen erheblichen weiteren Schwerlastverkehr festgestellt. Nachts belaufe sich allein der Busverkehr auf 12-14 % des Gesamtverkehrs. Auch tagsüber müsse mit einem Schwerlastverkehrsaufkommen von 10-20 % gerechnet werden, was in Kombination mit einem Verkehrsaufkommen von 5.000 (wenn nicht sogar mehr) Kraftfahrzeugen am Tag einer Lärmbelastung von 65-67 dB (A) entspreche, die vermutlich bereits gesundheitsgefährdend sei. Eine zusätzliche Steigerung des Lärms sei zudem durch Reflexionen des Schalls an den gegenüberliegenden Gebäuden zu erwarten. Ein Beurteilungspegel nachts von 60 dB (A) erreiche einen kritischen Bereich hinsichtlich einer Gesundheitsgefährdung und könne bereits ein Fahrverbot für LKW begründen. Zudem gälten im Rahmen der aktuellen Hamburger Lärmaktionsplanung als Auslöseschwelle für die Ergreifung von Lärmminderungsmaßnahmen bereits Auslöseschwellen, die deutlich unter 60 dB (A) nachts und 70 dB (A) tagsüber lägen, nämlich 55 und 65 dB (A). Letztlich komme es auf die Innenraumpegel besonders zur Schlafenszeit an, insbesondere hinsichtlich der Kinder, die schon früh schlafen gingen. Dauerschallpegel innen sollten zum Gesundheitsschutz den Bereich von 30-35 dB (A), Spitzenpegel 40 dB(A) nicht überschreiten, wobei die Dämmwirkung von Fenstern mit 25 dB(A) zu veranschlagen sei. Busse verursachten Lärm von bis zu 85 dB (A), so dass der Busverkehr auf der Straße nachts einen durchgehenden gesunden und erholsamen Schlaf nicht zulasse. Um den Verkehr nicht nur auf andere Straßen zu verlagern werde vorgeschlagen, dass der Busverkehr nur in einer Richtung aus der H. Straße herausgenommen werde. Eine geeignete alternative Route führe zum Beispiel über die Straßen L. Weg/M.- Straße. Schließlich verursachten die regelmäßig mit Diesel betriebenen Busse nicht nur den 20-fachen Lärm eines Kraftfahrzeugs, sondern gäben in erheblichem Maße gesundheitsschädliche Stickoxide ab. Nach neuen Erkenntnissen lägen die Stickoxidemissionen moderner Busse im realen Betrieb bis zu 5-fach höher als gesetzlich zugelassen. Nach einer Studie der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt liege die Stickstoffdioxidkonzentration kurz vor dem S-Bahnhof Heimfeld teilweise deutlich über dem EU-Grenzwert von 40 µg/m³. Wenn jetzt für den Bereich seiner Wohnung ein Wert von 32 µg/m³ errechnet worden sei, seien auch dies schon 80 % des gesetzlichen Grenzwertes, was die Behörde bereits zu einer Ermessensentscheidung zwinge. Auch sei nicht ersichtlich, ob nicht der Ein-Stunden-Grenzwert von 200 µg/h mehr als 18 mal pro Jahr überschritten werden könne. Vielmehr seien mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Stickstoffdioxidgrenzwerte vor seiner Wohnung überschritten und gefährdeten neben dem Lärm die Gesundheit seiner Familie, ohne dass die Antragsgegnerin etwas dagegen unternehme. Vielmehr sei sogar mit einer weiteren Verdichtung des Busfahrplans zu rechnen, so dass der Busverkehr unbedingt besser verteilt werden müsse. Dass die Einrichtung einer Tempo-30-Zone den Verkehr auf andere Straßen verdrängen werde, sei reine Vermutung. Auch stehe dieser Tempobegrenzung - die nur ein Teilstück von knapp einem halben Kilometer betreffe - der Busverkehr nicht entgegen, da auch andere Buslinien einer solchen Geschwindigkeitsbeschränkung unterlägen. Die Verlängerung der Fahrzeit durch eine solche Maßnahme sei allenfalls marginal; sie betrage vielleicht 15 Sekunden. Auch eine Verdrängung der Nutzer des Busses auf Kraftfahrzeuge sei nicht zwingend. Vielmehr sei es ebenso plausibel, dass eine Verkehrsberuhigung nun mehr Personen erlaube, dort das Fahrrad zu benutzen. Zudem verlangten die in letzter Zeit deutlich angestiegenen Unfallzahlen auf der Straße die begehrten Maßnahmen. Schließlich messe die Behörde der Straße eine überregionale Verkehrsfunktion zu, die sie überhaupt nicht haben dürfe. Insbesondere der Verkehr aus Richtung Niedersachsen sei über die Hauptverkehrsstraßen in Richtung Hamburger Innenstadt zu führen und nicht durch ein Wohngebiet.

Die Antragsgegnerin tritt dem Begehren entgegen: Die durchschnittliche Verkehrsstärke der H. Straße liege unter 5.000 Kraftfahrzeuge am Tag. Am Dienstag, dem 8. Mai 2012 seien 4.600 Kraftfahrzeuge in 24 h bei 7 % Schwerlastverkehr gezählt worden. Eine Anfang November 2015 vorgenommene Verkehrszählung habe wegen eines Defekts des Zählgerätes nicht ausgewertet werden können. Die H. Straße weise keine besondere Unfallgefahr auf, wie auch keine Beschwerden von anderen Anwohnern als vom Antragsteller bekannt seien. Die Behörde für Umwelt und Energie habe im Oktober 2015 eine Lärmberechnung für das Gebäude H. Straße 56 vorgenommen. Dabei sei von einem nächtlichen Busverkehr zwischen 22 und 6:00 Uhr von 50,4 Bussen im Durchschnitt ausgegangen worden. Bei dieser Anzahl Busse ergäbe sich auf der Straßenseite des Hauses ein Beurteilungspegel nachts von 58 dB (A). Bei dem vom Antragsteller angenommenen Anteil von 57 Bussen ergebe sich ein Beurteilungspegel nachts von 58-59 dB (A). Ferner habe das Institut für Hygiene und Umwelt eine Schätzung der Luftqualität im Umfeld der Wohnung des Antragstellers vorgenommen. Insbesondere sei eine Abschätzung für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) vorgenommen worden. Im Ergebnis sei im Jahresmittel von einer Hintergrundbelastung von höchstens 22 µg/m³ auszugehen. Hierzu sei eine zusätzliche Stickstoffdioxidbelastung durch den lokalen Verkehr auf der Straße von 10 µg/m³ zu addieren, woraus sich ein geschätzter Jahresmittelwert von 32 µg/m³ Stickstoffdioxid ergebe. Dieser liege deutlich unterhalb des Grenzwertes von 40 µg/m³. Damit lägen sowohl die Lärmwerte als auch die Abgaswerte unterhalb jener Grenzwerte, ab denen ein Einschreiten geboten sei. Hier liege auch keine funktionswidrige Inanspruchnahme der Straße vor, da es sich bei der H. Straße um eine Bezirksstraße mit gesamtstädtischer Bedeutung nicht nur für den Anliegerverkehr handele. Im Rahmen dieser Funktion werde sie durch den öffentlichen Personennahverkehr genutzt, insbesondere, um den Anschluss zur S-Bahn-Station Heimfeld zu gewähren. Entsprechend ihrer Lage sei es natürlich, dass sie ein höheres Verkehrsaufkommen aufweise als eine reine Wohnstraße. Ihre Verkehrsbedeutung habe sie seit mehr als 100 Jahren. Sie sei eine Wohnsammelstraße in Orts- oder Stadtrandlage und nehme deshalb eine Verteilungs- und Verbindungsfunktion war. Deshalb gebe es ein öffentliches Interesse an einer möglichst störungsfreien Abwicklung der dortigen Verkehre. Dieses öffentliche Interesse sei mit den Interessen des Antragstellers am Schutz vor Lärm und Abgasen abzuwägen. Maßgeblich seien auf Seiten des öffentlichen Interesses vor allem die Leichtigkeit der Realisierung von Maßnahmen, die Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets und eventuelle Einflüsse auf die Verkehrssicherheit, auf den Energieverbrauch der Fahrzeuge, auf Erschwernisse bei der Versorgung der Bevölkerung und die Einschränkung der Freizügigkeit des Verkehrs. Verkehrsverbote käme nur in Betracht, wenn die besondere Verkehrsfunktion der jeweiligen Straße und die Verkehrsbedürfnisse dieses zuließen, eine geeignete Umleitungsstraße vorhanden und zudem eine Verlagerung des Verkehrslärms auf andere schutzwürdige Gebiete nicht zu befürchten sei. Die vom Antragsteller geforderte Maßnahme würde die Freizügigkeit des Verkehrs begrenzen. Die historisch gewachsene Nutzung der Straße sei für den Busverkehr zwingend erforderlich. Eine zumutbare und geeignete Umleitung sei nicht vorhanden. Alle Umleitungen würden in jedem Fall zu längeren Fahrwegen führen. Dies berge die Gefahr, dass die Fahrgäste statt des Busses ihre privaten Kraftfahrzeuge verwendeten, was die Lärm- und Abgasbelastung der H. Straße sogar noch ansteigen ließe. Auch würde eine Verlagerung des Straßenverkehrslärms zulasten anderer Straßen gehen. Ferner würde eine Herabsetzung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h die Straße in ihrer Verkehrsfunktion beeinträchtigen. Denn eine solche Maßnahme hätte eine erhebliche Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs zur Folge und wäre mit der Verkehrsstruktur nicht mehr vereinbar. Der Antragsteller hätte schließlich nicht aus einer benachbarten ruhigen Straße in die befahrene H. Straße umziehen müssen und könne sich jetzt auch noch durch passive Maßnahmen, insbesondere Lärmschutzfenster, gegen den Straßenlärm schützen. Jedenfalls sei ihr Ermessen hier aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles nicht derart reduziert, dass nur die Anordnung der konkret begehrten Maßnahmen als allein ermessensgerecht infrage komme.

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg. Denn es ist derzeit nicht mit der für ihren Erlass und eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Antragsteller aufgrund unzumutbarer Lärmimmissionen und/oder einer unzumutbaren Stickoxidkonzentration einen Anspruch auf die konkret begehrten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen hat.

Als rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen kommt allein § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO in Betracht. Hiernach können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Bei Verletzung geschützter Individualinteressen kann diese Befugnis der Behörde in eine Handlungspflicht und damit einen Anspruch Betroffener auf Tätigwerden münden (BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 10). Einschränkend sieht § 45 Abs. 9 S. 1 und 2 StVO allerdings vor, dass Verkehrszeichen nur dort anzuordnen sind, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter Betroffener erheblich übersteigt.

Soweit der Antragsteller eine veränderte Linienführung der auf der H. Straße verkehrenden HVV-Bus begehrt, geht das Gericht davon aus, dass der Antrag nicht die personenbeförderungsrechtliche Genehmigung der Linienführung (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG) betreffen soll, sondern allein die straßenverkehrsrechtlichen Regelung der Durchfahrt von Bussen durch die H. Straße. Da ein Kraftverkehrsunternehmer keinen Rechtsanspruch auf die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen hat, wird er trotz genehmigter Linienführung durch den Wegfall des Gemeingebrauchs an einer Straße – oder dessen Einschränkung – nicht in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt (m.w.N. VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 1.8.2003 5 S 1004/03, juris Rn. 2). Die durch die H. Straße genehmigten Buslinien stehen der Sperrung einer Straße für den Schwerlastverkehr und speziell auch für Linienbusse somit nicht zwingend entgegen, so dass hier allein durch eine verkehrsrechtliche Regelung die streitgegenständliche Verlagerung der Buslinien erreicht werden könnte.

1. Nach der im Eilverfahren lediglich möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zeichnet sich nicht ab, dass der Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor Verkehrslärm mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrten Maßnahmen hat.

Aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung muss ein Einschreiten gegen Verkehrslärm dann erwogen werden, wenn Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss (grundlegend BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 13).

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Verkehrslärmbelastung i. S. d. § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 9 StVO sind nach der herrschenden Rechtsprechung die unmittelbar nur für den Neubau von Straßen oder deren wesentliche Änderung geltenden Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) als Orientierungspunkte heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 22.12.1993, 11 C 45/92, juris Rn. 30; Bay VGH, Urteil vom 21.3.2012, 11 B 10.1657, juris Rn. 27 ff.; Hess. VGH, Urteil vom 19.2.2014, 2 A 1465/13, juris Rn. 18; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.9.2009, OVG 1 N 71.09, juris Rn. 8). Dies sind in Wohngebieten 59 dB (A) am Tag und 49 dB (A) in der Nacht. Die Berechnung der jeweiligen Lärmimmissionen in Bezug auf konkrete Gebäude erfolgt dabei nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS 90), einer Verwaltungsvorschrift (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 21.3.2012, 11 B 10.1657, juris Rn. 29; VG Oldenburg, Urteil vom 13.6.2014, 7 A 7110/13, juris Rn. 98; siehe auch Abschnitt 2.1. der Lärmschutz-Richtlinien-StV, VkBl. 2007, 768), und nicht durch Messung.

Bei Überschreitung eines Schwellenwertes nach § 2 Abs. 1 Verkehrslärmschutzverordnung ist die zuständige Behörde verpflichtet, im Ermessenswege konkrete lärmmindernde Maßnahmen zu erwägen und insoweit die Belange der Betroffenen mit den Belangen des Verkehrs abzuwägen. Ein Anspruch eines Betroffenen darauf, dass zu Zwecken des Lärmschutzes eingeschritten wird, besteht deshalb nur dann, wenn das Ermessen der Behörde auf ein Tätigwerden reduziert ist. Ist dies der Fall, steht wiederum im Ermessen der Behörde auszuwählen, welchen Maßnahmen sie zum Zwecke des Lärmschutzes konkret den Vorzug gibt.

Da die vorgenannten Immissionsgrenzwerte lediglich einen Orientierungspunkt darstellen, kann ein Tätigwerden der Behörde in besonderen Fällen auch dann in Betracht kommen, wenn die Grenzwerte noch nicht überschritten sind, z.B. bei erheblicher Nutzung einer reinen Wohnstraße entgegen ihrer Funktion als Schleichweg zur Umgehung einer Hauptverkehrsstraße (z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.5.1997, 5 S 1842/95, juris Rn. 32 und VG Ansbach, Urteil vom 20.2.2009, AN 10 K 07.01199, juris Rn. 50; vgl. dazu auch bereits BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 13), weil dann bereits die Verkehrsstärke eine im Einzelfall unzumutbare Lärmbelastung indiziert oder aber von der Fahrzeugmenge weitere nicht hinzunehmende Belastungen für die Anwohner ausgehen.

Das behördliche Ermessen kann sich insbesondere dann auf eine Pflicht zum Einschreiten verdichten, wenn die - für Wohngebiete den Werten des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Verkehrslärmschutzverordnung entsprechenden - Schwellenwerte des Abschnitts 2.1 der Lärmschutzrichtlinien-StV (VkBl. 2007, 768) überschritten wurden. Hierbei handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die den Straßenverkehrsbehörden eine Orientierungshilfe zur Entscheidung über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen insbesondere auch nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO geben soll. Nach der Rechtsprechung ist die Überschreitung der dortigen Schwellenwerte nicht allein für die bloße Eröffnung des behördlichen Ermessens maßgeblich, sondern kann Betroffenen bereits einen Rechtsanspruch auf Lärmschutz geben, da bei Überschreitung dieser Werte bereits eine Gesundheitsgefährdung zu besorgen ist (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 14; BVerwG, Urteil vom 13.3.2008, 3 C 18/07, BVerwGE 130, 383 ff., juris Rn. 33 f.; Hess. VGH, Urteil vom 19.02.2014, 2 A 1465/13, juris Rn. 24, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10.11.2004, 9 A 67/03, juris Rn. 44; Bay. VGH, Urteile vom 21.3.2012, 11 B 10.1657, juris Rn. 30, und Beschluss vom 10.3.2015, 11 ZB 14.1910, juris Rn. 8). Allerdings darf die zuständige Behörde selbst bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkender Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint (BVerwG, Beschluss vom 18.10.1999, 3 B 105/99, juris Rn. 2 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 13 f.). In Wohngebieten liegen nach Abschnitt 2.1 der Lärmschutzrichtlinien-StV diese für einen möglichen Anspruch auf Einschreiten maßgeblichen Schwellenwerte bei 70 dB(A) tags (6 bis 22:00 Uhr) und 60 dB(A) nachts (22 bis 6:00 Uhr).

Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass im Lärmaktionsplan Hamburg 2013 (siehe dort S. 25) als Auslöseschwellen bereits 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts verwendet würden, ist dies nicht geeignet, Ansprüche auf Lärmschutz zu begründen. Diese Beurteilungspegel wurden dort lediglich dafür herangezogen, um für die Auswahl sowohl der lautesten Straßen als auch für die Pilotprojekte einen Betroffenenindex (BI) zu entwickeln, der sich aus der Lärmbelastung in Korrelation mit der Anzahl der Betroffenen ergibt. In die Lärmaktionsplanung (nicht in konkrete aktuelle Maßnahmen) wurden deshalb Straßen auch dann einbezogen, wenn zwar nur die Schwellenwerte von 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts erreicht wurden, dafür aber eine große Anzahl betroffener Anwohner festzustellen ist. Die H. Straße gehört im Übrigen nicht zu den auf diese Weise ausgewählten Straßen.

Die Feststellung, ob ein maßgeblicher Schwellenwert überschritten wird, unterfällt im Hauptsacheverfahren der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. In einem Eilverfahren nach § 123 VwGO obliegt es dagegen grundsätzlich dem Antragsteller glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Insbesondere ist in einem solchen gerichtlichen Eilverfahren regelmäßig noch keine gerichtliche Aufklärung durch ein Sachverständigengutachten geboten.

a. Hiernach kann das Gericht derzeit nicht davon ausgehen, dass die für einen möglichen Anspruch auf Einschreiten maßgeblichen Schwellenwerte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts bereits überschritten wurden. Dass tagsüber ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) überschritten wird, behauptet auch der Antragsteller nicht. In ihrer Berechnung vom 9. September 2015 ist die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (Lärmmessstelle) insoweit zu einem Beurteilungspegel von 63-64 dB (A) gekommen. Ein Überschreiten des nachts maßgeblichen Beurteilungspegels von 60 dB(A) wird zwar geltend gemacht und erscheint auch nicht als völlig ausgeschlossen. Auf der bisher bekannten Tatsachengrundlage ist jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Grenzwert tatsächlich überschritten wird. Die zuletzt im Oktober von der Behörde für Umwelt und Energie erstellte Berechnung kommt selbst unter der Prämisse, dass nachts die vom Antragsteller angegebenen 57 Busse durch die H. Straße fahren, nur zu einem Beurteilungspegel von 58-59 dB(A), wobei nur zu vermuten ist, dass als maßgebliche Verkehrsstärke wiederum wie im September 2015 der mit 4.600 Fahrzeuge pro Tag angegebene Wert der Zählung aus dem Jahr 2012 zu Grunde gelegt wurde. Nicht auszuschließen ist, dass sich die Verkehrsstärke in den letzten Jahren weiter erhöht hat. Im Widerspruchsverfahren wird die Antragsgegnerin deshalb gehalten sein, der Lärmberechnung die Ergebnisse einer repräsentativen aktuellen Verkehrszählung zugrunde zu legen, die auch den Anteil des Schwerlastverkehrs nicht lediglich mutmaßt oder hochrechnet, sondern genau unterschieden nach Tag und Nacht konkret ausweist und neben den Linienbussen auch LKW und anderen Schwerlastverkehr erfasst.

b. Ferner ist nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass sich das hier aufgrund unstreitigen Überschreitens der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Verkehrslärmschutzverordnung (59 dB [A] am Tag und 49 dB [A]) in der Nacht zweifellos eröffnete Ermessen der Antragsgegnerin aus anderen Gründen dahingehend reduziert hätte, dass speziell die vom Antragsteller begehrten Maßnahmen ergriffen werden müssen. Darauf, ob die bisherige Verweigerung jeglicher Maßnahmen ermessensfehlerfrei erfolgt ist oder nicht (vgl. § 114 VwGO), kommt es an dieser Stelle nicht an. Denn Ermessensfehler begründen regelmäßig noch keinen Anspruch auf eine konkret verlangte Ermessensentscheidung, sondern lediglich auf Nachbesserung durch Neubescheidung. Ein solcher Bescheidungsanspruch ist im gerichtlichen Eilverfahren regelmäßig nicht durchsetzbar (vgl. z.B. Sächs. OVG, Beschluss vom 8.6.2009, 3 B 23/09, juris Rn. 2).

Insoweit gehört es zu den Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde, die öffentlichen und privaten Verkehrsinteressen sowie die gegenläufigen privaten Interessen der Lärmbetroffenen festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind der Bedarf an Lärmschutz, die verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten und die hiermit verbundenen Auswirkungen insbesondere auf den öffentlichen Verkehr genau zu ermitteln. Voraussichtlich wird die Antragsgegnerin gehalten sein, zumindest die tatsächlichen Grundlagen ihrer Ermessensentscheidung noch nachzubessern. Die bisher vorhandenen Erkenntnisse deuten allerdings nicht darauf hin, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die streitbefangenen Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen.

Angesichts des Umstandes, dass die nächtlichen Lärmimmissionen offenbar nahe am Schwellenwert für eine zu erwägende Einschreitenspflicht liegen, besteht allerdings ein legitimes Schutzziel. Auch ist nicht zu bestreiten, dass die geforderte Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h sowie die Herausnahme der Hälfte des Bus- bzw. Schwerlastverkehrs aus der Straße geeignet wären, den Verkehrslärm nachhaltig zu vermindern. Nicht ersichtlich ist jedoch nach der im Eilverfahren möglichen Prüfung, dass die konkret begehrten Maßnahmen hier nicht nur erforderlich sind, um das Schutzziel zu erreichen, sondern auch die widerstreitenden Verkehrsinteressen nicht unverhältnismäßig beschränken.

Gegen eine Ermessensreduktion auf die vom Antragsteller begehrten Maßnahmen spricht bereits, dass sich hier möglicherweise erforderlicher Lärmschutz voraussichtlich bereits durch ein milderes Mittel erreichen ließe. Da die wesentliche Belastung der Anwohner zur Nachtzeit stattfindet, ist als mildere Maßnahme eine nur auf die Nachtstunden beschränkte Geschwindigkeitsbegrenzung zu erwägen, die den Vorteil hätte, den Hauptberufsverkehr nicht einzuschränken (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 18; siehe dazu auch die entsprechenden Maßnahmen im Lärmaktionsplan Hamburg 2013, S. 28).

Dem Schutz der Anlieger vor Verkehrslärm stehen ferner erhebliche Verkehrsfunktionen der H. Straße entgegen, die die geforderte Maßnahme als unverhältnismäßig erscheinen lassen können. So handelt es sich um eine historische Straße, die bereits bei Erschließung des gründerzeitlichen Wohngebiets, in dem der Antragsteller heute lebt, eine über den Anliegergebrauch hinausreichende Verkehrsfunktion hatte und sogar eine Straßenbahnlinie aufwies. Durch weitere intensive Wohnbebauung im westlichen Bereich der Straße und auch durch den Bau des Krankenhauses Harburg hat die Straße die Funktion einer Sammelstraße mit einem erheblichen Einzugsbereich. Angesichts ihres fast völlig geraden Verlaufs vom S-Bahnhof Heimfeld bis in die westlich gelegenen Waldgebiete stellt sie den kürzesten und am einfachsten befahrbaren Verbindungsweg zwischen den westlich gelegenen Wohngebieten, dem dort ebenfalls gelegenen gut frequentierten Hotel sowie dem Krankenhaus und der S-Bahn-Haltstelle dar. Dafür, dass die H. Straße auch in einem nennenswerten Umfang dem gebietsfremden überregionalen Durchgangsverkehr dient, gibt es indes keine Anhaltspunkte. Mangels anderer öffentlicher Verkehrsmittel sind die dortigen Anlieger auf die Nutzung von Bussen angewiesen, was die hohe Frequenz der Linie y erklärt.

Dass der Linienbusverkehr ganz oder jedenfalls in einer Richtung ohne erhebliche Nachteile für die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs oder die Anlieger anderer Straßen aus dem hier streitbefangenen Straßenabschnitt herausgenommen werden könnte, drängt sich nicht auf. Ein solches mag möglich sein, bedarf aber einer genauen Analyse der Vor- und Nachteile einer solchen Maßnahme. Insbesondere lässt sich keine alternative Streckenführung erkennen, die den Busverkehr ohne Verlagerung (eines Teils) des Lärmproblems auf andere Anlieger aus der H. Straße herausnehmen könnte (vgl. zu diesem Aspekt bereits BVerwG, Urteil vom 4.6.1986, 7 C 76/84, BVerwGE 74, 234 ff., juris Rn. 13). Zudem ist zu beachten, dass die Streckenführung angesichts des geplanten Einsatzes von Gelenkbussen auch für besonders lange Fahrzeuge geeignet sein muss und dass die Haltestellen weiterhin so gelegen sind, dass sie das Verkehrsbedürfnis der Fahrgäste möglichst weitgehend befriedigen.

Auch drängt sich nicht auf, dass hier eine generell geltende Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h verhältnismäßig wäre, da diese nachhaltig in die Mobilitätsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer eingriffe. Diese Maßnahme hätte zwar zur Folge, dass der Beurteilungspegel bis zu 3 dB(A) sinkt. Nachteilig ist jedoch, dass sich hierdurch der Verkehr rechnerisch um 40 % verlangsamt. Angesichts des Umstandes, dass Busse ohnehin langsamer als schienengeführte Verkehrsmittel sind, wird derzeit zur Verbesserung des Standards des öffentlichen Nahverkehrs in Hamburg eine Beschleunigung des Busverkehrs angestrebt (vgl. Hamburgische Bürgerschaft, Drucksache 20/2.5.2008, S. 2), der die Verlangsamung einer wichtigen Buslinie zuwiderliefe. Ferner würde sich nicht vertreten lassen, dass lediglich im Streckenabschnitt vor dem Haus des Antragstellers die Geschwindigkeit beschränkt wird, da die anderen vom Bus durchquerten Abschnitte der H. Straße in ähnlicher Weise vom Verkehrslärm betroffen sind. Deshalb wäre bei Ergreifen einer solchen Maßnahme fast die ganze H. Straße von einer Geschwindigkeitsbeschränkung betroffen, was den Bus-, aber auch den Individualverkehr merklich verlangsamen würde. Gerade im Berufsverkehr würde dieses die Nutzer der Straße – täglich tausende Menschen – erheblich beeinträchtigen. Auch bedürfte weiterer Ermittlungen, welche mittelbaren Wirkungen dieser Umstand auf das Verkehrsverhalten dieser Personen hätte, insbesondere müsste die Frage des Ausweichverkehrs von Personenkraftwagen geklärt werden.

Schließlich können, wenn sich eine Einschränkung des Verkehrs als unverhältnismäßig erweist, die Betroffenen auf passiven Schallschutz verwiesen werden, zumal dann, wenn es – wie hier – besonders um nächtlichen Lärm geht, der die Nutzung der Außenwohnanlagen praktisch nicht betrifft (siehe dazu auch den Lärmaktionsplan Hamburg 2013, S. 30). Anders, als der Antragsteller meint, weisen Schallschutzfenster nicht lediglich eine Geräuschdämmung um 25 dB auf, sondern haben Schalldämmwerte von bis über 50 dB (Schallschutzklassen 5 und 6). Bereits ein Schallschutzfenster der mittleren Schallschutzklasse 3 mit einem Schalldämmwerte von 37 dB könnte es ermöglichen, dass nachts in den zur Straße gelegenen Zimmern ein Beurteilungspegel von nur knapp über 30 dB(A) erreicht wird, der Störungen des Nachtschlafes ausschließt. Eine Ausstattung mit Schallschutzfenstern hätte zudem den Vorteil, dass Anwohner die Räume ihrer Wohnung selbstbestimmt nutzen können und nicht an die historisch vernünftige Nutzung – Schlafräume in Wohnhäusern wie dem des Antragstellers lagen grundsätzlich nicht zur Straße – gebunden sind.

2. Schließlich folgt auch aus der Belastung des Wohnumfeldes des Antragstellers mit Stickoxiden kein Anordnungsanspruch.

Auch der Antragsteller bestreitet nicht, dass die aktuelle Einschätzung der das Grundstück H. Straße 56 betreffenden Stickstoffdioxidkonzentration mit 32 µg/m³ vernünftig ermittelt wurde. In der EU-Richtlinie 2008/50/EG – in deutsches Recht mit der 39. BImSchV umgesetzt – ist für den Schutz der menschlichen Gesundheit ein Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel festgelegt, der seit 2010 einzuhalten ist (§ 3 Abs. 2 39. BImSchV). Anlass zum Einschreiten bereits bei Erreichen von 80 % des maßgeblichen Grenzwertes ist nicht erkennbar. Sofern der Antragsteller mutmaßt, es könnten auch die in § 3 Abs. 1 genannten 200 µg/m³ Stickstoffdioxid mehr als 18 mal im Kalenderjahr über eine volle Stunde überschritten werden, entbehrt dies weiterer tatsächlicher Anhaltspunkte und rechtfertigt jedenfalls keine Verkehrsbeschränkungen im Eilverfahren.

3. Das weiter geäußerte Begehren des Antragstellers, die Geschwindigkeitsreduzierung durch repressive Maßnahmen zu kontrollieren, stellt keinen inhaltlich selbstständigen Antrag dar, sondern setzt nach dem eindeutigen Wortlaut seines Antrags voraus, dass die begehrte Geschwindigkeitsreduzierung vorgenommen wird. Dies ist derzeit nicht der Fall, so dass dieses Begehren keiner weiteren Prüfung bedarf. Eine unabhängig von der auf der H. Straße zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorzunehmende Geschwindigkeitsüberwachung hat der Antragsteller in diesem Eilverfahren nicht beantragt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass zwei verkehrsregelnde Anordnungen begehrt werden, eine unterstützt durch praktische Verkehrsüberwachung. Verkehrsregelnde Anordnungen sind in der Hauptsache jeweils mit einem Streitwert von jeweils 5.000 € zu veranschlagen (Streitwertkatalog Nr. 46.15). Angesichts des Eilverfahrens ist die Summe dieser Beträge – 10.000 € – zu halbieren (Streitwertkatalog Nr. 1.5), so dass sich der festgesetzte Streitwert von 5.000 € ergibt.

Lukas Jozefaciuk