VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18.12.2018 - 7 K 11515/17
Feststellung der Nichtberechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland
Der Mangel eines unter offentsichtlichem Verstoß gegen das unionsrechtliche Wohnsicherfordernis erteilteren (tschechischen) Führerscheins wirkt im umgetauschten (ungarischen) Führerschein fort und steht der Anerkennung des im Wege des Umtausches ausgestellten (ungarischen) Führerscheins entgegen (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV analog).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung, dass er von seiner ungarischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch machen darf.
Die Fahrerlaubnis der Klasse 3 wurde dem im Jahr 1962 in Deutschland geborenen Kläger erstmals im Jahr 1980 erteilt. Durch das Amtsgericht B. erfolgte eine rechtskräftige Entziehung der Fahrerlaubnis im Jahre 1982.
Dem Kläger wurde am 15. August 2005 eine tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt. Ausweislich der Eintragung im tschechischen Führerschein Nr. F. °°°°°°°°°in der dortigen Zeile Nr. 8 war der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung in "T. , T1. Republika O. " (= T. , Bundesrepublik Deutschland) wohnhaft.
Im August 2015 beantragte der zu diesem Zeitpunkt in C. wohnhafte Kläger bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde in C. die Umschreibung seiner tschechischen Fahrerlaubnis in eine deutsche Fahrerlaubnis. Mit nunmehr bestandskräftigem Bescheid vom 9. November 2015 lehnte die Behörde den Antrag auf Umschreibung mit der Begründung ab, dass die tschechische Fahrerlaubnis den Kläger nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtige, da ausweislich des Führerscheins feststehe, dass er zum Zeitpunkt der Ausstellung des tschechischen Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellerstaat gehabt habe.
Im Februar 2016 beantragte der Kläger die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B und A bei der Fahrerlaubnisbehörde in C. . Den Antrag lehnte die Behörde mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 ab, da für den Kläger mit Strafbefehl des Amtsgerichts U. Az. 3014 Js 978/16 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, rechtskräftig seit dem 15. September 2016, eine Sperre zur Erteilung der Fahrerlaubnis auf die Dauer von sechs Monaten verhängt worden und die Sperrfrist noch nicht abgelaufen sei.
Der Kläger beantragte im Dezember 2016 beim Beklagten die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B und A. Aus diesem Anlass wurde ein Führungszeugnis vorgelegt, aus dem sich Eintragungen ergaben, u.a. wegen: Zuhälterei, Förderung der Prostitution, Körperverletzung, Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, unerlaubten Besitzes von Schusswaffen und Munition sowie unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie wegen versuchten Mordes.
Der Beklagte ordnete unter dem 1. Juni 2017 die Beibringung eines Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung an. Für den Kläger bestünden erhebliche Bedenken an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er mit Blick auf die strafrechtlichen Verurteilungen wiederholt erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen und wiederholt Straftaten begangen habe, die das Vorliegen eines erhöhten Aggressionspotenzial begründen würden.
Im Folgenden bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer Vollmacht, die sich auch auf die Entgegennahme von Zustellungen erstreckt.
Ein Gutachten wurde vom Kläger nicht beigebracht. Nach Anhörung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Oktober 2017 den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ab.
Im Oktober 2017 übersandte die Stadt F1. (Brandenburg) einen ungarischen Führerschein des Klägers mit der Bitte um Überprüfung der Gültigkeit und teilte mit, dass der Kläger nach eigenen Angaben nicht mehr in Deutschland wohnhaft sei. Der Führerschein enthält auf der Rückseite unter Ziffer 12 die Schlüsselzahl 70.F. °°°°°°.CZE.
Ermittlungen des Beklagten im Meldeportal Behörden ergab, dass der Kläger seit dem 1. Januar 2017 in V. gemeldet ist.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Oktober 2017 stellte der Beklagte unter Ziffer 1 fest, dass der Kläger von seiner ungarischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch machen darf. Nach Ziffer 2 ordnete er an, der Führerschein sei spätestens drei Tage nach Zustellung der Verfügung zwecks Eintragung eines ab Erkennungsvermerks bei dem Beklagten vorzulegen. Unter Ziffer 3 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger habe am 7. August 2017 in Ungarn eine Fahrerlaubnis der Klasse A und B erlangt. Die Fahrerlaubnis berechtige ihn nicht fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Ausweislich des ungarischen Führerscheins sei dieser aufgrund eines tschechischen Führerscheins umgetauscht worden. Dies ergebe sich aus der Schlüsselziffer 70. F2. .CZE auf der Rückseite des ungarischen Führerscheins. Ausweislich des tschechischen Führerscheins sei der Wohnsitz des Klägers zum Zeitpunkt der Erteilung in T. gewesen. Aus diesem Grund sei im Jahr 2015 die Umschreibung des tschechischen Führerscheins abgelehnt worden. Da der tschechische Führerschein den Kläger nicht zur Führung von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtige, gelte dies auch für den aufgrund des tschechischen Führerscheins ausgestellten ungarischen Führerschein.
Weiter führte der Beklagte zur Begründung der Ziffer 2 an, er habe einen Aberkennungsvermerk (in Form eines durchgestrichenen D auf der Rückseite des Führerscheins) auf dem ungarischen Führerschein des Klägers angebracht und den Führerschein zurück an das Ordnungsamt F1. gesandt.
Die Ordnungsverfügung wurde am 20. Oktober 2017 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt.
Der Kläger hat am 7. November 2017 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass maßgeblich der Zeitpunkt des Umtauschs in den ungarischen Führerschein am 7. August 2017 sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er seinen Wohnsitz - und dies seit dem 10. Juli 2017 - in Ungarn unterhalten. Auf den Zeitpunkt des Erwerbs der tschechischen Fahrerlaubnis sei nicht abzustellen. Bei Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis im Jahr 2005 sei es nicht erforderlich gewesen, dass der Inhaber einer tschechischen Fahrerlaubnis auch einen Wohnsitz in Tschechien unterhalten müsse, um mit dem tschechischen Führerschein erlaubterweise Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland zu führen.
Der Kläger beantragt,
den Feststellungsbescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2017 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er unter Wiederholung und Vertiefung der Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren aus, dass der Kläger trotz des tschechischen Führerscheins nicht berechtigt gewesen sei, in Deutschland ein Fahrzeug zu führen, da sein Antrag auf Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis in eine deutsche mit Bescheid vom 9. November 2015 abgelehnt worden sei. Die Beschränkung des tschechischen Führerscheins gelte durch den Umtausch in den ungarischen Führerschein auch für diesen weiter.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 26. November 2018 den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die grundsätzliche Befugnis zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes ergibt sich aus § 29 Abs. 3 Satz 2 FeV. Unschädlich ist, dass der Beklagte als Rechtsgrundlage für die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung unzutreffender Weise § 28 Abs. 4 Nr. 2 angegeben hat und in der Begründung der Verfügung § 29 Abs. 3 Nr. 2a FeV heranzieht. Tatsächlich ist § 29 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV einschlägig, da der Kläger nach seinem unbestrittenen Vortrag seinen ordentlichen Wohnsitz im Zeitpunkt des Bescheiderlasses und noch heute in Ungarn hatte bzw. hat. Die Angabe der falschen Rechtsgrundlage im Bescheid hat keine Auswirkungen auf dessen Rechtmäßigkeit, da die Ungültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 bzw. des § 29 Abs. 3 Satz 1 FeV bereits kraft Gesetzes eintritt und beide Vorschriften - abgesehen von der Frage des (aktuellen) Wohnsitzes des Betroffenen im Inland - identische Voraussetzungen haben. Denn bei einem lediglich fehlerhaft begründeten Verwaltungsakt ist dem Gericht im Hinblick auf den doloagit-Grundsatz dessen Aufhebung untersagt, wenn feststeht, dass der Verwaltungsakt im Ergebnis nicht zu beanstanden ist und sichergestellt ist, dass die Behörde ihn bei Anwendung der richtigen Norm genauso erlassen hätte.
Vgl. VG München, Beschluss vom 4. November 2011 - M 1 S 11.3961 -, juris, Rn. 21f.
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Beklagten aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW -, da der Kläger im Bezirk des Beklagten mit Blick auf seinen geltend gemachten weiteren Wohnsitz in V. seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, bzw. dort jedenfalls zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Im Hinblick auf die unterbliebene Anhörung des Klägers vor Bescheiderlass wäre ein etwaiger Verstoß gegen § 28 Abs. 1 VwVfG NRW jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW geheilt, weil der Beklagte - wie aus der Klageerwiderung und dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung hervorgeht - seine Entscheidung unter Berücksichtigung der Argumente des Klägers kritisch überdacht und dennoch an seiner Entscheidung festgehalten hat.
Zudem sind die materiellrechtlichen Anforderungen für den Erlass des Bescheides hinsichtlich Ziffer 1 erfüllt. Der Kläger ist nicht berechtigt, mit seiner in Ungarn im Wege des Umtauschs seiner tschechischen Fahrerlaubnis erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Die Nichtanerkennung der Berechtigung des Klägers, mit seinem in Ungarn ausgestellten Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, findet ihre Rechtfertigung in dem offensichtlichen Verstoß gegen das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis bei der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik; dieser Mangel wirkt im umgetauschten Führerschein fort und steht auch der Anerkennung des dem Kläger in Ungarn im Wege des Umtausches ausgestellten Führerscheins entgegen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Umfang ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz nach § 7 FeV haben und sofern keiner der in § 29 Abs. 3 FeV normierten Ausnahmetatbestände vorliegt. Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV gilt die Berechtigung, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was hier nicht in Rede steht - als Student oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.
Der Ausnahmetatbestand des § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV kann auf den ungarischen Führerschein des Klägers keine unmittelbare Anwendung finden. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser - im Wege des Umtauschs ausgestellte - ungarische Führerschein des Klägers unter Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellungsmitgliedstaat im Zeitpunkt seiner Ausstellung am 7. August 2017 litt. Dies gilt auch, wenn man auf das unter Nr. 10 des Führerscheins wiedergegebene Datum der Erteilung durch die tschechischen Behörden am 15. August 2005 abstellen würde. Denn insoweit wäre der Mangel nicht aus dem Führerschein selbst oder aufgrund von dessen Ausstellungsmitgliedstaat Ungarn herrührender Informationen feststellbar.
Die Fortwirkung des sich aus dem tschechischen Führerschein ergebenden Wohnsitzmangels der tschechischen Fahrerlaubnis folgt aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV.
Die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung des Ausnahmetatbestands § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV bei Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis auf in der Norm unbewusst ungeregelte Fallkonstellationen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt und die Grundsätze sind auf die insoweit inhaltsgleiche Vorschrift § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV übertragbar.
Vgl. zum insoweit inhaltsgleichen § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV: BVerwG, Urteile vom 27. September 2012 - 3 C 34.11 - BVerwGE 144, 220, juris, Rn. 23 und vom 5. Juli 2018 - 3 C 9.17 -, juris, Rn. 19 ff.
Dem Ausnahmetatbestand liegt erklärtermaßen die Absicht des deutschen Verordnungsgebers zugrunde, in dem vom Gerichtshof der Europäischen Union gebilligten Umfang - mangels einer vollständigen Harmonisierung der Regelungen der Mitgliedstaaten über die Erteilung der Fahrerlaubnis auftretende - Fälle von Führerscheintourismus zu bekämpfen,
vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - C-329/06, juris, Rn. 69,
und ausländischen Fahrerlaubnissen die Anerkennung in Deutschland zu versagen, die unter einem offensichtlichen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden sind.
Vgl. Begründung zur Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung, BR-Drs. 851/08 S. 5 ff.
Es liegt auch eine Regelungslücke vor. Der Wortlaut des § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV erfasst nicht die Fallgestaltung, in der sich der Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wegen des späteren Umtauschs in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr unmittelbar aus dem aktuellen (umgetauschten) Führerschein oder aus den von dessen Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt. Gleichwohl gebieten Sinn und Zweck der Regelung eine Erstreckung der Vorschrift auf diese Ausnahmekonstellation.
Vgl. zum insoweit inhaltsgleichen § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 9.17 -, juris, Rn. 22 m.w.N.
Auch im Fall des späteren Umtauschs beruht der Führerschein auf einem Verstoß gegen die zwingende Zuständigkeitsvoraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung und löst eine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung nicht aus. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber diese Fallgestaltung nicht von der Regelungswirkung erfasst sehen wollte, sind nicht ersichtlich.
Vgl. zum insoweit inhaltsgleichen § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 9.17 -, juris, Rn. 22 m.w.N.
Auch Unionsrecht gebietet nicht, den ungarischen Führerschein des Klägers, der auf der umgetauschten tschechischen Fahrerlaubnis beruht, im Inland anzuerkennen.
Grundsätzlich sieht Art. 2 Abs. 1 der sogenannten dritten Führerschein-Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 S. 18) - ebenso wie Art. 1 Abs. 2 der vorangegangenen sogenannten zweiten Führerschein-Richtlinie 91/439/EWG - die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es einem Aufnahmemitgliedstaat aber nicht verwehrt, in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu versagen. Diese Möglichkeit ist insbesondere anerkannt, wenn - aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen - feststeht, dass die unionsrechtlich vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes zum Zeitpunkt der Führerscheinausstellung nicht beachtet wurde.
Vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 - C-419/10, Hofmann - NJW 2012, 1935 Rn. 48 ff. m.w.N., BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 9.17 -, juris, Rn. 32.
In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass ein offensichtlicher Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes auch die Nichtanerkennung späterer Führerscheine rechtfertigt, die auf der Grundlage dieses Führerscheins ausgestellt worden sind. Das ist auch dann der Fall, wenn sich die Nichtbeachtung der Wohnsitzvoraussetzung aus dem später ausgestellten Führerschein selbst nicht mehr ergibt.
Vgl. zu Fällen, in denen zunächst Führerscheine der Klasse B ausgestellt wurden, die unter einem offensichtlichen Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes litten, und auf deren Grundlage später - ohne Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis - neue und um die Klassen C bzw. D erweiterte Führerscheine ausgestellt wurden, deren Erteilung eine gültige Fahrerlaubnis für die Klasse B voraussetzt: EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - C-224/10, juris, Rn. 47 und Beschluss vom 22. November 2011 - C-590/10, juris, Rn. 52.
Für den Umtausch eines gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßenden Führerscheins durch einen neuen Wohnsitzmitgliedstaat kann nichts anderes gelten. Anders als die Ausstellung eines Führerscheins, der die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis dokumentiert, lässt der bloße Umtausch eines Führerscheins den Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis unberührt; der Verstoß setzt sich in dem umgetauschten Führerschein fort. Die Wohnsitzvoraussetzung ist unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu gewährleisten. Eine Heilung des Wohnsitzverstoßes käme deshalb nur in Betracht, wenn im Rahmen des Umtauschs zu prüfen wäre, ob der Inhaber des unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellten Führerscheins nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/126/EG zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Das ist nicht der Fall. Wird ein Führerschein - wie hier - lediglich umgetauscht, ist die Fahreignung nicht zu prüfen. Da die Fahreignung beim Umtausch eines Führerscheins nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG nicht zu prüfen ist, besteht kein Sachgrund dafür, das Umtauschdokument besser zu stellen als den zugrundeliegenden Originalführerschein. Vielmehr würde dadurch der Weg zu einem zweistufigen Führerschein-Tourismus gebahnt. Die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellungsmitgliedstaat ist für den Anerkennungsgrundsatz von zentraler Bedeutung. Nur ein unter Beachtung dieser Voraussetzung vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein löst die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung aus.
Vgl. insoweit ausführlich zum insoweit inhaltsgleichen § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 9.17 -, juris, Rn. 39 ff.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der ungarische Staat den vom Kläger am 15. August 2005 in Tschechien erworbenen Führerschein (dortige Nr. "F. °°°°°°°" in Feld 5) gegen einen ungarischen Führerschein umgetauscht hat. Der Umstand, dass ein Führerschein im Wege des Umtauschs ausgestellt wurde, ist auch aus dem neuen Führerscheindokument selbst ersichtlich. Dies folgt vor allem daraus, dass im Feld 12 des ungarischen Führerscheins die Zahl "70", gefolgt von derselben Buchstaben-Zahlen-Kombination aus dem tschechischen Führerschein und dann "...CZE" eingetragen ist. Mit der Zahl "70" wird der erfolgte Umtausch eines Führerscheins zum Ausdruck gebracht. Dieser Vorgang ist nach dem Anhang I Abschnitt 12. zur Richtlinie 2006/126/EG im neu ausgestellten Führerschein in der Weise zu dokumentieren, dass nach der Zahl 70, getrennt durch einen Punkt, die Nummer des umgetauschten Führerscheins vermerkt wird. Wurde dieser durch einen anderen Staat ausgestellt, ist - wiederum abgetrennt durch einen Punkt - das einschlägige ECE-Symbol anzufügen. Die Eintragungen in Feld 12 des ungarischen Führerscheins orientieren sich an diesen Vorgaben. Die Verwendung des Kürzels "CZE" lässt auf einen Ersterwerb der Fahrerlaubnis in Tschechien schließen. Zusätzlich bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Eintragungen, die sich in der Spalte 10 des ungarischen Führerscheins finden. Diese Spalte dient nach dem Anhang I Abschnitt 10. zur Richtlinie 2006/126/EG dazu, bei jeder späteren Ersetzung oder jedem späteren Umtausch eines Führerscheins das Datum der ersten Erteilung der Fahrerlaubnis für jede (Unter-)Klasse einzutragen. In der Spalte 10 des ungarischen Führerscheins des Klägers ist als Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs am 15. August 2005 und damit der Tag angegeben, an dem Kläger in Tschechien die Fahrerlaubnisse erteilt wurden.
Die dem Kläger am 15. August 2005 erteilte tschechische Fahrerlaubnis (Nr. F. °°°°°°°°) war unter Verstoß gegen die unionsrechtlich zwingend vorgeschriebene (Zuständigkeits-)Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellungsmitgliedstaat zum Zeitpunkt der Führerscheinausstellung erteilt worden und berechtigte den Kläger nach der in diesem Zeitpunkt gültigen Fassung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Fahrerlaubnisverordnung in der Fassung vom 9. August 2004 - FeV a.F. - nicht, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen. Zwar enthält der Wortlaut des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV a.F. nicht die Formulierung, die Nichtberechtigung gelte für Inhaber, die ihren ordentlichen Wohnsitzes ausweislich des EU-Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen im Inland hatten. Allerdings ergibt sich dies aus einer unionsrechtskonformen Auslegung der Vorschrift.
Zur dahingehenden Auslegung der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439, vgl.: EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - C-329/06 -, juris.
Der Umstand, dass der Kläger bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis seinen Wohnsitz im Inland hatte, steht ausweislich des Führerscheins selbst fest, da er nach den Angaben in der dortigen Zeile Nr. 8 im Zeitpunkt der Erteilung in "T. , T1. Republika O. " (also T. , Bundesrepublik Deutschland) wohnhaft war.
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Ausführungen des Klägers, er habe im Jahr 2005 in Tschechien einen Wohnsitz gehabt und habe sich in den Jahren 2004 und 2005 jeweils mehr als 185 Tage im Jahr in Tschechien aufgehalten sowie dort in dieser Zeit seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt gehabt.
Zum einen können Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren erteilt hat, selbst nicht als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen qualifiziert werden, die beweisen, dass der Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seines Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedstaat hatte.
Vgl. EuGH, Urteil vom 1. März 2012 - C-467/10 -, juris, Rn. 70.
Zum anderen erachtet das Gericht den Vortrag des Klägers als nicht glaubhaft. Die Angaben sind - zum Teil auch auf Nachfrage - detailarm und wenig konkret geblieben. Der Kläger hat mit der Angabe "mehr als 185 Tage im Jahr" keine nachvollziehbaren Angaben etwa dazu gemacht, wie sich sein Aufenthalt auf das Jahr aufteilte. Mit der Behauptung, er habe dort in dieser Zeit "seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt" gehabt, hat er keine überprüfbaren Details etwa zur Art der Arbeit oder seinen Lebensumständen vorgetragen. Die gewählte Formulierung ist vielmehr an den Wortlaut des § 7 FeV angelehnt; für den ordentlichen Wohnsitz im Sinne von § 7 Abs. 1 FeV ist es erforderlich, dass der Bewerber um die Fahrerlaubnis in dem ausstellenden Mitgliedstaat zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erwerbs der Fahrerlaubnis während 185 Tagen innerhalb eines Jahreszeitraums seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Einen Lebenssachverhalt, der eine Subsumtion hierunter ermöglichen würde, hat der Kläger nicht konkret und nachvollziehbar dargelegt. Auf Nachfrage konnte der Kläger zudem weder die genaue Schreibweise seines Wohnortes nennen noch die Straße, in der er etwa zwei Jahre gewohnt und dort seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben will. Trotz möglicher Erinnerungslücken angesichts des seither verstrichenen Zeitraums ist es nicht plausibel, dass er keine näheren Angaben zum Wohnort machen konnte. Entsprechende Unterlagen als Nachweis hat er bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht vorgelegt.
Auch der Umstand, dass der Kläger erst in der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2018 erstmals zu seinem behaupteten Wohnsitz in Tschechien vorgetragen hat, spricht für eine verfahrensangepasste Vortragsweise. Es hätte nahegelegen, den Umstand, es sei ihm nicht erklärlich, warum der tschechische Führerschein - trotz der bei dessen Ausstellung erfragten sämtlichen Wohnsitze - nur den Wohnsitz in T. enthält, bereits im vorherigen Verfahren im Jahr 2015 betreffend die Umschreibung seiner tschechischen Fahrerlaubnis in eine deutsche geltend zu machen. Dies ist - soweit ersichtlich - nicht geschehen.
Mit Blick auf diese unglaubhaften und unsubstantiierten Angaben und vor dem Hintergrund, dass sich der damalige inländische Wohnsitz des Klägers aus dem tschechischen Führerschein ergab, sah die Einzelrichterin sich nicht veranlasst, weitergehende Aufklärungsmaßnahmen zur Erlangung vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen zu ergreifen.
Zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Auskunftsersuchen durch das Gericht an den Ausstellermitgliedstaat, vgl.: EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - C-445/08 -, NJW 2010, 217 Rn. 58, siehe auch: BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2010 - 3 C 15.09 -, juris, Rn. 19.
Der Erlass des feststellenden Verwaltungsakts liegt im Ermessen der Behörde. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Ermessen ist intendiert, wenn ein Feststellungsinteresse gegeben ist, weil - wie hier mit Blick auf die entsprechende Anwendung des § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV - Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsmerkmale bestehen. Insoweit bedarf ein feststellender Verwaltungsakt keiner Ermessensbegründung. Zudem kann die Begründung für das Fehlen einer Fahrberechtigung in Deutschland nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV bzw. § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a FeV ausgewechselt werden.
Die Ziffer 2 des Bescheides vom 18. Oktober 2017 ist ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Eintragung ist § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. j StVG i.V.m. § 47 Abs. 2 FeV. Die Tatsache, dass der Führerschein dem Beklagten im Erlasszeitpunkt bereits vorgelegen hatte und der Aberkennungsvermerk nach § 47 Abs. 2 Satz 2 und 3 FeV zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides schon angebracht worden war, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 2. Die Einzelrichterin legt diese Ziffer mit Blick auf der Begründung im Bescheid dahingehend aus, dass die Regelung nur noch die Duldung der Eintragung umfasst. Nach dem objektiven Empfängerhorizont musste dem Adressaten im Hinblick auf die Bescheidbegründung, worin die Übersendung des Führerscheins von und an die Ordnungsbehörde F1. und die bereits erfolgte Eintragung offengelegt wurde, klar sein, dass eine Vorlage des Führerscheins durch den Kläger seitens des Beklagten nicht mehr verlangt wird, sondern nur die Eintragung des Aberkennungsvermerks zu dulden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung.