Verkehrsrecht | Unfall | Kanzlei | Anwalt | Rechtsanwalt | Dieselskandal | Abgasskandal | Autokreditwiderruf | Frankfur
Die Verkehrsrechtskanzlei.
Urteile Verkehrsrecht_Anwalt Frankfurt Verkehrsunfall_ Anwaltskanzlei für Verkehr Frankfurt_ Anwalt Verkehrsrecht_ Anwalt Dieselskandal_ Anwalt Abgasskanda_ Anwalt Autokredit widerrufen.jpg

Urteile zum Verkehrsrecht

Rechtssprechung Datenbank

 

Suchen in unserer Urteilsdatenbank

In unserer Urteilsdatenbank finden Sie Rechtsprechung zum Thema Verkehrsrecht. Hier können Sie bestimmte Suchbegriffe eingeben und Ihnen werden die einschlägigen Urteile angezeigt.

 

VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31.08.2017 - 7 L 2511/17

Güterkraftverkehrsrecht

Widerruf der Gemeinschaftslizenz wegen Unzuverlässigkeit auf Grund der Verletzung der Zahlungs- und Erklärungspflichten gegenüber öffentlichrechtlichen Gläubigern

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

   Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 15.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 1. August 2017 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,

ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, aber nicht begründet.

Es bedarf im vorliegenden Eilverfahren keiner Entscheidung darüber, ob die bereits erhobene Klage 7 K 9245/17 überhaupt aufschiebende Wirkung entfalten kann, woran angesichts des Wortlauts des in der zugehörigen Hauptsache angekündigten Antrags, der auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung gerichtet ist, Zweifel bestehen könnten. Jedenfalls wäre eine entsprechende Klarstellung, ob damit die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides begehrt wird, oder die Erhebung einer Anfechtungsklage noch möglich, da die Klagefrist noch nicht abgelaufen ist.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die sofortige Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügung ist im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Demgegenüber muss das private Interesse des Antragstellers an einer weiteren Ausübung des Güterkraftverkehrs zurückstehen. Der Widerruf der güterkraftverkehrsrechtlichen Gemeinschaftslizenz durch Bescheid vom 1. August 2017 ist nach der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig.

Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf der dem Antragsteller am 25. Oktober 2013 erteilten Gemeinschaftslizenz ist § 3 Abs. 5 Satz 2 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG). Danach ist eine Erlaubnis zum gewerblichen Güterverkehr zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den Kabotageverkehr vom 28. Dezember 2011 (GüKGrKabotageV) ist § 3 Abs. 5 GüKG auf Gemeinschaftslizenzen i.S.d. Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 entsprechend anwendbar. Nach § 3 Abs. 2 GüKG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 muss der Kraftverkehrsunternehmer u.a. zuverlässig sein. Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit legen nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 die Mitgliedstaaten fest. Insoweit regelt § 2 Abs. 1 der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr vom 21. Dezember 2011 (GBZugV), dass ein Unternehmer nur zuverlässig ist, wenn keine Tatsachen vorliegen, dass bei Führung des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird (Nr. 1) oder bei dem Betrieb die Allgemeinheit geschädigt oder gefährdet wird (Nr. 2).

Diese Voraussetzungen sind beim Antragsteller nicht mehr gegeben. Er ist aufgrund der Verletzung seiner Zahlungs- und Erklärungspflichten gegenüber öffentlichrechtlichen Gläubigern als unzuverlässig anzusehen. Hierdurch hat er sowohl gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen als auch die Allgemeinheit geschädigt.

Im Zeitpunkt des Widerrufs bestanden bei der Berufsgenossenschaft Verkehr laut Mitteilung vom 28. Juni 2017 Beitragsrückstände in Höhe von rund 15.000 €. Durch diese Verletzung der Zahlungspflichten werden zum einen Versicherungsansprüche der Arbeitnehmer beeinträchtigt, zum anderen das Vermögen des Versicherungsträgers geschädigt und die übrigen Versicherten höher belastet.

Im Fachbereich Finanzen der Antragsgegnerin bestanden Rückstände in Höhe von rund 18.000 €, die im Wesentlichen aus fälligen Gewerbesteuern sowie Zinsen, Säumniszuschlägen und Mahngebühren bestanden. Das Finanzamt I.     teilte darüber hinaus unter dem 28. Juni 2017 Steuerschulden von rund 35.000,- € mit. Sämtliche Steuern waren bereits vor Erlass der Ordnungsverfügung fällig. Zudem führte das Finanzamt I.     bereits in der Mitteilung vom 10. März 2017 aus, dass die Vollstreckung im Wesentlichen erfolglos verlaufen sei. Zahlungen leistete der Antragsteller zudem teilweise nur verspätet.

Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist für das vorliegende Verfahren nicht maßgeblich, ob die Steuerbescheide rechtmäßig sind. Maßgeblich für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist vielmehr allein, dass die Steuerbeträge fällig und zu entrichten sind. Dies ist, wie oben dargelegt, der Fall. Im Übrigen hat der Antragsteller auch nicht konkret dargelegt, dass die Steuerbescheide tatsächlich mit Einspruch bzw. Klage angefochten sind und dass er – was allein die Fälligkeit betreffen würde – insofern eine Aussetzung der Vollziehung (gem. § 361 Abgabenordnung bzw. § 69 Finanzgerichtsordnung) erwirkt hat.

Wie der Antragsteller die erheblichen Rückstände insbesondere beim Finanzamt tilgen will, ist zudem nicht ersichtlich. Ein Sanierungskonzept hat der Antragsteller nicht ansatzweise dargelegt. Eine zuvor mit dem Fachbereich Finanzen der Stadt I.     geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung hat der Antragsteller nicht eingehalten.

Ob der Antragsteller aufgrund dieser Umstände auch als nicht mehr leistungsfähig i.S.d. Art. 3 Abs. 1 c) der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 anzusehen ist oder – was der Antragsteller bestreitet – „illegale Ausländer“ beschäftigt, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Bei nachträglichem Eintreten der die Unzuverlässigkeit begründenden Tatsachen ist die Genehmigung zu widerrufen, ohne dass der Behörde ein Ermessen zusteht.

Die Verpflichtung zur Ablieferung der Gemeinschaftslizenz sowie der beglaubigten Kopien beruht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GüKGrKabotageV i. V. m. § 3 Abs. 3 GüKG.

Angesichts der Rechtmäßigkeit der Verfügung insoweit ist ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses nicht festzustellen. Dass das Interesse des Antragstellers aus anderen Gründen überwiegt, ist nicht erkennbar. Wegen der Gefahren, die der Allgemeinheit von einem finanziell nicht leistungsfähigen Unternehmen drohen, lässt das öffentliche Interesse an der zuverlässigen Ausübung des Güterkraftverkehrs das private wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebes zurückstehen. Angesichts der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Beitrags- und Abgabenpflichten besteht die Gefahr, dass möglicherweise auch nicht mehr ausreichende finanzielle Mittel für den sicherheitsrelevanten Bereich wie etwa Reparaturen und Wartungsarbeiten an Fahrzeugen zur Verfügung stehen und mittelbar eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs erwächst.

Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung kommt mangels ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit und mangels unbilliger Härte der Vollziehung für den Antragsteller ebenfalls nicht in Betracht. Sie entspricht vielmehr den Anforderungen von §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und ist rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Ziffern 47.1 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Lukas Jozefaciuk