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VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 22.11.2018 - 9 L 1691/18

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit mit Beschluss der Kammer vom 11. Oktober 2018 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Der Einzelrichter legt die neben dem zu Ziffer 1. gemäß Klage- bzw. Antragsschriftsatz zur Hauptsache gestellten Antrag, die Ordnungsverfügungen der Beklagten vom 00.00.0000, zugestellt am 00.00.0000 und vom 00.00.0000, zugestellt am 00.00.0000 und am 00.00.0000, Az: 00.00.00 G. aufzuheben, wörtlich gestellten Anträge zu 2. und 3.,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen,

dem Beklagten aufzugeben, die von dem Kläger abgegebene Fahrerlaubnis unverzüglich wieder an den Kläger zurückzugeben oder ihm für den Fall der Unbrauchbarmachung eine neue Ausfertigung kostenfrei auszustellen,

dahin aus, dass sich der Antragsteller mit seiner Klage im Verfahren 9 K 4726/18 und dem hier zu entscheidenden Eilantrag ausschließlich gegen den Bescheid vom 00.00.0000, den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am. 00.00.0000, richtet. Das vom 00.00.0000 datierende Schreiben allein beinhaltet den hier angegriffenen, den Antragsteller belastenden Bescheid - insbesondere - über die Entziehung der Fahrerlaubnis, die Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins sowie die Zwangsgeldandrohung. Dies ergibt sich aus der Auslegung der vom 00.00.0000 und 00.00.0000 datierenden, mit Ausnahme der Hausnummer im Anschriftenfeld auch hinsichtlich des Aktenzeichens völlig identischen Schreiben aus der allein maßgeblichen Sicht des objektiven Empfängerhorizonts. Aus dieser Sicht beinhaltet das zuerst übermittelte Schreiben vom 00.00.0000 eindeutig die die genannten Verwaltungsakte, die den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers per Fax gegen Empfangsbekenntnis an diesem Tage zugestellt und somit bekanntgegeben wurden (§ 41 Abs. 5 VwVfG NRW i.V.m. § 5 Abs. 4 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW). Der notwendige Bekanntgabewille der Antragsgegnerin lag eindeutig vor. Demgegenüber enthält das vom 00.00.0000 datierende Schreiben gegenüber dem Bescheid vom 00.00.0000 keinen darüber hinausgehenden Regelungsgehalt. Auch dieses Schreiben wurde zunächst ersichtlich mit Bekanntgabewillen in Richtung der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers entäußert, ging ihnen aber erst am 00.00.0000 zu. Die weitere Ausfertigung der beabsichtigten Regelung unter einem neuen Datum ( 00.00.0000) und mit korrigierter Adresse erfolgte, wie sich aus den Akten (Bl. 82 VV: Vermerk "Falsche Hausnummer - Erneut ab + vorab Fax") ergibt, in der Erkenntnis, dass die Anschrift fehlerhaft war. Aus Empfängersicht ist dies bei einem Vergleich der beiden Anschriften ohne weiteres nachvollziehbar. Es ist vernünftigerweise anzunehmen, dass die zuerst bekannt gegebene Ordnungsverfügung als solche Regelungswirkung entfalten sollte. Dagegen kann angesichts des Geschehensablaufs und mangels weiterer Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, dass die Antragsgegnerin - was rechtlich offensichtlich ausgeschlossen ist - eine Fahrerlaubnis doppelt entziehen will, wenn dem Vorgang offensichtlich ein Adressierungsfehler zu Grunde gelegen hat.

Das auf den Bescheid vom 00.00.0000 bezogene Begehren legt der Einzelrichter im Eilverfahren dahin aus, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziffer 1. des Bescheides vom 00.00.0000) - Antrag zu 1. - und die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 3. dieses Bescheides) - Antrag zu 2. - erzielt wird. Ferner begehrt der Antragsteller - Antrag zu 3. - ihm den bei der Antragsgegnerin abgegebenen Führerschein wieder auszuhändigen. Der Einzelrichter geht davon aus, dass sich die Anträge nicht auch gegen die mit dem in der Hauptsache angegriffenen Bescheid festgesetzte Gebühr richten. Bezüglich der Gebührenfestsetzung entfällt die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes, nämlich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, so dass ebenfalls die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt werden muss. Ein darauf gerichteter Antrag wäre aber unzulässig, wenn ein Antragsteller vor Antragstellung bei Gericht keinen Antrag nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bei der Behörde gestellt hat. Allerdings verbietet sich eine Auslegung, die zu einem unzulässigen Antrag führt. Da der Antragsteller ersichtlich zuvor keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 6 VwGO bei der Antragsgegnerin gestellt hat, geht das Gericht davon aus, dass der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Gebührenfestsetzung nicht mitumfasst. Die weiteren schriftsätzlichen Anträge (dort Ziffern 1., 4. und 5.) bleiben für das Eilverfahren außer Betracht.

Die so verstandenen Anträge sind zulässig. Die hier zu Grunde gelegten Anträge zu 1. und 2. sind hinsichtlich beider Gegenstände gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 9 Straßenverkehrsgesetz (StVG) entfaltet eine Klage gegen eine auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 Justizgesetz NRW (JustG NRW) eine Klage gegen eine Zwangsgeldandrohung bzw. Zwangsgeldfestsetzung keine aufschiebende Wirkung. Die Aushändigung des Führerscheins - hier als Antrag zu 3. verstanden - kann als Annexantrag auf Aufhebung der Vollziehung (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) erreicht werden.

Die Anträge sind nicht begründet.

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO hängt von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen an der Suspendierung der angefochtenen Maßnahme einerseits und der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits ab. Bei der Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der sofort vollziehbare Verwaltungsakt rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Antragstellers. An der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist hingegen der angegriffene Bescheid rechtmäßig, überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Bestand der sofortigen Vollziehbarkeit.

Die erhobene Klage hat voraussichtlich keinen Erfolg, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Zwangsgeldandrohung sich nach der im Eilverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig darstellen.

Rechtsgrundlage der Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz - StVG. Nach dieser Vorschrift gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sich 8 oder mehr Punkte ergeben. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dann die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die Voraussetzungen der unwiderlegbaren gesetzlichen Fiktion liegen vor, so dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entziehen musste.

Die in der Verwaltungsakte dokumentierten früheren und gegenwärtigen Eintragungen im Fahreignungsregister seit Entziehung der Fahrerlaubnis am 00.00.0000 und Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis am 00.00.0000 stellen sich gemäß Aktenauszug wie folgt dar:

Vorliegend ergeben sich bei dem Antragsteller 9 Punkte, die ihre Grundlage - im Ergebnis - in den mit den laufenden Nummern 4 bis 11 bezeichneten Verstößen haben. Die Verstöße zu 1 bis 3 wirken sich im Ergebnis nicht mehr auf die Entziehung der Fahrerlaubnis aus.

Die Verstöße zu 1 und 2 sind nach § 65 Abs 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StVG zu beurteilen. Danach werden die Regelungen über das Verkehrszentralregister und das Punktsystem in die Regelungen über das Fahreignungsregister und das Fahreignungs-Bewertungssystem nach folgenden Maßgaben überführt: (1.) Entscheidungen, die nach § 28 Absatz 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden sind und nach § 28 Absatz 3 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung nicht mehr zu speichern wären, werden am 1. Mai 2014 gelöscht. Für die Feststellung nach Satz 1, ob eine Entscheidung nach § 28 Absatz 3 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung nicht mehr zu speichern wäre, bleibt die Höhe der festgesetzten Geldbuße außer Betracht. (2.) Entscheidungen, die nach § 28 Absatz 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden und nicht von Nummer 1 erfasst sind, werden bis zum Ablauf des 30. April 2019 nach den Bestimmungen des § 29 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung getilgt und gelöscht. Dabei kann eine Ablaufhemmung nach § 29 Absatz 6 Satz 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung nicht durch Entscheidungen, die erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, ausgelöst werden. Für Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 24a gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass sie spätestens fünf Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung getilgt werden.

Die vor dem 1. Mai 2014 begangenen Ordnungswidrigkeiten sind im Fahreignungsregister gespeichert worden. Sie sind gemäß Ziffer 7 Anlage 13 FeV in der ab dem 18. Dezember 2010 anwendbaren Fassung zutreffend mit einem Punkt bewertet worden. Im Zeitpunkt der Umrechnung war von den beiden enstandenen Punkten nur 1 Punkt gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG - jedoch im Ergebnis richtig - zu 1 Punkt umzurechnen.

Denn nur der Verstoß zu 1 war, unter Außerachtlassung der festgesetzten Geldbuße, weiter nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a) i.V.m. § 24 Abs. 1 StVG i.V.m. Anlage 13 zur FeV in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung zu speichern. Der Verstoß zu 2 fällt weg. Der Verstoß zu 3 kann außer Betracht bleiben, weil die Eintragung jedenfalls getilgt wurde (dazu unten). Die Verstöße zu 4 bis 11 sind insgesamt nach ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Recht zu beurteilen und zu Recht eingetragen worden.

Die Beurteilung der Verstöße zu 1, 4-11 ergibt sich aus dem hinsichtlich der Eintragungspflicht seit dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fahreignungsbewertungssystem:

Gemäß § 4 Abs. 2 StVG sind für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s StVG - der Fahrerlaubnisverordnung - bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1. Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,

2. Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und

3. verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.

Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

Gemäß § 40 FeV sind dem Fahreignungs-Bewertungssystem die in Anlage 13 bezeichneten Zuwiderhandlungen mit der dort jeweils festgelegten Bewertung zu Grunde zu legen. Anlage 13 FeV wiederum enthält tabellarisch die Bezeichnung und Bewertung der im Rahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems zu berücksichtigenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten.

Geschwindigkeitsüberschreitungen werden gemäß Ziffer 2.2.3 Anlage 13 FeV als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten mit 2 Punkten bewertet, soweit für ihre Ahndung 9.1 bis 9.3, 11.1 bis 11.3 jeweils in Verbindung mit 11.1.6 bis 11.1.10 der Tabelle 1 des Anhangs (11.1.6 nur innerhalb geschlossener Ortschaften), 11.2.5 bis 11.2.10 der Tabelle 1 des Anhangs (11.2.5 nur innerhalb geschlossener Ortschaften) oder 11.3.6 bis 11.3.10 der Tabelle 1 des Anhangs (11.3.6 nur innerhalb geschlossener Ortschaften) des Bußgeldkatalogs gemäß Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) einschlägig sind. Sie werden gemäß Ziffer 3.2.2 Anlage 13 FeV als (schlicht) verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten mit 1 Punkt bewertet, soweit für ihre Ahndung 8.1, 9, 10, 11 in Verbindung mit 11.1.3, 11.1.4, 11.1.5, 11.1.6 der Tabelle 1 des Anhangs (11.1.6 nur außerhalb geschlossener Ortschaften), 11.2.2, 11.2.3, 11.2.4, 11.2.5 der Tabelle 1 des Anhangs (11.2.2 nur innerhalb, 11.2.5 nur außerhalb geschlossener Ortschaften), 11.3.4, 11.3.5, 11.3.6 der Tabelle 1 des Anhangs (11.3.6 nur außerhalb geschlossener Ortschaften) des Bußgeldkatalogs einschlägig sind.

Verstöße gegen die sonstigen Pflichten des Fahrzeugführers werden gemäß Ziffer 3.2.15 Anlage 13 FeV i.V.m. Ziffern 108, 246.1, 247 der Anlage zur BKatV mit 1 Punkt bewertet. Hierzu gehört das rechtswidrige Benutzen eines elektronischen Geräts beim Führen eines Fahrzeugs (Ziffer 246.1 der Anlage zur BKatV). Verstöße gegen die Regeln über das Verhalten gegenüber Zeichen oder Haltgebot eines Polizeibeamten sowie an Wechsellichtzeichen, Dauerlichtzeichen und Grünpfeil werden gemäß Ziffer 3.2.19 Anlage 13 FeV i.V.m. Ziffer 132 (einfacher Rotlichtverstoß) mit 1 Punkt bewertet.

Von den tabellarisch dargestellten Verkehrsverstößen fiel demnach zum 1. Mai 2014 der Verstoß zu 2 weg, weil er nicht mehr zu speichern war. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h mit einem PKW genügt nicht, weil die Ziffer 11.3.3 der Anlage zur BKatV nicht zur Eintragung eines Punktes führt. Die übrigen Verstöße wurden den zutreffenden Bestimmungen des Bußgeldkatalogs zugeordnet. Einschlägig für allgemeine Geschwindigkeitsüberschreitungen durch PKW ist Ziffer 11.3 i.V.m. Tabelle 1 Buchst. c) der Anlage zur BKatV. Die sich hieraus ergebenden, oben wiedergegebenen Katalogziffern sind durchweg einschlägig und wurden nach Maßgabe der Anlage 13 FeV durchgehend korrekt bewertet. Gleiches gilt für die Ziffer 246.1 der Anlage zur BKatV zuzuordnenden Benutzung des Mobiltelefons und den Rotlichtverstoß.

Von den verbleibenden Eintragungen waren im Hinblick auf die Entziehung der Fahrerlaubnis die sich aus den Verstößen zu 1 und 3 ergebenden Punkte im nach § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG maßgeblichen Zeitpunkt (Tattagprinzip) getilgt. Danach hat die Behörde für das Ergreifen der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG ergeben sich Punkte mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Maßgeblicher Zeitpunkt war der letzte Tattag, nämlich der 20. Februar 2018.

Tilgungszeitpunkt für den ersten Punkt war der 23. August 2017.

Dies folgt aus § 65 Abs 3 Satz 1 Nr. 2 StVG. Entscheidungen, die nach § 28 Absatz 3 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden und nicht von Nummer 1 erfasst sind, werden danach bis zum Ablauf des 30. April 2019 nach den Bestimmungen des § 29 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung getilgt und gelöscht. Dabei kann eine Ablaufhemmung nach § 29 Absatz 6 Satz 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung nicht durch Entscheidungen, die erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, ausgelöst werden.

Gemäß § 29 Abs. 1 StVG a.F. werden die im Register gespeicherten Eintragungen nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. Die Tilgungsfrist beträgt zwei Jahre bei Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 a.F.). Sie beginnt für mit Bußgeld bewehrten Ordnungswidrigkeiten gemäß § 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG a.F. mit dem Tag der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung zu laufen. Gemäß § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG a.F. ist die Tilgung einer Eintragung vorbehaltlich der Regelungen in den Sätzen 2 bis 6 erst zulässig, wenn für alle betreffenden Eintragungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen, wenn im Register mehrere Entscheidungen nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 9 über eine Person eingetragen sind. Nach § 29 Abs. 6 Satz 3 StVG a.F. hindern Eintragungen von Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten nur die Tilgung von Entscheidungen wegen anderer Ordnungswidrigkeiten. Die Eintragung einer Entscheidung wegen einer Ordnungswidrigkeit - mit Ausnahme von - hier nicht einschlägigen - Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a - wird spätestens nach Ablauf von fünf Jahren getilgt (§ 29 Abs. 6 Satz 4 StVG a.F.). Wird eine Eintragung getilgt, so sind auch die Eintragungen zu tilgen, deren Tilgung nur durch die betreffende Eintragung gehemmt war (§ 29 Abs. 6 Satz 6 StVG a.F.).

Hier hemmt die Eintragung über die sofort vollziehbare Entziehung einer Fahrerlaubnis vom 7. September 2009 (unanfechtbar ab 7. Oktober 2009) gemäß § 29 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 3 Nr. 6 StVG a.F. die Tilgung der Eintragungen über den Verkehrsverstoß zu 1. Da die Tilgungsfrist für die Eintragung der sofort vollziehbaren Entziehung einer Fahrerlaubnis gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 StVG a.F. 10 Jahre beträgt, war der Ablauf der die Verstöße zu 1 und 2 betreffenden Einträge bis spätestens zum 7. Oktober 2019 gehemmt. Da die Ablaufhemmung gemäß § 29 Abs. 6 Satz 3 StVG a.F. höchstens fünf Jahre ab Rechtskraft beträgt und, war die Eintragung am 23. August 2017 getilgt; der Verstoß zu 2 war bereits zum 1. Mai 2014 weggefallen.

Der Verstoß zu 3 war am 19. Februar 2017 getilgt.

Die Tilgung der Punktbewertungen hinsichtlich der ab dem 1. Mai 2014 eingetragenen Punkte richtet sich nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StVG für die mit einem Punkt sowie nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 StVG für die mit zwei Punkten bewerteten Ordnungswidrigkeiten. Die Tilgungsfrist beträgt danach zweieinhalb bzw. fünf Jahre. Die Tilgungsfrist beginnt mit dem Tag der Rechtskraft (§ 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG). Der für den Verkehrsverstoß zu Nr. 3 eingetragene Punkt wurde danach bereits am 19. Februar 2017 getilgt und fällt weg. Für die Tilgung dieses Verstoßes ist § 65 Abs. 3 Nr. 3 StVG maßgeblich. Danach sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s erlassenen Rechtsverordnungen - hierzu gehört die FeV - in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Dabei sind § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb und § 28a in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils anstelle der dortigen Grenze von sechzig Euro die Grenze von vierzig Euro gilt. Gemäß § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb sind im Fahreignungsregister Eintragungen über rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24, 24a oder § 24c, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s bezeichnet ist und gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mindestens sechzig Euro festgesetzt worden ist und § 28a nichts anderes bestimmt. Dies trifft auf den hier begangenen, am 19. September 2014 im Fahreignungsregister gespeicherten und am 19. August 2014 rechtskräftig geahndeten Verstoß (Ziffer 246.1 BKatV) zu, der im Fahreignungsbewertungssystem mit einem Punkt zu bewerten ist. Für die Tilgungsfrist bedeutet dies, dass der Verstoß gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) StVG n.F. nach zweieinhalb Jahren - am 19. Februar 2017 - zu tilgen war.

Die übrigen Punkte (lfd. Nr. 4-11) sind nicht getilgt oder weggefallen.

Der für den Verkehrsverstoß zu Nummer 4 eingetragene Punkt war zweieinhalb Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung am 25. August 2015, nämlich am 25. Februar 2018 und damit nach dem 20. Februar 2018, zu tilgen. Für die verbleibenden, weiteren 8 Punkte gelten spätere Tilgungszeitpunkte.

Weitere Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist, dass die Vorstufenmaßnahmen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG ergriffen worden sind. Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG). Ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG). Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG darf die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist.

Die Vorstufenmaßnahmen sind, unabhängig davon, ob der aus den Verstößen zu lfd. Nummern 1 und 2 erreichte Punkt noch zu berücksichtigen ist, ergriffen worden. Die seinerzeit zuständige (vgl. § 2 Nr. 2 Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung NRW) Stadt Oberhausen hat den Antragsteller nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG unter dem 1. Dezember 2015 ermahnt, nachdem er durch den aus den Verstößen 1 und 2 folgenden Punkt und durch folgende Handlungen

im gemäß § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG maßgeblichen Zeitpunkt - dies ist hier der 18. September 2015 - 5 Punkte erreicht hatte. Es ist unschädlich, dass die Behörde auf einen Punktestand von 4 Punkten hingewiesen hat, weil § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG für das Erreichen der Maßnahmenstufe lediglich voraussetzt, dass sich vier oder fünf Punkte ergeben und ein möglicherweise fehlerhafter Hinweis den Punktestand nicht reduziert. Der zu lfd. Nr. 3 geahndete Verkehrsverstoß war hier noch einzubeziehen, weil er zu diesem für die Ermahnung maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht getilgt war.

Die Ermahnung enthielt nach § 4 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 7 StVG einen den Inhalt des Gesetzes zutreffend wiedergebenden Hinweis auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, die - unter weiteren Voraussetzungen - zu einer Reduktion um einen Punkt führen könne, wobei der Besuch eines Fahreignungsseminars nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug führt. Eine Bescheinigung über die Teilnahme an einem solchen Seminar hat der Kläger ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der keine Anhaltspunkte für eine Unvollständigkeit aufweist, nicht vorgelegt.

Als folgende Ordnungswidrigkeiten des Antragstellers

P.

Rechtskraft

9. 3. 2016

30. 11. 2016

rechtskräftig geahndet waren, hat ihn die Stadt P. zu Recht wegen des Erreichens von 7 Punkten verwarnt. Auch insoweit gilt, dass der Hinweis, es seien lediglich 6 Punkte erreicht worden, unschädlich ist, weil die Maßnahmenstufe bei einem sich ergebenden Punktestand von sechs oder sieben Punkten erreicht ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG). Die Verwarnung enthielt nach § 4 Abs. 5 Satz 2, Abs. 7 StVG zutreffende Hinweise auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, die allerdings nach § 4 Abs. 7 Satz 1 StVG wegen Überschreitens der 5-Punkte-Grenze nicht mehr zu einer Punktereduktion führen könne, sowie darauf, dass bei Erreichen von 8 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen werde.

Mit dem am 1. Februar 2017 begangenen Verstoß erreichte der Antragsteller zunächst 8 Punkte (Verstoß Nr. 9), von denen ein Punkt am 19. Februar 2017 getilgt wurde (Verstoß Nr. 3). Damit fiel der Punktestand des Antragstellers zunächst auf die Maßnahmenstufe der Verwarnung (7 Punkte) zurück. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Stufe der Verwarnung zu wiederholen gewesen wäre. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG ("sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben") folgt, dass eine Maßnahmenstufe zu wiederholen ist, wenn sich der relevante Punktestand durch erneuten Anstieg - in der Summe - neu ergibt. Dagegen ist die Maßnahme nicht nochmals zu ergreifen, wenn die Grenze nicht erneut durch Anstieg erreicht oder überschritten wird, sondern der Punktestand durch Tilgung oder Punktabzug auf den betreffenden Bereich fällt.

BT-Drs. 17/12636, S. 42; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 29 StVG Rn. 43.

Als der Antragsteller mit folgenden weiteren Verstößen

insgesamt drei weitere Punkte erreicht hatte, ergaben sich 9 Punkte. Zunächst stieg am Tattag des 22. August 2017 das Punktekonto auf 9 Punkte an, fiel um den am 23. August 2017 getilgten Punkt (Verstoß Nummer 1) auf 8 und stieg mit Begehung der Ordnungswidrigkeit am 20. Februar 2018 wieder auf 9 Punkte.

Auf Rechtsfolgenseite gilt der Antragsteller damit als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Für eine von der zwingenden Rechtsfolge des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG abweichende Einzelfallbetrachtung ist nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung kein Raum.

Die Aufforderung, den Führerschein unverzüglich bei der Antragsgegnerin abzuliefern, findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 und 4 StVG. Vor diesem Hintergrund kommt die Aufhebung der Vollziehung (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) im Hinblick auf die Rückgabe des Führerscheins nicht in Betracht.

Ermächtigungsgrundlage der Zwangsgeldandrohung sind §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW). Einer Anhörung bedurfte es gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW nicht. Die Höhe des jeweils angedrohten Zwangsgeldes ist angesichts der drohenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit verhältnismäßig. Sie erscheint erforderlich und angemessen, um einen wirtschaftlich Handelnden in der Position des Klägers zur Abgabe des Führerscheins zu veranlassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 2 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei orientiert sich das Gericht in Anlehnung an die Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei der Streitwertbemessung in Hauptsacheverfahren, die die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis betreffen, nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG grundsätzlich am gesetzlichen Auffangwert. Die mit dem Grundverwaltungsakt verbundene Zwangsgeldandrohung wirkt nach Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht streitwerterhöhend. Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich für die Hauptsache ergebende Wert nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.

Lukas Jozefaciuk