VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.11.2015 - 20 K 7183/14
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. -O. wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der 0000 in B. , Syrien, geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger und stellte bei dem Beklagten am 26. März 2013 einen Antrag auf allgemeine Beeidigung als Dolmetscher für die Sprachen Deutsch/Arabisch und auf Ermächtigung als Übersetzer zur Bescheinigung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Übersetzungen.
Den im Laufe des Antragsverfahren eingereichten Unterlagen, insbesondere einem handgeschriebenen, ausformuliertem Lebenslauf, ist zu entnehmen, dass der Kläger im Sommersemester 1965 einen Deutschkurs an der D. -B1. Universität zu L. besucht und dort Sprachkompetenzen in der deutschen Sprache erlangt hatte. Anschließend schloss er 1971 ein Studium der Geologie an der D. -B1. Universität zu L. mit dem Hauptdiplom ab und erlangte im Jahr 1975 mit einer deutschsprachigen Arbeit den Grad der Doktorwürde. Im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war er anschließend als Gutachter für die Beurteilung deutscher Doktoranden tätig und publizierte wissenschaftliche Arbeiten unter anderem auch in deutscher Sprache. Im Jahr 1995 erhielt der Kläger seine Zulassung als staatlich vereidigter Übersetzer für die Sprachen Arabisch/Deutsch in der Arabischen Republik Syrien.
Unter dem 30. Mai 2014 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass über seinen Antrag nicht entschieden werden könne, da noch ein Nachweis über die sichere Kenntnis der deutschen Rechtssprache fehle. Als Nachweis geeignet seien qualifizierte Zeugnisse oder Bescheinigungen über den erfolgreichen Abschluss eines entsprechenden Kurses. Hierauf übersandte der Kläger ein Schreiben von Prof. Dr. I. T. , Direktor der Abteilung Pharmazeutische Technologien und Biopharmazie des Pharmazeutischen Instituts der Universität L. , in welchem dieser mitteilte, dass er die Deutschkenntnisse des Klägers für ausreichend halte, insbesondere die Verständigung über verschiedenste Sachverhalte auch komplexerer Art möglich seien und der wissenschaftliche Austausch zwischen ihm und dem Kläger stets in deutscher Sprache stattfinde.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ungeachtet der vom Kläger übersandten Unterlagen der für die Bescheidung seines Antrags erforderliche Nachweis über die sichere Kenntnis der deutschen Rechtssprache weiterhin fehle. Zudem wies er den Kläger darauf hin, dass er beabsichtige, den Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen, sofern nicht bis zum 30. September 2014 der erforderliche Nachweis vorgelegt werde.
Nachdem die von dem Beklagten gesetzte Frist abgelaufen war, ohne dass der Kläger weitere Unterlagen eingereicht hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. September 2014, zugestellt am 4. Oktober 2014, den Antrag auf allgemeine Beeidigung als Dolmetscher und Ermächtigung als Übersetzer mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht über die nach § 35 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW erforderliche fachliche Eignung verfüge. Es liege kein Nachweis über sichere Kenntnisse der deutschen Rechtssprache vor. Zudem setzte er eine Gebühr in Höhe von 50,- Euro fest.
Hiergegen hat der Kläger am 3. November 2014 Klage erhoben und Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Zur Begründung des Prozesskostenhilfeantrags trägt er vor, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen könne und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheine. Er sei fachlich geeignet. Einen Nachweis über sichere Kenntnisse der deutschen Rechtssprache habe er durch Vorlage des handgeschriebenen, ausformulierten Lebenslaufs erbracht. Dass ein solcher als Nachweis ausreiche, habe eine Mitarbeiterin des Beklagten einer Mitarbeiterin der D. -B1. Universität zu L. , an welche sich der Kläger zwecks Sprachnachweises gewandt hatte, telefonisch mitgeteilt. Dass der Kläger über fundierte Kenntnisse der deutschen Rechtssprache verfüge, folge zudem auch daraus, dass er im Rahmen der Prüfung zur Zulassung als Übersetzer in Syrien Übersetzungen zu juristischen Fragestellungen, insbesondere auf dem Gebiet des Überseerechts und Frachtrechts habe anfertigen müssen und er als Übersetzer vor Gerichten aller Instanzen in Syrien aufgetreten sei. Derzeit übersetze er ehrenamtlich für syrische Asylbewerber bei Ausländerbehörden, Jobcentern, der AOK und Familienkasse, bei der Caritas, Diakonie und Polizeibehörden. Zudem sei er als Lehrer im Fach Deutsch für arabische Neuankömmlinge tätig.
Der Kläger beantragt,
ihm für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. -O. aus X. als Prozessbevollmächtigte zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, dass der Nachweis sicherer Kenntnisse der deutschen Rechtssprache die erfolgreiche Teilnahme an einem speziellen Kurs erfordere. Dass eine Mitarbeiterin des Beklagten einer Mitarbeiterin der D. -B1. Universität zu L. etwas anderes mitgeteilt habe, werde bestritten und sei im Übrigen auch völlig unerheblich, weil auch dem Lebenslauf des Klägers nicht entnommen werden könne, dass dieser über fundierte Kenntnisse der deutschen Rechtssprache verfüge. Sein deutsches Hochschulstudium sowie die wissenschaftliche Betätigung des Klägers beschränkten sich auf den Fachbereich der Geologie und dienten damit lediglich als Nachweis darüber, dass der Kläger über allgemeine Deutschkenntnisse verfüge. Auch aus der Tatsache, dass der Kläger in Syrien als Übersetzer zugelassen worden sei, ließen sich keine Rückschlüsse auf seine Kenntnisse in der deutschen Rechtssprache herleiten. Gleiches gelte für seine derzeitige Tätigkeit als ehrenamtlicher Übersetzer für Asylbewerber. Schließlich seien auch die vom Kläger nach eigenen Angaben im Rahmen seiner Übersetzertätigkeit in Syrien angefertigten Arbeiten nicht als Nachweis der sicheren Kenntnis der deutschen Rechtssprache geeignet, weil sie nicht auf ihre Korrektheit überprüft werden können. Allein die Tatsache, dass rechtssprachliche Begriffe verwendet wurden, genüge nicht.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
Prozesskostenhilfe ist zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint, § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), §§ 114, 121 Zivilprozessordnung (ZPO). Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht hiernach nicht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
Zu Letzterem Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 -, juris Rn. 26 (= BVerfGE 81, 347-362).
Nach diesem Maßstab war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hier abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung des Klägers nicht die erforderlichen Erfolgsaussichten bietet. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand spricht Überwiegendes dafür, dass der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 30. September 2014 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht weder ein Anspruch, als Dolmetscher für die arabische Sprache allgemein beeidigt und als Übersetzer für die arabische Sprache ermächtigt zu werden, noch ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet.
Rechtsgrundlage der Ermächtigung von Übersetzerinnen und Übersetzern sind die §§ 33 ff. des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen - JustG NRW). Gemäß § 33 Abs. 1 JustG NRW werden für das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalens Dolmetscherinnen oder Dolmetscher zur mündlichen und schriftlichen Sprachübertragung für gerichtliche und staatsanwaltliche Zwecke allgemein beeidigt (§ 189 GVG) und Übersetzerinnen oder Übersetzer zur Bescheinigung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Übersetzungen ermächtigt (§ 142 Abs. 3 ZPO).
Abweichend vom Gesetzeswortlaut wird im Folgenden zur Erleichterung der Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet; gemeint sind damit aber stets männliche und weibliche Personen.
Die Voraussetzungen für eine solche Ermächtigung ergeben sich aus § 35 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW. Danach kann auf Antrag als Dolmetscher allgemein beeidigt sowie als Übersetzer zur Bescheinigung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Übersetzungen ermächtigt werden, wer persönlich und fachlich geeignet ist.
Der Kläger hat einen Antrag bei der nach § 40 Abs. 1 Halbsatz 1 JustG NRW zuständigen Präsidentin des Oberlandesgerichts E. , in deren Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz hat, gestellt.
Die - unstreitige - persönliche Eignung des Klägers steht außer Frage.
Die fachliche Eignung setzt zum einen gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 1 JustG NRW allgemeine Sprachkenntnisse voraus, mit denen der Antragsteller in der Regel praktisch alles, was er hört oder liest, mühelos verstehen, sich spontan, sehr flüssig und genau ausdrücken und auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen kann, sowohl in der deutschen als auch in der fremden Sprache. Die Anforderungen an die allgemeinen Sprachkenntnisse entsprechen damit der Stufe C2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) des Europarates.
Siehe zur fast wortgleichen Beschreibung der Anforderungen an die Sprachniveaustufe C2 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen die Übersicht des GER, abrufbar unter: http://www.europaeischerreferenzrahmen.de/.
Eine Abweichung um eine Stufe nach unten (C1) soll ausnahmsweise bei seltenen Sprachen, für die im Einzelfall ein Bedürfnis nach einer allgemein beeidigten Dolmetscherin oder einem allgemein beeidigten Dolmetscher besteht, möglich sein.
Vgl. zu § 5 des Gesetzes über Dolmetscher und Übersetzer sowie zur Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 2008 (GV.NRW.2008 S. 128), der wortgleich in § 35 JustG NRW übernommen worden ist: BT-Drs. 14/5199, S. 21.
Die fachliche Eignung erfordert zum anderen sichere Kenntnisse der deutschen Rechtssprache (§ 35 Abs. 3 Nr. 2 JustG NRW). Diese Voraussetzung, welche der Landesgesetzgeber als besonders wichtig eingestuft hat,
vgl. BT-Drs. 14/5199, S. 21,
erfasst über die allgemeinen Sprachkenntnisse hinaus fundierte Kenntnisse der deutschen Rechtssprache, insbesondere auf den Gebieten des Zivil-, Straf- und Verwaltungsrechts einschließlich des jeweiligen Verfahrensrechts.
Vgl. die Hinweise zur Allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung von Sprachmittlern in Nordrhein-Westfalen. Stand: 1. September 2014, S. 6, abrufbar unter:https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/anschriften/dolmetscher__u_uebersetzer/hinweise/hinweise_all_beeidigung.pdf.
Die fachliche Eignung hat der Antragsteller durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen, welche auch eine Beurteilung von sprachmittlerischen Kenntnissen und Fähigkeiten ermöglichen (§ 35 Abs. 4 JustG NRW). Welche Unterlagen im Einzelfall nachweisgeeignet sind, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht näher entnehmen, sondern ist durch Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien zu ermitteln. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Überprüfung der sprachlichen Fähigkeiten letztlich der Sicherstellung einer gleichbleibenden hohen Qualität der in der Justiz erfolgenden Dolmetscher- und Übersetzerleistungen und damit auch der Wahrung des Justizgewährleistungsanspruchs (Art. 19 Abs. 4 GG), der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) und der Gewährleistung eines fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 3 EMRK) dient.
Vgl. BT-Drs. 14/5199, S. 17, 21; VG Minden, Urteil vom 20. Februar 2013 - 7 K 2280/11 -, juris Rn. 25.
Mit der Aufnahme in das Dolmetscher- und Übersetzerverzeichnis unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen erfolgt eine antizipierte Qualifikationsfeststellung,
wobei der Landesgesetzgeber bewusst darauf verzichtet hat, ein Prüfungsverfahren mit Prüfungsordnung für die Feststellung der fachlichen Eignung vorzusehen. Ziel war es, die materielle Prüfung möglichst einfach und den Besonderheiten des Einzelfalls anpassen zu können.
Wenngleich damit nicht nur Unterlagen bestimmter Stellen oder Personen oder nur Unterlagen eines bestimmten Inhalts als nachweisgeeignete Unterlagen im Sinne des § 35 Abs. 4 JustG NRW in Betracht kommen, sondern eine flexible Nachweisführung möglich sein soll,
vgl. BT-Drs. 14/5199, S. 22; VG Minden, Urteil vom 20. Februar 2013 - 7 K 2280/11 -, juris Rn. 27,
legt der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsunterlagen erkennbar besonderen Wert darauf, dass die Sprachkenntnisse - soweit möglich - von einer staatlichen oder zumindest staatlich anerkannten Stelle überprüft bzw. bestätigt wurden.
Nachweisgeeignet sind danach insbesondere Zeugnisse von Hochschulen, Fremdspracheninstituten etc., also Unterlagen aus einer neutralen, unabhängigen und zuverlässigen Quelle.
BT-Drs. 14/5199, S. 18; siehe hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2012 - 20 K 1289/11 -, n.V., amtl. Abdr. S. 12.
Rechtssprachkenntnisse können etwa durch den erfolgreichen Abschluss eines entsprechenden Kurses, welcher unter anderem von den Interessenvertretungen der Dolmetscher und Übersetzer angeboten werden, nachgewiesen werden. In einem solchen Kurs werden die Grundlagen des deutschen Rechts (Rechtssystematik, Bürgerliches Recht [AT], Schuld- und Sachenrecht, Familienrecht, Zivilprozessrecht, Rechtsmittel, Handelsrecht, allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht, Strafrecht, Strafverfahren, Haftrecht, Verkehrsrecht) vermittelt und die Besonderheiten des deutschen Rechtswesens, terminologische Bedeutungsunterschiede und spezielle Fachbegriffe erläutert.
Vgl. BT-Drs. 14/5199, S. 21 f. Es besteht die Möglichkeit, etwa durch die Teilnahme an der "Summer School Rechtssprache" des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) - Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. und Bestehen der anschließenden Prüfung einen Qualifikationsnachweis zu erlangen (1.470,- Euro für Nichtmitglieder). Siehe hierzu das Seminarheft des BDÜ,abrufbar unter: http://www.bduenrw.de/fileadmin/bdue/Downloads/Seminarhefte/BDUe-NRW_Seminarprogramm_2015_online.pdf, S. 32 f. Ebenso bietet ATICOM - Fachverband der Berufsübersetzer und Berufsdolmetscher e.V. in Kooperation mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) die Abnahme der zum Nachweis von Kenntnissen der deutschen Rechtssprache erforderlichen Prüfung an (560,- Euro für Nichtmitglieder), siehe http://aticom.de/aktuelletermine/deutscherechtssprache-20150418/.
Nur ausnahmsweise soll der Nachweis - jedenfalls allgemeiner Sprachkenntnisse - auch durch einen detaillierten und belegten Lebenslauf geführt werden können.
Mit Blick auf die besondere Bedeutung der sicheren Kenntnisse der Rechtssprache für die Sprachmittlung vor Gericht muss aus den Unterlagen in jedem Fall sicher hervorgehen, dass der Antragsteller in der Lage ist, rechtliche Begriffe aus den verschiedenen Bereichen gerichtlicher Verfahren richtig zu verstehen und zutreffend zu übertragen.
Hinweise zur Allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung von Sprachmittlern in Nordrhein-Westfalen. Stand: 1. September 2014, S. 6, abrufbar unter:https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/anschriften/dolmetscher__u_uebersetzer/hinweise/hinweise_all_beeidigung.pdf.
Nach Sinn und Zweck der Regelung regelmäßig nicht als Nachweis geeignet sind Übersetzungsproben und Referenzen. Übersetzungsproben kommt ohne eine sachverständige Untersuchung zu der Frage, ob die notwendigen Sprachkenntnisse im Einzelfall vorliegen, keine eigenständige Aussagekraft zu. Die Darlegungslast wiederum liegt aber beim Antragsteller (§ 35 Abs. 4 JustG NRW). Es ist gerade nicht Aufgabe des für die Dolmetscherbeeidigung zuständigen Oberlandesgerichts, die Qualität der Übersetzungsleistung des Antragstellers anhand von Arbeitsproben zu überprüfen.
Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2012 - 20 K 1289/11 -, n.V., amtl. Abdr. S. 13. Siehe hierzu auch die Hinweise zur Allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung von Sprachmittlern in Nordrhein-Westfalen. Stand: 1. September 2014, S. 6, abrufbar unter:https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/anschriften/dolmetscher__u_uebersetzer/hinweise/hinweise_all_beeidigung.pdf.
Auch Referenzen von Dritten zu den Sprachkenntnissen des Antragstellers sind nur ausnahmsweise geeignet, einen Nachweis über Kenntnisse der deutschen Rechtssprache zu erbringen, weil es den Verfassern regelmäßig an Objektivität, Neutralität und Sachkenntnis fehlt.
Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger einen Nachweis über seine fachliche Eignung im Sinne des § 35 Abs. 1 JustG NRW bislang nicht erbracht.
Dabei steht nicht in Streit, dass der Kläger über hinreichende allgemeine Sprachkenntnisse der deutschen und arabischen Sprache im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 1 JustG NRW verfügt.
Der Kläger hat bislang hingegen nicht dargelegt, dass er auch sichere Kenntnisse der deutschen Rechtssprache hat. Ein Qualifikationsnachweis, etwa durch erfolgreiche Teilnahme an einem entsprechenden Kurs, liegt nicht vor. An einem sonstigen neutralen, unabhängigen und zuverlässigen Nachweis, der die Teilnahme an einem solchen Kurs entbehrlich machen würde, fehlt es.
Rückschlüsse darauf, dass die Rechtssprachkenntnisse des Klägers den hohen Anforderungen des § 35 Abs. 1, 3 Nr. 2 JustG NRW genügen, lassen sich nicht aus dem Lebenslauf des Klägers ziehen. Der Kläger hat zwar den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Nr. 1 JustG NRW genügende allgemeine Sprachkenntnisse vorwiegend durch das Studium im Fachbereich der Geologie erlangt und im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit weiter ausgebaut. Aufgrund dessen hat der Beklagte nachvollziehbarer Weise davon abgesehen, neben dem handschriftlichen, ausformulierten Lebenslauf einen weiteren Nachweis allgemeiner Sprachkompetenzen zu fordern. Hieraus folgt jedoch nicht ohne Weiteres, dass der Kläger auch besondere Kompetenzen im Bereich der deutschen Rechtssprache aufweist. Aus der gesetzlichen Differenzierung in § 35 Abs. 3 JustG NRW wird gerade deutlich, dass allein "aufgrund annähernd muttersprachlicher Kenntnisse" im täglichen Sprachgebrauch (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 JustG NRW)
so die Umschreibung der Sprachniveaustufe C2 nach GER, abrufbar unter: http://www.europaeischerreferenzrahmen.de/
ein Rückschluss auf sichere Rechtssprachkenntnisse im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 2 JustG NRW nicht zwingend ist, es vielmehr eines darüber hinausgehenden Nachweises bedarf.
Auch die Urkunde über die Zulassung zum staatlich vereidigten Übersetzer der Sprachen Deutsch/Arabisch in Syrien genügt den Anforderungen an einen substantiierten Nachweis rechtssprachlicher Kenntnisse nicht. Denn aus dem Zeugnis geht nicht hervor, ob die Anforderungen, welche an den Kläger in Syrien als Übersetzer gestellt worden sind, dem in § 35 Abs. 3 Nr. 2 JustG NRW vorgesehenen hohen Niveau ("sichere" Rechtssprachkenntnisse) entsprechen. Die bloße Behauptung, im Rahmen der Prüfung zum staatlich vereidigten Übersetzer, welche inzwischen zwanzig Jahre in der Vergangenheit liegt, auch juristische Fragestellungen zum Überseerecht und zu Frachtordnungen übersetzt zu haben, lässt Rückschlüsse auf die Rechtssprachkenntnisse des Klägers zum heutigen Zeitpunkt nicht zu.
Gleiches gilt für die vom Kläger eingereichten Arbeitsproben. Sie sind als Nachweis bereits deshalb ungeeignet, weil sich die Richtigkeit der Übersetzung mangels Originals nicht überprüfen lässt. Die Arbeiten haben isoliert zudem keinen Aussagewert darüber, ob beim Antragsteller die notwendigen Sprachkenntnisse vorliegen. Es bedürfte eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, welche Qualität die Übersetzungen aufweisen. Wie bereits dargelegt ist es aber gerade nicht Aufgabe des für die Dolmetscherbeeidigung zuständigen Oberlandesgerichts - bzw. des erkennenden Gerichts im verwaltungsgerichtlichen Verfahren -, die Qualität der Übersetzungsleistung des Antragstellers anhand von Arbeitsproben zu überprüfen. Den Nachweis hat vielmehr der Kläger selbst beizubringen.
Auch das Empfehlungsschreiben des Prof. Dr. I1. T. vom 12. Juni 2014 ist nicht als Nachweis sicherer Kenntnisse der deutschen Rechtssprache geeignet, sondern vermag allenfalls Auskunft über die allgemeinen Sprachkenntnisse des Klägers zu geben. Zu der hier relevanten Frage, ob der Kläger fundierte Kenntnisse der deutschen Rechtssprache vorweisen kann, verhält sich das Schreiben nicht. Ungeachtet dessen fehlt es dem Aussteller zum einen an der notwendigen Neutralität und Unabhängigkeit, zum anderen ist er zur Beurteilung von Rechtssprachkenntnissen - soweit ersichtlich - fachlich nicht qualifiziert.
Schließlich lässt auch die bislang nicht näher dargelegte Behauptung, der Kläger sei als Übersetzer für Asylbewerber ehrenamtlich tätig, nicht den Rückschluss zu, der Kläger verfüge über sichere Rechtssprachkenntnisse. Weder sind Art und Umfang seiner Tätigkeit substantiiert dargelegt, noch ist erkennbar, welche Qualität die Übersetzungen haben und ob das erforderliche hohe Sprachniveau auch in rechtlichen Fragstellungen erreicht wird.
Nach alledem bedarf es keiner weiteren Aufklärung, ob eine Mitarbeiterin des Beklagten gegenüber einer Mitarbeiterin der D. -B1. Universität zu L. fernmündlich mitgeteilt hat, dass zum Nachweis sicherer Rechtssprachkenntnisse die Vorlage eines Lebenslaufs genügen würde.