VG Berlin, Beschluss vom 08.12.2015 - 1 L 376.15
Tenor
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Beseitigungs- und Unterlassungsanordnung betreffend die von ihm ohne Erlaubnis auf öffentlichem Straßenland aufgestellten Altkleidercontainer im Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin.
Der Antragsteller betreibt das Unternehmen B..., welches Altkleider sammelt und verwertet. Zu diesem Zweck stellt er im Land Berlin Altkleidercontainer sowohl auf privaten als auch auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen auf. Der Antragsgegner hat mit Beschluss des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg von Berlin vom 29. September 2009 (Drucksache – 1104/XVIII) aus städtebaulichen Gründen – Verhinderung der Vermüllung und Verunstaltung des Bezirks – beschlossen, keine Altkleidercontainer auf öffentlichem Straßenland mehr zu genehmigen und illegal aufgestellte Container möglichst schnell zu entfernen.
Im März 2015 erließ der Antragsgegner Beseitigungsverfügungen für Altkleidercontainer des Klägers an elf verschiedenen, konkret bezeichneten Standorten auf öffentlichem Straßenland. Zugleich forderte der Antragsgegner ihn auf, auch alle weiteren auf öffentlichem Straßenland aufgestellten Kleidercontainer zu entfernen und setzte hierfür eine zweiwöchige Frist. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Bescheide des Antragsgegners vom 19. März 2015 verwiesen. Der Antragsteller erhob am 8. April 2015 gegen diese Beseitigungsverfügungen Widerspruch, kam ihnen im Laufe des Widerspruchsverfahrens jedoch größtenteils durch Beräumung und Umsetzung der konkret streitgegenständlichen Container nach. In einem Fall erging ein ablehnender Widerspruchsbescheid. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einstellungsbenachrichtigungen des Antragsgegners vom 27. Mai und 1. Juli 2015 sowie auf den Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2015 Bezug genommen.
Am 19. Oktober 2015 stellte der Antragsgegner – wie bereits zuvor am 16. Dezember 2013 und 13. April 2014 – einen weiteren Container des Antragstellers ohne Genehmigung in der G... fest.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2015, zugestellt am 22. Oktober 2015, forderte der Antragsgegner den Antragsteller unter Ziffer 1. erneut auf, sämtliche ohne Erlaubnis aufgestellten Altkleidersammelbehälter im Bezirk Tempelhof-Schöneberg auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb von einer Woche nach Zustellung des Bescheides zu beseitigen. Ferner forderte der Antragsgegner den Antragsteller unter Ziffer 2. auf, unerlaubte Sondernutzungen durch das Aufstellen von Sammelcontainern auf öffentlichem Straßenland des Bezirks zu unterlassen. Der Antragsgegner drohte dem Antragsteller für den Fall der Nichtbeachtung der Beseitigungsverfügung unter Ziffer 3. eine Ersatzvornahme und für den Fall des Verstoßes gegen die Unterlassungsverfügung unter Ziffer 4. ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro je unerlaubt festgestelltem Container an. Darüber hinaus ordnete er die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Die Sach- und Rechtslage sei bereits mit Schreiben vom 19. März 2015 eingehend erläutert worden. An die damit verbundene Aufforderung, sämtliche Altkleidercontainer zu entfernen, habe sich der Antragsteller nicht gehalten. Die neuerliche Verfügung der Beräumung und Aufforderung der künftigen Unterlassung seien geeignete und angemessene Maßnahmen zur dauerhaften Beendigung der unerlaubten Sondernutzungen und zur Vermeidung neuer rechtswidriger Sachverhalte. Insbesondere hätten sich auf bestimmte Standorte bezogene Beseitigungsverfügungen in der Praxis als nicht geeignet erwiesen, um die ausufernden Missstände zu beheben. Es käme immer wieder zu Verschiebungen von Altkleidercontainern von einem Standort auf einen anderen. Anwohnerbeschwerden häuften sich.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Mit dem am 28. Oktober 2015 bei Gericht eingegangen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wendet sich der Antragsteller weiter gegen den Bescheid. Zur Begründung trägt er vor, die Beseitigungsverfügung sei zu unbestimmt, da es an der konkreten Benennung sämtlicher Standorte der zu entfernenden Altkleidercontainer fehle. Der Altkleidercontainer in der G... sei zwischenzeitlich beseitigt worden. Die im Übrigen unzureichende Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts durch den Antragsgegner ziehe eine fehlerhafte Ermessensausübung nach sich. Der Antragsteller weist darauf hin, dass er seine Altkleidercontainer ohnehin „weitestgehend“ auf Privatland aufstelle und diese Container sehe er nicht als von der Abräumverfügung umfasst an. Zudem stelle die Aufstellung von Altkleidercontainern auf privaten Grundstücken ohnehin nur in besonderen Fällen eine Sondernutzung dar. Die unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch den Antragsteller führe – entgegen den gesetzlichen Vorgaben – dazu, dass die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsverfügung bezogen auf den konkreten Standort erst im Rahmen der Rechtsbehelfsverfahren gegen Vollstreckungsmaßnahmen geklärt würde. Überdies sei die materielle Illegalität der Altkleidercontainer einzelfallbezogen zu prüfen. Denn der Beschluss des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg vom 29. September 2009, auf den sich der Antragsgegner als Ablehnungsgrund berufe, sei gesetzes- und verfassungswidrig. Zum einen forderten die in Betracht kommenden straßenverkehrsrechtlichen und straßenrechtlichen eine auf den konkreten Standort bezogene Einzelfallprüfung. Zum anderen genüge der Bezirksamtsbeschluss nicht dem in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG vorgesehenen Rechtssatzvorbehalt. Es stelle sich die Frage, was das Antragserfordernis für eine Sondernutzung eigentlich bezwecke, wenn der Antragsgegner ohnehin keine Erlaubnisse für die Aufstellung von Altkleidercontainern erteile. Für die Unterlassungsanordnung fehle es an einer Rechtsgrundlage; der Antragsgegner sei auf die Möglichkeit des repressiven Einschreitens zu verweisen. Die polizeiliche Generalklausel gestatte die ergangene Unterlassungsanordnung nicht, denn es fehle an einer konkreten Gefahr.
Er beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Beseitigungs- und Unterlassungsverfügung vom 21. Oktober 2015 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen.
Er verteidigt die Rechtmäßigkeit des Bescheides; er sei insbesondere hinreichend bestimmt. Für den Antragsteller sei unzweideutig erkennbar, was er zu tun bzw. zu unterlassen habe. Soweit er die Lage seiner Container auf öffentlichem Straßenland selbst bestimmen müsse, sei ihm dies – wie er in der Vergangenheit selbst mitgeteilt habe – unter Zuhilfenahme des Liegenschaftskatasters ohne Weiteres möglich. Angesichts der Genehmigungsbedürftigkeit der Aufstellung von Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland, sei der Antragsteller zu einer entsprechenden Prüfung ohnehin verpflichtet. Die Regelung einer Verwaltungspraxis durch Bezirksamtsbeschluss sei rechtlich unbedenklich. Überdies komme es darauf nicht an, da die formelle Illegalität der Container für die Verfügung ihrer Beseitigung ausreiche. Die Frage der Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Sondernutzung sei nur dann von Belang, wenn durch die Beseitigung ein erheblicher Substanzverlust drohe, die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich sei und der formellen Illegalität ohne Weiteres durch eine Erlaubniserteilung abgeholfen werden könne. Dies setze wenigstens einen entsprechenden Erlaubnisantrag voraus. Die Behauptung des Antragstellers, dass er seine Sammelcontainer nur in geringem Umfang auf öffentlichem Straßenland aufstelle, treffe nicht zu. Der Antragsgegner habe zuletzt 30 ohne Erlaubnis auf einzelnen Straßen im Bezugsgebiet aufgestellte Container bemerkt. Mit Schriftsatz vom 24. November 2015 übermittelte der Antragsgegner seinen Prüfbericht vom 20. November 2015, wonach der streitgegenständliche Altkleidercontainer in der G...am 19. November 2015 noch nicht entfernt gewesen sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Streitakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen.
II.
Der nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Denn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Beseitigungs- und Unterlassungsverfügung überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers, von den Folgen des Bescheids vorläufig verschont zu werden. Nach der hier allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweisen sich sowohl die für sofort vollziehbar erklärte Beseitigungsaufforderung nebst Androhung der Ersatzvornahme (1.) als auch die ebenfalls sofort vollziehbare Unterlassungsverfügung nebst Zwangsgeldandrohung (2.) als offensichtlich rechtmäßig.
1. Ermächtigungsgrundlage für die Beseitigungsaufforderung ist § 14 Abs. 1 des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG).
16Die Aufforderung ist in formell rechtmäßiger Weise ergangen. Die in Ziffer 1. des Bescheides Antragsgegners vom 21. Oktober 2015 enthaltene Anordnung ist nicht zu unbestimmt (zu vgl b. Verf.: OVG Bautzen, Beschluss vom 25. März 2013 – 1 B 300/13 –; VG Leipzig, Beschluss vom 21. Januar 2013 – 1 L 542/12 –; VG Mainz, Beschluss vom 12. März 2014 – 6 L 123/14.MZ –; VG Saarlouis, Urteil vom 10. September 2014 – 6 K 475/14 –; OVG Münster, Beschluss vom 17. Dezember 2012 – 11 B 1330/12 –, sämtl. in juris). Eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit im Sinne von § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i. V. m. § 1 Abs.1 VwVfG Bln setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann. Dabei reicht es aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 7 VR 10.12 –, juris; BVerwG, Urteil vom 03. Dezember 2003 – 6 C 20/02 –, BVerwGE 119, 282 ff. m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die Beseitigungsverfügung gerecht.
17Zunächst bezieht sich die in Ziffer 1. des Bescheides ausgesprochene Beseitigungsaufforderung unstreitig ausschließlich auf Container, die ohne Erlaubnis auf öffentlichem Straßenland aufgestellt wurden. Unerheblich sind damit die vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der rechtlichen Bewertung von Kleidercontainern auf Privatgrundstücken. Das Aufstellen von gewerblichen Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland begründet grundsätzlich ein Verkehrshindernis und geht über den Gemeingebrauch hinaus, so dass es einer Genehmigung in der Regel nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. 32 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO), jedenfalls aber nach § 11 Abs. 1 BerlStrG bedarf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Dezember 2011 – OVG 1 B 66.10 –, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – OVG 1 S 174.11 –). Ist daher für einen auf öffentlichem Straßenland befindlichen Container des Antragstellers weder eine Sondernutzungserlaubnis noch eine straßenrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt, erfolgte die Aufstellung ohne Erlaubnis und erfüllt die Voraussetzungen von Ziffer 1. Der Antragsgegner weist zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller nicht nur ohne weiteres dazu in der Lage, sondern sogar verpflichtet ist, vorab zu ermitteln, ob die Aufstellung auf öffentlichem Straßenland erfolgt. Wo genau sich die Container befinden, weiß der Antragsteller am besten. Dass unerlaubt aufgestellte Kleidercontainer vorhanden sind, belegen nicht nur die Feststellungen des Antragsgegners, insbesondere zu dem Container an der G..., der Antragsteller bestreitet diese Tatsache auch nicht. Er zieht sich vielmehr auf den rechtlich unhaltbaren Standpunkt zurück, er müsse nur die vom Antragsgegner entdeckten und konkret bezeichneten Exemplare beseitigen.
Die Beseitigungsverfügung ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Nach § 14 Abs. 1 BerlStrG kann die Straßenbaubehörde die Beseitigung von unerlaubten Anlagen im öffentlichen Straßenraum anordnen, wenn eine öffentliche Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird. Der Antragsteller besitzt keine für das Aufstellen von Altkleidercontainern erforderlichen Erlaubnisse (s.o.). Vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner seine Verwaltungspraxis dergestalt ausübt, im Ermessenswege die Erteilung zu versagen, unterlässt der Antragsteller die Beantragung der erforderlichen Genehmigungen.
Die Anordnung, sämtliche unerlaubte Altkleidercontainer zu beseitigen, ist auch ermessensfehlerfrei. Die Aufstellung von Altkleidercontainern durch den Antragsteller erweist sich bei summarischer Prüfung als nicht nur formell, sondern auch materiell rechtswidrig. Die materielle Rechtmäßigkeit des Vorhabens könnte in Bezug auf jeden einzelnen Aufstellungsort nur dann festgestellt werden, wenn der Antragsteller jeweils einen – gebundenen – Anspruch auf Erteilung der benötigten Ausnahmegenehmigung bzw. Sondernutzungserlaubnis hätte (vgl. schon VG Berlin, Beschluss vom 28. September 2011 – VG 1 L 265.11 –, juris). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Annahme einer materiellen Rechtmäßigkeit scheitert vorliegend bereits daran, dass der Antragsteller die Genehmigung der von ihm aufgestellten Kleidercontainer nicht einmal beantragt hat, weil er dies für aussichtslos hält. Den Rechtsweg beschreitet er hierfür nicht.
Überdies steht nach § 46 StVO die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung im Ermessen der zuständigen Behörde. Nichts anderes ergibt sich, sofern im Einzelfall die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 BerlStrG ausreichen sollte. Denn nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BerlStrG soll die Erlaubnis für eine Sondernutzung in der Regel erteilt werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen der Sondernutzung nicht entgegenstehen oder ihnen durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis entsprochen werden kann.
22Das Bezirksamt hat der vom Antragsteller gewünschten Nutzung überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten. Dies begegnet bei summarischer Prüfung keinen rechtlichen Bedenken. Denn das Bezirksamt hat mit dem Bescheid vom 20. Oktober 2015 die Nutzung des öffentlichen Straßenlandes mit der Begründung versagt, dass das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin am 29. September 2009 beschlossen habe, keine Ausnahmegenehmigungen für Altkleidercontainer im öffentlichen Straßenraum des Bezirks zu erteilen. Damit hat er sich auch auf die Begründung des Bezirksamtsbeschlusses bezogen, wonach im Wesentlichen städtebauliche Gründe – Verhinderung der Vermüllung und Verunstaltung des Bezirks – für die Änderung der Verwaltungspraxis ausschlaggebend sind. Die damit geltend gemachten städtebaulichen Belange rechtfertigen die Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses (vgl. VG Berlin, Urteil vom 11. Mai 2010 – VG 1 K 618.09 –; bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Dezember 2011 – OVG 1 B 66.10 –, juris; VG Berlin, Beschluss vom 18. Juli 2012 – VG 1 L 156.12 –, juris).
Sofern der Antragsteller hiergegen einwendet, der Bezirksamtsbeschluss vom 29. September 2009 sei gesetzes- und verfassungswidrig kann dem nicht gefolgt werden. Die Ansicht des Antragstellers § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO und § 11 Abs. 2 Satz 1 BerlStrG verlangten stets eine auf den konkreten Standort bezogene Einzelfallentscheidung, ob und ggfs. welche öffentlichen Interessen entgegenstehen, trifft nicht zu. Vielmehr handelt es sich in der Sache um eine ermessenslenkende Vorgabe für die Verwaltung, an die sie in vergleichbaren Fällen gebunden ist. Solche internen Richtlinien sind grundsätzlich mit der Ermächtigung einer Behörde, nach Ermessen zu entscheiden, vereinbar, wenn sie sich – wie hier – am Zweck der Ermächtigung orientieren und sachgerecht sind (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 114 Rn. 10 a). Das Bezirksamt hat sich durch diesen Beschluss auf eine einheitliche und gleichmäßige Verwaltungspraxis festgelegt, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung trägt. Es hat damit die grundsätzlich in jedem Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung generalisierend dahingehend vorweggenommen, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Stadtbildes das Interesse an der Aufstellung von Altkleidercontainern in der Regel überwiegt und allenfalls in atypischen Ausnahmefällen eine Erteilung der Sondernutzungserlaubnis noch in Betracht kommen dürfte. Dieses Vorgehen ist angesichts des besonderen Gewichts, das den hier betroffenen öffentlichen Belangen zukommt, gerechtfertigt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Dezember 2011 – OVG 1 B 66.10 –, juris). Ein Konflikt mit dem Gesetzesvorbehalt aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes – GG – entsteht nicht, denn die Berufsausübung wird weiterhin durch die gesetzlichen Bestimmungen des Straßen- und Straßenverkehrsrecht geregelt, nicht durch den Bezirksamtsbeschluss. Ebenso wenig zu beanstanden ist, dass der Bezirksamtsbeschluss zwischen Altkleider- und Glascontainern differenziert. Diese Praxis steht insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang, weil die Aufstellung von Glascontainern auf einem Konzept des Senats von Berlin beruht und somit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bezirksamts fällt. Denn der Gleichbehandlungsanspruch besteht nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung zuständigen Träger öffentlicher Gewalt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Dezember 2011 – OVG 1 B 66.10 –, a.a.O.).
Es kann mithin nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Vornahme einer Legalisierungsentscheidung durch die Behörde hat. Dies geht zu seinen Lasten. Das Interesse der Behörde an der Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustandes überwiegt das private wirtschaftliche Interesse des Antragstellers am Verbleib der Container an deren Aufstellungsorten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass deren Beseitigung durch den Antragsteller nach gegebenenfalls doch noch erfolgender Erteilung der benötigten Ausnahmegenehmigungen nicht wieder rückgängig gemacht werden könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er die Altkleidercontainer ohne Weiteres erneut aufstellen könnte. Die für die Befolgung der behördlichen Anordnung gesetzte Frist von einer Woche nach Zustellung des Bescheides ist angemessen und zumutbar.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist ebenfalls rechtmäßig ausgesprochen worden. Das Bezirksamt hat das besondere Vollzugsinteresse bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich schlüssig und hinreichend begründet (§ 80 Abs. 3 VwGO). Die Anordnung verhält sich insbesondere zu der von der rechtswidrigen Containeraufstellung ausgehenden negativen Vorbildfunktion, die schnellstmöglich beseitigt werden müsse. Dies genügt (noch) den formellen Anforderungen an die Begründung.
Schließlich ist auch die Androhung der Ersatzvornahme unter Ziffer 3. nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür ist § 5a des Verwaltungsverfahrensgesetzes Berlin (VwVfG Bln) in Verbindung mit den §§ 6 Abs. 1, 9, 13 Abs. 1 und Abs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG). Gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 VwVG soll die Androhung des Zwangsmittels mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, wenn – wie hier – der sofortige Vollzug angeordnet wird. Der Antragsgegner hat insofern sein Ermessen in der vom Gesetzgeber intendierten Weise fehlerfrei ausgeübt.
2. Die Aufforderung an den Antragsteller, künftig unerlaubte Sondernutzungen durch das Aufstellen von Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland, zu unterlassen, ist ebenso rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Aufforderung an die Antragstellerin ist die polizeiliche Generalklausel des § 17 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG). Voraussetzung für ihre Anwendbarkeit ist, dass es keine spezialgesetzliche Eingriffsermächtigung gibt. Dies ist vorliegend der Fall. Insbesondere bietet § 14 Abs. 1 BerlStrG keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung künftiger Handlungen, denn die Vorschrift setzt nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine bereits eingetretene, unerlaubte Straßenbenutzung tatbestandlich voraus und begründet lediglich die Befugnis für Maßnahmen zur Beendigung bereits eingetretener Störungen. Auch nach dem Sinn und Zweck der straßenrechtlichen Vorschriften gehören atypische Eingriffsmaßnahmen, wie die Untersagung erst drohender unerlaubter Sondernutzungen in öffentlichen Straßen, nicht zu ihrem Regelungsprogramm (vgl. BayVGH, Urteil vom 15. März 2006, – 8 B 03.3360 –; VG Leipzig, Beschluss vom 21. Januar 2013 – 1 L 542/12 –; a.A. VG Saarlouis, Urteil vom 10. September 2014 – 6 K 475/14 –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. März 2014 – 5 S 1775/13 –; OVG Münster, Beschluss vom 17. Dezember 2012 – 11 B 1330/12 –, sämtl. in juris).
Nach § 17 Abs. 1 ASOG können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Dabei ist unter Gefahr eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Geschehensablauf des zu erwartenden Geschehens in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit führt (VG Berlin, Urteil vom 29. August 2013 – 1 K 207.11 – m.w.N. juris.). Die öffentliche Sicherheit umfasst die Rechtsordnung als Ganzes, die Individualrechtsgüter und den Staat und seine Einrichtungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 – juris, Rn. 77). Die erforderliche Feststellung, ob ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist, erfordert eine zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose, d. h. hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2004 – 6 C 21/03 –; OVG Bautzen, Beschluss vom 25. Juni 2009 –1 B 319/09 –, beide in juris).
30Der Antragsgegner hat hier zu Recht eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit angenommen. Ohne die erforderliche Genehmigung aufgestellte Altkleidercontainer verursachen eine abzuwehrende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Es ist auch hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller weiterhin solche Container aufstellen wird. Diese konkrete Befürchtung gründet sich auf sein Verhalten in der Vergangenheit und die sich darin offenbarende ablehnende Einstellung gegenüber der Einhaltung der Rechtsordnung. Es sind bereits in den der Kammer vorliegenden Verwaltungsvorgängen insgesamt zwölf Fälle dokumentiert, in denen der Antragsteller Kleidercontainer ohne die erforderliche Genehmigung auf öffentlichem Straßenland aufgestellt hat. Dabei handelte es sich offenbar nur in zwei Fällen um Container, die ursprünglich auf privatem Grund aufgestellt worden waren und durch entsprechende Umsetzung dorthin zurück verbracht werden konnten (Standorte: F...). Zudem räumt der Antragsteller, u.a. mit Schriftsatz vom 3. November 2015, selbst ein, – wenn auch nach seiner Einschätzung in geringem Umfang – Kleidercontainer auf öffentlichem Straßenland aufzustellen. Dabei belegen die insoweit dokumentierten Fälle wie auch sein Vortrag in dem vorliegenden Eilverfahren anschaulich, dass er es nicht als erforderlich erachtet, diese Container zu legalisieren. Er hält entsprechende Genehmigungsanträge für nicht erfolgversprechend und ignoriert deshalb die bestehenden straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben. Dadurch wird seine straßen(verkehrs)rechtliche Zuverlässigkeit in Frage gestellt und die konkrete Befürchtung geweckt, er werde sich künftig ebenso wenig rechtstreu verhalten und seine behaupteten Ansprüche auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nicht in dem dafür vorgesehenen – ggfs. gerichtlichen – Verfahren verfolgen.
An dieser Prognose ändert auch eine eventuelle Bereitschaft des Antragstellers, im Nachhinein an der Beseitigung des von ihm bewusst verursachten rechtswidrigen Zustandes durch Beräumung entdeckter Container mitzuwirken, nichts.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt auch insoweit den Vorgaben des § 80 Abs. 3 VwGO und ist rechtmäßig ausgesprochen worden (s.o.).
Schließlich ist auch die Androhung des Zwangsgeldes unter Ziffer 4. gemäß §§ 6 Abs. 1, 9, 13 Abs. 1 und Abs. 2 VwVG nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat auch insofern sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere hält sich die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 500,- Euro pro unerlaubt aufgestellten Sammelcontainer im gesetzlichen vorgesehenen Rahmen und erscheint – auch angesichts des nicht unerheblichen wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers an der illegalen Sondernutzung – angemessen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei setzt die Kammer sowohl für die Beseitigungsverfügung als auch für die Unterlassungsanordnung den Auffangstreitwert in Höhe von je 5.000,- Euro fest. Die Summe war gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs jeweils zu halbieren. Der Wert des Verfahrensgegenstandes war danach in Höhe von 5.000,- Euro festzusetzen.