OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2017 - 11 A 1159/15
Der Rückbau einer Gehwegüberfahrt und der damit verbundene Eingriff in den Straßenkörper ist keine Sondernutzung, wenn die Baumaßnahme durch die Behörde durchgeführt wird.
Im Rahmen des § 18 Abs. 3 Satz 1 StrWG NRW reicht grundsätzlich eine faktische Sondernutzung aus.
Grundsätzlich sieht § 16 Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 StrWG NRW einen Anspruch auf die Vergütung von Mehrkosten gegenüber "dem anderen" vor, der die Umgestaltung veranlasst hat. Dabei knüpft die Regelung des § 16 Abs. 2 StrWG NRW wie die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW an den allgemeinen Gedanken des Vorteilsausgleichs an.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks T.------straße 53 in E. . Die rückwärtige Grundstückszufahrt liegt neben dem Grundstück X.----------straße 30. Am 4. April 2012, geändert am 7. Dezember 2012, erteilte die Beklagte der Klägerin eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Bäckerei mit Verwaltung, Versand und Bistro. Nach den Bauvorlagen sollen die im rückwärtigen Grundstücksbereich anzulegenden 24 Stellplätze über die X.----------straße angebunden werden.
Mit E-Mail vom 29. Januar 2014 sprach das mit der Herstellung der Außenanlagen beauftragte Tiefbau-Unternehmen, die Firma L. Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG, bei der Beklagten die nunmehr vorliegende Zufahrtssituation an. Es sei aufgefallen, dass die vorhandene Grundstückszufahrt (im rückwärtigen Grundstücksbereich) nicht mehr mit der geplanten Zufahrt übereinstimme. Insoweit sei auf einer Breite von 6 m eine Absenkung (des Gehwegs) erforderlich.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass im Hinblick auf den seitens des Tiefbau-Unternehmens gestellten Antrag auf Herstellung einer Überfahrt im öffentlichen Verkehrsraum vom 29. Januar 2014 keine Bedenken gegen die Herstellung der Überfahrt bestünden. Die voraussichtlichen Kosten für die Herstellung eines abgesenkten Plattenbelages einschließlich Absenkung der Bordsteine seien in Höhe von etwa 4.300,00 Euro zu erwarten. Zusätzlich sei die vorhandene, künftig nicht mehr erforderliche Zufahrt an der Front X.----------straße zu beseitigen. Die entsprechenden Kosten beliefen sich etwa auf 6.150,00 Euro. Die Kosten für die notwendigen Änderungsarbeiten im öffentlichen Straßenraum seien gemäß § 16 StrWG NRW seitens des Bauherrn zu tragen. Es werde um Überweisung des Gesamtbetrags in Höhe von 10.450,00 Euro gebeten. Nach Eingang des Vorschusses werde der Auftrag zur Ausführung der Arbeiten durch das Amt für Verkehrsmanagement erteilt.
Mit E-Mail vom 7. Februar 2014 teilte der Architekt im Namen der Klägerin der Beklagten mit, dass die Heranziehung zu den Kosten für die Erhöhung der bestehenden abgesenkten Bordsteine nicht nachvollzogen werden könne. Es werde um eine technisch preislich nachvollziehbare Lösung gebeten. Es sei zu bedenken, dass es sich nur um eine etwa 4 m breite Absenkung handele, die laut "Angebot" der Beklagten 10.450,00 Euro kosten solle.
Am 13. Februar 2014 verbuchte die Beklagte den Eingang eines Betrages von 10.450,00 Euro.
Mit Bescheid über die Abrechnung der Arbeiten im öffentlichen Straßenraum vor dem Grundstück "T.------straße 53" vom 15. Mai 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund ihres Bescheides vom 5. Februar 2014 ein Betrag in Höhe von 10.450,00 Euro als Vorschuss zur Durchführung von Änderungsarbeiten gemäß § 16 StrWG NRW gezahlt worden sei. Die Arbeiten seien inzwischen ausgeführt worden. Die entstandenen Kosten beliefen sich nur auf einen Betrag von 8.308,84 Euro. Der zu viel gezahlte Betrag von 2.141,16 Euro werde der Klägerin erstattet.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 12. Juni 2014 Klage erhoben. Die Heranziehung zu den Kosten für den Rückbau der Gehwegabsenkung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 16 StrWG NRW lägen nicht vor. Es seien bereits keine Gründe ersichtlich, weshalb die Herstellung der neuen Überfahrt den Rückbau der alten Überfahrt erforderlich gemacht habe. Es hätten keine verkehrlichen Gründe bestanden, die den Rückbau der alten Überfahrt notwendig gemacht hätten. Vielmehr handele es sich dabei um eine schlichte Maßnahme des Umbaus einer öffentlichen Straße, der vom Begriff des Baus der Straße mitumfasst werde. Hierfür treffe die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW die Kostentragungspflicht. Die Klägerin sei nicht Veranlasserin des Rückbaus der früheren Gehwegüberfahrt. Stattdessen habe sie lediglich die Herstellung der neuen Überfahrt veranlasst. Außerdem sei ein Rückbau nicht erforderlich gewesen. Dies zeige bereits der Umstand, dass es in den vergangenen Jahren, in denen die Überfahrt bestanden habe, nicht im Geringsten zu Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gekommen sei. Der Bescheid vom 5. Februar 2014 sei nicht bestandskräftig, weil es bereits an einer Rechtsbehelfsbelehrung fehle. Fraglich sei auch, ob diesem überhaupt eine Regelung zu den Kosten zu entnehmen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2014 aufzuheben, soweit darin die Kostenpflicht der Klägerin für den Rückbau der vorhandenen Überfahrt festgestellt wird, sowie
2. den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2014 in der Fassung der mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 erfolgten Änderung aufzuheben, soweit darin als Kosten für Arbeiten im öffentlichen Straßenraum vor dem Grundstück T.------straße 53 für die Beseitigung der Zufahrt an der Front X.----------straße ein Betrag von 2.374,70 Euro festgesetzt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ausgeführt: Sie habe die erforderlichen Straßenbauarbeiten bei dem Straßenbauunternehmen in Auftrag gegeben, nachdem sie mit Bescheid vom 5. Februar 2014 eine Vorausleistung für die Neuanlage einer Überfahrt und für den erforderlichen Rückbau der vorhandenen Überfahrt festgesetzt habe. Nach Fertigstellung der Arbeiten sei am 15. Mai 2014 der angefochtene Bescheid über die Abrechnung der Arbeiten im öffentlichen Straßenraum ergangen. Die Klägerin habe ihr den Mehraufwand für den Rückbau der Überfahrt gemäß § 16 Abs. 1 StrWG NRW zu vergüten. Zur Trennung der einzelnen Verkehrsteilnehmer zum Zwecke der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sei es notwendig, dass eine nicht mehr in Anspruch genommene Überfahrt zurückgebaut werde. Denn diese diene nicht mehr dem eigentlichen Zweck der Zufahrt zu dem von der Erschließungsanlage erschlossenen gewerblichen Grundstück. Nach Fertigstellung der neuen Zufahrt habe die frühere Zufahrt nicht mehr dem Zweck, mit Fahrzeugen auf das gewerbliche Grundstück zu gelangen, gedient. Die Klägerin sei Veranlasserin der neuen Zufahrtssituation. Die aufgrund der von ihr vorgelegten Planzeichnung vom 5. September 2011 durch Baugenehmigung genehmigte Zufahrt sei durch die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast straßenbaulich umgebaut worden. Die Klägerin habe durch Beantragung der erteilten Baugenehmigungen die geänderte Zufahrt veranlasst. Die Erstattungspflicht nach § 16 StrWG NRW sei mit dem vorangegangenen Bescheid über die Vorausleistung bestandskräftig festgelegt worden. Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2014 (11 A 1097/12) sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Anlegung einer Grundstückszufahrt durch Gehwegabsenkung um eine über den Anliegergebrauch hinausgehende Sondernutzung handele. Danach erscheine es zulässig, bei Beendigung dieser Sondernutzung auch die Kosten für den Rückbau der nicht mehr benötigten Überfahrt zu fordern. Die Beklagte hat ferner die einzelnen Rechnungspositionen mit Schreiben vom 26. Januar 2015 näher erläutert und dahingehend berichtigt, dass der Rechnungsbetrag für die Straßenbauarbeiten insgesamt 6.175,28 Euro betrage. Der angefochtene Bescheid vom 15. Mai 2014, in dem ein Betrag von 8.308,84 Euro festgesetzt worden war, sei deshalb auf einen Betrag von 6.175,28 Euro zu reduzieren. Die sich daraus ergebende Überzahlung von 2.133,56 Euro werde der Klägerin erstattet. Aus der als Anlage beigefügten Neuberechnung ergebe sich, dass sich die Kosten für den Rückbau der alten, nicht mehr erforderlichen Überfahrt auf 2.374,70 Euro und die Kosten für die Herstellung der neuen Überfahrt auf 3.800,56 Euro beliefen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. November 2014 hat die Beklagte klargestellt, dass es sich bei dem Schreiben vom 5. Februar 2014 um einen Bescheid handele, der eine Regelung zur Kostenpflicht hinsichtlich des Rückbaus der vorhandenen Überfahrt treffe, und nicht um einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass sich die festgesetzten Kosten nicht auf § 16 StrWG NRW stützen ließen. Diese Vorschrift enthalte keine Regelungen für den Rückbau einer nicht mehr genutzten Gehwegüberfahrt. Auch eine andere Rechtsgrundlage komme für die streitige Kostenfestsetzung nicht in Betracht. Insbesondere habe keine Sondernutzung vorgelegen. Auch mit der Herstellung der neuen Gehwegüberfahrt ergebe sich keine Sondernutzung an der Stelle der alten Gehwegüberfahrt.
Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, dass es sich bei der Herstellung der neuen Überfahrt um eine Sondernutzung handele. Sie habe einen Anspruch auf Kostenersatz aus § 18 Abs. 3 StrWG NRW. Die ursprüngliche Zufahrt stelle eine (beendete) Sondernutzung dar, weil bauliche Veränderungen am Bordstein und am Gehweg vorgenommen worden seien. Da die ursprüngliche Zufahrt nicht mehr dem Zweck der Zufahrt diene, nachdem faktisch zwei Zufahrten zum Grundstück bestanden hätten, würden die Grenzen des Anliegergebrauchs überschritten. Die im Sinne von § 18 Abs. 3 StrWG NRW zusätzlichen Kosten seien die Kosten für die Beseitigung der ursprünglichen Zufahrt, weil dieser Zustand eine erlaubnispflichtige, nicht mehr genehmigte Sondernutzung darstelle, so dass die Beseitigung des Zustandes erforderlich gewesen sei. Hier handele es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts um die Anlage einer weiteren Zufahrt. Denn faktisch stelle die ursprüngliche Zufahrt aufgrund der beantragten und genehmigten Herstellung einer Überfahrt eine weitere Zufahrt zum Grundstück dar, solange die ursprüngliche Zufahrt nicht abgebaut werde.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren und nimmt Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend führt sie aus, dass § 18 Abs. 3 StrWG NRW nicht als Rechtsgrundlage für die streitige Kostenfestsetzung herangezogen werden könne, weil die ehemalige Gehwegüberfahrt keine Sondernutzung darstelle. Die ehemalige Zufahrt sei die einzige Zufahrt zum Grundstück gewesen. Die ehemalige Zufahrt sei auch nicht durch Anlegung der neuen Überfahrt zur Sondernutzung geworden. Ein Ersatzanspruch des Straßenbaulastträgers wegen der Aufgabe ehemaligen Anliegergebrauchs sei nicht im nordrheinwestfälischen Straßenrecht geregelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den zum Gegenstand der Beratung des Senates gemachten Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs.
Gründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist auch im Hinblick auf den Klageantrag zu 1., der die Kostenforderung vom 5. Februar 2014 betrifft, die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingehalten. Bei dem Schreiben vom 5. Februar 2014 handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, weil es sich insbesondere um eine an die Klägerin gerichtete verbindliche Regelung im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW über die Kostentragung für den Rückbau der früheren Zufahrt handelt. Dieser feststellende Verwaltungsakt enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung, so dass die Klageerhebung vom 12. Juni 2014 innerhalb der Jahresfrist fristgerecht erfolgt ist (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO).
II. Die Klage ist auch begründet. Sowohl der Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2014 als auch der Bescheid vom 15. Mai 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Feststellung der Kostentragungspflicht für den Rückbau der früheren Zufahrt in dem Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2014 kann weder auf § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative StrWG NRW (dazu a.) noch auf § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW (dazu b.) oder auf § 16 Abs. 2 StrWG NRW (dazu c.) gestützt werden.
a. Zunächst kann § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative StrWG NRW nicht als Rechtsgrundlage für die Feststellung der Kostentragungspflicht für den Rückbau der früheren Zufahrt herangezogen werden. Nach dieser Regelung hat der Erlaubnisnehmer dem Träger der Straßenbaulast auf Verlangen alle Kosten zu ersetzen, die diesem durch die Sondernutzung zusätzlich entstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es handelt sich bei dem Rückbau der früheren Zufahrt nicht um die Beseitigung einer zuvor bestehenden Sondernutzung.
Sondernutzung ist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus - unbeschadet des § 14a Abs. 1 StrWG NRW. Gemeingebrauch ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW der Gebrauch der öffentlichen Straßen im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften. Nach § 14a Abs. 1 StrWG NRW dürfen Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind (Straßenanlieger), innerhalb der geschlossenen Ortslage die an die Grundstücke angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus benutzen, soweit diese Benutzung zur Nutzung des Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift.
Zwar handelt es sich bei der Anlegung einer Zufahrt zu Stellplätzen auf einem Anliegergrundstück durch eine Gehwegabsenkung grundsätzlich um eine straßenrechtlich erlaubnispflichtige Sondernutzung im Sinne des § 18 Abs. 1 StrWG NRW, wenn der Anlieger bauliche Veränderungen am Bordstein und dem Gehweg vornimmt und damit in den Straßenkörper eingreift. Eine derartige Maßnahme wird nicht mehr vom Anliegergebrauch nach § 14a Abs. 1 StrWG NRW erfasst.
Vgl. dazu: OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2014 - 11 A 1097/12 -, NVwZ-RR 2014, 796 (799) = juris, Rn. 72 ff. m. w. N.
Dieser Gedanke könnte wegen des Eingriffs in den Straßenkörper grundsätzlich auf den Rückbau einer Gehwegabsenkung zu übertragen sein, wenn die baulichen Veränderungen durch den Anlieger selbst vorgenommen wurden.
Hier handelt es sich allerdings gerade nicht um eine von der Klägerin durchgeführte oder durchzuführende Baumaßnahme. Stattdessen ist das Straßenbauunternehmen mit den baulichen Maßnahmen (u. a. des Rückbaus der vorhandenen Gehwegabsenkung) von der Beklagten beauftragt worden. In diesen Fällen kommt eine Sondernutzung nicht in Betracht, auch wenn die streitbefangene und von der Beklagten vorgenommene Maßnahme in den Straßenkörper eingreift.
Es liegt auch keine faktische Sondernutzung durch die Klägerin vor. Zwar reicht im Rahmen des § 18 Abs. 3 Satz 1 StrWG NRW grundsätzlich eine faktische Sondernutzung aus. Denn der Umstand, dass nach Aktenlage für die früher angelegte Zufahrt keine Sondernutzungserlaubnis erteilt wurde und dass damit ein Anlieger nicht - gemessen am Wortlaut der Vorschrift - "Erlaubnisnehmer" ist, ist unerheblich. Der Kostenersatz nach § 18 Abs. 3 Satz 1 StrWG NRW wird nicht für die Sondernutzungserlaubnis, sondern für die Tatsache der Sondernutzung geschuldet. Die Kostenersatzpflicht trifft mithin den (faktischen) Sondernutzer.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 1979 - 7 C 22.78 -, BVerwGE 58, 316 ff. (320 f.) = juris, Rn. 20 zu § 8 Abs. 2a Satz 3 FStrG.
Die Klägerin ist nicht faktische Sondernutzerin in diesem Sinne. Sie hat den Rückbau der früheren Gehwegabsenkung nicht veranlasst. Sie hat den Rückbau weder beabsichtigt oder nach eigenem Vortrag überhaupt "gewollt". Die Klägerin hat im Hinblick auf ihre Baugenehmigung lediglich die Anlegung der neuen Zufahrt begehrt. Die Klägerin "nutzt" den Rückbau der früheren Gehwegüberfahrt auch in keiner Form, weil dieser für die Klägerin keinerlei Vorteil bedeutet. Ob der Gehweg abgesenkt bleibt oder zurückgebaut wird, wirkt sich für die Klägerin bzw. für die Nutzung ihres Grundstücks in keiner Form aus. Auch eine Sondernutzung der Klägerin durch die Anlegung der alten Zufahrt liegt nicht vor. Die Klägerin hat die frühere Zufahrt weder angelegt noch deren Herstellung veranlasst. Sie hat die alte Zufahrt auch nicht tatsächlich im Sinne einer faktischen Sondernutzung genutzt.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Einwandes des Vertreters der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass die Klägerin die alte Zufahrt jedenfalls im Rahmen der Umsetzung ihres genehmigten Bauvorhabens bzw. zum Abriss des früheren Gebäudes genutzt habe. Denn bei der Nutzung einer Zufahrt handelt es sich bereits nicht um einen Eingriff in den Straßenkörper, sondern um Anliegergebrauch i. S. d. § 14a StrWG NRW.
Auf die Frage, ob die Anlegung der früheren Zufahrt als Sondernutzung des früheren Grundstückseigentümers einzustufen ist, kommt es hier nicht an.
b. § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW kommt als Rechtsgrundlage für die Feststellung der Kostentragungspflicht für den Rückbau der früheren Zufahrt ebenfalls nicht in Betracht. Danach hat der andere dem Träger der Straßenbaulast die Mehrkosten für den Bau und die Unterhaltung zu vergüten, wenn eine Straße wegen der Art des Gebrauchs durch einen anderen aufwendiger hergestellt oder ausgebaut werden muss, als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht. Dies ist hier nicht der Fall. Der Rückbau der früheren Zufahrt stellt keinen - gegenüber dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis - aufwendigeren Ausbau dar, sondern vielmehr eine Umgestaltung der Straße, und zwar "hin" zu dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis des betreffenden Gehwegabschnitts, nämlich der Nutzung des Gehwegs allein durch Fußgänger.
c. Die Kostentragungspflicht für den Rückbau der früheren, nicht mehr erforderlichen Zufahrt kann auch nicht auf § 16 Abs. 2 StrWG NRW gestützt werden. Danach gilt Absatz 1 der Regelung entsprechend, wenn eine Straße aus anderen Gründen auf Veranlassung eines anderen aufwendiger hergestellt oder ausgebaut wird oder wenn Anlagen errichtet oder umgestaltet werden müssen, ohne dass der Träger der Straßenbaulast in Erfüllung seiner Aufgaben aus der Straßenbaulast oder aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften dazu verpflichtet ist.
Zwar handelt es sich hier um eine Umgestaltung einer Straße aus "anderen Gründen" als die in Absatz 1 vorgesehene Voraussetzung "wegen der Art des Gebrauchs", weil der Rückbau gerade mangels Nutzung durch die Klägerin als Anliegerin erfolgt ist.
§ 16 Abs. 2 StrWG NRW erweitert § 16 Abs. 1 nämlich um die Fälle, in denen eine Maßnahme durchgeführt oder erforderlich wird, ohne dass der andere die Straße zum Verkehr gebraucht.
Vgl. LT-Drs. 9/860, S. 64.
Allerdings ist die Klägerin nicht die richtige Adressatin des Anspruchs auf Mehrkostenvergütung nach § 16 Abs. 2 StrWG NRW.
Grundsätzlich sieht § 16 Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 StrWG NRW einen Anspruch auf die Vergütung von Mehrkosten gegenüber "dem anderen" vor, der die Umgestaltung veranlasst hat. Dies trifft auf die Klägerin nicht zu. Diese hat den Rückbau der früheren Gehwegabsenkung gerade nicht veranlasst, sondern lediglich den Bau der neuen Gehwegüberfahrt im Rahmen des genehmigten Bauvorhabens. Der Rückbau der Gehwegabsenkung wurde durch die fehlende Nutzung durch die Klägerin lediglich mittelbar ausgelöst.
Darin ist aber keine "Veranlassung" im Sinne des § 16 Abs. 2 StrWG NRW zu sehen. Denn die Regelung des § 16 Abs. 2 StrWG NRW knüpft wie die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW an den allgemeinen Gedanken des Vorteilsausgleichs an.
Vgl. zu der dem § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW entsprechenden Vorschrift des Art. 14 Abs. 4 BayStrWG: BayVGH, Urteil vom 23. April 1996 - 8 B 95.877 -, GewArch 1997, 85, = juris, Rn. 17.
"Der andere" im Sinne des § 16 Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 StrWG NRW ist nach dem der Vorschrift zugrundeliegenden Rechtsgedanken des Vorteilsausgleichs grundsätzlich der begünstigte Eigentümer.
Vgl. zu der dem § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW entsprechenden Vorschrift des Art. 14 Abs. 4 BayStrWG: Wiget, in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Kommentar, Stand: Oktober 2015, Art. 14 Rn. 76.
Ausgehend vom Nutzer, kann "der andere" im Sinne der Vorschrift aber nicht nur derjenige sein, der einen entsprechenden Antrag stellt, sondern auch derjenige, der die Vorteile willentlich nutzt.
Hengst/Majcherek, StrWG NRW, Kommentar, Stand: Januar 2016, § 16 Ziff. 2.
Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Klägerin zieht - wie oben unter a. bereits ausgeführt - keinen Vorteil aus dem Rückbau der Gehwegabsenkung.
Anstelle der Klägerin dürfte der frühere Nutzer der "alten Zufahrt" die Umgestaltung veranlasst haben, indem er die Zufahrt zuvor genutzt und damit einen Vorteil aus ihr gezogen hat. Er hat mit Beendigung der Nutzung des fraglichen Grundstücks den Gebrauch aufgegeben und damit die Umgestaltung in Form des Rückbaus der Gehwegüberfahrt i. S. v. § 16 Abs. 2 StrWG NRW veranlasst.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2014 in der Fassung der mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 erfolgten Änderung ist im angefochtenen Umfang, nämlich soweit darin eine Forderung von 2.374,70 Euro festgesetzt wird, ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Auch für die Festsetzung der Forderung von 2.374,70 Euro findet sich keine Rechtsgrundlage. Die Beklagte kann die Festsetzung der Kosten für den Rückbau der früheren Zufahrt in Höhe von 2.374,70 Euro weder auf § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative StrWG NRW noch auf § 16 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW oder auf § 16 Abs. 2 StrWG NRW stützen. Auf die obigen Ausführungen zur Feststellung der entsprechenden Kostentragungspflicht wird verwiesen, weil diese Beurteilungen auch für die Festsetzung einer entsprechenden Forderung, hier in Höhe von 2.374,70 Euro, für den Rückbau der früheren Zufahrt gelten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10 sowie 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.