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Urteile zum Verkehrsrecht

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OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2015 - 7 B 1200/15.NE

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag, mit dem die Antragsteller begehren, den Bebauungsplan " - B -" i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 1.10.2015 außer Vollzug zu setzen, hat keinen Erfolg.

Das Normenkontrollgericht kann gemäß § 47 Abs. 6 VwGO eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Der von den Antragstellern befürchtete Vollzug des Bebauungsplanes stellt mangels hinreichend dargelegter schwerwiegender Beeinträchtigungen rechtlich geschützter Positionen noch keinen schweren Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dar.

Soweit die Antragsteller auf die Gefahren durch den Schwerlastverkehr für die in der geplanten Unterkunft lebenden und für die einheimischen Kinder hinweisen, haben sie eine eigene Betroffenheit im Rechtssinne nicht aufgezeigt. Im Übrigen ist die Antragsgegnerin gehalten, durch geeignete straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der in Rede stehende Verkehr nicht zu den genannten Gefährdungen führt.

Der Einwand, es sei - insbesondere auch nachts - mit ganz erheblichen unzumutbaren Lärmimmissionen zu rechnen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragsteller legen schon nicht dar, welchen konkreten Lärm sie meinen. Soweit es sich um die typischen Lebensäußerungen von Menschen handelt, dürften diese schon nicht geeignet sein, die Schwelle der Zumutbarkeit zu überschreiten. Dass darüber hinausgehende störende Verhaltensweisen die Schwelle eines schweren Nachteils erreichen könnten, ist nicht substantiiert aufgezeigt. Ungeachtet dessen sind Störungen und Beeinträchtigungen, die außerhalb der bestimmungsmäßigen Nutzung einer Einrichtung auftreten, regelmäßig bodenrechtlich nicht relevant; ihnen ist ggf. mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts zu begegnen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.4.2014

- 7 D 100/12.NE -, BRS 82 Nr. 30 = BauR 2014, 1113, m. w. N.

Auch der geltend gemachte Wertverlust begründet keinen schweren Nachteil und stellt grundsätzlich keinen eigenen bodenrechtlich relevanten Gesichtspunkt dar.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.8.1993

- 4 NB 25/93 -, juris.

Entsprechendes gilt für das von den Antragstellern befürchtete Ausbleiben von Patienten.

Auch aus anderen wichtigen Gründen ist der Erlass der einstweiligen Anordnung nicht dringend geboten.

Nach der hier maßgeblichen summarischen Prüfung ist der Bebauungsplan nicht unwirksam. Formelle Fehler des Bebauungsplanes haben die Antragsteller schon nicht dargelegt und sind bei überschlägiger Prüfung auch nicht ersichtlich. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller dürfte der angegriffene Bebauungsplan voraussichtlich auch nicht materiell fehlerhaft sein. Insbesondere kann der Senat bei summarischer Prüfung keinen Verstoß gegen das Abwägungsgebot i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB feststellen.

Hinsichtlich des behaupteten Wertverlustes, der befürchteten rückläufigen Entwicklung der Patientenzahl und des Lärms, der außerhalb einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Flüchtlingsunterkunft entstehen mag, resultiert dies schon aus der jeweils fehlenden Abwägungsrelevanz.

Ein beachtlicher Abwägungsfehler dürfte auch nicht wegen der - mit dem angegriffenen Änderungsplan - nachträglichen Schaffung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB anzunehmen sein. Eine solche Beschränkung lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Gemäß § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Eine Beschränkung der Anwendbarkeit der Regelung auf die Bebauungspläne, bei denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vorschrift die Regelausnahme des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig war, ist nicht enthalten.

Auch die Systematik der Vorschrift begründet keine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 246 Abs. 10 BauGB. Vielmehr würde eine solche Begrenzung dem Sinn und Zweck der Vorschrift, den Kommunen eine kurzfristige Bereitstellung bedarfsgerechter Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge zu ermöglichen, zuwiderlaufen. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus den - von den Antragstellern zur Stützung ihres Standpunkts zitierten - Beiträgen von Battis/Mitschang/Reidt und Scheidler.

Vgl. Battis/Mitschang/Reidt, Das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, NVwZ 2014, 1609; Scheidler, Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 und § 246 Abs. 10 BauGB, BauR 2015, 1414.

Letztlich dürfte entgegen der Meinung der Antragsteller auch kein Fall der Vorabbindung des Rates der Antragsgegnerin anzunehmen sein. Es ist nicht erkennbar, dass der Rat vor der abschließenden Abwägungsentscheidung unzulässigen Bindungen unterlag und damit seinen Abwägungsspielraum nicht in vollem Umfang ausschöpfen konnte. Die Frage der Standortauswahl bindet den Rat nicht hinsichtlich der Entscheidung, ob der Plan geändert werden soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; der Senat legt für das Hauptsacheverfahren einen Betrag von 10.000 Euro zugrunde, der mit Blick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Lukas Jozefaciuk