OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.05.2018 - 15 A 243/17
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.006,93 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die mit dem Zulassungsbegehren vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.). Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich zudem weder besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) noch deren grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
Ernstliche Zweifel sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 2016 - 1 BvR 2453/12 -, juris Rn. 16, mit weiteren Nachweisen.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Beitragsbescheid vom 30. Oktober 2014 in der noch streitbefangenen Höhe von 5.006,93 € gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, das Gelände der Trabrennbahn sei nicht in die Verteilung des umlagefähigen Aufwandes einzubeziehen gewesen. Dieses Grundstück werde nicht durch die U. -F. -Straße erschlossen. Es existiere kein durch Grunddienstbarkeit oder Baulast gesichertes Wegerecht zu Lasten des Flurstücks 452, das die U. -F. -Straße vom Gelände der Trabrennbahn trennt; ein schuldrechtlicher Anspruch auf Benutzung eines Grundstücks reiche nicht aus. Dies gelte auch für den Fall, dass zwischen der F1.-genossenschaft und der Beklagten als Eigentümerin des Geländes der Trabrennbahn als Körperschaften des öffentlichen Rechts auf vertraglicher Grundlage eine Erlaubnis zum Betreten und Befahren des Flurstücks 452 bestehen sollte. Es komme auch keine Beitragspflicht unter dem Gesichtspunkt einer tatsächlich angelegten notwendigen Zufahrt in Betracht, denn das Gelände der Trabrennbahn werde bereits unmittelbar durch die C.----------straße erschlossen. Auch die Einstufung der U. -F. -Straße als Anliegerstraße begegne keinen Bedenken. Aufgrund der Lage im Verkehrsnetz der Beklagten, der Breite der Fahrbahn, der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h und der Rechtsvorlinks-Vorfahrtsregelung stelle die Anlage im hier zu beurteilenden Abschnitt ohne auf sie einmündende Seitenstraßen eine Anliegerstraße dar. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse sich anders darstellten. Gegen einen zahlenmäßig beachtlichen "Umgehungsverkehr" sprächen das beschränkte Straßenraumprofil der dabei zu befahrenden Straßen und die Länge der vom Kläger geschilderten Fahrstrecke von ca. 1300 m.
Die dagegen vom Kläger erhobenen Rügen zeigen ernsthafte Zweifel an der angefochtenen Entscheidung nicht auf.
a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Gelände der Trabrennbahn nicht durch die U. -F. -Straße erschlossen wird. Es hat zutreffend ausgeführt, dass bei einem Hinterliegergrundstück eine Erschließung grundsätzlich eine - hier nicht vorhandene - dingliche Sicherung oder eine Baulastsicherung erfordert. Ein schuldrechtlicher Vertrag über die Einräumung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten stellt keine rechtlich gesicherte Zufahrt dar.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2008 - 15 A 2270/08 -, juris Rn. 5, mit weiteren Nachweisen.
Soweit der Kläger vorträgt, zwischen der Beklagten und der Eigentümerin des Flurstücks 452, der F1.-genossenschaft, könnten öffentlichrechtliche Verträge über ein Wegerecht bestehen, ergibt sich hieraus - die Existenz einer derartigen Vereinbarung und ihr öffentlichrechtlicher Charakter unterstellt - gleichfalls keine Erschließung der betreffenden Flurstücke der Trabrennbahn durch die U. -F. -Straße. Auch ein öffentlichrechtlicher Vertrag würde lediglich schuldrechtliche Verpflichtungen begründen.
Erfolglos bleibt auch der Einwand des Klägers, es sei unzutreffend, dass die Erschließung eines Hinterliegergrundstücks durch eine tatsächlich bestehende Zufahrt nur dann gegeben sei, wenn die Zufahrt notwendig sei. Das Verwaltungsgericht hat insoweit die Rechtsprechung des beschließenden Gerichts herangezogen, nach der eine tatsächlich hergestellte Zufahrt über ein Anliegergrundstück ausreicht, um die Beitragspflicht auszulösen, wenn das Grundstück bebaut und - was hier nicht der Fall ist - nicht anderweitig erschlossen ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2009 - 15 A 1104/09 -, juris Rn. 14.
Grund hierfür ist, dass in der Regel in einem solchen Fall bereits ein Notwegerecht besteht.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2004 - 15 B 747/04 - juris Rn. 6; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2009 - 15 A 1104/09 -, juris Rn. 18.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe führt allein der Umstand, dass die Zuwegung über die U. -F. -Straße nach dem Zulassungsvorbringen jedenfalls zu bestimmten Zeitpunkten tatsächlich genutzt wird, nicht zu einer anderen Bewertung. Sie wird dadurch noch nicht zu einer notwendigen Zufahrt im erschließungsrechtlichen Sinn.
b) Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der U. -F. -Straße im hier maßgeblichen Abschnitt um eine Anliegerstraße handelt. Nach der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG NRW für straßenbauliche Maßnahmen vom 21. Dezember 2010 (Straßenbaubetragssatzung; im Folgenden SBS) dient eine Anliegerstraße überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke (§ 4 Abs. 7 Nr. 1 Beitragssatzung).
Für die Einstufung kommt es auf die objektive Funktion der Straße im gemeindlichen Verkehrsnetz nach der gemeindlichen Verkehrsplanung, dem aufgrund solcher Planung verwirklichten Ausbauzustand, der straßenverkehrsrechtlichen Einordnung und den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen an.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. November 2016 - 15 A 2582/15 -, juris Rn. 54, und vom 3. September 2008 - 15 E 1125/08 -, juris Rn. 7.
Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die U. -F. -Straße im hier maßgeblichen Abschnitt angesichts Lage, Breite, Vorfahrtsregelung, Geschwindigkeitsbegrenzung und tatsächlicher Verhältnisse als Anliegerstraße zu betrachten ist.
Die nicht weiter untermauerte Behauptung des Klägers, es sei eine erhebliche Nutzung der Straße durch Zufahrtsverkehr in andere Siedlungsbereiche gegeben, zieht die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht in Zweifel.
Im Übrigen ist für die Einordnung - wie gesagt - die objektive Funktion der Straße im Verkehrsnetz der Stadt ausschlaggebend, nicht der Umgehungsverkehr Stadtkundiger, die die Straßen höheren Typs vermeiden, indem sie Anliegerstraßen in Anspruch nehmen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2008 - 15 E 1125/08 -, juris Rn. 9.
Erfolglos bleibt auch der Einwand, bei der Klassifizierung sei auch die Befahrung der Straße für den Zugang zum Trabrennbahngelände zu beachten. Es ist nicht ersichtlich, dass sich hierdurch die U. -F. -Straße im maßgeblichen Abschnitt zu einer der Erschließung von Grundstücken und auch dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienenden Straße wandeln würde (Haupterschließungsstraße, siehe § 4 Abs. 7 Nr. 2 SBS). Das Gelände wird derzeit nur gelegentlich genutzt. Soweit der Kläger auf denkbare zukünftige Nutzungen des Trabrennbahngeländes und hierdurch bedingte Änderungen des Verkehrsflusses abstellt, greift dies bereits deshalb nicht durch, weil maßgeblich für die Einordnung der Straße die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht sind. Wie sich die Verhältnisse danach entwickeln, ist nicht entscheidend.
Vgl. Dietzel/Kallerhoff, Straßenbaubeitragsrecht, 8. Auflage 2013, Rn. 490.
2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.
Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens aus den unter 1. genannten Gründen nicht feststellen. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten wirft die Rechtssache auch ansonsten nicht auf. Die Voraussetzungen für die straßenausbaubeitragsrechlich relevante Erschließung eines Grundstücks und die Einstufung einer Straße sind in der Rechtsprechung geklärt. Welche Argumente, die der Kläger sich aus anderen Verfahren zu eigen gemacht haben will, im Urteil nicht berücksichtigt worden sein sollen, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf.
3: Die Berufung ist auch nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger formuliert bereits keine konkrete Frage. Auch an den weiteren erforderlichen Darlegungen fehlt es.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).