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OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.01.2016 - 15 B 1239/15

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 839,21 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt nicht, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 2152/15 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. April 2015 anzuordnen,

hätte stattgeben müssen. Entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO kommt die Aussetzung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids rechtfertigen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsmittelführers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als sein Unterliegen ist. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben bezweckt der Gesetzgeber die Sicherstellung des stetigen Zuflusses von Finanzmitteln für die öffentlichen Haushalte, aus deren Aufkommen die Gegenleistung für die umstrittene Abgabe im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung regelmäßig bereits erbracht oder alsbald zu erbringen ist. Er hat damit für diesen Bereich das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Dieser gesetzgeberischen Wertung entspricht es, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und dass das Risiko, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, den Zahlungspflichtigen trifft. Unzumutbare, mit dem Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbare Erschwernisse ergeben sich dadurch nicht. Durch eine vorläufige, zu Unrecht erbrachte Zahlung eintretende wirtschaftliche Nachteile werden durch die Rückzahlung der Abgabe weitestgehend ausgeglichen; es werden somit keine irreparablen Verhältnisse geschaffen. Ist im Einzelfall dennoch eine unbillige Härte zu erwarten, bietet § 80 Abs. 4 Satz 3, 2. Alt. VwGO die Möglichkeit, die Vollziehung auszusetzen.

Im Aussetzungsverfahren richtet sich die Intensität der gerichtlichen Prüfung des Streitstoffs nach den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Deshalb können weder aufwendige Tatsachenfeststellungen getroffen werden noch sind schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären.

Ständige Rechtsprechung, grundlegend OVG NRW, Beschluss vom 17. März 1994 - 15 B 3022/93 -, juris, Rn. 2 ff. (= NWVBl. 1994, 337), mit weiteren Nachweisen.

Unter Anlegung dieser Maßstäbe dringt die Beschwerde mit den von ihr vorgebrachten Rügen nicht durch.

a) Dies gilt zunächst für den Einwand, die Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag für den Ausbau von Fahrbahn und Gehwegen der Straße G. finde in § 8 KAG NRW in Verbindung mit den Bestimmungen der Satzung der Stadt H. über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 Kommunalabgabengesetz (KAG) für straßenbauliche Maßnahmen vom 18. September 1989 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 19. Juni 1998 keine Grundlage, weil es sich nicht um eine beitragsfähige Erneuerung, sondern um eine bloße Instandsetzung handele.

Dass die Beschlussvorlage für die Bezirksvertretung H. -Nord vom 26. Januar 2010 davon spricht, "die Fahrbahn- und Gehwegflächen der Straße G. zu sanieren", sagt für sich genommen über die Beitragsfähigkeit der Maßnahme nichts aus. Entscheidend ist vielmehr, ob der beschlossene Ausbau objektiv (jedenfalls) den Tatbestand der Erneuerung erfüllt. Den diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist die Beschwerde nicht entgegengetreten. Anhaltspunkte, dass sie unrichtig sind, drängen sich bei summarischer Betrachtung auch sonst nicht auf. Anders als die Antragstellerseite offenbar meint, muss eine Erneuerung nicht die Straße in ihrem gesamten vertikalen Aufbau erfassen. In Abgrenzung zu einer bloßen Unterhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn der Ausbau sich auf Teile der Anlage erstreckt, denen nach herkömmlicher Betrachtungsweise eine gewisse Selbständigkeit zukommt. Das ist bei einem - wie hier nach Aktenlage - Austausch der gesamten Decke regelmäßig der Fall.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 1988 - 2 A 2764/85 -, OVGE 40, 15, 17 f., vom 29. März 1990 - 2 A 723/87 -, OVGE 42, 77, 81, und vom 1. September 2006 - 15 A 2884/06 -, juris, Rn. 7; Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes Nordrhein-Westfalen, 8. Aufl. 2013, Rn. 94 ff., 98.

Im Übrigen stellt allein der Umstand, dass die Gehwege möglicherweise in einem kleineren Bereich nicht verschlissen waren, die Erneuerungsbedürftigkeit der Teilanlage als solche nicht in Frage.

b) Bei summarischer Betrachtung ist auch nicht von einer die Beitragserhebung ausschließenden Funktionsunfähigkeit der Gehwege auszugehen. Der Ausbau eines Gehwegs kann nur dann beitragsfähig sein, wenn er die ihm zugedachte Funktion in verkehrstechnischer Hinsicht auch erfüllt. Der Gehweg muss m. a. W. funktionstauglich sein. Die Funktionsfähigkeit wiederum setzt eine bestimmte - auch von den jeweiligen konkreten örtlichen Gegebenheiten abhängige - Mindestbreite voraus. Beitragsrechtlich unerheblich ist hingegen, ob die Anforderungen der einschlägigen technischen Ausbauvorschriften ansonsten erfüllt sind. Gemessen an dem notwendigen Verkehrsraum eines Fußgängers hat der Senat in der Regel eine Mindestgehwegbreite von 0,75 m verlangt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. September 2009 - 15 A 1102/09 -, juris, Rn. 8 ff. (= NWVBl. 2010, 151), und vom 12. Juni 2015 - 15 B 422/15 -; Dietzel/ Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes Nordrhein-Westfalen, 8. Aufl. 2013, Rn. 134 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen.

Diese Mindestbreite wird nach den von der Beschwerde nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch in dem etwa 63 m langen Abschnitt zwischen der G1.-----straße und dem Hofbereich im Wesentlichen nicht unterschritten. Dabei begegnet es nach Lage der Dinge keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Verwaltungsgericht insoweit die 16 cm breite Abschlussbahn (und nicht - wie die Beschwerde meint - die der Entwässerung dienende Rinnenbahn) mit berücksichtigt hat, da auch diese den Fußgängern als zusätzlicher Bewegungsspielraum zur Verfügung stehen dürfte. Punktuelle Verengungen etwa durch zwei Beleuchtungsmasten sind unbeachtlich, weil hierdurch die verkehrstechnische Funktionsfähigkeit der Gehweganlage insgesamt nicht beeinträchtigt wird.

Die Funktionsfähigkeit der beidseitigen Gehwege entfällt weiterhin nicht dadurch, dass sie - so wie früher im Wesentlichen auch - niveaugleich zur Fahrbahn ausgeführt sind. Sie sind infolge ihrer optischen Gestaltung (Pflasterung mit trennender Rinnenbahn) eindeutig als solche zu erkennen und bewirken damit unbeschadet des nicht gegebenen Höhenunterschieds eine Aufteilung der Straßenfläche nach Fußgänger- und Fahrzeugverkehr.

Zum Gehwegbegriff siehe König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 25 StVO Rn. 12.

Dafür, dass ihre gefahrlose Benutzung durch Fußgänger nicht möglich wäre, ist schon angesichts der offensichtlich nur geringen Verkehrsbedeutung der Straße G. nichts ersichtlich. Hinzu kommt, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit - nunmehr unstreitig - auf 30 km/h beschränkt ist.

c) Der Beitragsfähigkeit des Fahrbahnausbaus kann voraussichtlich nicht entgegengehalten werden, dass die Korngröße der Asphalttragdeckschicht die einschlägigen technischen Empfehlungen unterschreitet. Soweit nicht im Einzelfall Regelwerke verbindliche Standards festlegen, bestimmt die Gemeinde im Rahmen ihres (weiten) Ausbauermessens über die Art und Weise der technischen Ausgestaltung der Baumaßnahme. Ein die Beitragserhebung ausschließender Ermessensfehler liegt vor diesem Hintergrund regelmäßig erst dann vor, wenn die Ungeeignetheit der gewählten Ausbauart bereits im Zeitpunkt der Beendigung der Baumaßnahme offensichtlich ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. August 2002 - 15 A 583/01 -, juris, Rn. 17 f. (= NWVBl. 2003, 58), und Beschluss vom 4. August 2004 - 15 A 2556/04 -, juris, Rn. 6; Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes Nordrhein-Westfalen, 8. Aufl. 2013, Rn. 190 und 404.

Dass dies der Fall wäre, macht die Beschwerde selbst nicht geltend und lässt sich insbesondere nicht allein daraus ableiten, dass die Fahrbahn möglicherweise an einigen Stellen (geringfügige) Rissbildungen, Kornausbrüche oder Asphaltabplatzungen im Randbereich aufweist.

Im Übrigen trägt die Antragsgegnerin das Risiko für die Folgen ihrer Ausbauentscheidung und hätte eine etwa erforderlich werdende vorzeitige Erneuerung auf ihre Kosten ohne Beteiligung der Anlieger vorzunehmen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. August 2002 - 15 A 583/01 -, juris, Rn. 17 f. (= NWVBl. 2003, 58), und Beschluss vom 4. August 2004 - 15 A 2556/04 -, juris, Rn. 6; Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes Nordrhein-Westfalen, 8. Aufl. 2013, Rn. 190 und 404.

d) Was die Teileinrichtung Beleuchtung betrifft, stellt die Beschwerde nicht in Abrede, dass mit der Erhöhung der Zahl der Maste von zwei auf sechs eine bessere Ausleuchtung erreicht worden ist, die nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der damit einhergehenden positiven Auswirkungen auf den Verkehrsablauf zu einer verkehrstechnischen Verbesserung führt.

Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 4. August 2004 - 15 B 1351/04 -, juris, Rn. 7 f., und vom 15. Februar 2012 - 15 A 398/11 -, juris, Rn. 13 ff. (= RdE 2012, 150).

Soweit die Beschwerde die Frage aufgeworfen hat, ob die Beleuchtungsanlage mit Fördermitteln aus dem sog. Konjunkturpaket finanziert worden ist, hat die Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung klargestellt, dass das nicht der Fall war.

e) Die Berechtigung des Einwands, entgegen der in Position 02.11.0890 für das Aufnehmen der einreihigen Rinnenbahn berücksichtigten 224,65 m seien nur 68,20 m Rinnenbahnen aufgenommen worden, ist im vorliegenden Eil(beschwerde)verfahren nicht abschließend zu klären. Allerdings spricht einiges für ein Missverständnis der Antragstellerseite, die möglicherweise Rinnen- und Abschlussbahn verwechselt. Soweit die mit der Beschwerde übersandten Fotos 5 und 6 die zwischen Fahrbahn und Gehweg gelegene Rinnenbahn zeigen, ist diese danach unzweifelhaft erneuert worden. Nicht erneuert wurde in dem abgebildeten Bereich demgegenüber offenbar die zwischen Gehweg und Grünfläche gelegene Abschlussbahn. Kosten für deren Aufnahme weist die Schlussrechnung der F. M. Straßenbau GmbH vom 27. April 2011 aber auch nicht aus.

f) Im Ergebnis Entsprechendes gilt für den von der Beschwerde bestrittenen Aufwand für die Erneuerung der Straßensinkkästen, wobei im Hauptsacheverfahren vor allem der Frage nachzugehen sein wird, ob die diesbezüglichen Fotos - wie die Antragstellerseite geltend macht - tatsächlich die am seitlichen Straßenrand befindlichen Straßeneinläufe zeigen oder nicht doch - wie das Verwaltungsgericht gemeint hat - die in der Fahrbahnmitte befindlichen Kontrollschächte.

g) Die mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 gemachten Ausführungen der Antragstellerseite zu den Aufwandspositionen 02.11.610 und 02.11.980 sind für das Beschwerdeverfahren schließlich unbeachtlich, weil sie erst nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erfolgt sind und auch nicht lediglich der weiteren Vertiefung fristgerechten Vortrags dienen.

2. Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Vollziehung des Beitragsbescheids eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat, sind auch mit der Beschwerde nicht geltend gemacht worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Lukas Jozefaciuk