OLG Hamm, Urteil vom 28.08.2018 - 24 U 127/16
1. Zur Haftung eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens nach § 1 Abs. 1 HPflG
2. Ansprüche des Geschädigten gegen ein außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses stehendes Eisenbahninfrastrukturunternehmen (Zweitschädiger) sind auf den Betrag beschränkt, der auf ihn im Innenverhältnis zum Arbeitgeber (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadenverteilung nach § 426 BGB nicht durch die Sonderregelung des § 104 Abs. 1 SGB VII gestört wäre.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 05.08.2016 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen 70.000,00 € nebst Zinsen i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen 70 % aller weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen aus dem Unfallereignis vom 06.05.2011 seit dem 10.08.2012 entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten übergegangen ist oder noch übergehen wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen 30 % und die Beklagte 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H.v. 120 % des aufgrund des Urteils für ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i. H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A.
I.
Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat zunächst gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
II.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
1.
Während des Berufungsverfahrens ist der ursprüngliche Kläger, Herr T (im Folgenden: Erblasser), am 26.09.2017 verstorben. Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten beider Parteien hat der Senat mit Beschluss vom 17.10.2017 zunächst das Verfahren gemäß § 246 ZPO ausgesetzt.
Ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts T2 vom 19.10.2017 wurde der Erblasser von seiner Mutter und seiner Schwester - den nunmehrigen Klägerinnen - zu je 1/2 Anteil beerbt.
Mit Schriftsatz vom 29.11.2017 haben die Klägerinnen den Rechtsstreit wieder aufgenommen.
2.
Mit dem am 05.08.2016 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Erblasser ein Schmerzensgeld i.H.v. 100.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.09.2012 zu zahlen. Ferner hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Erblasser alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Unfallereignis vom 06.05.2011 noch entstehen werden, solange der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen ist.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Erblasser habe gegen die Beklagte aus § 1 Abs. 1 HPflG i.V.m. § 6 S. 2 HPflG einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 100.000,00 €.
Der Erblasser sei bei dem Betrieb einer Schienenbahn verletzt worden. Ein Betriebsunfall liege vor, wenn ein unmittelbarer äußerer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung der Bahn bestehe oder wenn der Unfall durch eine dem Bahnbetrieb eigentümliche Gefahr verursacht worden sei.
Der Unfall habe sich während der Fahrt des Museumszuges auf der Schienenstrecke der Beklagten ereignet. Zudem habe sich eine typische Gefahr des Eisenbahnbetriebes verwirklicht, nämlich eine Kollision eines Bahnbetriebmitarbeiters mit einer Betriebseinrichtung.
Zur sicheren Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Erblasser bei der Rückwärtsfahrt der Lokomotive mit seinem Kopf gegen eine in dem Tunnel angebrachte Lampe gestoßen sei und sich hierbei und/oder durch einen hierdurch verursachten weiteren Anprall gegen die Außenhaut oder sonstige Bestandteile der Lokomotive eine Kopfverletzung zugezogen habe.
Betrachte man die unstreitigen Umstände im Zusammenhang, so seien diese ausreichend, um von einer Kopfverletzung des Erblassers aufgrund eines Anstoßes gegen die Lampe und/oder Bestandteile der Lokomotive auszugehen.
Die ebenfalls in der Lokomotive mitfahrenden Personen I und Q hätten unstreitig kurz vor dem Tunnelende ein Aufprallgeräusch bemerkt und, nachdem durch das Tunnelende der Führerstand wieder komplett beleuchtet gewesen sei, festgestellt, dass der Erblasser zusammengesackt sei und eine Kopfverletzung aufgewiesen habe. Darüber hinaus seien auf den Fotos Bl. 9, 10 und 11 der Ermittlungsakte, die kurze Zeit nach dem Unfall aufgenommen worden seien, Blutanhaftungen erkennbar. Weiterhin unstreitig seien die Blutanhaftungen an der betroffenen Lampe, wie sie insbesondere auf den Fotos Bl. 14 und 15 der Ermittlungsakte dokumentiert seien.
Dass die Blutanhaftungen an der Lampe durch ein von dem Unfall unabhängiges Ereignis verursacht worden seien, erscheine äußerst unwahrscheinlich. Die Lampe befinde sich in einem regelmäßig von Zügen befahrenen Tunnel und darüber hinaus in einer Höhe von mehr als 2,50 m. Wie an eine Lampe an einem solchen Ort und in einer solchen Höhe Blutanhaftungen gelangen könnten, wenn diese nicht durch einen Anstoß des Erblassers verursacht worden seien, sei kaum erklärbar. Hinzu komme, dass zeitnah vor dem Feststellen der Blutanhaftungen ein Aufprallgeräusch wahrgenommen worden sei. Diese Blutanhaftungen an der Lampe und auch die weiteren Blutanhaftungen an der Außenseite der Lokomotive sprächen auch gegen die Annahme, der Erblasser sei ohne eine Einwirkung von außen zu Fall gekommen.
Soweit der Sachverständige H zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sich die Unterkante des Fensters der Lokomotive, an welchem sich der Erblasser befunden haben müsse, oberhalb der Oberkante der Lampe befinde, begründe dies keine Zweifel, welche der Überzeugungsbildung hinsichtlich der Verletzung des Erblassers durch einen Anstoß gegen die Lampe entgegenstünden.
So habe der Sachverständige zum Federweg ausgeführt, dass wegen des Alters der Lokomotive keine technischen Daten mehr zu der Federkennlinie der Federn der Lokomotive hätten ermittelt werden können. Er habe deshalb einen nicht gesicherten Federweg zugrundegelegt. Es sei denkbar, dass bei dem Zugrundelegen einer anderen Federkennlinie die Fensterunterkante im Zeitpunkt der Kollision tiefer gelegen habe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Lokomotive aufgrund ihrer Treibstangen nach links und rechts hin und her schwanke. Auch hieraus ergebe sich die Möglichkeit, dass die Fensterunterkante tiefer liege, als zunächst von dem Sachverständigen angenommen.
Schließlich sei auch denkbar, dass die Höhe der Lampe nicht richtig angegeben worden sei. Der Sachverständige habe selbst mehrfach betont, dass die technische Rekonstruktion bezüglich der genauen Höhe der Fensterunterkante und des Abstandes von der Lampe bzw. der Tunnelaußenwand äußerst kompliziert sei und komplexe Formeln zu berücksichtigen seien. Es sei denkbar, dass insoweit ein Fehler in den Berechnungen vorliege.
Denkbar sei auch, dass der Erblasser gesessen habe und daher die Außenkante der Lampe nur geringfügig höher habe sein müssen als die Unterkante des Fensterausschnitts. Dass eine Sitzmöglichkeit in Form eines Hockers fest eingebaut sei, sei auf dem Foto auf Seite 3 des ersten schriftlichen Gutachtens zu erkennen.
Dass der Erblasser als Personal der Museumseisenbahn tätig gewesen sei, führe nicht zum Haftungsausschluss. Auch der bei einem Bahnunternehmen Beschäftigte könne Geschädigter und damit Ersatzberechtigter eines Anspruchs aus § 1 HPflG sein. Ein Haftungsausschluss gemäß § 104 SGB VII greife hier nicht, da der Erblasser nicht bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei.
Der persönliche Schutzbereich des § 1 HPflG sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich der Erblasser als Mitarbeiter der E gGmbH, welche die Fahrt durchgeführt habe, freiwillig in den Gefahrenbereich der Bahn begeben habe. Dies reiche für eine entsprechende Begrenzung des persönlichen Schutzbereichs des § 1 HPflG nicht aus, da es sich um ein "sozial notwendiges" Verhalten handele. Der Betriebsunternehmer hafte auch, wenn der Betriebsbedienstete sich selbst schädige. Im Übrigen sei nicht die gGmbH, sondern die Beklagte Betriebsunternehmer im Sinne des § 1 HPflG.
Betriebsunternehmer sei derjenige, der eine Bahn für eigene Rechnung betreibe und dem die Verfügung über den Betrieb zustehe. Wenn - wie im vorliegenden Fall - Merkmale auf verschiedene Personen entfielen, weil jemand über einen Bahnbetrieb verfüge, der aber für Rechnung eines anderen betrieben werde, müsse abgewogen werden, welches der beiden Merkmale mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Falles ausschlaggebend sei. Betriebsunternehmer sei dann derjenige, der dieses Merkmal erfülle. Das größere Gewicht sei auf das Merkmal der Verfügungsgewalt zu legen.
Die Beklagte sei hier diejenige, die über den Bahnbetrieb verfüge. Die Fahrten der Museumsbahn hätten von der Beklagten genehmigt werden müssen.
Ein Mitverschulden des Erblassers bei der Entstehung des Schadens sei nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellbar. Die Beklagte habe nicht nachzuweisen vermocht, dass der Erblasser gegen § 30 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift DGV 30 D30 "Schienenbahn" verstoßen habe, indem er sich unnötig und/oder zu weit hinaus gelehnt habe.
Es stehe nicht fest, dass sich der Kopf des Erblassers jenseits der Außenkante der Windschutzscheibe befunden habe. Ein Hinauslehnen bis zu dieser Außenkante sei in jedem Fall zulässig gewesen. Die Lokomotive sei rückwärts gefahren. Der Bedienplatz mit den Bedienelementen für den Triebfahrzeugführer befinde sich aber - aus der "normalen" Fahrtrichtung gesehen - rechts. Grundsätzlich befänden sich auch die Signale und sonstigen Hinweistafeln in Fahrtrichtung gesehen rechts von der Strecke. Fahre eine Lokomotive mit Schlepptender rückwärts, müsse der Triebfahrzeugführer wegen der dort befindlichen Bedienelemente auf der rechten Seite bleiben. In Fahrtrichtung gesehen befinde er sich dann aber auf der linken Seite und könne die Signale und sonstigen Hinweistafeln nicht mehr beobachten. Es sei daher die zusätzliche Aufgabe des Heizers, die Streckenbeobachtung zu übernehmen. Er habe dies auch in dem Tunnel tun können und müssen, da die Lokomotive nicht weit entfernt vom Tunnelausgang gewesen sei.
Ein Hinauslehnen bis zur Außenkante der Windschutzscheibe sei daher nicht unnötig gewesen und hätte bei ordnungsgemäßer Freihaltung des Lichtraumprofils auch nicht zu einer Kollision mit außerhalb der Lokomotive befindlichen Teilen führen können.
Dass sich der Erblasser zu weit hinausgelehnt habe, stehe ebenfalls nicht fest. Letztlich sei mit der notwendigen Gewissheit nicht zu ermitteln gewesen, wie weit er sich hinausgelehnt habe. Der Sachverständige sei allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass die Außen- und Oberkante der im Tunnel verbauten Lampe lediglich 158 mm von der Außenseite der Fensterunterkante entfernt gewesen sei. Diese Entfernung sei allerdings nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellbar, da es während der Fahrt zu Bewegungen der Lokomotive komme und auch letztlich nicht sicher festgestellt werden könne, wieweit die Lokomotive in die Federn eintauche. Damit sei auch nicht feststellbar, dass der Erblasser sich über die Windabweisung hinweg nach außen gelehnt habe.
Das von der Beklagten beantragte forensische rechtsmedizinische Gutachten sei nicht einzuholen gewesen. Die Beklagte habe keine konkrete Behauptung zu dem Geschehensablauf aufgestellt, welche durch ein solches Gutachten hätte festgestellt werden können. Unter diesen Umständen stellte eine weitere Beweisaufnahme eine unzulässige Ausforschung dar.
Hinzu komme, dass die Betriebsgefahr erhöht sei, weil die Lampe in einen Bereich hinein geragt habe, in welchen nur bei Bauarbeiten Einragungen vorhanden sein dürften. Das anzuwendende Lichtraumprofil ergebe sich aus dem Bild 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO. Hiernach sei eine Einragung in den Bereich B, dessen Außenkante 2.200 mm von der Gleismitte entfernt sei, nur bei Bauarbeiten zulässig. Die dort angegebene Fußnote 1 greife vorliegend nicht. Sinn und Zweck dieser Verringerung der Außenkante des Bereichs B auf 1.900 mm sei die Erleichterung des Tunnelbaus für den S-Bahnbau gewesen. Die dort verwendeten Triebwagen oder Waggons hätten in der Regel keine Fenster, die sich öffnen ließen, so dass ein Hinauslehnen für Mitreisende nicht möglich sei. Unter diesen Umständen erscheine es gerechtfertigt, den Abstand der Außenkante des Bereichs B zu verringern, da dennoch keine Gefahr eines Anstoßes bestehe. Hieraus ergebe sich, dass der Satz 2 der Fußnote 1 sich nur auf Tunnel beziehe, die für den Stadtschnellbahnverkehr errichtet worden seien. Um einen solchen Tunnel handele es sich bei dem H-tunnel gerade nicht.
Selbst wenn man vorliegend von einer leichten Fahrlässigkeit auf Seiten des Erblassers ausginge, verbliebe es im Rahmen der Abwägung gemäß § 254 BGB bei der vollen Haftung der Beklagten. Dass sich die Betriebsgefahr der Dampflokomotive noch unfallverursachend ausgewirkt habe, sei nicht ersichtlich. Auch sei nicht klar, welche Fahrfehler der Triebfahrzeugführer begangen haben soll.
Gemäß § 6 S. 2 HPflG erscheine ein Schmerzensgeld i.H.v. 100.000,00 € angemessen. Der Erblasser habe aufgrund des Unfalls unter anderem eine Schädelfraktur erlitten. Hierdurch bedingt sei es zu einem schweren Schädel-Hirn-Trauma und zu damit einhergehenden intercerebralen Blutungen gekommen, die wiederum axionale Schädigungen herbeigeführt hätten. Der Erblasser befinde sich seit dem Unfall im Wachkoma. Er sei ein Pflegefall und bedürfe einer Versorgung rund um die Uhr in einem Pflegefachzentrum. Der Grad der Beeinträchtigung des Erblassers sei mit 100 % und voraussichtlich auf Dauer anzunehmen. Der Erblasser bedürfe der künstlichen Ernährung, er könne keinen Kontakt mit der Außenwelt herstellen und sei auch nicht ansprechbar.
Der Feststellungsantrag sei zulässig. Bei der Verletzung eines absoluten Rechtsgutes bestehe bereits dann ein Feststellungsinteresse, wenn künftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang sowie ihr Eintritt aber noch ungewiss seien. Ein Feststellungsinteresse sei nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund bestehe, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen.
Angesichts der Schwere und der Art der eingetretenen Verletzungen könne trotz des seit dem Unfalltag stabilen und unveränderten Zustandes des Erblassers nicht ausgeschlossen werden, dass nicht noch weitere Schadensfolgen erst künftig entstehen werden.
Der Feststellungsantrag sei auch begründet. Die Beklagte wäre gemäß § 1 Abs. 1 HPflG verpflichtet, auch solche möglichen künftigen Schäden zu ersetzen.
3.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit welcher sie die Abweisung der Klage begehrt.
Sie meint, dem Landgericht sei nicht zu folgen, wenn es annehme, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass der Erblasser beim Betrieb einer Schienenbahn verletzt worden sei, indem er bei der Rückwärtsfahrt der Lokomotive mit seinem Kopf gegen eine im Tunnel angebrachte Lampe gestoßen sei. Es gehe um die haftungsbegründende Kausalität, so dass der Beweismaßstab des § 286 ZPO maßgeblich sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe jedoch gerade nicht fest, wie es zu der Kopfverletzung des Erblassers gekommen sei.
Richtig sei, dass bis zum Ergänzungsgutachten die Parteien davon ausgegangen seien, dass der Erblasser die Kopfverletzung durch den Anprall des Kopfes gegen die Lampe erlitten habe. Im Ergänzungsgutachten vom 27.10.2015 habe der Sachverständige aber festgestellt, dass der Erblasser im Fenster gelehnt haben müsse und mit allenfalls einem Körperteil, das seitlich und eventuell nach unten aus dem Fenster geragt habe, an der Lampe angestoßen haben könne.
Der Erblasser selbst habe aber unter Bezugnahme auf die medizinischen Befunde vortragen lassen, dass er nur Schädelverletzungen oberhalb des Oberkiefers, aber keine Verletzungen von Schulter oder Oberkörper erlitten habe.
Festzuhalten sei, dass die vom Landgericht ohnehin unzulässige Wahlfeststellung im Rahmen der Feststellungen zum haftungsbegründenden Tatbestand schon nach dem eigenen Vorbringen des Erblassers nicht zugrunde gelegt werden könne, weil er gerade Verletzungen an anderen Körperteilen in Abrede stelle. Das Landgericht hätte daher eine solche Variante nicht zu ihren Lasten im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität zugrunde legen dürfen, so dass das Urteil auf einem Verstoß gegen § 286 ZPO beruhe, so dass es schon nicht mehr darauf ankomme, dass nach den Entscheidungsgründen unklar bleibe, welcher Anstoßmechanismus zugrunde gelegen haben solle. Unabhängig von den Bedenken gegen eine alternative Feststellung im Zivilprozess zeige die Formulierung auf Seite acht, Mitte der Entscheidungsgründe, dass das Landgericht offenbar davon ausgegangen sei, entweder einen Kopfanstoß oder alternativ einen durch den Kopfanstoß verursachten weiteren Anprall gegen die Außenhaut oder sonstige Bestandteile zugrunde legen zu können. Die vom Landgericht angedeutete Möglichkeit, dass der Erblasser gegen Bestandteile der Lok gestoßen sei und sich dabei die Kopfverletzung zugezogen habe, sei mit den Entscheidungsgründen schon deshalb nicht in Einklang zu bringen, weil dann unerklärlich bliebe, wie der Erblasser mit seinem Kopf gegen die an der Tunnelwand befestigte Lampe geraten sein soll. Letzteres sei aber schon deshalb ausgeschlossen, weil der Erblasser selbst die Verletzung anderer Körperteile gerade ausgeschlossen habe.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen zur Höhenlage der Unterkante des Fensters und der Oberkante der Tunnellampe sei weder dargelegt noch erkennbar, wie der Erblasser mit dem Kopf gegen die Lampe geraten sein könne.
Unabhängig davon, dass das Landgericht eine solche Variante schon aufgrund ihres Bestreitens nicht zu ihren Lasten hätte zugrunde legen dürfen, hätte es wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auch nicht zugrunde legen dürfen, dass die Bluteintragungen an der Lampe vom Erblasser stammten und dass der Erblasser aufgrund einer wie auch immer gearteten Berührung mit welchem Körperteil auch immer gegen die Lampe gestoßen sei und sich aufgrund welcher Bewegung auch immer Kopfverletzungen durch den Anstoß gegen welche Teile der Lok auch immer zugezogen habe.
Soweit das Landgericht Bezug nehme auf vermeintliche Wahrnehmungen der mitfahrenden Personen I und Q bleibe unklar, worauf sich diese Erwägungen stützten. In der Klage heiße es hierzu nur, dass nach wenigen Metern kurz vor Ende des Tunnels die Mitarbeiter gesehen hätten, dass der Erblasser regungslos auf dem Boden gelegen habe und am Kopf verletzt gewesen sei. Benannt worden seien die Mitarbeiter als Zeugen für die bestrittene Behauptung, sie hätten den Erblasser als einen sicheren, besonnenen und keinesfalls unvorsichtigen und nachlässigen Heizer kennengelernt. Die vom Erblasser benannten Zeugen seien erstinstanzlich nicht gehört worden. Gesicherte Feststellungen, die das Landgericht zu ihren Lasten hinsichtlich der Wahrnehmungen der Zeugen hätte zugrunde legen können, lägen daher nicht vor.
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang gemeint habe, es erscheine äußerst unwahrscheinlich, dass die Blutanhaftungen an der Lampe durch ein vom Unfall unabhängiges Ereignis verursacht worden seien, lägen gesicherte Feststellungen ebenfalls nicht vor. Auch die Wahrnehmung eines Anprallgeräusches, auf welches das Landgericht abstelle, sei ebenfalls zur Entscheidungsgrundlage gemacht worden, ohne dass hierzu gesicherte Feststellungen getroffen worden wären. Vor diesem Hintergrund bleibe unerfindlich, weshalb das Landgericht meine, dass es auszuschließen sei, dass der Erblasser ohne Einwirkung von außen, etwa durch Ausrutschen in der Lokomotive zu Fall gekommen sei. Gesicherte Feststellungen zu Blutanhaftungen an der Außenhaut der Lokomotive und insbesondere dazu, ob sie vom Erblasser stammten, fehlten ebenfalls.
Im Rahmen der Feststellungen zum haftungsbegründenden Tatbestand wären alleine die vom Sachverständigen im Hinblick auf den Federweg und die Federkennlinie der Federn der Lokomotive geäußerten Zweifel geeignet, hinreichende Zweifel an ihrer Haftung zu begründen. Vor diesem Hintergrund habe das Landgericht irrtümlich angenommen, dass vermeintlich verbliebene restliche Unsicherheiten in Bezug auf die Federkennlinie dazu führten, dass Bewegungsabläufe vorstellbar sein könnten, die dazu führten, dass die Fensterunterkante sich auch unterhalb der Oberkante der Lampe bewegen könne. Die vom Sachverständigen für möglich gehaltene Annäherung der Fensterunterkante in Richtung Oberkante der Lampe bedeute aber nicht, dass die Fensterunterkante in einen Bereich unterhalb der Oberkante der Lampe geraten könnte. Die Möglichkeit, dass die Fensterunterkante weiter in Richtung der Oberkante der Lampe wandern könnte, sei nach dem Vorbringen des Sachverständigen ausgeschlossen. Lege man den Wortlaut der Erklärung des Sachverständigen zugrunde, könne vernünftigerweise eine Unsicherheit nur dazu führen, dass die Fensterunterkante sich der Oberkante der Lampe annähere, was wiederum zur Folge haben müsste, dass der Erblasser sich nicht nur aus dem Fenster herausgelehnt, sondern gleichzeitig den Kopf nach unten gehalten haben müsste, um überhaupt gegen die Lampe geraten zu können. Dies gelte unabhängig davon, ob man spekulativ annehme, dass der Erblasser, wofür es ebenfalls keine Anhaltspunkte gebe, auf einem Hocker gesessen habe. Gerade, wenn man eine solche Sitzposition annehme, wäre es vollkommen ausgeschlossen, dass der Erblasser mit dem Kopf unterhalb der Unterkante des Fensters gegen die Oberkante der Lampe hätte stoßen können.
Hinzu komme, dass unstreitig auch auf der Seite, die bei der Rückwärtsfahrt der Lokomotive der Tunnellampe angenähert gewesen sei, Windabweiser sowohl vor als auch hinter dem Fenster angebracht gewesen seien. Diese seien unbeschädigt geblieben. Der Erblasser müsste also, um mit dem Kopf gegen die Lampe zu geraten, sich über die Breite der Windabweiser hinaus seitlich aus dem Fenster gelehnt haben, würde man die Höhenfeststellungen des Sachverständigen unberücksichtigt lassen. Ansonsten hätten die Windabweiser, käme es auf den seitlichen Abstand zur Tunnelleuchte an, gegen diese geraten müssen, was tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Es stehe daher keineswegs fest, dass die Verletzungen des Erblassers deshalb entstanden seien, weil er mit dem Kopf gegen die Tunnellampe geraten sei und diese nicht regelkonform angebracht gewesen sei. Das Landgericht habe eine nicht regelkonforme Anbringung zu ihren Lasten unterstellt, ohne gesicherte Feststellungen zu treffen.
Die Ausführungen auf Seite zehn der Entscheidungsgründe im Zusammenhang mit dem Haftungsausschluss gemäß § 104 SGB VII erschienen widersprüchlich. Einerseits solle auch der bei einem Bahnunternehmen Beschäftigte Geschädigter und damit Ersatzberechtigter eines Anspruchs aus § 1 HPflG sein können. Andererseits solle aber der Haftungsausschluss gerade deshalb nicht greifen, weil der Erblasser nicht bei ihr - der Beklagten - beschäftigt gewesen sei. Es stelle sich zunächst die Frage, ob sie als Eisenbahninfrastrukturunternehmen aus § 1 HPflG gegenüber dem Erblasser überhaupt hafte.
Darüber hinaus sei zwischen Betriebsunternehmer und Infrastrukturunternehmer zu differenzieren. Unabhängig davon, ob die Fahrten der Museumsbahn von ihr genehmigt werden müssten, wozu gesicherte konkrete Feststellungen fehlten, werde die Verfügungsgewalt entgegen der Annahme des Landgerichts regelmäßig darin gesehen, dass das Unternehmen über die Bahnstrecken mit Zubehör, die Fahrzeuge und das Fahrpersonal die Herrschaft habe. Dies sei beim Einsatz einer Museumslokomotive gerade nicht der Fall. Auf eine wie auch immer geartete Genehmigung könne schon deshalb nicht abgestellt werden, weil auch andere Bahnbetriebsunternehmen den Streckenbetrieb selbstverständlich den Vorgaben des Infrastrukturunternehmens anpassen müssten, ohne dass deren Haftung nach dem Haftpflichtgesetz entfiele.
Soweit das Landgericht bei der Interpretation der Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO gemeint habe, Sinn und Zweck dieser Verringerung der Außenkante sei die Erleichterung des Tunnelbaus für den S-Bahnbau, sei festzuhalten, dass in der Fußnote nicht nur zwei kumulativ, sondern alternativ eingreifende Ausnahmefälle geregelt seien und dass entsprechend ihrer Interpretation seit mehr als einhundert Jahren Tunnelanlagen in Deutschland konzipiert und gebaut worden seien, weil übereinstimmend ihre Verantwortlichen und auch sämtliche Aufsichtsbehörden von der alternativen und nicht der kumulativen Geltung der S. 1 und 2 in der Fußnote 1 ausgegangen seien und dies auch dem Ausbau des H-tunnels zugrunde gelegen habe. Ihrem Beweisantritt sei das Landgericht entgegen § 286 ZPO nicht nachgegangen.
Den Erwägungen des Landgerichts, mit denen es ein Mitverschulden des Erblassers auch unabhängig von der ohnehin zu seinen Lasten zu berücksichtigenden Betriebsgefahr verneint habe, sei nicht zu folgen. Solange nicht feststehe, welcher konkrete Ablauf zu den behaupteten Verletzungen geführt habe, lägen keine gesicherten Feststellungen zum Handlungsablauf vor, auf deren Basis erst ein Mitverschulden festgestellt werden könne. Das Landgericht habe insoweit verkannt, dass dies im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität zulasten des Erblassers zu gehen habe und nicht erst im Rahmen der Prüfung des Mitverschuldens zu ihren Lasten. Ansonsten würde die Darlegungs- und Beweislastverteilung ausgehebelt, weil Zweifel im Rahmen der Feststellungen zum haftungsbegründenden Tatbestand vom Geschädigten zu Unrecht auf den Schädiger verlagert würden.
Lege man das Vorbringen des Erblassers zugrunde, müsse dieser mit dem Kopf gegen die Tunnellampe geraten sein. Die betreffenden Windabweiser seien unbeschädigt gewesen, so dass der Erblasser sich außerhalb ihrer Breite befunden haben müsse, um mit dem Kopf gegen die Lampe zu geraten, und zwar unabhängig von der Höhenlage der Lampe in Relation zur Fensterunterkante. Gehe man zugunsten des Erblassers davon aus, dass er mit dem Kopf gegen die Lampe geraten sei, sei die Annahme technisch zwingend, dass er sich über die Breite der Windschutzscheibe seitlich aus der Lokomotive hinausgelehnt haben müsse. Unstreitig sei die Windschutzscheibe an der betroffenen Seite nicht beschädigt worden. Dies bedeute, dass der Erblasser sich zwangsläufig unabhängig davon, wie es zur Kopfverletzung gekommen sei, außerhalb des Bereichs der Windschutzscheibe habe aufhalten müssen. Da dies fahrtechnisch nicht notwendig gewesen sei, habe der Erblasser einen eklatanten Mitverschuldensbeitrag geleistet und den Unfall in erheblicher Weise mitverursacht.
Die Einholung eines interdisziplinären Gutachtens unter Einschaltung eines forensisch erfahrenen Pathologen laufe nicht etwa auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus. Insoweit unterliege das Landgericht einem Zirkelschluss. Die Frage, welche Unfallmechanik zu der Verletzung des Erblassers geführt habe, sei im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität zu klären. Gehe man von der Darstellung des Erblassers aus, könne in Kenntnis der Größenverhältnisse und der befundlich dokumentierten Verletzungen des Erblassers durch einen Pathologen festgestellt werden, dass der Erblasser sich weit aus dem Fenster hinausgelehnt haben müsse. Es erscheine deshalb notwendig, ein interdisziplinäres Gutachten einzuholen, weil nicht nur die Verletzungsbilder auszuwerten seien und die Körpergröße des Erblassers sowie die des Körpers zu klären, sondern auch die technischen Vorgaben zu Höhen und Abständen zu berücksichtigen seien.
Der Unfall habe sich auch nach Angaben des Erblassers etwa 200 m vor dem Tunnelende ereignet. Die rückwärtsfahrende Lokomotive habe eine Rechtskurve durchfahren. Tageslicht habe noch nicht in den Tunnel geschienen. Unstreitig seien Signale im Tunnel nicht angebracht gewesen, so dass es keinen Sinn gemacht habe, sich aus der Lokomotive seitlich an dieser Stelle bereits herauszulehnen. Auf diesen Gesichtspunkt sei das Landgericht ebenfalls zu ihren Lasten nicht eingegangen.
Unabhängig davon habe das Landgericht verkannt, dass sich die Betriebsgefahr der Lok selbstverständlich ausgewirkt habe. Es unterliege keinen Zweifeln, dass die Eigengeschwindigkeit der rückwärtsfahrenden Lok sich in erheblichem Umfang ursächlich ausgewirkt habe. Weshalb die Betriebsgefahr der Lok daher unberücksichtigt bleiben solle, sei den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Lege man die Ausführungen des Sachverständigen zur Relativbewegung der Dampflok auch in seitlicher Hinsicht zugrunde, sei die Betriebsgefahr nicht nur im Hinblick auf die Eigengeschwindigkeit und das Rückwärtsfahren zu berücksichtigen, sondern auch die Konstruktion, die sich mitursächlich ausgewirkt haben würde. Zu ihren Lasten sei daher verkannt worden, dass die Betriebsgefahr der nach dem Vorbringen des Erblassers auch von ihm als Heizer betriebenen Museumslokomotive im Rahmen der Abwägung nach § 13 HPflG zulasten des Erblassers zu berücksichtigen sei.
Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass das Schmerzensgeldbegehren des Erblassers auch ohne Berücksichtigung eines Mitverschuldensbeitrags übersetzt sei. Zudem sei bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die Betriebsgefahr der Lokomotive zulasten des Erblassers zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
abändernd die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerinnen verteidigen die angefochtene Entscheidung und meinen, zu Recht habe das Landgericht festgestellt, dass der Erblasser bei der Rückwärtsfahrt der Lokomotive mit seinem Kopf gegen eine im Tunnel angebrachte Lampe gestoßen sei und sich hierbei die Verletzungen zugezogen habe. Es sei unverständlich, dass Zweifel darüber bestehen könnten, worauf die Verletzung zurückzuführen sei. Ein anderer Sachverhalt sei schlicht und ergreifend nicht denkbar. Die Beklagte lasse die entscheidenden Aussagen der Gutachter außer Acht.
Bezeichnend sei, dass sämtliche Tunnellampen kurz nach dem Unfall demontiert worden seien und neue Verhaltensregelungen bezüglich der Durchfahrt im H-tunnel erlassen worden seien. Im Abschlussbericht der Eisenbahnunfalluntersuchungsstelle des Bundes sei ebenfalls von einer ordnungswidrigen Anbringung der Tunnellampen die Rede.
Im Gutachten C werde festgestellt, dass eine Verminderung des Lichtraumes auf 1.900 mm ausschließlich bei S-Bahnen vorgenommen werden dürfe, die aber im Bereich der Unfallstelle nicht verkehrten.
Es sei davon auszugehen, dass die Tunnellampe ordnungswidrig angebracht gewesen sei, dass der Erblasser als Heizer die Aufgabe gehabt habe, die Strecke bei der Rückwärtsfahrt zu beobachten, dass die Tunnellampen abgeschaltet und somit nicht erkennbar gewesen seien und dass durch die Beklagte die selbst erstellten Richtlinien missachtet worden seien. Bei ordnungsgemäßer Anbringung der Leuchte wäre dem Erblasser bei der Wahrnehmung seiner Verpflichtungen nichts passiert.
Das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 14.02.2014 erstrecke sich ausschließlich auf die Frage des weiten Hinauslehnens. Letztendlich müsse dies nicht mehr diskutiert werden, da nach dem weiteren Gutachten vom 27.10.2015 die Frage des weiten Hinauslehnens bedeutungslos geworden sei. Durch die Neigung der Lok in der Rechtskurve habe sich diese der ordnungswidrig angebrachten und abgeschalteten Tunnellampe auf ca. 158 mm an die Außenhaut der Lok genähert. Im Hinblick auf diese sehr streitige Frage sei der Sachverständige unter dem 27.10.2015 erneut befragt worden. Man sei dann zu dem Ergebnis gelangt, dass bei unbekanntem Federweg der Lok festzustellen sei, dass sich die Lampenoberkante mindestens auf Höhe der Fensterunterkante befunden habe, bzw. bereits über die Unterkante des Seitenfensters hinaus geragt habe, so dass der Abstand der Lampe zur Außenhaut der Lok bei 158 mm oder weniger gelegen habe. Von einem weiten Hinauslehnen könne also keine Rede sein.
Zusammenfassend lasse sich festhalten, dass die Dampflok auf gerader Strecke erheblichen Wank- und Ruckelbewegungen unterliege, die in Kurvenfahrt noch verstärkt, aber nicht mehr berechenbar seien. Die Kräfte wirkten nicht nur auf die Körper der sich auf der Lok befindlichen Personen aus, sondern auch auf die Lok selbst, wodurch eine Ruck- und Stoßbewegung die Unterkante des Fensters weiter absenken könne und somit die ordnungswidrig und abgeschaltete Tunnellampe sich über der Fensterunterkante befinde.
Der als Federkennlinie bezeichnete Federweg sei unbekannt. Der Sachverständige habe auf die erheblichen Ruck- und Wankbewegungen der Dampflok hingewiesen. Diese Tatsachen, insbesondere aber das Ereignis mit den erlittenen Verletzungen ließen keinen anderen Rückschluss zu, als dass sich der Erblasser zwingend an der unrechtmäßig angebrachten Lampe verletzt habe.
Richtigerweise weise das Landgericht darauf hin, dass verschiedene Faktoren bei der Betrachtung der dynamischen Bewegungen sich so verschieben könnten, dass ein Zusammenprall jedenfalls nicht soweit unwahrscheinlich werde, dass der auf der Hand liegende Ablauf des Unfalls entkräftet werde.
Festzuhalten bleibe, dass der Sachverständige nicht in der Lage gewesen sei, den Unterbau des Gleisschienenbettes zu prüfen. Dieser habe ohne weiteres abgesackt sein können, so dass zusätzlich zu den vorliegenden Wankbewegungen der Lok diese sich schon aufgrund eines abgesackten Gleisbettes weiter zur Seite habe neigen können.
Da der Sachverständige weitere Faktoren nicht habe untersuchen können, habe er festgehalten, dass plausibel sei, dass die Fensterunterkante sich unterhalb der Lampenoberkante bewegt haben könnte.
Die Klägerinnen behaupten, der Erblasser sei für seine Beschäftigung ordnungsgemäß ausgebildet gewesen und habe sämtliche erforderlichen Ausbildungen und Fortbildungskurse regelmäßig erfolgreich besucht und absolviert.
Es sei falsch, dass er sich mit dem gesamten Oberkörper aus dem Seitenfenster hinausgelehnt habe. Ein solches weites Hinauslehnen, welches nach dem Gutachten gar nicht möglich sei, hätte zwingend zu anderen und weitergehenden Verletzungen im Bereich von Hals/Schulter bzw. Oberkörper geführt.
Auch die Vorstellung der Beklagten, der Erblasser sei in der Lok gestürzt, lägen neben der Sache. Sowohl die Beschädigung der Lampe als auch die Blutanhaftungen an der Lampe sowie an der Außenhaut der Lok und die Zerstörung des Windschutzfensters bestätigten, dass er nicht gestürzt sei, sondern dass eine Berührung von Schädel und Lampe stattgefunden habe.
Entweder habe der Erblasser im Anstoß an die Lampe gestanden, oder - wofür auch eine Wahrscheinlichkeit spreche - er habe gesessen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 19.04.2018 und den schriftlichen Berichterstattervermerk vom 17.05.2018.
Die Klägerinnen haben mit nicht nachgelassenem, nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vom 19.04.2018 eingegangenem Schriftsatz vom 14.05.2018 angekündigt, in Abänderung des Urteils des Landgerichts Hagen zu Ziffer 2 zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie 130.202,90 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 14.05.2018.
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache lediglich teilweise Erfolg.
I.
Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes zum Ausgleich für die vom Erblasser infolge des Unfallereignisses am 06.05.2011 im H-tunnel in Hagen erlittenen Verletzungen in Höhe von 70.000,00 € gemäß §§ 6 S. 2, 1 Abs. 1 HPflG i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB.
1.
Die Klägerinnen sind ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts T vom 19.10.2017 (Az. 6 VI ...#/17) je zu ½-Anteil Erben des am 26.09.2017 verstorbenen Erblassers T, so dass der in der Person des Erblassers gegen die Beklagte entstandene Schmerzensgeldanspruch (hierzu nachfolgend) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Klägerinnen übergegangen ist (vgl. auch zur Vermutungswirkung des Erbscheins § 2365 BGB).
2.
In der Person des Erblassers ist ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 HPflG entstanden.
a)
Die Dampflokomotive ist eine Schienenbahn im Sinne von § 1 Abs. 1 HPflG.
Eine Schienenbahn ist eine dem öffentlichen oder privaten Verkehr dienende Bahn, die Menschen oder Sachen befördern soll und deren Transportmittel sich auf oder in Schienen bewegen (vgl. Kaufmann, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 26. Kapitel, Rn. 3).
Als Eisenbahn ist die Dampflokomotive demnach eine Schienenbahn, da sie eine Transportfunktion erfüllt und sich auf Schienen bewegt.
b)
Ferner wurde ein durch § 1 Abs. 1 HPflG geschütztes Rechtsgut verletzt, indem der Erblasser eine Körperverletzung erlitten hat.
c)
Zur Überzeugung des Senats ist die Verletzung des Erblassers beim Betrieb der Schienenbahn eingetreten.
aa)
Ein Betriebsunfall i.S.v. § 1 Abs. 1 HPflG liegt vor, wenn ein unmittelbarer äußerer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung der Bahn besteht oder wenn der Unfall durch eine dem Bahnbetrieb eigentümliche Gefahr verursacht worden ist. Ein solcher unmittelbarer äußerer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich der Unfall bei der eigentlichen Beförderungstätigkeit ereignet hat. Darüber hinaus muss der Unfall auch in einem inneren Zusammenhang mit einer der vom Bahnbetriebsunternehmer betriebenen Infrastruktur eigentümlichen Gefahr stehen, was der Fall ist, wenn sich in dem Unfall das Risiko des Betriebs des Infrastrukturunternehmens in Zusammenhang mit einem Beförderungsvorgang verwirklicht (vgl. BGH NZV 2004, 245; 2008, 79, Tz. 12).
bb)
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall davon auszugehen, dass der Erblasser seine Verletzung beim Betrieb der Schienenbahn erlitten hat.
(1)
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Erblasser beim Herausschauen mit seinem Kopf gegen die Sicherheitsbeleuchtung im Tunnel gestoßen ist oder ob er innerhalb der Dampflokomotive zu Fall gekommen ist. In beiden Fällen läge ein Betriebsunfall im Sinne von § 1 Abs. 1 HPflG vor.
Dass gemäß den vorstehenden Ausführungen auch die Beklagte als Eisenbahninfrastrukturunternehmen Betriebsunternehmer i.S. des § 1 Abs. 1 HPflG ist, führt jedenfalls bei der Schädigung eines unbeteiligten Dritten in der Regel zu einer gemeinschaftlichen Haftung als Gesamtschuldner, da Verkehrsunternehmen und Infrastrukturunternehmen gemeinsam über den Bahnbetrieb verfügen und erst durch ihr Zusammenwirken die getrennten Gefahrenquellen beider Unternehmen zusammenfließen und gemeinsam als Betriebseinheit das erhöhte Gefahrenpotential bilden, welches die strenge Gefährdungshaftung rechtspolitisch rechtfertigt (vgl. BGH NZV 2004, 245, 246; Kaufmann, a. a. O., Rn. 14).
Demnach kann für die Annahme der Entstehung einer gesamtschuldnerischen Haftung dahinstehen, ob die Rechtsgutverletzung originär einer vom Verkehrsunternehmen oder vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu verantwortenden Gefahrenquelle zuzuordnen ist. Maßgeblich ist allein, dass sich der Unfall bei der eigentlichen Beförderungstätigkeit ereignet und sich das Risiko des Betriebs des Infrastrukturunternehmens im Zusammenhang mit einem Beförderungsvorgang verwirklicht hat.
(2)
Diese Voraussetzungen stehen zur Überzeugung des Senats fest.
(a)
Der Unfall hat sich bei der eigentlichen Beförderungstätigkeit der Schienenbahn ereignet.
Unter dem Betrieb der Schienenbahn sind die technischen Betriebsvorgänge zu verstehen und zwar die eigentliche Beförderungstätigkeit, die spätestens mit dem Anfahren des Zuges beginnt und frühestens mit dem Abstellen des Zuges auf dem Abstellgleis endet. Unter den Begriff fällt nicht nur die Fortbewegung der Wagen zum Zwecke der Beförderung von Personen oder Gütern, sondern auch ihre Bewegung zur Vorbereitung des Transportes oder im Rahmen der Beendigung der Beförderung (Kaufmann, a. a. O., Rn. 17).
Der Unfall hat sich während der Fahrt der Dampflokomotive ereignet, mithin während des technischen Betriebsvorganges im Rahmen der Beförderung des Erblassers sowie der weiteren Mitarbeiter der E gGmbH. Der notwendige unmittelbare örtliche und zeitliche Zusammenhang zwischen dem Betriebsvorgang und dem Schadensereignis besteht demnach.
(b)
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob sich im Streitfall zudem die besonderen Gefahren des Bahnbetriebs verwirklicht haben.
Sowohl ein - von den Klägerinnen behaupteter - Anstoß des Kopfes des Erblassers an der Tunnelleuchte als auch ein etwaiger Sturz des Erblassers innerhalb der Dampflokomotive während der Tunnelfahrt stünde in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fortbewegung der Lokomotive auf der Schiene.
Sofern der Schaden - wie im Streitfall - durch den Bahnbetrieb entstanden ist, ist ein solcher Schadensfall stets dem Bahnbetrieb als Betriebsunfall zuzurechnen, ohne dass es dann darauf ankäme, ob sich bei dem Schadensfall zusätzlich auch eine der dem Bahnbetrieb eigentümlichen besonderen Gefahren verwirklicht hat (BGH NJW 1987, 2445; Kaufmann, a. a. O., Rn. 21).
Zudem hat die Beklagte eine Verletzungsursache, die außerhalb und unabhängig vom Bahnbetrieb eingetreten ist, nicht dargetan. Sie erscheint im Streitfall angesichts der vom Erblasser erlittenen Kopfverletzungen auch schlichtweg nicht denkbar, weil auch ein schwerer Sturz nur dadurch erklärlich wäre, dass sich der Erblasser innerhalb der fahrenden Lok befunden hat.
Entgegen der Ansicht der Beklagten fällt dem Landgericht somit keine unzulässige Wahlfeststellung hinsichtlich der Annahme eines Betriebsunfalls zur Last, da auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen feststeht, dass die Verletzung des Erblassers beim Betrieb der Schienenbahn hervorgerufen wurde, ohne dass es in diesem Zusammenhang einer näheren Aufklärung des Unfallhergangs im Detail bedarf.
d)
Die Beklagte ist ferner Betriebsunternehmer nach § 1 Abs. 1 HPflG und haftet daher für die vom Erblasser erlittenen Schäden.
aa)
Betriebsunternehmer ist, wer eine Bahn für eigene Rechnung benutzt und über den Betrieb die Verfügung hat (BGH NZV 2004, 245; Kaufmann, a. a. O., Rn. 7). Damit ist zwar grundsätzlich die Verfügung über den Bahnbetrieb als Ganzes gemeint, also über Beförderungsmittel und Infrastruktur. Betriebsunternehmer kann aber auch sein, wer lediglich die Herrschaft über einen Teil des Betriebes innehat, wenn das Merkmal des Betreibens auf eigene Rechnung erfüllt ist. Entscheidend ist, dass er gerade durch die Einwirkungsmöglichkeiten und -verpflichtungen hinsichtlich dieses Teils des Betriebes imstande ist, die hiervon ausgehenden Gefahren abzuwenden oder zu verringern (BGH a. a. O.).
bb)
Mit der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das Allgemeine Eisenbahngesetz vom 27.12.1993 wurden die beiden Teilbereiche Fahrbetrieb und Infrastruktur dauerhaft verselbstständigt. Sowohl Eisenbahninfrastrukturunternehmen als auch Eisenbahnverkehrsunternehmen sind nun regelmäßig als Betriebsunternehmer i.S. des § 1 Abs. 1 HPflG anzusehen. Eine Enthaftung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens war mit der Trennung nicht beabsichtigt; etwaige Nachteile für Geschädigte wollte man keinesfalls in Kauf nehmen (BGH a. a. O., 245, 246; NZV 2008, 79, Tz. 10; Kaufmann, a. a. O., Rn. 14).
cc)
Die Beklagte stellt als Eisenbahninfrastrukturunternehmen ihre Infrastruktur und ihre Dienstleistungen den Verkehrsunternehmen zur Verfügung und gestattet deren Benutzung im vertraglich vereinbarten Rahmen. Dafür zahlt das Verkehrsunternehmen ein Entgelt, so dass auch die Beklagte als Eisenbahninfrastrukturunternehmen auf eigene Rechnung tätig ist. Sie verfügt demnach - zusammen mit dem Eisenbahnverkehrsunternehmen - über den Bahnbetrieb und haftet daher als Eisenbahninfrastrukturunternehmen neben dem Eisenbahnverkehrsunternehmen.
e)
Ausschlussgründe für eine Haftung sind von der Beklagten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
aa)
Insbesondere wurde der Unfall nicht durch höhere Gewalt i.S.v. § 1 Abs. 2 HPflG verursacht.
Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit vom Betriebsunternehmen in Kauf zu nehmen ist (BGH NZV 2008, 79, 80, Tz. 14).
An einem derartigen betriebsfremden, unvorhersehbaren Ereignis fehlt es im Streitfall. Wie vorstehend bereits ausgeführt wurde, stehen die Verletzungen des Erblassers in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Fortbewegung der Eisenbahn auf der Schiene, wobei sich die besonderen Gefahren des Bahnbetriebs verwirklicht haben. Betriebsfremde Ereignisse haben demgegenüber nicht erkennbar zum Unfallgeschehen beigetragen.
bb)
Auch die Voraussetzungen eines Ausschlusses nach § 1 Abs. 3 HPflG liegen nicht vor.
cc)
Zutreffend hat ferner das Landgericht entschieden, dass entgegen der Ansicht der Beklagten in der Berufungsbegründung ein Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 SGB VII nicht eingreift, da der Kläger nicht bei der Beklagten beschäftigt war. Den von der Beklagten geltend gemachten Widerspruch in den Entscheidungsgründen vermag der Senat nicht zu erkennen.
Nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben.
Der Erblasser war jedoch weder bei der Beklagten beschäftigt noch stand er zu ihr in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung. Dies ist jedoch Voraussetzung für einen Ausschluss des Anspruchs nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII.
3.
Die Beklagte schuldet den Klägerinnen aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1 Abs. 1, 6 S. 2 HPflG, 1922 Abs. 1 BGB ein Schmerzensgeld, welches der Senat unter Berücksichtigung der Grundsätze der gestörten Gesamtschuld in Höhe von 70.000,00 € als angemessen erachtet.
a)
Der Anspruch auf Schmerzensgeld soll den vom Verletzten erlittenen immateriellen Schaden angemessen ausgleichen. Der Verletzte soll einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten Genugtuung verschaffen (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 253, Rn. 4 m. w. N.).
Angesichts der vom Erblasser erlittenen erheblichen unfallbedingten Verletzungen und seines Leidensweges erachtet der Senat ein Schmerzensgeld in der von den Klägerinnen geltend gemachten Höhe von 100.000,00 € entgegen der Einschätzung der Beklagten im Grundsatz für angemessen und keinesfalls überzogen.
aa)
Der Erblasser erlitt unfallbedingt mehrere Gesichtsfrakturen, unter anderem eine Schädelfraktur und bedingt hierdurch ein schweres Schädelhirntrauma sowie damit einhergehende intercelebrale Hirnblutungen, die zu axonalen Schädigungen führten. Nach seiner stationären Behandlung in der Zeit vom 06.05.2011 bis zum 17.06.2011 im Universitätsklinikum C3 wurde der Erblasser in der I2 Klinik I3-B in der Zeit vom 17.06.2011 bis zum 18.08.2011 weiterbehandelt. Anschließend wurde er in das Pflegefachzentrum L in X verlegt, wo er bis zu seinem Tode am 26.09.2017 rund um die Uhr versorgt und gepflegt wurde, ohne dass sich sein Gesundheitszustand in dieser Zeit verändert hat.
Die Klägerin zu 2., Schwester des Erblassers, hat anlässlich ihrer persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2018 noch einmal anschaulich geschildert, dass der Erblasser nach dem Unfall nicht mehr ansprechbar gewesen sei.
Die erlittenen Verletzungen haben das Leben des Erblassers in erheblichem Maße über einen Zeitraum von über sechs Jahren beeinträchtigt.
bb)
Damit bewegt sich der Senat nicht außerhalb des sich aus der Rechtsprechung ergebenden Rahmens vergleichbarer Fälle von Gehirnschädigungen, welche zur Pflegebedürftigkeit des Verletzten führen (vgl. die aufgeführten Fälle bei Slizyk, Beck'sche Schmerzensgeldtabelle, 14. Aufl., "Gehirnschädigung mit Pflegefall als Folge").
b)
Ein Mitverschulden des Verletzten ist bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes ein wichtiger Bewertungsfaktor (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., Rn. 20). Die hierfür beweisbelastete Beklagte (vgl. Weinland in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 4 HaftPflG, Rn. 51) hat jedoch im Streitfall ein Mitverschulden des Erblassers an der Entstehung seiner Verletzung nach Maßgabe der §§ 4 HPflG, 254 BGB nicht zu beweisen vermocht.
aa)
Es steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest, dass der Erblasser durch ein fahrlässiges Verhalten ohne Anstoß an die Notleuchte im Tunnel in der Lokomotive zu Fall gekommen und sich hierdurch seine Kopfverletzungen zugezogen hat. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Erblasser seine Kopfverletzungen durch einen Anstoß an die Tunnelleuchte zugezogen hat.
(1)
Den eigentlichen Unfallhergang haben die an der Fahrt teilnehmenden Mitarbeiter der E gGmbH nicht beobachtet.
Der Erblasser konnte aufgrund der erlittenen Verletzungen ebenfalls keine Angaben mehr zum Unfallverlauf machen.
(2)
Die Beklagte hat nicht beweisen können, dass sich der Unfall tatsächlich ohne Anstoß an die Notleuchte zugetragen hat und allein auf einem fahrlässigen Verhalten des Erblassers beruht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht vielmehr fest, dass sich der Erblasser die Verletzungen beim Anstoß an die Notleuchte zugezogen hat.
(a)
Unstreitig haben die Mitarbeiter der E gGmbH, welche sich während der Fahrt ebenfalls im Führerstand der Dampflokomotive aufhielten, kurz vor Tunnelende ein Aufprallgeräusch auf der Lok bemerkt. Als wieder Licht in die Lokomotive fiel, sahen die Mitarbeiter, dass der Erblasser mit einer Kopfverletzung regungslos auf dem Boden lag. Den diesbezüglichen Vortrag der Klägerinnen in der Klageschrift hat die Beklagte nicht bestritten.
Das zu vernehmende Aufprallgeräusch spricht gegen die Annahme, der Erblasser sei selbstverschuldet aus Unachtsamkeit in der Lokomotive zu Fall gekommen. Vielmehr deutet es darauf hin, dass er während der Fahrt mit einem Gegenstand kollidiert ist.
(b)
Gegen einen Sturz aus Unachtsamkeit und für einen Anstoß an die Notleuchte sprechen ferner die Feststellungen der Bundespolizeiinspektion E im Einsatzbericht vom 06.05.2011 in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft I (Az. 400 UJs ...#/11), welche durch Fotos belegt sind.
Danach hat die Bundespolizei Blutanhaftungen an der Außenhaut der Lokomotive hinter dem geöffneten Fenster in Fahrtrichtung rechts feststellen können, an welchem sich der Erblasser unstreitig befunden hat.
Das vom Triebwagen abstehende Sichtfenster in Gegenrichtung, welches zum Schutz des geöffneten Fensters dient, war ferner leicht weggedreht.
Eine der Beleuchtung dienende Lampe im H-tunnel war darüber hinaus leicht in Fahrtrichtung verbogen. An der Lampe waren Blutanhaftungen erkennbar.
Es ist angesichts der Kopfverletzungen des Erblassers weder ersichtlich noch wahrscheinlich, dass die Blutanhaftungen durch ein anderes Ereignis an die Lampe und die Lokomotive gelangt sein können, zumal die Lampe in einer Höhe von mehr als 2,50 m angebracht war.
(c)
Die Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. H schließen entgegen der Auffassung der Beklagten die Annahme eines Anstoßes des Erblassers an der Lampe nicht aus. Insbesondere steht nicht fest, dass die vom Sachverständigen ermittelten Höhenverhältnisse zu der Annahme führen, dass sich der Erblasser nicht nur aus dem Fenster hinaus gelehnt haben müsste, sondern gleichzeitig den Kopf nach unten gehalten haben müsste, um überhaupt gegen die Lampe geraten zu können, da sich die Oberkante der Lampe unterhalb der Fensterunterkante der Lokomotive befunden hat.
(aa)
In seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 14.02.2014 hatte der Sachverständige gemäß Beweisbeschluss des Landgerichts vom 08.08.2013 die Frage zu beantworten, ob sich der Erblasser im Zeitpunkt des Unfalls um mehr als 450 mm aus der Lok gebeugt hat.
Die Beauftragung des Sachverständigen erfolgte vor dem Hintergrund, dass damals ein Anstoß des Erblassers an die Tunnelleuchte zwischen den Parteien unstreitig war und die Voraussetzungen für die Annahme eines Mitverschuldens des Erblassers durch ein zu weites Hinauslehnen aus der Lok zu prüfen waren.
Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Hinauslehnen von 450 mm und mehr eine ungewohnte Körperhaltung, Instabilität im Stand und das subjektive Empfinden provoziere, sich sehr weit hinauszulehnen. Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige angenommen, dass sich der Erblasser im Zeitpunkt des Unfalls nicht um mehr als 450 mm aus der Lok gebeugt habe.
Anlässlich der mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 01.08.2014 vor dem Landgericht ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Abstand zur Lampe noch dadurch vergrößert habe, dass die Lokomotive einen Rechtsbogen durchfahren hat.
(bb)
Mit Beweisbeschluss vom 20.05.2015 hat das Landgericht dem Sachverständigen aufgegeben, sein bisheriges Gutachten schriftlich zu ergänzen und Angaben dazu zu machen, ob und um welche konkrete Entfernung sich der bislang festgestellte Abstand zwischen dem Fenster der Lokomotive zu der Lampe verändert unter Berücksichtigung der Überhöhung der Außenschiene.
In seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 27.10.2015 hat der Sachverständige Dipl.-Ing. H nachvollziehbar festgestellt, dass sich unter Einbeziehung dynamischer Einflüsse auf die Fahrt der Lokomotive im Gleis die Unterkante des Seitenfensters des Heizers in Richtung der Oberkante der Lampe absenken kann und sich dabei auf 158 mm der Lampe nähert. Die Oberkante der Lampe hätte sich dabei 62 mm unter der Fensterunterkante der Lokomotive befunden. Der Sachverständige hat daraus den Schluss gezogen, dass der Erblasser im Fenster gelehnt haben müsse und mit einem seitlich und eventuell nach unten aus dem Fenster ragenden Körperteil an die Lampe angestoßen sein müsse.
Anlässlich der mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Ergänzungsgutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2016 hat der Sachverständige jedoch eingeräumt, dass er über keine Angaben zu Berechnung der sog. Federkennlinie verfügt habe. Diese beschreibe, welche Kraft erforderlich sei, um die Federn der Lokomotive in einem bestimmten Weg zu beugen. In seinem schriftlichen Sachverständigengutachten habe er bei seinen Berechnungen einen Federweg von 25,17 mm als plausibel angenommen. Sei der Federweg größer als 45,17 mm, so wanderte die Fensterunterkante weiter nach unten Richtung Oberkante der Lampe. Zudem gebe es noch zusätzliche, nicht berechenbare Bewegungen der Lokomotive, die schon bei der Geradeausfahrt nach links und rechts hin und her schwanke. Auch in der Kurvenfahrt träten solche Schwankungen auf.
(cc)
Der Sachverständige Dipl.-Ing. H hat schließlich seine bisherigen schriftlichen Sachverständigengutachten in der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2018 vor dem Senat nochmals mündlich erläutert.
Er ist unter Hinweis auf seine bisherigen schriftlichen Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Abstand von 158 mm zur Leuchte möglich sei. Die Schienenüberhöhung solle höhere Kurvengeschwindigkeiten ermöglichen. Bei langsameren Fahrzeugen werde die Lokomotive durch die stärkere Gravitation jedoch nach innen gezogen, so dass das Fenster weiter unten zu verorten sei. Dazu bewege sich das Fahrzeug in den Federn. Bei statischer Betrachtung der Differenz zwischen Lampe und Fensterunterkante könne die Fensterunterkante ein kleines Stück unter der Lampe gewesen sein, so dass ein Zusammenstoß nicht auszuschließen sei. Sofern eine schlechte Gleislage infolge zerstörten Schotters vorliege, was nicht unnormal sei, könnten weitere 10 mm erreicht werden.
(dd)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist mithin technisch möglich, dass der Erblasser mit seinem Kopf gegen die Leuchte gestoßen ist.
Die Höhe der Notleuchte wurde nach dem Unfall mit 2.613 mm vermessen. Die Fensterunterkante der Lokomotive liegt mit einer Höhe von 2.750 mm zwar darüber. Unter Berücksichtigung der Überhöhung der Kurve, der Querverschiebung des Fahrzeugs in der Kurve, der Wankbewegungen der Lokomotive sowie der Federwege der Lokomotive hat der Sachverständige ausdrücklich eine Zusammenstoß nicht ausschließen können, zumal weitere nicht quantifizierbare dynamische Einflüsse hinzukommen, die einer Berechnung nicht zugänglich sind. Zudem kann sich der seitliche Abstand zwischen der Unterkante des Seitenfensters und der Notleuchte auf lediglich 158 mm verringert haben.
In Zusammenschau mit den vorstehend bereits dargelegten Umständen, die für einen Anstoß des Erblassers an die Lampe sprechen, vermag der Senat ein Mitverschulden des Erblassers durch einen Sturz des Erblassers aus Unachtsamkeit nicht als bewiesen anzusehen. Vielmehr geht der Senat auf der Grundlage einer Gesamtschau aller Umstände von einem Anstoß des Erblassers gegen die Leuchte aus.
bb)
Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes kann ferner nicht zulasten der Klägerinnen festgestellt werden, dass sich der Erblasser pflichtwidrig unnötig weit während der Fahrt durch den Tunnel aus dem Fenster gelehnt hat und aus diesem Grund gegen die Tunnelleuchte gestoßen ist. Auch diese Behauptung hat die Beklagte nicht zu beweisen vermocht.
(1)
Im Zeitpunkt des Unfalls galt die Berufsgenossenschaftliche Unfallverhütungsvorschrift BGV D30 "Schienenbahnen". In § 30 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift ("Verhalten auf Schienenfahrzeugen während der Fahrbewegung") ist geregelt, dass sich Versicherte auf Schienenfahrzeugen während der Fahrbewegung so zu verhalten haben, dass sie nicht gefährdet werden.
Gemäß Nr. 5 der Durchführungsanweisung zu § 30 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift gilt diese Forderung als erfüllt, wenn Versicherte sich nicht unnötig oder weit hinausbeugen.
(2)
Es steht nicht fest, dass der Erblasser gegen diese Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat.
(a)
Das Hinauslehnen des Erblassers aus dem Fenster im gebotenen Maße zum Zwecke der Streckenbeobachtung gehörte zu seinen Aufgaben und erfolgte daher dem Grunde nach pflichtgemäß und nicht unnötig.
Der Heizer auf einer Dampflokomotive ist nicht allein für die Bedienung des Dampfkessels zuständig. Darüber hinaus hat er sich an der Strecken- und Signalbeobachtung zu beteiligen und den Triebfahrzeugführer dahingehend zu unterstützen. Diese Aufgabenverteilung steht fest auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. H in dessen schriftlichem Sachverständigengutachten am 14.02.2014 (so auch die Ausführungen zu Ziffer 4.7 des Abschlussberichtes des Eisenbahnbundesamtes vom 13.07.2011 über das streitgegenständliche Unfallereignis, Anlage K6 zur Klageschrift). Der Sachverständige nimmt dort vollinhaltlich Bezug auf die Feststellungen des Privatsachverständigen C in dessen Privatgutachten vom 14.02.2013 (Anlage K9 zum Schriftsatz der Klägerinnen vom 05.04.2013).
Der Privatsachverständige C hat in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten - insoweit von der Beklagten unangegriffen - ausgeführt, dass die zuletzt zum Dampflokbetrieb zugehörigen Regelwerke der Deutschen Bundesbahn von 1965 auch heute noch für den Museumsdampflokbetrieb zugrunde gelegt würden, weil sie sich in der Praxis bewährt hätten. In der Zugförderungsvorschrift der Deutschen Bundesbahn DV 948 B/1 vom 01.01.1965 sei in § 3 b) geregelt, dass der Heizer den Lokomotivführer bei Zugfahrten in der Strecken- und Signalbeobachtung zu unterstützen habe, sobald es dessen Tätigkeit bei der Bedienung des Kessels samt Hilfseinrichtungen erlaube. Die Regel nehme zudem Bezug auf die DV 408 (Fahrdienstvorschrift), welche in § 51 Abs. 2 regele, dass der Lokomotivheizer sich an der Beobachtung beteilige, insbesondere bei Fahrten mit dem Tender voran und bei Rangierfahrten.
(b)
Dass die konkrete Art und Weise der Erfüllung dieser Beobachtungsaufgaben durch den Erblasser in einer ein Mitverschulden begründenden Weise erfolgte, steht ebenfalls nicht fest.
(aa)
Der Senat geht nicht davon aus, dass sich der Erblasser zum Zwecke der Strecken- und Signalbeobachtung erst ab dem Tunnelende hätte aus dem Fenster lehnen dürfen.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Unfallverhütungsvorschrift dem Heizer gebietet, erst ab dem Tunnelende die Strecken- und Signalbeobachtung wieder aufzunehmen.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. H hat auf entsprechende Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2018 zudem ausgeführt, dass das Licht im Tunnel für die Signalerkennung zwar nicht ausreiche. Relevante Tunnelsignale seien jedoch immer beleuchtet und nur zu sehen, wenn man aus der Lokomotive herausschaue.
Vor diesem Hintergrund vermag der Senat keine Obliegenheitsverletzung des Erblassers darin zu erkennen, dass er die Beobachtung bereits im Tunnel aufgenommen hat.
(bb)
Ferner steht nicht fest, dass sich der Erblasser unnötig weit aus dem Fenster der Lokomotive herausgelehnt hat.
(?)
Soweit die Beklagte erstinstanzlich behauptet hat, der Erblasser habe seinen Kopf mehr als 450 mm aus der Lok gebeugt, da es anderenfalls nicht zum Kontakt mit der Lampe gekommen wäre, ist dem nicht zu folgen.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. H hat bereits in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 14.02.2014 ausgeführt, dass eine derartige Hinauslehnweite selbst bei der Größe des Erblassers zu einer ungewohnten Körperhaltung und einer Instabilität im Stand führe. Bei einer derartigen Konstellation trete das Gefühl ein, sich weit aus der Lokomotive hinaus zu lehnen, was als unangenehm - weil bedrohlich und instabil - empfunden werde. Es bestehe eine natürliche Hemmschwelle, einen solchen instabilen Zustand herbeizuführen. Zudem habe aus der betrieblichen Situation keine Notwendigkeit bestanden, sich 450 mm und mehr aus dem Fenster hinaus zu lehnen.
Im Senatstermin vom 19.04.2018 hat der Sachverständige noch einmal bekräftigt, dass zudem der Tunnel als solcher Eindruck einflöße und man daher als Eisenbahner bei der Herausschau eine gewisse Vorsicht walten lasse.
(?)
Der Senat vermag auch nicht anzunehmen, dass sich der Erblasser zwar weniger als 450 mm, aber gleichwohl unnötig weit über die Breite des Windabweisers aus dem Fenster gelehnt hat.
Der einklappbare Windabweiser hat nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. H in dessen schriftlichem Sachverständigengutachten vom 14.02.2014 bei senkrechter Stellung eine Breite von 140 mm.
Der Sachverständige hat ferner in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 27.10.2015 ermittelt, dass sich die Unterkante des Seitenfensters der Lokomotive jedenfalls auf 158 mm der Lampe nähern kann.
Allerdings handelt es sich hierbei um eine rein statische Berechnung, wie der Sachverständige im Senatstermin vom 19.04.2018 ausgeführt hat. Hinzu kommen die Auswirkungen durch die Bewegung der Lokomotive während der Fahrt. Durch die Schienenerhöhung wird das Fahrzeug bei langsamer Fahrt nach innen gezogen, so dass es sich zusätzlich Richtung Tunnelwand bewegt.
Angesichts des zusätzlichen Umstandes, dass es - wie zuvor bereits ausgeführt wurde - aus der betrieblichen Situation keine Veranlassung gegeben hat, sich weit aus dem Fenster zu lehnen und der Respekt vor dem Tunnel als solchem zudem eine gewisse Vorsicht bei Eisenbahnen walten lässt, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Erblasser unnötig weit aus dem Fenster gelehnt hat. Es ist in diesem Zusammenhang zudem nicht auszuschließen, dass der Windabweiser deshalb keine mechanischen Beschädigungen aufgewiesen hat, weil er nicht senkrecht gestanden und damit weniger als 140 mm nach außen geragt hat. Jedenfalls im Zeitpunkt der polizeilichen Unfallaufnahme war das Sichtfenster ausweislich des Einsatzberichtes der Bundespolizeiinspektion Dortmund vom 06.05.2011 leicht weggedreht.
(?)
Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es im Zusammenhang mit den Feststellungen zu einem etwaigen Mitverschulden des Erblassers keiner Einholung eines interdisziplinären Gutachtens eines forensisch erfahrenen Pathologen im Zusammenhang mit dem technischen Gutachten.
Im Schriftsatz vom 01.02.2016 hat die Beklagte erstinstanzlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens eines forensisch tätigen Rechtsmediziners zur Aufklärung der Frage beantragt, von welcher Unfallmechanik überhaupt ausgegangen werden könne, welche Rückschlüsse aus den Verletzungen des Erblassers gezogen werden könnten und in welcher Körperhaltung sich der Erblasser im Unfallzeitpunkt befunden haben müsse. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung angenommen, dass es bei dem Beweisantritt der Beklagten an einer konkreten Tatsachenbehauptung fehle, die dem Beweis zugeführt werden soll.
Soweit die Beklagte nunmehr in der Berufungsbegründungsschrift Beweis durch Einholung eines schriftlichen interdisziplinären Sachverständigengutachtens antritt zu ihrer Behauptung, der Erblasser müsse sich über die Breite der Windschutzscheibe seitlich aus der Lokomotive ausgelegt haben, ist dieser Beweisantritt als neues Angriffsmittel gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO in der Berufungsinstanz nicht mehr zuzulassen.
Im Übrigen sind die im oberen Kopfbereich eingetretenen Verletzungen auch ohne Einholung eines weiteren Sachverständigen Gutachtens dadurch erklärlich, dass der Erblasser seinen Kopf seitlich auf das geöffnete Fenster gelegt haben kann.
c)
Entgegen der Auffassung der Beklagten müssen sich die Klägerinnen bei der Bemessung der angemessenen Höhe des Schmerzensgeldes die Betriebsgefahr der auch vom Erblasser als Heizer betriebenen Lokomotive im Rahmen einer Abwägung nach § 13 HPflG nicht zu ihren Lasten entgegenhalten lassen.
Obwohl der Erblasser als Heizer auf der Dampflokomotive tätig war, ist er dennoch als Dritter anzusehen und nicht als Ersatzpflichtiger.
aa)
§ 13 Abs. 1 HPflG regelt die Ersatzpflicht im Innenverhältnis zwischen mehreren nach § 1 HPflG und/oder § 2 HPflG einem Dritten gegenüber Haftpflichtigen.
Gemäß § 13 Abs. 2 HPflG gilt Abs. 1 der Vorschrift auch für das Außenverhältnis mehrerer nach § 1 HPflG und/oder § 2 HPflG Haftpflichtiger.
§ 13 Abs. 3 HPflG sieht für innerhalb des Verkehrsraumes einer öffentlichen Straße betriebene Schienenbahnen bei Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausschluss der Ersatzpflicht vor.
Schließlich ordnet § 13 Abs. 4 HPflG die entsprechende Geltung der Regelungen der Absätze 1-3 für den Fall an, dass neben den nach § 1 HPflG und/oder § 2 HPflG Ersatzpflichtigen ein anderer für den Schaden kraft Gesetzes verantwortlich ist (vgl. Weinland in: Freymann/Wellner, a. a. O., § 13 HPflG, Rn. 2).
bb)
Keine dieser Fallgruppen ist im Streitfall einschlägig. Insbesondere bestand keine persönliche Haftung des Erblassers nach § 1 HPflG, da er nicht Betriebsunternehmer war. Damit besteht ein Unterschied zu den Fällen des § 17 Abs. 2, 3 StVG bzw. § 18 Abs. 3 StVG, in denen der Anspruchsberechtigte seinerseits ebenfalls aus Gefährdungshaftung bzw. unter dem Gesichtspunkt eines vermuteten Verschuldens haftet.
d)
Allerdings führen im Streitfall die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs zu einer Verringerung des angemessenen Schmerzensgeldanspruchs der Klägerinnen auf einen Betrag von 70.000,00 €.
aa)
Nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs können in den Fällen, in denen zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis besteht, Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre. Grundsätzlich vermindert sich im Falle der einem Schuldner gewährten gesetzlichen Haftungsfreistellung der Anspruch gegen den verbliebenen Schädiger auf den ihm im Innenverhältnis anzulastenden Anteil. Der Zweitschädiger wird folglich in Höhe des Verantwortungsteils, der im Innenverhältnis auf den Erstschädiger entfiele, würde man dessen Haftungsprivilegierung wegdenken, freigestellt. (BGH NZV 2004, 188, 189; BeckOK BGB/Gehrlein, 46. Ed. 01.05.2018, BGB § 426 Rn. 13; Filthaut, Haftpflichtgesetz, 9. Aufl., § 13, Rn. 8)
bb)
Im Streitfall war die zivilrechtliche Schadensersatzpflicht der E2 gGmbH gegenüber dem Erblasser nach § 104 Abs. 1 SGB VII eingeschränkt.
Im Grundsatz haftete die E2 gGmbH als Betriebsunternehmerin, welche die Dampflokomotive für eigene Rechnung nutzt und über deren Betrieb die Verfügung hat, ohne den Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 SGB VII dem Erblasser als Gesamtschuldnerin mit der Beklagten für die dem Erblasser entstandenen Schäden gemäß § 1 Abs. 1 HPflG.
Der Erblasser stand jedoch zur E2 gGmbH in einer die gesetzliche Unfallversicherung begründenden Beziehung, wie die Klägerin zu 2. anlässlich ihrer persönlichen Anhörung im Senatstermin vom 19.04.2018 eingeräumt hat.
Von dem Haftungsausschluss ist der Anspruch auf Schmerzensgeld ebenfalls erfasst (vgl. BGH NZV 2007, 453, Tz. 8).
cc)
Nach den vorstehend beschriebenen Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs kommt es vor diesem Hintergrund darauf an, welcher Haftungsanteil auf die Beklagte im Innenverhältnis zur E2 gGmbH entfiele, wenn keine Freistellung durch das Haftungsprivileg erfolgte.
Der Senat nimmt eine Haftungsverteilung zwischen den beiden Schädigern im Verhältnis 30 % zu 70 % zulasten der Beklagten vor.
(1)
Sofern nicht ein anderes bestimmt ist, sieht § 426 Abs. 1 eine Haftung nach Kopfteilen vor.
Eine gesetzliche Regel über die Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern findet sich jedoch in § 13 Abs. 1 HPflG. Danach bemisst sich im Streitfall das Maß der internen Beteiligung der Haftpflichtigen nach den Umständen der Schadenszufügung, insbesondere danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Schädiger verursacht bzw. verschuldet worden ist (vgl. hierzu auch MüKoBGB/Bydlinski, 7. Aufl. 2016, BGB § 426 Rn. 21).
(2)
Bei Anwendung der vorstehend dargelegten Grundsätze geht der Senat davon aus, dass bei der Bemessung der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes zu berücksichtigen ist, dass die E2 gGmbH im Verhältnis zur Beklagten ohne Haftungsprivilegierung im Umfang von 30 % verpflichtet wäre, die Beklagte demgegenüber im Umfang von 70 %.
(a)
Auf Seiten der E2 gGmbH ist die Betriebsgefahr der Dampflokomotive im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigen. Die von der Dampflokomotive ausgehende Betriebsgefahr erachtet der Senat höher als die von sonstigen Triebfahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr, da die Dampflokomotive im Unfallzeitpunkt rückwärts gefahren ist und sich der Erblasser zum Zwecke der Strecken- und Signalbeobachtung seitlich aus dem Führerstand hinauslehnen musste.
Demgegenüber steht nicht fest, dass sich der Erblasser unnötig weit aus dem Fenster der Lokomotive gelehnt hat. Auf die diesbezüglichen vorstehenden Ausführungen nimmt der Senat Bezug.
(b)
Der Beklagten fällt im Rahmen der Abwägung die Betriebsgefahr erhöhend zur Last, dass durch die Signalleuchte der Regellichtraum der Tunnelstrecke in unzulässiger Weise verengt war. Ohne Erfolg rügt die Beklagte, das Landgericht habe die maßgebliche Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO fehlerhaft interpretiert.
(aa)
Die Eisenbahn-Bauund Betriebsordnung (EBO) regelt in § 9 (Regellichtraum) die Größe des Regellichtraumes. In der Anlage 1 zu § 9 EBO wird der Regellichtraum anhand einer bemaßten Zeichnung exakt definiert. Ferner enthält die Anlage 1 zu § 9 EBO Angaben zur Zulässigkeit von Einragungen in den Regellichtraum. Zulässig sind danach Einragungen von baulichen Anlagen, wenn es der Bahnbetrieb erfordert (z.B. Bahnsteige, Rampen, rangiert Einrichtungen, Signalanlagen), sowie Einragungen bei Bauarbeiten, wenn die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen sind.
Gemäß den Feststellungen des Eisenbahnbundesamtes im Abschlussbericht vom 13.07.2011 zum streitgegenständlichen Unfallereignis befand sich die Lampe im Bereich A des Regellichtraums.
Dieser Bereich muss, abgesehen von den oben genannten Einschränkungen, deren Voraussetzungen im Streitfall jedoch nicht vorliegen, auf einer Breite von 2.500 mm, von der Gleisachse aus gemessen, freigehalten werden.
Sollte im Streitfall davon auszugehen sein, dass sich die Lampe im Bereich B des Regellichtraumes befand, hätte dieser zumindest auf einer Breite von 2.200 mm, von der Gleisachse aus gemessen, freigehalten werden müssen.
Ausweislich des von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 21.12.2012 überreichten Tunnelmessprotokolls über eine Messung am 19.05.2011 betrug der Abstand der Lampe zur Gleisachse 1.898 mm. Eine nach der Installation der Lampe durchgeführte Messung vom 03.06.2009 ergab ausweislich des von der Beklagten ebenfalls als Anlage zum Schriftsatz vom 21.12.2012 überreichten Tunnelmessprotokolls einen Abstand zur Gleisachse von 1.906 mm (vgl. Messprotokoll GA I 81).
Die Vorgaben der Anlage 1 zu § 9 EBO sind demnach grundsätzlich nicht eingehalten, unabhängig davon, ob sich die Lampe im Bereich A oder B des Regellichtraumes befand.
(bb)
Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen auch die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Maßgabe der Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO nicht vor, da im H-tunnel nicht ausschließlich Stadtschnellbahnfahrzeuge verkehren.
(?)
S. 1 der Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO sieht vor, dass bei Gleisen, auf denen ausschließlich Stadtschnellbahnfahrzeuge verkehren, die Maße um 100 mm verringert werden dürfen. S. 2 bestimmt, dass in Tunneln sowie unmittelbar angrenzenden Einschnittsbereichen die Verringerung der halben Breite des Regellichtraums auf 1.900 mm zulässig ist, sofern besondere Fluchtwege vorhanden sind. S. 3 stellt schließlich klar, dass sich die Neigung der Schrägen nicht ändert.
Nach Auslegung des Senats sind in der Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO nicht zwei alternativ eingreifende Ausnahmefälle normiert mit der Folge, dass die Regelung in S. 2 der Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO betreffend Tunnel nicht nur für den Stadtschnellbahnverkehr gilt, sondern auch für Reisezüge. Vielmehr gelten die beiden Sätze der Fußnote kumulativ, so dass der in S. 2 geregelte Ausnahmefall nur bei ausschließlichem Stadtschnellbahnverkehr eingreift. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben, da im H-tunnel auch Güterzüge und Reisezüge verkehren.
Dieses Verständnis der Regelung folgt aus dem Regelungszusammenhang von S. 1 und S. 2, Sinn und Zweck sowie der Gesetzgebungsgeschichte.
(?)
Ausweislich des Abschlussberichtes des Eisenbahnbundesamtes vom 13.07.2011 zum streitgegenständlichen Unfallereignis versteht die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO ebenfalls in der Weise, dass eine Verringerung des Regellichtraums in Tunneln nach Maßgabe des S. 2 der Fußnote nur dann zulässig ist, wenn dort ausschließlich Stadtschnellbahnfahrzeuge verkehren. Diese Rechtsauffassung entspricht damit der Verwaltungspraxis.
Die von der Beklagten selbst eingeführten Regeln zur Planung und zum Bau von Eisenbahntunneln - niedergelegt in der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 11.04.2018 überreichten Richtlinie 853.9001 (Gültigkeit ab 01.12.2012) - sehen jedenfalls nunmehr ein eingeschränktes Lichtraumprofil mit 1.900 mm Breite ebenfalls nur für Stadtschnellbahnen vor (Richtzeichnungen T-S-B-K-1-01 bis T-S-B-K-1-04).
Ferner entspricht diese Interpretation auch der in der Fachliteratur vertretenen Auffassung (vgl. Schmitt und Jänsch, in: Fendrich/Fengler, Handbuch Eisenbahninfrastruktur, 2. Aufl., S. 314).
Schließlich folgt die vom Senat vorgenommene Interpretation der Vorschrift auch aus der Gesetzgebungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Regelung. Wie der vom Erblasser beauftragte Privatsachverständige Dipl.-Ing C in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 14.02.2013 (Anl. K9 zum Schriftsatz der Klägerinnen vom 05.04.2013) - insoweit von der Beklagten unwidersprochen - ausgeführt hat, wurden die bei Errichtung des H-tunnels geltenden Vorschriften hinsichtlich des Regellichtraums von damals 2.200 mm eingehalten. Erst im Zuge der Änderung der EBO im Jahr 1991 wurde das Lichtraumprofil auf die heute gültigen Maße erweitert, um den Lichtraum den Erfordernissen des modernen Verkehrs anzupassen. In diesem Zuge wurde auch festgelegt, dass der Lichtraum bei Stadtschnellbahnen auf eine Breite von 1.900 mm reduziert werden darf, um den Aufwand beim Bau der Tunnelstrecken zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund würde die von der Beklagten vertretene Interpretation der maßgeblichen Vorschrift dem Ziel der Anpassung des Lichtraums an den modernen Eisenbahnverkehr entgegenstehen, da die Neuregelung unter dem Gesichtspunkt der Betriebssicherheit durch die generelle Verringerung des Regellichtraums in Tunneln hinter den bis dahin bestehenden Standards zurückgetreten wäre.
Der Inhalt der als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 12.12.2012 überreichten privatgutachterlichen Stellungnahme der N GmbH vom 07.03.2012 vermag an dem Verständnis des Senats vom Inhalt der Fußnote 1 nichts zu ändern. Der Privatsachverständige H2 erachtet den Inhalt der Fußnote 1 für nicht eindeutig und beruft sich für seine Auffassung, S. 2 der Fußnote beziehe sich auf sämtliche Tunnelstrecken, auf die bisherige Interpretation durch die Planer, die Beklagte und die Genehmigungsbehörde, weil nur so zu erklären sei, dass weitere Tunnelanlagen mit gleicher Tunnelbeleuchtung ausgestattet worden seien. Der Privatsachverständige befasst sich jedoch nicht mit dem Sinn und Zweck der Norm und der Gesetzgebungsgeschichte. Allein der Hinweis auf das bisherige Verständnis bestimmter Verkehrskreise vom Inhalt der Fußnote 1 stellt aus Sicht des Senats kein überzeugendes Argument für die zu entscheidende Rechtsfrage dar, wie der Inhalt der Fußnote 1 tatsächlich zu verstehen ist.
(?)
Der Senat war auch nicht gehalten, dem Beweisantritt der Beklagten durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzukommen, obwohl die Frage nach der Größe des Regellichtraums als Infrastrukturthema nicht in das Fachgebiet des Sachverständigen Dipl.-Ing. H fällt und dieser hierzu folglich keine sachverständigen Feststellungen treffen konnte.
Kenntnis, Feststellung, Auslegung und Anwendung des Rechts ist Sache des Gerichts (vgl. Musielak/Voit/Huber, 15. Aufl. 2018, ZPO § 293 Rn. 1). In welchem Sinne die Regelung in der Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO zu verstehen ist, hat daher der Senat zu beurteilen, ohne dass eine Begutachtung durch einen Sachverständigen zu erfolgen hat, welche - von den Fällen des § 293 ZPO abgesehen - nur bei streitigen Tatsachen in Auftrag zu geben ist.
Soweit die Beklagte sich auf ein Sachverständigengutachten berufen hat für ihre Behauptung, dass ihre Verantwortlichen für den Tunnelbau sowie sämtliche Aufsichtsbehörden die Fußnote 1 der Anlage 1 zu § 9 EBO bislang gemäß ihrem Verständnis interpretiert hätten, so dass sie letztlich kein Verschulden treffe, bedurfte es ebenfalls nicht der ergänzenden Beweiserhebung, da auch bei Unterstellung der von der Beklagten behaupteten Verwaltungspraxis als wahr die unzulässig angebrachte Tunnelleuchte im Rahmen der Gefährdungshaftung nach § 1 HPflG zu beachten ist, ohne dass es hierfür auf ein Verschulden der Beklagten ankommt. Angesichts der oben dargestellten Auslegungskriterien wäre ein Fehlverständnis der Beklagten im Übrigen durch Fahrlässigkeit bedingt.
(c)
Als Ergebnis der Abwägung der der Beklagten und der E2 gGmbH jeweils zuzurechnenden gefahrerhöhenden Umstände geht der Senat von einer Haftungsquote der E2 gGmbH von 30 % und der Beklagten von 70 % im Innenverhältnis aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach Auffassung des Senats eine deutlich größere Betriebsgefahr von der durch die Beklagte regelwidrig angebrachte Tunnelleuchte ausgegangen ist. Letztlich hat sich diese Betriebsgefahr auch konkret ausgewirkt, da der Erblasser mit seinem Kopf gegen die Lampe gestoßen ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen eingangs der Gründe dieser Entscheidung wird an dieser Stelle Bezug genommen.
Im Ergebnis führt die Abwägung der Verantwortlichkeiten zu einer Festlegung des angemessenen Schmerzensgeldanspruchs der Klägerinnen unter Berücksichtigung der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleich auf einen Betrag von 70.000,00 €.
II.
Die Berufung der Beklagten hat zudem im Hinblick auf die vom Landgericht zugesprochene Nebenforderung Erfolg, wenn auch nur in geringem Umfang.
Die Klägerinnen haben gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verzinsung der Schmerzensgeldforderung in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, jedoch erst ab dem 08.09.2012.
1.
Die Klage wurde der Beklagten am 07.09.2012 zugestellt, so dass an diesem Tag gemäß §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO Rechtshängigkeit eingetreten ist.
Die Zinspflicht beginnt wegen § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit, im Streitfall mithin erst ab dem 08.09.2012 (vgl. BGH NJW-RR 1990, 518, 519).
2.
Die Zinshöhe folgt aus §§ 291 S. 2, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.
III.
Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Erblasser alle weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 06.05.2011 zu ersetzen, hat die Berufung der Beklagten ebenfalls zum Teil Erfolg.
1.
Da das Feststellungsinteresse lediglich für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung ist, kann der Senat dahinstehen lassen, ob der Feststellungsantrag der Klägerinnen, soweit er sich auf die zukünftigen immateriellen Schäden bezieht, mangels Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig ist, da er jedenfalls unbegründet ist (vgl. BAG NJW 2003, 1755, 1756; BGH NJW 2017, 2108, 2111, Tz. 29).
Der Erblasser ist im Verlaufe des Berufungsverfahrens verstorben. Für den Klageantrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für alle weiteren immateriellen Schäden des Erblassers ist vor diesem Hintergrund kein Raum mehr, da weitere immaterielle Schäden ausgeschlossen sind, so dass dem Feststellungsantrag insoweit die materielle Begründetheit fehlt (vgl. BGH NJW 2017, 2108, 2111, Tz. 29; BeckOK ZPO/Bacher, 29. Ed. 1.7.2018, ZPO § 256 Rn. 34).
2.
Im Hinblick auf die Feststellung der Ersatzpflicht für die materiellen Schäden des Erblassers hat die Berufung der Beklagten Erfolg, soweit das Landgericht unter Außerachtlassung der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs (vgl. hierzu die vorstehenden Ausführungen) die Ersatzpflicht der Beklagten für mehr als 70 % der materiellen Schäden festgestellt hat.
a)
Soweit sich der Feststellungsantrag auf materielle Schäden bezieht, ist dieser zulässig. Insbesondere besteht trotz des Todes des Erblassers das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerinnen fort.
aa)
Ein Interesse an der Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schadensfolgen aus einer bereits eingetretenen Verletzung eines Rechtsguts ist zu bejahen, wenn die Möglichkeit besteht, dass solche Schäden eintreten. Ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH NJW 2007, 601, Tz. 5; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 ZPO Rn 9).
bb)
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Angesichts der Schwere der vom Erblasser erlittenen Verletzungen lag der Eintritt materieller Schäden, etwa in Form von Verdienstausfall, sogar nahe.
cc)
Dieser Annahme steht der Tod des Erblassers während des laufenden Rechtsstreits nicht entgegen.
(1)
Zwar führt der Tod des klagenden Geschädigten dazu, dass für den Klageantrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für alle weiteren materiellen Schäden des früheren Klägers kein Raum mehr ist mit der Folge, dass der Klage das Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO fehlt (vgl. BGH NJW 2017, 2108, 2111, Tz. 29).
(2)
Dies gilt jedoch im Streitfall nicht, da der Feststellungsantrag der Klägerinnen - anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - die ab Klageeinreichung und nicht erst die ab der letzten mündlichen Verhandlung entstehenden Ansprüche erfasst.
(a)
Zwar deutet der Wortlaut des Feststellungsantrags zunächst darauf hin, dass die Klägerinnen lediglich die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige, d.h. nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entstehende materielle Schäden begehren.
(b)
Der Feststellungsantrag ist jedoch dahingehend auszulegen, dass er sich auf alle ab Klageeinreichung entstehenden Ansprüche erstreckt.
Mit der am 10.08.2012 eingereichten und am 07.09.2012 zugestellten Klage hat der Erblasser u.a. die Feststellung beantragt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Unfallereignis vom 06.05.2011 noch entstehen werden, solange der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen ist.
Beim Schadensersatzanspruch ist als Anspruch i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht die Schadensersatzpflicht in ihren einzelnen Ausgestaltungen je nach dem Stand der Schadensentwicklung, sondern die Pflicht zum Schadensersatz schlechthin anzusehen. Danach ist der Antrag dahin zu verstehen, dass die Klägerinnen die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen Schäden begehren, die ab Einreichung der Klage zukünftig entstehen. Das folgt erst recht aus den für die Antragsauslegung geltenden Grundsätzen. Danach gilt, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht. Nach diesen Kriterien ist es offensichtlich, dass sich die verjährungshemmende Wirkung der Klage im Vorprozess auf den gesamten materiellen Schaden ab Klageeinreichung erstreckt. Die recht verstandene Interessenlage gebietet, mit dem Feststellungsantrag allen über den Leistungsantrag, der sich nur auf den immateriellen Schaden bezieht, hinausgehenden materiellen Schaden zu erfassen, um die Klägerinnen gegen die Verjährungseinrede abzusichern (vgl. BGH NJW 2000, 3237, 3238 f.).
Diese Auslegung des Antrages entspricht dem Tenor des Senatsurteils.
b)
In der Sache ist jedoch festzustellen, dass die Beklagte den Klägerinnen lediglich 70 % aller weiteren materiellen Schäden, die aus dem Unfallereignis vom 06.05.2011 noch entstehen werden, zu ersetzen haben.
aa)
Die sachlichrechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs liegen vor. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf vorstehenden Ausführungen zum geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch.
bb)
Bei Anwendung der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs trifft die Beklagte jedoch eine Ersatzpflicht im Umfang von lediglich 70 % der entstehenden materiellen Schäden. Auch insoweit verweist der Senat auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs.
IV.
Über den im Schriftsatz vom 14.05.2018 angekündigten Antrag der Klägerinnen, in Abänderung des Urteils des Landgerichts Hagen zu Ziffer 2 die Beklagte zu verurteilen, an sie 130.202,90 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, ist der Senat nicht zur Entscheidung berufen, da der Antrag erst mit einem nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz angekündigt wurde und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO nicht in Betracht kommt.
1.
In der Sache stellt der im Berufungsrechtszug im Schriftsatz der Klägerinnen vom 14.05.2018 angekündigte Wechsel vom Feststellungsantrag zum Zahlungsantrag eine Anschlussberufung im Sinne von § 524 ZPO dar, auch wenn dies von den Klägerinnen nicht ausdrücklich so bezeichnet wird.
Nur durch eine Anschlussberufung kann der Berufungsbeklagte erreichen, dass nicht allein die Anträge des Berufungsklägers die Grenzen bestimmen, innerhalb deren der Rechtsstreit einer Überprüfung zugeführt wird (Zöller/Heßler, a. a. O., § 524 ZPO Rn 1). Er muss sich dem Berufungskläger anschließen, wenn er - wie im Streitfall - ohne eigenes Rechtsmittel mehr erreichen will, als lediglich die Abwehr der Hauptberufung (vgl. BGH NJW 2015, 2812, 2814, Tz. 28).
Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht ausdrücklich als solches bezeichnet zu sein (BGH NJW 1990, 447, 449). Vielmehr ist eine stillschweigende Anschlussberufung bereits dadurch möglich, dass der Berufungsbeklagte seinerseits einen Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils stellt, etwa wie im Streitfall durch einen Übergang vom Feststellungsantrag zum Zahlungsantrag, und dadurch klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck kommt, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils zugunsten des Rechtsmittelbeklagten zu erreichen (vgl. OLGR Hamburg 2005, 226, 227; Zöller/Heßler, a. a. O., Rn 6).
2.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 19.04.2018 konnten sich die Klägerinnen dem Rechtsmittel der Beklagten allerdings nicht mehr wirksam anschließen (vgl. BGH GRUR 2012, 180, 183, Tz. 34).
3.
Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO war zudem nicht geboten.
a)
Eine Rechtspflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 ZPO besteht mangels Vorliegens der dort genannten Voraussetzungen nicht.
b)
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach Maßgabe von § 156 Abs. 1 ZPO kam ebenfalls nicht in Betracht.
Nach dieser Vorschrift steht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Ermessen des Gerichts. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung hat das Gericht die widerstreitenden Interessen der Parteien abzuwägen und mit Blick auf den Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung zu berücksichtigen, ob durch die Wiedereröffnung nicht sogar auch eine Verfahrensverzögerung durch ein ansonsten nachfolgendes Rechtsmittelverfahren oder Gerichtsverfahren vermieden werden kann (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland, 29. Ed. 1.7.2018, ZPO § 156 Rn. 9; Zöller/Greger, a. a. O., § 156 ZPO Rn 5).
Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze erachtet der Senat eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund der Anschlussberufung der Klägerinnen nicht für sachgerecht, da sie zu einer Verfahrensverzögerung führen würde und das Anschlussrechtsmittel wegen Verspätung keine Klärung der materiellen Rechtslage herbei führen könnte.
Gemäß § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO ist die Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung.
Der Senat hat den Klägerinnen mit Verfügung vom 21.03.2017 eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung binnen vier Wochen nach Zustellung der Ladung gesetzt. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist die Ladung den Klägervertretern am 30.03.2017 zugestellt worden, so dass die gesetzte Frist mit Ablauf des 27.04.2017 abgelaufen und die Anschlussberufung somit verspätet eingelegt worden ist. Im Falle der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wäre die Anschlussberufung daher als unzulässig zu verwerfen.
C.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO.
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, ZPO.
III.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Das Urteil hat keine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts.