LG Münster, Urteil vom 02.07.2018 - 8 KLs - 30 Js 29/18 - 14/18
Tenor
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von
3 Jahren und 6 Monaten
verurteilt.
Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Der Führerschein wird eingezogen. Vor Ablauf von 4 Jahren darf die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Nebenkläger.
Angewendete Vorschriften:
§§ 222, 315c Abs. 1 Nr. 2 d), Abs. 3 Nr. 1, 316 Abs. 1, 2, 52, 69, 69a StGB.
Gründe
I.
Lebenslauf des Angeklagten
Der Angeklagte wurde am ...19... als älterer von zwei Söhnen in E1 geboren. Die Eltern des Angeklagten, die die jugoslawische Staatsangehörigkeit haben, waren nicht miteinander verheiratet.
Im Jahr 19..., als der Angeklagte drei Jahre alt war, wurde den Eltern die elterliche Sorge entzogen, da sie mit der Versorgung überfordert waren, und das Jugendamt wurde für den Angeklagten zum Vormund bestellt.
Der Angeklagte kam zunächst in ein Kinderheim nach E2 und dann, im Alter von fünf Jahren, zu seinen Pflegeeltern nach B. Dort wuchs er gemeinsam mit einer Pflegeschwester auf. Im weiteren Verlauf wurden die Pflegeeltern zu Mitvormündern des Angeklagten bestellt, der Angeklagte erhielt die deutsche Staatsangehörigkeit und sein Vor- und Zuname wurde in den Namen U1 T1 geändert.
Der Angeklagte besuchte nach der Grundschulzeit eine Hauptschule. Er erzielte dort, nachdem er eine Klasse wiederholt hatte, seinen Hauptschulabschluss. Der Angeklagte war bei seinen Mitschülern beliebt, spielte Fußball im Verein und war Messdiener.
Nach seinem Hauptschulabschluss begann der Angeklagte im Jahr 2006 eine Ausbildung zum Tischler. Diese brach er im Jahr 2008 ab.
Zu dieser Zeit zog er auch vom pflegeelterlichen Haushalt in eine eigene, im Eigentum der Pflegemutter stehende Wohnung. Er wurde zeitweise im Umfang von drei Wochenstunden vom ambulant betreuten Wohnen des Jugendamts unterstützt; diese Hilfe wurde jedoch mangels Mitwirkung des Angeklagten eingestellt.
Im weiteren Verlauf besuchte er sodann ein Berufskolleg. Nach der Erlangung des Realschulabschlusses begann der Angeklagte eine Ausbildung bei der Firma U2, die er jedoch ebenfalls abbrach. Er machte sodann eine Ausbildung im Einzelhandel in X bei N1. Er führte die Ausbildung dort nicht zu Ende, da er die Menschen in X schwierig fand. Er wechselte daher nach Münster, wo er das letzte Jahr seiner Ausbildung absolvierte. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung arbeitete der Angeklagte bei dem Herrenausstatter F in Münster und verdiente dort durchschnittlich etwa 1.700,00 - 1.800,00 € netto. Er erhielt zwei Abmahnungen, da er sein Sakko bei der Arbeit nicht trug und schloss im September 2017 einen Aufhebungsvertrag mit seinem Arbeitgeber. Er erhielt noch für drei Monate sein Gehalt und sodann bis zuletzt Arbeitslosengeld I i.H.v. 1.095,00 €. Nach dem gegenständlichen Unfallereignis wurde er bei einem Herrenausstatter in Münster zu einem Probearbeiten eingeladen. Hierzu kam es wegen der Inhaftierung des Angeklagten nicht mehr.
Seit fast vier Jahren wohnte der Angeklagte in der Wohnung an der T-Straße in Münster. Er ging bis zu seiner Inhaftierung - auch in der Zeit, als er gearbeitet hat - jeden Tag ins Fitnessstudio. Weitere Hobbys hat der Angeklagte nicht.
Der Angeklagte konsumierte keine Drogen und trank auch auf Feiern in der Regel nur wenig Alkohol.
Der Angeklagte hat ein gutes Verhältnis zu seinen Pflegeeltern, vor allem zu seiner Pflegemutter, die er vor der Inhaftierung mehrmals die Woche sah oder telefonisch kontaktierte.
Der Angeklagte ist seit Dezember 2017 mit der Zeugin Q liiert. Zuvor war er für die Dauer von etwa einem Jahr bis Juni 2017 in einer Beziehung mit der Zeugin T2, mit der er auch in der Wohnung an der T-Straße zusammen lebte. Der Angeklagte erwarb während des Zusammenlebens mit der Zeugin T2 im März 2017 den verunfallten Pkw BMW 1er mit einer Motorleistung von 340 PS. Zuvor war der Angeklagte ebenfalls Eigentümer eines 1-er BMW, jedoch mit einer geringeren Motorleistung von 140 PS. Das verunfallte Fahrzeug war das Traumauto des Angeklagten. Der Kaufpreis betrug 59.000,00 €. Der Angeklagte zahlte einen Betrag i.H.v. 2.000,00 - 3.000,00 € für das Fahrzeug an, im Übrigen sollte der Kaufpreis in Raten von monatlich 509,00 € beglichen werden. Da die Zeugin T2 ein Fahrzeug benötigte, um zu ihrer Ausbildungsstelle zu gelangen, und das verunfallte Fahrzeug ebenfalls nutzen wollte, erklärte sich der Onkel der Zeugin T2 bereit, als Mitdarlehensnehmer den Finanzierungsvertrag abzuschließen. Hauptdarlehensnehmer sollte jedoch der Angeklagte sein und dieser, der Onkel und die Zeugin T2 gingen davon aus, dass der Onkel der Zeugin T2 aus dem Vertrag entlassen werden könne, wenn der Angeklagte die monatlichen Raten für einige Monate pünktlich gezahlt habe. Hierzu kam es jedoch nicht.
In der Folge fuhr die Zeugin T2 mit dem Fahrzeug tagsüber zu ihrer Ausbildungsstelle und zurück, der Angeklagte nutzte das Fahrzeug vor allem abends. Die Kosten für die Finanzierung des Fahrzeugs teilten die Zeugin T2 und der Angeklagte sich.
Nach der Trennung des Angeklagten und der Zeugin T2 im Juni 2017 hatten diese zunächst keinen Kontakt. Der Angeklagte behielt das Fahrzeug und bezahlte die Finanzierungsraten vollständig allein. Im August 2017 kam es zu freundschaftlichen Kontakten und - nach einer erneuten Kontaktpause - im Oktober 2017 zu einer erneuten Annäherung des Angeklagten und der Zeugin T2. Der Angeklagte, der bereits im frühen Erwachsenenalter erhebliche Probleme damit hatte, mit Geld umzugehen und sich schon mehrfach verschuldet hatte, geriet erneut in finanzielle Schwierigkeiten. So waren bereits bei der monatlichen Mietzinszahlung für die Wohnung als auch im Rahmen der Unitymedia und Sky-Verträge des Angeklagten Rückstände aufgelaufen. Zudem war der Service am Fahrzeug fällig. Die Zeugin T2, die dem Angeklagten im August 2017 bereits 1.500,00 € geliehen hatte, nahm einen Kredit auf und gab dem Angeklagten im Dezember 2017 weitere 6.600,00 €. Hiervon sollte er seine Schulden bezahlen, mit dem Rest wollten der Angeklagte und die Zeugin T2 Anfang Januar 2018 in den Urlaub fahren und sich einen Hund anschaffen. Hierzu kam es nicht, da der Angeklagte und die Zeugin sich um Weihnachten 2017 herum trennten. Eine Rückzahlung der geliehenen Beträge ist bisher nicht erfolgt. Die Zeugin T2 hat dem Angeklagten jedoch auch keine Frist zur Rückzahlung gesetzt oder mit ihm die Zahlung bestimmter Raten vereinbart, da sie nicht wollte, dass er "von Brot und Wasser" leben müsse. Sie begehrt die Rückzahlung des Betrags, wenn der Angeklagte wieder auf eigenen Beinen steht.
Die Raten für das verunfallte Fahrzeug zahlt derzeit ebenfalls die Zeugin T2, die sich auch um die finanzielle Abwicklung kümmert.
Psychiatrische Behandlungen und Auffälligkeiten des Angeklagten
Der Angeklagte befand sich erstmals im Alter von acht Jahren in kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung bei Herrn Dr. C in B. Hintergrund war, dass der Angeklagte immer wieder heftige Wutausbrüche und vor allem gegenüber männlichen Personen aggressives Verhalten gezeigt hatte. Nach Abschluss der Behandlung etwa ein halbes Jahr später zeigte sich eine Verbesserung der emotionalen Stabilität.
Im März 2007 beantragte der Angeklagte beim Amtsgericht Ahlen die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung und die Bestellung seiner Pflegemutter zu seiner Betreuerin. Vom 18. bis 22. Lebensjahr des Angeklagten bestand sodann eine umfassende Betreuung, zunächst ausgeübt durch die Pflegemutter, dann durch einen Berufsbetreuer und dann wieder durch die Pflegemutter. Der Angeklagte wurde in dieser Zeit teilweise erneut kinder- und jugendpsychiatrisch behandelt. Im Rahmen des betreuungsgerichtlichen Verfahrens wurden insgesamt drei Gutachten eingeholt und es wurden dort die Diagnosen einer emotionalinstabilen Persönlichkeitsstörung sowie einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung gestellt.
Im Oktober 2010 genehmigte das Amtsgericht auf Antrag der Pflegemutter als Betreuerin die geschlossene Unterbringung des Betroffenen wegen des Verdachts auf Suizidalität. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Angeklagte in D auf und machte dort ein Praktikum in einem Autohaus. Der Genehmigungsbeschluss wurde einige Tage später bereits aufgehoben.
Im Jahr 2011 wurde die Betreuung sodann aufgehoben, da ein Betreuungsbedarf nicht bestehe.
Vorbelastungen des Angeklagten
Der Angeklagte ist strafrechtlich bisher wie folgt in Erscheinung getreten:
Mit Strafbefehl vom 13.10.2016 verurteilte ihn das Amtsgericht Münster in dem Verfahren 16 Ds - 61 Js .../16 - ...#/16 wegen Beleidigung in zwei Fällen und Nötigung zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen zu je 40,00 €. Der Strafbefehl wurde erlassen, nachdem der Angeklagte zur Hauptverhandlung nicht erschienen war. In der Anklageschrift, auf die in dem Strafbefehl Bezug genommen worden ist, wurde dem Angeklagten vorgeworfen, dass er am 15.03.2016 gegen 14:15 Uhr die X-Straße in Münster befuhr. Nachdem der Angeklagte die vor ihm fahrenden Zeugen I1 und I2 anhupte und die Lichthupe betätigte, hielt der Zeuge I1 in Höhe einer Bäckerei am Straßenrand an. Der Angeklagte fuhr an dem Wagen vorbei, nannte den Zeugen I1 einen "Wixer" und rief ihm zu, dass er kein Auto fahren könne und sich von der Straße "verpissen" solle. Als sich der Zeuge I1 im weiteren Verlauf hinter dem Angeklagten auf der F-Straße befand, bremste der Angeklagte sein Fahrzeug ohne erkennbaren Grund bis zum Stillstand ab. Als der Zeuge I1 den Angeklagten sodann an der Gabelung F-Straße überholte, spuckte der Angeklagte aus seinem geöffneten Fenster in das halb geöffnete Fenster der Zeugin I2, die an den Haaren getroffen wurde.
Den gegen diesen Strafbefehl eingelegten Einspruch nahm der Angeklagte im April 2017 zurück.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Münster vom 07.12.2016 in dem Verfahren 112 Cs - 62 Js ...#/16 - ...#/16 wurde der Angeklagte wegen Beleidigung in drei Fällen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt, da der Angeklagte die Polizeibeamten POK H und POK M während einer Verkehrskontrolle als "Witzfiguren", den POK H als "Vollhorst" bezeichnete und dem POK H später aus dem Auto heraus einen Vogel zeigte.
Auch den hiergegen eingelegten Einspruch nahm der Angeklagte in der Folge zurück.
Aus den vorbenannten Verurteilungen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 18.08.2017, 118 Ds - 61 Js .../16 - ...#/17, nachträglich eine Gesamtgeldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 40,00 € gebildet.
Es wurde ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagte geführt, 62 Js 55/18, das jedoch im Hinblick auf die rechtskräftig erkannte Strafe aus 61 Js .../16 gem. § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden ist. Hintergrund des Verfahrens war eine Strafanzeige des Zeugen POK L vom 27.11.2017. Dieser war am 16.11.2017 nach einer Fortbildung in Dortmund auf dem Weg zurück zu seiner Dienststelle in Münster. Er befand sich uniformiert auf dem Dienstkrad und befuhr das Ausbauende der A43 in Fahrtrichtung Münster. Die Fahrbahn dort ist zweispurig ausgebaut, daneben befindet sich die Abbiegespur zur B51 in Richtung Warendorf. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt in diesem Bereich zunächst 100 km/h, dann 80 km/h und wird dann im weiteren Verlauf auf 70 km/h reduziert.
Der Zeuge L wechselte auf die Abbiegespur in Richtung B51, als ihm das von dem Angeklagten geführte Fahrzeug auffiel, das mit deutlich höherer Geschwindigkeit auf der linken der beiden Fahrspuren fuhr. Der Zeuge fuhr zu diesem Zeitpunkt etwa 80 km/h. Der Zeuge beschleunigte sein Dienstkrad, wechselte von der Abbiegespur auf den rechten Fahrstreifen und fuhr parallel zu dem von dem Angeklagten geführten Fahrzeug, weil er den Fahrer des Fahrzeugs darauf aufmerksam machen wollte, dass sich die zulässige Höchstgeschwindigkeit reduziert habe. Er machte neben dem Fahrzeug des Angeklagten herfahrend per Handzeichen darauf aufmerksam, dass das Fahrzeug langsamer fahren solle. Daraufhin ließ der Fahrer des Pkw, der Angeklagte, das Fenster herunter und sagte "Du fährst doch selber zu schnell". In diesem Zeitpunkt fuhr der Angeklagte mit etwa 100 km/h. Der Zeuge L bat den Angeklagten noch einmal, langsamer zu fahren, dieser zeigte jedoch keine Reaktion. Daraufhin überholte der Zeuge L den Angeklagten und gab diesem zu verstehen, dass er ihm folgen solle. Sie drehten und hielten in der C-Straße an. Der Zeuge L sprach den Angeklagten auf den Geschwindigkeitsverstoß an, der jedoch nur lachte und auf Nachfrage sagte, der Zeuge L sehe so lustig aus. Der Angeklagte zeigte sich uneinsichtig und provokant und erklärte dem Zeugen L, dieser könne ihm eh nichts nachweisen, da er alleine unterwegs gewesen sei. Als der Zeuge L ihm sagte, dass man wegen des Verhaltens auch in Erwägung ziehen könne, eine Mitteilung an das Straßenverkehrsamt zur Fahreignungsprüfung zu machen, machte der Angeklagte eine "Blabla"-Handbewegung, indem er Finger und Daumen gegenläufig bewegte. Er fuhr nach der Kontrolle sodann mit quietschenden Reifen los und ließ den Motor aufheulen. Der Angeklagte wendete und machte beim Vorbeifahren an dem Zeugen L erneut die vorbenannte "Blabla"-Handbewegung. An der Ampel zur X-Straße musste der Angeklagte anhalten. Der Zeuge L, der ebenfalls weiterfahren wollte, befand sich einige Fahrzeuge hinter dem Angeklagten. Der Angeklagte schaute immer wieder in den Rückspiegel und machte die vorbenannte Handbewegung aus dem Fenster heraus erneut in Richtung des Zeugen L. Als die Ampel auf grün schaltete, fuhr der Angeklagte zurück auf die Autobahn, von der er gerade gekommen war.
Das Verkehrszentralregister des Angeklagten weist ebenfalls eine Eintragung auf. So ist am 02.11.2015 gegen den Angeklagten von der Stadt Münster eine Geldbuße i.H.v. 280,00 € und ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt worden, da er die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften, nämlich auf der X-Straße in Münster, am 10.09.2015 um 09:57 Uhr nach Toleranzabzug um 53 km/h überschritten hat und 103 km/h fuhr. Das Fahrverbot wurde in der Zeit vom 13.05.2016 bis 12.07.2016 vollstreckt.
Der Angeklagte ist in dieser Sache am 19.02.2018 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Münster, aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Münster vom 14.02.2018, 23 Gs ...#/18.
II.
Die Kammer hat zur Sache die folgenden Feststellungen getroffen:
Vortat-, Tat- und Nachtatgeschehen
Der Angeklagte begab sich am 30.01.2018 gegen 20:00 Uhr in das Lokal "T3" in Münster. Dort befand sich seit etwa 16:00 Uhr der Zeuge L1. Der Angeklagte und der Zeuge L1 kennen sich schon seit einigen Jahren und hatten mal mehr und mal weniger Kontakt zueinander. Im T3 trank der Angeklagte einige Weißbier der Marke "Hacker-Pschorr". Gegen 22:00 Uhr erschien die Zeugin Q, die zuvor einen Auftritt in Ostenfelde hatte, ebenfalls in dem Lokal. Der Angeklagte teilte sich mit ihr ein Wasser und sie verließen sodann gemeinsam das Lokal, um zu der Wohnung des Angeklagten An der T-Straße zu fahren. Die Zeugin Q war ebenso wie der Angeklagte mit dem Auto zu dem Lokal gefahren. Sie fragte ihn, ob sie fahren solle, da sie wusste, dass er Alkohol getrunken hatte, aber nicht, wie viel. Der Angeklagte, der ansonsten auf die Zeugin Q einen normalen Eindruck machte, erklärte, dass er fahren könne und es ist auch nicht auszuschließen, dass er sich für fahrtüchtig hielt. Tatsächlich wies er jedoch eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,36 Promille auf und war absolut fahruntüchtig, was er auch hätte erkennen können.
Der Angeklagte und die Zeugin Q fuhren hintereinander her, wobei der Angeklagte mit seinem weißen BMW 1er vorweg fuhr. An der Ampel bei dem Ladenlokal "N3" in der Straße B hielten sie an und bogen dann auf die Straße C ein. Diese Straße, die sodann in die N-Straße übergeht, befuhren sie geradeaus in Richtung X-Straße. Es handelt sich insoweit um die von dem Angeklagten auf dem Weg zu seiner Wohnung häufig gefahrene und ihm gut bekannte Strecke. An der Ecke N-Straße/F-Straße verlangsamten der Angeklagte und die Zeugin Q, die die linke der beiden Fahrspuren befuhren, wegen der vor ihnen befindlichen roten Ampel ihre Geschwindigkeit. Neben ihnen befand sich die Zeugin T4, die vor der Ampel gehalten hatte. Auf dem neben der Fahrbahn befindlichen Fahrradweg wartete der Zeuge Dr. N4 an der Fahrradampel. Die Außentemperatur betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 3 Grad und die Fahrbahn war trocken und frei.
Als die Ampel auf grün schaltete, machte der Angeklagte, der sich in erster Reihe an der Ampel befand, gegen 22:55 Uhr einen sogenannten Kavalierstart und beschleunigte sein Fahrzeug innerhalb weniger Sekunden auf mehr als 100 km/h. Er fuhr dabei die ersten Gänge voll aus, um der hinter ihm befindlichen Zeugin Q zu imponieren. Dem Angeklagten war bekannt, dass nur 50 km/h erlaubt waren. Er fuhr bewusst mehr als doppelt so schnell.
Er fuhr geradeaus in Richtung X-Straße und passierte dabei die Zeugen Dr. T5 und C1, die in ihrem Fahrzeug in der rechts gelegenen G-Straße an der roten Ampel standen. Das Fahrzeug des Angeklagten machte aufgrund der Beschleunigung laute Geräusche und der Motor heulte mehrmals auf. Bereits vor der Eisenbahnunterführung erreichte der Angeklagte eine Geschwindigkeit von 110 km/h und fuhr sodann mit etwa gleichbleibender Geschwindigkeit, mal etwas schneller, mal etwas langsamer, auf der X-Straße weiter in Fahrtrichtung stadtauswärts. Es wäre dem Angeklagten unter Berücksichtigung der örtlichen Begebenheiten und seines Fahrzeugs mit einer Motorleistung von 340 PS möglich gewesen, sein Fahrzeug auch nach der Eisenbahnunterführung weiter zu beschleunigen und eine noch deutlich höhere Geschwindigkeit zu erzielen. Obschon ihm dies bekannt war, erhöhte er seine Geschwindigkeit indes nicht weiter.
Der Angeklagte passierte das Lokal "Q1", an dem die Zeugin F1 gerade draußen stand, um ihr Fahrrad aufzuschließen. Die Zeugin F1 drehte sich um, als sie das laute Motorengeräusch hörte und sah den Angeklagten mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit die X-Straße entlang fahren. Die Straße war in Fahrtrichtung des Angeklagten frei, weder querten zu diesem Zeitpunkt Fußgänger noch Fahrradfahrer oder andere Autos die Straße.
Bei der X-Straße handelt es sich in diesem Bereich um eine Einkaufsstraße mit je einer Richtungsfahrbahn, an der auch diverse Lokale - insbesondere Restaurants und Bars - und auch ein Kino gelegen sind, sodass auch in den Abendstunden erhöhter Fuß- und Fahrradverkehr zu verzeichnen ist. Auf beiden Straßenseiten befinden sich Gehwege und zwischen diesen und den Fahrbahnen auch Radwege, wobei zwischen Geh- und Radwegen und teilweise auch zwischen den Radwegen und der Fahrbahn Bäume wachsen, welche die Sicht auf die und aus den einmündenden Straßen beeinträchtigen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt in dieser innerorts von Münster gelegenen Straße, die an der vorbenannten Stelle in einem leichten Außenbogen verläuft, 50 km/h, was der Angeklagte wusste.
Zudem münden in die X-Straße, bei der es sich um eine Vorfahrtsstraße handelt, diverse untergeordnete Straßen, in denen Wohnhäuser gelegen sind. Beginnend an der Ampel N-Straße/F-Straße münden in Fahrtrichtung des Angeklagten gesehen zunächst von links die Q-Straße, kurz danach von rechts die G-Straße und dann die F-Straße ein. Es folgt eine Unterführung, hinter der von links die C-Straße und von rechts die T-Straße einmünden. Nach der T-Straße folgt rechts das Lokal "Q1". Hinter dem Lokal "Q1" befindet sich rechts die A-Straße. Dahinter liegt rechts- und linksseitig der X-Straße eine Bushaltestelle. Nach der Bushaltestelle befindet sich eine Lichtzeichenanlage, die insbesondere als Querungshilfe für Fußgänger dient. Hinter der Lichtzeichenanlage mündet zunächst links die H-Straße und dann leicht versetzt rechts die G-Straße in die bevorrechtigte X-Straße ein. Gegenüber der G-Straße befinden sich auf der anderen Seite der X-Straße das Lokal "F2" und daneben ein Kino. Nach der Lichtzeichenanlage und der einmündenden H- und G-Straße wird die X-Straße optisch verengt, da sich an beiden Seiten Parkstreifen befinden, die auch zum Unfallzeitpunkt belegt waren.
In der G-Straße befand sich die 31-jährige Geschädigte T6 in ihrem Peugeot, amtliches Kennzeichen ST - ... ... Bei der Geschädigten handelte es sich um eine sehr vorsichtige Autofahrerin, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit einhielt und vor jedem Fahrtantritt einen sog. Sicherheitscheck bei ihrem Fahrzeug machte, indem sie es rundherum abging und auf Schäden und die Funktionstüchtigkeit überprüfte.
Die Geschädigte kam von ihrer Arbeitsstelle und beabsichtigte entweder, die X-Straße leicht links versetzt zu überqueren, um in die H-Straße zu gelangen, in der sich auch ihre Wohnung befand, oder nach links auf die X-Straße einzubiegen. Sie hielt den Sichtverhältnissen entsprechend zunächst an der Begrenzungslinie zur X-Straße an, um ausreichende Sicht in die bevorrechtigte Straße zu erlangen und fuhr sodann in einem linksgerichteten Bogen auf die X-Straße ein.
Zu dem Zeitpunkt, als die Geschädigte an der Begrenzungslinie hielt, um auf den Verkehr zu achten, war der Angeklagte, der sich mit einer Geschwindigkeit von mindestens 110 km/h näherte, mindestens 112 Meter von dem späteren Kollisionsort entfernt. Er war für die Geschädigte T6 zu erkennen. Aufgrund der Dunkelheit und des Umstands, dass sich Fahrzeuge in diesem Bereich üblicherweise mit einer deutlich geringeren Geschwindigkeit nähern und des Blickwinkels der Geschädigten, die aus ihrer Position auf die Frontscheinwerfer des BMW schaute, war es für die Geschädigte bei einem kurzen Blick auf das von dem Angeklagten geführte Fahrzeug nicht ohne Weiteres zu erkennen, dass sich der Angeklagte mit einer deutlich überhöhten Geschwindigkeit näherte und ein gefahrloses Einfahren wegen der hohen Annäherungsgeschwindigkeit nicht möglich war. Hierfür hätte die Geschädigte den sich nähernden Pkw vielmehr für eine etwas längere Zeit beobachten müssen.
Der Angeklagte hatte die Geschädigte wahrgenommen, war aber davon ausgegangen, dass diese weiter an der Einmündung stehenbleibt. In dem Moment, als die Geschädigte für den Angeklagten erkennbar in die Straße einbog, war dieser noch 46 Meter von dem Kollisionsort entfernt. Er leitete ein Bremsmanöver ein. Aufgrund der von ihm zu diesem Zeitpunkt gefahrenen Geschwindigkeit von mindestens 110 km/h konnte die Kollision durch dieses Manöver jedoch nicht mehr vermieden werden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass eine relevante Bremswirkung nicht erzielt wurde.
Es kam zu einem Zusammenstoß der Fahrzeuge in einem Kollisionswinkel von etwa 120° in Höhe des Einmündungstrichters der G-Straße, wobei der von dem Angeklagten geführte BMW mit der Front in die linke Seite des Fahrzeugs der Geschädigten T6 stieß. Die Kollisionsgeschwindigkeit des von dem Angeklagten geführten Fahrzeugs betrug jedenfalls 110 km/h und die des Peugeot 15 km/h. Der Peugeot der Geschädigten T6 wurde durch die Kollision um die Hochachse verdreht und die Bewegungsrichtung vollständig in die Fahrtrichtung des BMW umgekehrt, wodurch es auch ohne aktive Bremsung zu einer Verzögerung des Fahrzeugs kam. Die Auslaufgeschwindigkeit betrug etwa 60 km/h. Das Fahrzeug der Geschädigten Z6 wurde durch den Aufprall gegen zwei weitere, in Fahrtrichtung des Angeklagten links parkende Fahrzeuge geschoben, die ebenfalls beschädigt wurden. Die Auslaufbewegung des Peugeot der Geschädigten T6 betrug ca. 29 Meter und die des BMW ca. 24 Meter.
Wäre der Angeklagte zu dem vorbenannten Zeitpunkt, als er das Einbiegen der Geschädigten erkennen und hierauf reagieren konnte, mit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren, hätte die Geschädigte die von dem Angeklagten genutzte Fahrspur der X-Straße bis zur Ankunft des Angeklagten am Kollisionsort vollständig passieren und auf die X-Straße einbiegen können, ohne dass es zu einer Kollision gekommen wäre und ohne dass der Angeklagte sein Fahrzeug hätte abbremsen müssen. Es wäre dem Angeklagten zudem sodann ohne Weiteres möglich gewesen, sein Fahrzeug vor dem einbiegenden Peugeot mit einer Angleichsbremsung anzuhalten. Die hohe Annäherungsgeschwindigkeit des Angeklagten war für das Unfallgeschehen primär ursächlich.
Dass sich auch die Alkoholisierung des Angeklagten auf die Herbeiführung der Gefahrensituation ausgewirkt hat, konnte nicht festgestellt werden. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass eine alkoholbedingte Enthemmung und Überschätzung der eigenen Fähigkeiten überhaupt erst zu der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung geführt hat oder dass dem Angeklagten ohne die Alkoholisierung eine anderweitige Reaktion auf die Gefahrensituation möglich gewesen wäre.
Dem Angeklagte war während seiner Fahrt auf der X-Straße mit der vorbenannten Geschwindigkeit klar, dass es generell zu einer Gefährdung und auch Verletzung von Fußgängern oder Radfahrern oder aus den untergeordneten Straßen einbiegenden Fahrzeugen und deren Fahrern wie auch seiner eigenen Person und seines Fahrzeugs kommen konnte. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass er - nicht zuletzt alkoholbedingt - seine Fahrfähigkeiten über- und die Gefahren unterschätzte und daher ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraute, dass tatsächlich alles gut gehen werde und es nicht zu einer Kollision oder auch einer Situation, in der die Verletzung der vorbenannten Rechtsgüter nur noch vom Zufall abhängt, kommen werde.
Die Zeugin Q, die hinter dem Angeklagten fuhr und die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht entsprechend überschritt, befand sich zum Zeitpunkt der Kollision erst im Bereich der Eisenbahnunterführung. Sie sah die Bremslichter des Fahrzeugs des Angeklagten aufleuchten. Sie fuhr zur Unfallstelle und hielt ihr Fahrzeug dort an. Da sich sowohl in "Q1" als auch in und vor dem Lokal "F2" noch mehrere Besucher befanden, liefen bereits verschiedene Personen zur Unfallstelle, um zu helfen. Der Angeklagte stieg aus seinem Fahrzeug aus und kniete sich auf die Straße. Er wurde zu dem Lokal "F2" geführt, wo der Zeuge C2, der sich mit dem Zeugen I3 im Streifenwagen an der Ecke N-Straße/F-Straße befunden hatte, als der Funkspruch bezogen auf den Verkehrsunfall durchgegeben wurde und der daher bereits kurz nach der Kollision vor Ort war, ihn als Fahrer ermittelte. Die Zeugin C3, bei der es sich um eine nicht diensthabende, in der Nähe wohnende Notärztin handelte, brachte den Angeklagten zur Erstuntersuchung in das Lokal "F2", nachdem sie zunächst zu dem Fahrzeug der Geschädigten T6 gegangen war. Der Zeuge C2 begab sich ebenfalls in das Lokal. Der Angeklagte trank nach dem Unfall keinen weiteren Alkohol.
Durch den Aufprall erlitten beide Fahrzeuge Totalschäden. Bei dem vom Angeklagten geführten BMW 1er, bei dem die Front- und Seitenairbags ausgelöst wurden, wurden sämtliche Bauteile der Fahrzeugfront kollisionsbedingt zerstört, wobei das größte Schadensausmaß auf der frontalen Fahrerseite zu erkennen war. Das linke Vorderrad wurde so weit zurückgedrückt, dass Schäden an der dahinter befindlichen Spritzwand und dem angrenzenden Schweller entstanden. Der Peugeot der Geschädigten T6, bei dem ebenfalls die Airbags ausgelöst wurden, wurde bei der Kollision direkt gegen den Fahrersitz angestoßen und durch die Kollision vollständig zerstört. Durch die Wucht der Kollision wurde der Fahrersitz in Richtung Beifahrerraum verschoben. Die nachträglich gemessene Intrusion von den Radaufstandspunkten der linken Fahrerseite betrug ca. 65 cm. Zur Bergung der in ihrem Fahrzeug eingeklemmten Geschädigten musste das Dach des Fahrzeugs abgetrennt werden.
Die Geschädigte, die keine Vorerkrankungen und ein zartes Gefäßsystem hatte sowie Hinweise auf Blutarmut an inneren Organen aufwies, erlitt durch den Aufprall erhebliche Verletzungen, namentlich:
breitflächige Einblutung der linken Flanke bis in die Muskulatur
Trümmerbruch des linken Beckens, Sprengung der Symphyse
ausgedehnte Einblutungen mit Zertrümmerung des Fettgewebes an Ober- und Unterschenkeln
Querbruch des linken Schienbeins oberhalb des Sprunggelenks
Rippenserienbrüche in der linken Schulterblattlinie, sog. Atelektase der linken Lunge
inkompletter Abriss der absteigenden Brustaorta; 700 ml Blut in der linken Brusthöhle, 300 ml Blut in der rechten Brusthöhle
inkompletter Einriss des rechten Herzvorhofs, einzelne oberflächliche Leberrisse
Einblutungen der Kopfschwarte im Stirn- und Hinterhauptsbereich, jeweils in der sog. Hutkrempenlinie; kein Schädelbruch, keine Einblutungen ins Schädelinnere, kein Abriss des Hirnstamms.
Die Geschädigte verstarb als Folge des Verkehrsunfalls an einem Polytrauma. Sie zeigte bereits unmittelbar nach der Kollision keine Vitalparameter und eine nach Eintreffen der diensthabenden Notärztin bereits im Fahrzeug eingeleitete sowie nach der Befreiung der Geschädigten aus dem Fahrzeug fortgeführte Reanimation verlief erfolglos.
Der Angeklagte selber wurde durch die Kollision nahezu nicht verletzt. Er klagte unmittelbar nach der Kollision über Schmerzen im Brustbereich und Probleme beim Atmen. Im Übrigen zeigte er sich wortkarg und geschockt. Er wurde durch den Zeugen C2 befragt, der den Führerschein des Angeklagten für diesen aus dessen Kartentasche holte. Der Zeuge C2 nahm bei der Befragung des Angeklagten den Geruch von Alkohol wahr. Ein freiwillig durchgeführter Atemalkoholtest ergab 0,60 mg/l.
Der Angeklagte wurde zur Untersuchung und Entnahme von Blutproben in das T-Hospital verbracht. Er entließ sich einige Zeit später entgegen ärztlichem Rat aus dem Krankenhaus und begab sich erneut zu der Unfallstelle, an der die Polizeibeamten noch bis etwa halb drei Uhr nachts tätig waren. Er erklärte den Polizeibeamten, dass er sein Portemonnaie mit etwa 4.000,00 € vermisse. Dieses wurde in dem Fahrzeug der Zeugin Q gefunden und das Geld nachgezählt und von dem Angeklagten als vollständig bezeichnet.
Die Schuldfähigkeit des Angeklagten war zur Tatzeit weder aufgehoben noch erheblich eingeschränkt.
Folgen der Tat für die Angehörigen der Geschädigten und den Zeugen E3
Sowohl die Angehörigen der Geschädigten als auch der Zeuge E3, der seit Anfang November 2017 mit der Geschädigten befreundet war, sind durch den plötzlichen Unfalltod der Geschädigten stark betroffen.
Der Zeuge E3 hat nach dem Unfall psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Dies war ihm vonseiten der Freiwilligen Feuerwehr angeraten worden, in der er tätig ist. Er nimmt diese psychologische Hilfe weiterhin in Anspruch, damit gesichert ist, dass er bei Einsätzen der Freiwilligen Feuerwehr durch das Unfallereignis nicht in seiner Tätigkeit eingeschränkt ist.
Das Leben der Familie der Geschädigten wurde aus der Bahn geworfen. Die Mutter der Geschädigten war bereits vor der Tat in psychiatrischer Behandlung. Ihr Zustand hat sich angesichts des Todes ihrer Tochter jedoch verschlechtert. Der Vater der Geschädigten nimmt Gesprächstermine bei seiner Hausärztin wahr und sucht aktuell nach einem Facharzt, an den er sich insoweit wenden und die Behandlung fortsetzen kann. Eine Schwester der Geschädigten hat - verzögert - vor zwei Monaten einen Zusammenbruch erlitten und befindet sich nunmehr ebenfalls in psychologischer Behandlung. Die weitere Schwester und Nebenklägerin ist ebenfalls emotional betroffen durch den plötzlichen Unfalltod ihrer Schwester. Psychologische Hilfe hat sie bisher nicht in Anspruch genommen.
Belastung des Angeklagten durch die Tat
Nach dem gegenständlichen Unfallereignis hatte der Angeklagte Alpträume und schlaflose Nächte. Er sprach häufig mit der Zeugin Q über den Unfall und darüber, dass ihm die Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen. Der Angeklagte macht sich schwere Vorwürfe und leidet darunter, dass durch sein Verhalten ein Mensch zu Tode gekommen ist.
Der Angeklagte suchte etwa eine Woche nach der Tat einen niedergelassenen Psychiater in Münster auf, der ihn an eine psychologische Psychotherapeutin weiterverwies. Zu der Vereinbarung eines Termins vor der Inhaftierung ist es schlussendlich nicht gekommen.
In der Untersuchungshaft, die der Angeklagte als sehr belastend empfindet, suchte der Angeklagte von Anfang an den Kontakt zu dem Zeugen I4, der als Psychologe in der JVA tätig ist. Der Angeklagte bat ihn darum, Gespräche mit ihm führen zu können, da er den Ablauf des Unfallereignisses noch plastisch vor Augen hat und ihn dies quält. Er wollte einen Weg finden, besser mit seiner Schuld und damit, was die Tat für die Geschädigte und deren Angehörige bedeutet, zurecht zu kommen. Er bedauerte in diesen Gesprächen die Tat und es war ihm ein ernsthaftes Anliegen, etwas zur Linderung des Leids der Angehörigen zu tun.
Der Angeklagte führte abgesehen von den Zeiten urlaubsbedingter Abwesenheit des Zeugen I4 wöchentliche Gespräche mit diesem. In diesen Gesprächen wurden neben den vorbenannten Aspekten auch die von dem Angeklagten als belastend empfundene Haftsituation sowie sein Verhalten im Straßenverkehr im Allgemeinen thematisiert. Der Angeklagte zeigte sich dabei uneinsichtig in sein Fehlverhalten betreffend die früheren Vorfälle im Straßenverkehr und brachte zum Ausdruck, dass er sich bei diesen ungerecht und zu hart behandelt fühle.
Der Zeuge I4 stellte zudem für den Angeklagten den Kontakt zur Fachstelle Täter-Opfer-Ausgleich her, mit dessen Sachbearbeiter der Angeklagte zeitnah ein Gespräch führen soll, damit die Fachstelle prüfen kann, ob und wie an die Angehörigen herangetreten werden kann. Zudem verfasste der Angeklagte einen über seinen damaligen Verteidiger an den Vertreter der Nebenkläger übermittelten persönlichen Brief an die Angehörigen der Geschädigten T6.
Der Angeklagte hat über seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung angegeben, dass ihm das Geschehene sehr leid tue und er die Tat bereue. Wenn er es ungeschehen machen könne, würde er es tun. In seinem letzten Wort hat er dies persönlich - gerichtet an die Nebenkläger - wiederholt.
III.
1. Feststellungen zur Person
Die Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten einschließlich der bisherigen psychiatrischen Behandlungen und Auffälligkeiten beruhen auf seinen eigenen glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung sowie den Angaben der Sachverständigen Dr. M1, die die Erzählungen des Angeklagten zu seinem Lebenslauf aus den Explorationsgesprächen im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung und die dahingehenden Informationen aus der Betreuungsakte wiedergegeben hat. Der Angeklagte hat diese in der Hauptverhandlung als richtig bestätigt.
Glaubhaft ist auch die Schilderung des Angeklagten, er nehme keine Drogen und trinke in der Regel kaum Alkohol, zumal die Zeuginnen T2 und Q und der Zeuge L1 dies bestätigt haben.
Die Zeugin T2 hat ferner den festgestellten Erwerb und die Finanzierung des verunfallten BMW sowie den Umstand geschildert, dass sie die Raten für das Fahrzeug derzeit bezahle und dem Angeklagten zuvor bereits etwa 8.000,00 € geliehen hatte, was der Angeklagte bestätigt hat.
Die Feststellungen zu den Vorstrafen ergeben sich aus dem Bundeszentralregisterauszug vom 06.06.2018 sowie aus dem Strafbefehl und der Anklageschrift zu dem Verfahren 16 Ds - 61 Js .../16 - ...#/16 sowie dem Strafbefehl zu dem Verfahren 112 Cs - 62 Js ...#/16 - ...#/16, die sämtlich in der Hauptverhandlung verlesen worden sind. Die Feststellungen zu dem eingestellten Verfahren 62 Js .../18 beruhen auf den Angaben des Zeugen L. Dieser hat das Geschehen wie festgestellt geschildert. Die Angaben des Zeugen L sind dabei glaubhaft. Er hat das Geschehen in sich schlüssig und widerspruchsfrei geschildert. Eine übermäßige Belastungstendenz zulasten des Angeklagten war nicht zu erkennen. Der Zeuge L hat nicht nur das Kerngeschehen als solches, sondern auch seinen Eindruck von dem Angeklagten und das als provozierend empfundene Verhalten detailliert geschildert. Es ist nachvollziehbar, dass er sich an den Vorfall im Einzelnen erinnern kann, da ein derartiges Verhalten gegenüber einem Polizeibeamten nicht alltäglich ist, was sich auch darin widerspiegelt, dass der Zeuge - wie er angegeben hat - einen ungewöhnlich langen Vermerk über das Geschehen gefertigt hat.
Die Feststellungen zu der verkehrsrechtlichen Vorbelastung ergeben sich aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Auskunft aus dem Verkehrszentralregister vom 07.06.2018.
2. Feststellungen zur Sache
Die vorstehenden Feststellungen zur Sache beruhen auf der im Wesentlichen geständigen Einlassung des Angeklagten sowie dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme, deren Art und Umfang sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt.
a. Feststellungen zu dem Vortatgeschehen und zu dem Fahrverhalten des Angeklagten und der Geschädigten T6 bis zur Kollision und dem Nachtatverhalten des Angeklagten
aa. Vortatgeschehen und Fahrweise des Angeklagten
Die Feststellungen dazu, dass der Angeklagte vor dem Tatgeschehen zu dem Lokal T3 gefahren ist und dort unter anderem mit dem Zeugen L1 mehrere Bier der Marke "Hacker Pschorr" getrunken hat bis er von der Zeugin Q abgeholt wurde, beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, der diese Umstände wie festgestellt geschildert hat, sowie auf den Angaben der Zeugen L1 und Q, die ebenfalls - soweit ihren Wahrnehmungsbereich betreffend - entsprechende Angaben gemacht haben. Die Aussagen der Zeugen stimmen mit den Angaben des Angeklagten überein, sind in sich schlüssig und widerspruchsfrei und daher insgesamt glaubhaft.
Die genaue Menge an Alkohol, die der Angeklagte zu sich genommen hat, hat er nicht angegeben.
Die festgestellte Blutalkoholkonzentration ergibt sich jedoch aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Blutalkoholbefund des Dr. C4 vom Universitätsklinikum Münster vom 31.01.2018. Die Kammer schließt sich den Ergebnissen des für die Untersuchung hinreichend fachlich qualifizierten Dr. C4 nach eigener Prüfung an. Dieser hat zwei Messungen nach dem Gaschromatographie-Verfahren vorgenommen und dabei den Mittelwert von 1,36 Promille im Entnahmezeitpunkt um 00:06 Uhr ermittelt. Das Universitätsklinikum Münster hat zudem erfolgreich an Ringversuchen für die Blutalkoholbestimmung teilgenommen.
Der entsprechenden Überzeugungsbildung der Kammer steht nicht entgegen, dass der Zeuge L1 angegeben hat, dass der Angeklagte in dem Lokal "T3" lediglich 3-4 Bier 0,25 l getrunken hat, die Zeugin Q den Angeklagten vor der Fahrt als "normal" empfunden hat und auch die Zeugin C3 bei der Untersuchung des Angeklagten nach ihrer Aussage ebenfalls keine Alkoholisierung wahrgenommen hat. Auch wenn der Angeklagte nach der weiteren Aussage der Zeugen Q, T2 und L1 in deren Beisein nur wenig Alkohol getrunken hat, sodass er nicht als trinkgewöhnt anzusehen ist, sind die vorbenannten Zeugenaussagen nicht geeignet, die eindeutigen Feststellungen des Dr. C4 zu erschüttern, die im Übrigen auch mit dem vor Ort freiwillig durchgeführten Atemalkoholtest des Angeklagten, von dessen Ergebnis der Zeuge C2 glaubhaft berichtet hat, in Einklang stehen. Der Zeuge L1 hat nach seiner Aussage insbesondere nicht mit dem Angeklagten darüber gesprochen, was dieser vor seinem Eintreffen bei "T3" gemacht habe, sodass dieser keine Angaben dazu machen konnte, ob der Angeklagte bereits zuvor Alkohol konsumiert hat. Der Zeuge hat zudem angeben, selber schon seit 16 Uhr und deutlich mehr getrunken zu haben als der Angeklagte, sodass diesem nicht zwangsläufig aufgefallen sein muss, ob der Angeklagte bereits alkoholisiert gewirkt hat, als er zu T3 kam. Im Übrigen wirkt sich Alkohol allgemeinbekannt bei verschiedenen Menschen unterschiedlich aus und eine Alkoholisierung ist nicht bei jedem Menschen ohne Weiteres zu erkennen. Daher vermögen auch die Aussagen der Zeuginnen Q und C3 nichts an der Überzeugungsbildung der Kammer zu ändern.
Angesichts des "normalen" Verhaltens des Angeklagten lässt sich nicht ausschließen, dass auch ihm der Umfang seiner Alkoholisierung und seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit nicht bewusst war und er diese auch nicht für möglich hielt. Angesichts der Menge des denklogisch konsumierten Alkohols war sie ihm jedoch zur Überzeugung der Kammer bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar.
Der Angeklagte hat zudem eingeräumt, dass er von "T3" zunächst über die Straße B-Straße in die Straße C eingebogen ist und dann an der Ampel N-Straße/F-Straße einen Kavalierstart gemacht, das Fahrzeug innerhalb weniger Sekunden bis zur Eisenbahnunterführung auf eine deutlich höhere als die zulässige Höchstgeschwindigkeit beschleunigt und sodann die Geschwindigkeit bis zum Unfall weitestgehend gleichbleibend gehalten hat, um der Zeugin Q zu imponieren.
Das Geständnis des Angeklagten ist auch insoweit glaubhaft. Er hat die Angaben zu dem Fahrverlauf detailliert geschildert. Dass er keine genauen Angaben zu der konkret gefahrenen Geschwindigkeit gemacht hat, steht der Glaubhaftigkeit seines Geständnisses nicht entgegen.
Die Angaben des Angeklagten decken sich auch mit den Angaben der Zeugin Q, die den Fahrverlauf und auch die Fahrweise des Angeklagten ebenfalls wie vorstehend beschrieben geschildert hat.
Dass der Angeklagte deutlich schneller als mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gefahren ist, ergibt sich im Übrigen auch aus den Angaben der Zeugen T4, Dr. N4, Dr. T5, C1 und F1.
Die Zeugin T4 stand mit ihrem Fahrzeug neben dem Angeklagten an der Ampel N-Straße/F-Straße und hat bekundet, dass dieser sei in einer hohen Geschwindigkeit in Fahrtrichtung der F-Straße gefahren ist.
Der Zeuge Dr. N4 stand nach seiner Aussage mit seinem Fahrrad an der Fahrradampel der vorbenannten Kreuzung, die sich etwas vor der Haltelinie für den Fahrzeugverkehr befindet und hat ebenfalls ausgesagt, dass das Fahrzeug in hoher Geschwindigkeit in die X-Straße, Fahrtrichtung stadtauswärts gefahren ist.
Die Zeugen Dr. T5 und C1 haben übereinstimmend angegeben, dass sie gegen 22:55 Uhr an der Ampel G-Straße/X-Straße standen, um nach rechts in die X-Straße einzubiegen, als ein weißes Fahrzeug mit einer deutlich überhöhten Geschwindigkeit und lauten Motorengeräuschen an ihnen vorbeifuhr. Sie seien entsetzt gewesen über die rücksichtslose Fahrweise und hätten sich nicht gewundert, als sie nach dem Einbiegen in die X-Straße gesehen hätten, dass es zu einer Kollision gekommen sei.
Die Zeugin F1 hat angegeben, dass sie vor dem Lokal "Q1" stand, um ihr Fahrrad aufzuschließen, als sie ein lautes Motorengeräusch eines schnell fahrenden Fahrzeugs gehört hat. Sie habe sich aufgrund des lauten Geräuschs umgedreht und an ihr sei ein weißes Fahrzeug mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit vorbeigefahren, wobei der Motor mehrmals aufgeheult habe.
Diese Angaben der Zeugen, die sich im Ergebnis mit der Einlassung des Angeklagten und den Angaben der Zeugin Q decken, sind ebenfalls glaubhaft. Die Zeugen haben ihre Wahrnehmungen in sich schlüssig und widerspruchsfrei geschildert und sich dabei nicht nur auf das Kerngeschehen beschränkt. Da sich das Geschehen im unmittelbaren Wahrnehmungsbereich der Zeugen abspielte und sich die Zeugin F1 sogar bewusst wegen des sich nähernden Motorengeräuschs umdrehte, ist die Wahrnehmungsfähigkeit und auch -bereitschaft der Zeugen als hoch zu bewerten.
Die Angaben werden letztlich auch von den Feststellungen des Sachverständigen O1 gestützt, der Angaben zu der konkreten, aus den Feststellungen ersichtlichen Annäherungs- und Kollisionsgeschwindigkeit gemacht hat (vgl. dazu sogleich unter III. 2. b.).
Der Feststellung, dass der Angeklagte einen Kavalierstart an der Ampel N-Straße/F-Straße nach einer Reduzierung der Geschwindigkeit gemacht hat, steht nicht die Aussage der Zeugin T4 entgegen, die angegeben hat, dass der weiße BMW von hinten angerauscht kam und durchgefahren ist. Die Zeugin hat zwar auch auf Vorhalt der schriftlichen Aussage des Zeugen Dr. N4 angegeben, sie könne ausschließen, dass das Fahrzeug neben ihr gestartet sei, sie habe im Spiegel gesehen wie es angerauscht gekommen sei und auch Geräusche eines Kavalierstarts nicht wahrgenommen. Auch der Zeuge Dr. T5 hat angegeben, aus seiner Sicht könne die von ihm im Bereich der G-Straße wahrgenommene Geschwindigkeit des Fahrzeugs nicht erreicht werden, wenn der Angeklagte erst an der Ampel gestartet ist, was gegen einen Kavalierstart sprechen könnte. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug des Angeklagten eine erhebliche Motorleistung hatte und damit die zu erzielende Geschwindigkeit von der eines durchschnittlichen Fahrzeugs abweicht. Auch der Sachverständige O1 hat insoweit angegeben, dass der Angeklagte mit seinem konkreten Fahrzeug bis zur Eisenbahnunterführung, die einige Meter hinter der G-Straße liegt, bereits ohne Weiteres auf über 100 km/h beschleunigen konnte, sodass die Einschätzung des Zeugen Dr. T5, die dieser ohne konkrete Kenntnis von der Motorleistung des Fahrzeugs des Angeklagten abgegeben hat, im Ergebnis nicht zutreffend ist. Die Aussage der Zeugin T4 steht zudem im Widerspruch zu den Angaben sowohl des Angeklagten selbst als auch der Zeugin Q und des Zeugen Dr. N4, der zwar angegeben hat, dass sich der Start des Fahrzeugs des Angeklagten hinter ihm abgespielt hat, dass er aber laute Geräusche eines schnell startenden Fahrzeugs und des Abriebs der Reifen gehört und sodann das mit überhöhter Geschwindigkeit fahrende Fahrzeug gesehen habe.
Insoweit folgt die Kammer den Angaben des Angeklagten und der vorbenannten Zeugen, zumal aus der Sicht der Kammer nicht auszuschließen ist, dass die Zeugin T4 wegen des Umstands, dass der Angeklagte nach Verlangsamung seiner Geschwindigkeit aufgrund des Kavalierstarts nach kurzer Zeit eine erhebliche Geschwindigkeit aufgebaut hatte, im Zeitpunkt der Wahrnehmung des Angeklagten lediglich davon ausgegangen ist, dass er sich bereits in dieser Geschwindigkeit genähert haben muss, und sich dies in ihrem Bewusstsein als konkreter Geschehensablauf festgesetzt hat.
bb. Fahrweise der Geschädigten T6
Dass die Geschädigte T6 eine überaus vorsichtige und gewissenhafte Fahrerin war, sich strikt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen hielt und vor jedem Fahrtantritt einen sog. Sicherheitscheck machte, hat der Zeuge E3 in sich schlüssig und detailliert geschildert und auch angegeben, dass er in der Zeit seit November 2017, seit der er die Geschädigte kannte, etwa 10 bis 12 mal mit ihr zusammen im Auto als Beifahrer gefahren ist. Er hat auch nachvollziehbar angegeben, dass ihm der Sicherheitscheck immer etwas albern vorgekommen ist und er sich zudem gewundert hat, wie man es schafft, die erlaubte Geschwindigkeit immer "auf Strich" zu halten. Seine Aussage ist daher glaubhaft. Seine Angaben stimmen auch mit den glaubhaften Angaben der Zeugin T7 überein, die ebenfalls angegeben hat, dass die Geschädigte generell sehr pflichtbewusst war. Sie, die Zeugin, sei zwar selber selten mit ihrer Schwester im Auto gefahren, da sie sich meist in Münster getroffen hätten, sie wisse aber auch, dass ihre Schwester immer den sog. Sicherheitscheck gemacht habe, weil das Auto schon etwas älter war.
Aufgrund dieser Feststellungen hat die Kammer unter Berücksichtigung der nachfolgend darzustellenden Ergebnisse der Beweisaufnahme zu ihrer Überzeugung feststellen können, dass die Geschädigte eine sehr pflichtbewusste und gewissenhafte Fahrerin war und in der konkreten Situation zunächst an der Begrenzungslinie der X-Straße gehalten hat, bevor sie auf die X-Straße eingefahren ist.
Bei einer solch pflichtbewussten und gewissenhaften Fahrerin ist nämlich anzunehmen, dass diese den Sichtverhältnissen entsprechend in die X-Straße einfährt. Der Sachverständige O1 hat in seinem Gutachten insoweit jedoch dargestellt, dass (nur) das Einfahren in die X-Straße nach einem Halt an der Begrenzungslinie den Sichtverhältnissen entsprechend, bei einem Einfahren ohne vorherigen Halt die Sicht in die X-Straße demgegenüber nicht ausreichend war. Bei einem Einfahren ohne Halt könne man weder den Radfahrweg, der allgemeinbekannt in der Fahrradstadt Münster im innerstädtischen Bereich auch in den Abendstunden eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordert, noch die Straße wegen der Bäume und parkenden Fahrzeuge hinreichend einsehen. Seine aufwendige und äußerst sorgfältige Unfallrekonstruktion und die vorbenannten Angaben zu den Sichtverhältnissen hat der Sachverständige durch zahlreiche Lichtbilder, die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden sind, für die Kammer sehr gut nachvollziehbar gemacht. Die Lichtbilder hat er in der Dunkelheit bei vergleichbaren Lichtverhältnissen mit vergleichbaren Fahrzeugen in gleicher Farbe aus den jeweiligen Perspektiven des Angeklagten und der Geschädigten gefertigt. Der weiße BMW befindet sich auf den einzelnen Aufnahmen 25,5 bis 130 Meter und das Fahrzeug der Geschädigten 4,5 bis 17 Meter vor dem Kollisionsort. Die Sichtverhältnisse der Unfallbeteiligten sind sehr gut nachvollziehbar, insbesondere auch die Sichtbehinderung der Geschädigten vor Erreichen der Begrenzungslinie durch Bäume, Straßenschilder und dergleichen. Diese Sichtbehinderung ist so gravierend, dass ein Einbiegen ohne Halt an der Begrenzungslinie zur X-Straße rücksichtslos wäre. Es erscheint der Kammer äußerst fernliegend, dass die ansonsten sehr gewissenhafte Fahrerin - die Geschädigte - trotz dieser Sichtbehinderung ohne Halt durchgefahren sein könnte.
Im Übrigen hat der Angeklagte in seiner Einlassung selber angegeben, er habe das Fahrzeug der Geschädigten wahrgenommen und dann irgendwann gesehen, dass diese ja doch anfahre, was ebenfalls für ein Anhalten an der Begrenzungslinie spricht, da andernfalls dieser "zweiaktige" Ablauf - Wahrnehmung der Geschädigten in der Straße als erster Akt und zeitlich etwas spätere Feststellung, dass diese "ja doch" anfahre als zweiter Akt - wie von dem Angeklagten geschildert bei einem Einfahren ohne Halt nicht gegeben wäre.
cc. Feststellungen zu dem Nachtatverhalten des Angeklagten
Die Feststellungen zu dem Verhalten des Angeklagten nach der Kollision beruhen auf den entsprechenden glaubhaften Angaben der Zeugen C2 und C3, die mit dem Angeklagten gesprochen haben. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Zeuge C2 nach seiner glaubhaften Aussage nur wenige Minuten nach der Kollision vor Ort war und bei dem Angeklagten geblieben ist bis dieser in das T-Hospital gebracht wurde, hat die Kammer zudem die Feststellung getroffen, dass der Angeklagte nach der Kollision keinen Alkohol (mehr) zu sich genommen hat.
Dass der Angeklagte sich selber aus dem Krankenhaus entlassen hat und zur Unfallstelle zurückgekehrt ist, da er eine höhere Summe Bargeld vermisste, hat er selber eingeräumt und diese Angaben decken sich auch mit den Aussagen der Zeugen I3 und C2, die dies ebenfalls glaubhaft geschildert und angegeben haben, dass sie noch längere Zeit an der Unfallstelle - etwa bis halb 3 Uhr nachts - tätig waren.
b. Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen, den Schäden an den Fahrzeugen und dem konkreten Kollisionshergang
Soweit die Kammer zu den örtlichen Gegebenheiten Feststellungen getroffen hat, ergeben sich diese aus den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern, die mit den Angaben des Sachverständigen O1 und den Angaben der Zeugin C3 übereinstimmen, die die optischen Gegebenheiten wie festgestellt geschildert haben.
Weitere Angaben zur Örtlichkeit sowie dazu, dass die Fahrbahn zum Zeitpunkt der Kollision trocken und frei und eine Außentemperatur von 3 Grad zu messen war, hat der Zeuge I3, der nur wenige Minuten nach der Kollision mit dem Zeugen C2 vor Ort war und der auch den entsprechenden Bericht nach der Unfallaufnahme verfasst hat, glaubhaft bekundet.
Die Feststellungen zu dem konkreten Kollisionshergang einschließlich der Kollisionsgeschwindigkeiten und der Vermeidbarkeit der Kollision bei normgerechtem Verhalten beruhen ebenso wie die Feststellungen zu den Schäden an den Fahrzeugen auf den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. O1 unter Berücksichtigung der weiteren im Einzelnen darzustellenden Ergebnisse der Beweisaufnahme.
aa. Feststellungen des Sachverständigen zu den Schäden an den Fahrzeugen, dem Kollisionswinkel und der Endstellung
Der Sachverständige hat die Schäden an den Fahrzeugen, den Kollisionswinkel und die Endstellung der Fahrzeuge nach der Kollision so beschrieben wie festgestellt.
Diese Angaben des Sachverständigen decken sich dabei mit den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen, von den Polizeibeamten vor Ort gefertigten Lichtbildern sowie den glaubhaften Angaben der Zeugen C3 und I3, soweit sie deren Wahrnehmungsbereich unterlagen. Der Zeuge I3 hat insoweit ausgesagt, dass der BMW des Angeklagten mittig auf der Straße gestanden hat und das Fahrzeug der Geschädigten gegen geparkte Fahrzeuge geschleudert worden ist.
Die Zeugin C3 hat detailliert, in sich schlüssig und widerspruchsfrei angegeben, dass sie zunächst zu dem Fahrzeug der Geschädigten T6 gegangen ist und mit dem Zeugen I3 - wie dieser ebenfalls angegeben hat - versucht hat, die Geschädigte aus dem Fahrzeug herauszuziehen und zu reanimieren, was jedoch nicht möglich war, da diese massiv eingeklemmt war. Sie hat angegeben, dass sie seit über zehn Jahren als Notärztin tätig ist, eine solche Karosserieverformung im innerstädtischen Bereich jedoch noch nie gesehen hat, vielmehr derartige Verformungen sonst eher im Rahmen von Autobahnunfällen zu sehen sind.
bb. Feststellungen des Sachverständigen zu dem konkreten Kollisionshergang und der Vermeidbarkeit der Kollision bei normgerechtem Verhalten
Der Sachverständige hat zudem Ausführungen zu dem konkreten Kollisionshergang und der Vermeidbarkeit einer Kollision bei normgerechtem Verhalten gemacht.
Zur Geschwindigkeit der Fahrzeuge hat der Sachverständige ausgeführt, dass er die Schadenintensitäten beider Unfallfahrzeuge qualitativ bewertet habe. Es seien dazu Crashversuche mit typengleichen Fahrzeugen und vergleichbaren Anstoßsituationen herangezogen und die fotografisch dokumentierten Eindringtiefen durch optischen Vergleich energetisch bewertet worden. Es sei dabei zunächst eine energieäquivalente Geschwindigkeit bestimmt worden, die in etwa der Geschwindigkeit entspreche, mit der ein typgleiches oder -ähnliches Fahrzeug unter ähnlichen Voraussetzungen wie bei einem Unfall gegen eine starre Barriere prallen müsse, um vergleichbare Schadenintensitäten zu erleiden. Die Schadenintensität bei dem BMW sei insoweit mit einer EES-Bandbreite von 50 bis 55 km/h bewertet worden. Bei dem Peugeot sei von einer betragsmäßig höheren energieäquivalenten Geschwindigkeit im Bereich von 60 bis 63 km/h auszugehen. Es habe sich daher eine Relativgeschwindigkeit zwischen den Fahrzeugen von 100 bis 120 km/h herauskristallisiert, wobei der Hauptanteil durch den BMW in die Kollision eingebracht sei. Es handele sich insoweit um eine erste Näherung im Hinblick auf die erzielten Geschwindigkeiten.
Es sei sodann unter Berücksichtigung dieser Näherungswerte ein entsprechender Crashversuch herausgesucht worden, bei dem ein VW Passat mit ca. 100 km/h gegen einen ca. 15 km/h schnellen Nissan Micra geprallt sei. Die bei dem Crashversuch erzielten Schadensintensitäten seien mit den hiesigen relativ gut vergleichbar, wobei die Eindringtiefe im Nissan Micra etwas geringer sei als in dem Peugeot der Geschädigten T6 und auch die Schadenintensität am VW Passat nicht so groß sei wie die an dem BMW des Angeklagten. Der Crashversuch bestätige daher aus technischer Sicht eine Kollisionsgeschwindigkeit des BMW von mindestens 110 km/h.
Im Weiteren seien verschiedene computergestützte Bewegungssimulationen durchgeführt worden, bei denen die Endstellungen der Fahrzeuge auch in die Unfallörtlichkeit eingebunden worden seien. Die besten Ergebnisse seien dabei erzielt worden, wenn eine Abbiegegeschwindigkeit von 15 km/h des Peugeot vorgegeben und die Kollisionsgeschwindigkeit des BMW auf einen Bereich von 110 und 120 km/h variiert worden sei.
Diese Bandbreite der Geschwindigkeit des BMW sei auch durch die Auslesung der Steuergeräte des BMW bestätigt worden, bei denen ein Crashereignis detektiert und zu diesem Zeitpunkt die Geschwindigkeit mit 111 km/h abgespeichert worden sei. Es sei davon auszugehen, dass dieses abgelegte Kollisionsereignis zeitlich nach dem im Airbag-Steuergerät als erstes abgelegten Kollisionsereignis aufgezeichnet worden sei, sodass auch höhere Kollisionsgeschwindigkeiten möglich seien. Das Airbag-Steuersystem habe eine Geschwindigkeit von 114 km/h gespeichert.
Zu der Frage der Vermeidbarkeit der Kollision hat der Sachverständige verschiedene Weg-Zeit-Betrachtungen angestellt. Dabei ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass sich der Fahrverlauf der Geschädigten T6 nicht sicher feststellen lasse, sodass er die Weg-Zeit-Betrachtungen für den Fall eines Halts der Geschädigten vor der Begrenzungslinie der X-Straße sowie für den Fall eines Einfahrens ohne Halt mit konstanter Geschwindigkeit und mit verzögerter Geschwindigkeit angestellt hat. Er kommt insofern zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte im Zeitpunkt, als das Einfahren der Geschädigten für ihn zu erkennen war, in jeder Konstellation aufgrund seiner Geschwindigkeit nicht mehr rechtzeitig anhalten oder die Kollision durch eine Bremsung vermeiden konnte. Hätte er zu diesem Zeitpunkt jedoch die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten, wäre er später am Kollisionsort angekommen und die Geschädigte hätte auch ohne Bremsung des Angeklagten - die ihm bis zum Stillstand vor Erreichen des Kollisionsortes im Übrigen in jeder Konstellation möglich gewesen wäre - in jeder Anfahrvariante den Gefahrenbereich bereits verlassen. Der Sachverständige hat ebenfalls angegeben, dass der Angeklagte auch ohne die Alkoholisierung keinerlei andere Reaktionsmöglichkeiten gehabt hätte, um die Gefährdungslage zu vermeiden oder abzumildern, sodass ein spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit des Angeklagten und der Gefährdungslage nicht feststellbar ist.
Zu dem seitens der Kammer festgestellten Fahrverlauf der Geschädigten T6 mit einem Halt vor der Begrenzungslinie der X-Straße hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass der Anfahrentschluss und die letztmalige Orientierung der Geschädigten nach links ca. 3,6 Sekunden vor der Kollision stattgefunden hat, da bis zum Kollisionsort etwa 5,5 Meter zurückgelegt werden mussten. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der BMW bei einer Mindest-Annäherungsgeschwindigkeit von 110 km/h noch ca. 112 Meter von dem späteren Kollisionsort entfernt befunden. Eine Sekunde später, zum Zeitpunkt des Anfahrbeginns, habe sich der BMW auf ca. 81 Meter dem späteren Kollisionsort angenähert. In beiden Positionen sei der BMW für die Geschädigte zu erkennen gewesen, aber noch so weit entfernt, dass bei den innerorts zu erwartenden Geschwindigkeiten ein gefahrloses Abbiegen nach links für die Geschädigte möglich gewesen sei. Die Geschädigte habe das Unfallgeschehen aus technischer Sicht gleichwohl vermeiden können, indem sie entsprechend aufmerksam den Annäherungsvorgang des bevorrechtigten Fahrzeugs beobachtet hätte. Bei entsprechend langer Beobachtungsdauer wäre die hohe Annäherungsgeschwindigkeit des BMW zu erkennen gewesen.
Als der Pkw der Geschädigten etwa einen Meter weit gefahren sei, habe er über die Begrenzungslinie in die X-Straße hineingeragt und es sei für den Angeklagten sodann etwa 46 Meter vom Kollisionsort entfernt zu erkennen gewesen, dass die Geschädigte in die Straße einbiege. Nach Abzug einer Reaktionszeit von einer Sekunde sei es dem Angeklagten nicht möglich gewesen, die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit von mindestens 110 km/h bis zum Stillstand vor dem einbiegenden Fahrzeug zu reduzieren. Wenn der Angeklagte zum Zeitpunkt der möglichen Reaktion demgegenüber die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hätte, so wäre es ihm bereits mit einer etwas stärkeren Angleichsbremsung möglich gewesen, vor dem Kollisionsort anzuhalten. Zudem wäre das von dem Angeklagten geführte Fahrzeug sodann zeitlich später am Kollisionsort angelangt, sodass die Geschädigte bei fortgeführter mittlerer Anfahrbeschleunigung eine weitere Wegstrecke von mindestens 7 Metern zurückgelegt und den Gefahrenbereich vor Ankunft des Angeklagten bereits verlassen hätte.
Bei der Annahme eines Halts der Geschädigten an der Begrenzungslinie der X-Straße komme auch eine höhere Annäherungsgeschwindigkeit des Angeklagten von 125 km/h in Betracht. In diesem Fall wäre der Pkw des Angeklagten zum Zeitpunkt des - oben dargestellten - Abbiegeentschlusses der Geschädigten sogar noch 126 Meter von dem Kollisionsort entfernt gewesen. Zum Zeitpunkt, als die Geschädigte ihre Signalposition erreicht und etwa einen Meter an Fahrstrecke zurückgelegt hätte, wäre der Pkw des Angeklagten noch 50 Meter von dem Kollisionsort entfernt gewesen. Dieser Zeitpunkt wäre ca. 1,5 Sekunden vor der Kollision einzuordnen und der Angeklagte hätte seine Geschwindigkeit bei spontaner Einleitung einer Vollbremsung auf die Kollisionsgeschwindigkeit von 110 km/h reduzieren können. Wäre der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt nur mit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit gefahren, hätte er sogar deutlich vor dem Kollisionsort bis zum Stillstand abbremsen können und im Übrigen hätte die Geschädigte den Gefahrenbereich auch ohne Bremsung des Angeklagten bis zu dessen Ankunft am Kollisionsort vollständig verlassen, da sie bis dahin eine weitere Wegstrecke von 12,5 Metern zurückgelegt hätte.
Der Sachverständige hat zu den weiteren, technisch möglichen Fahrweisen der Geschädigten ohne Halt an der Begrenzungslinie der X-Straße ausgeführt, dass sich die Zeit vom Überfahren der Begrenzungslinie bis zum Erreichen des Kollisionsortes bei einem Einfahren der Geschädigten mit konstanter Geschwindigkeit verringern würde. Dennoch lasse sich in gleicher Art und Weise ein Abbiegeentschluss und ein Abbiegebeginn der Geschädigten wie zuvor erläutert betrachten. Der Abbiegeentschluss wäre in diesem Fall ca. 3,7 Sekunden vor der Kollision einzuordnen. Die Geschädigte hätte sich zu diesem Zeitpunkt 15 Meter und der Angeklagte, bei dem der Sachverständige eine Annäherungsgeschwindigkeit von 110 km/h berücksichtigt hat, 113 Meter von dem Kollisionsort entfernt befunden. Die Signalposition, zu der das Einfahren auf die X-Straße für den Angeklagten erkennbar gewesen wäre, hätte die Geschädigte 1,1 Sekunden vor der Kollision gesetzt, als der Angeklagte noch 33 Meter vom Kollisionsort entfernt gewesen wäre. Hätte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten, wäre es ihm aufgrund des Zeitgewinns bis zum Erreichen des Kollisionsortes möglich gewesen, durch eine starke Bremsung bis zum Stillstand abzubremsen. Zudem hätte das Fahrzeug der Geschädigten T6 bis zum Erreichen des Kollisionsortes durch den Angeklagten weitere 7 Meter zurückgelegt und sei vollständig auf die Gegenfahrbahn eingefahren, sodass es auch ohne Bremsmanöver des Angeklagten nicht zu einer Kollision gekommen wäre.
Gleiches gelte auch dann, wenn die Geschädigte ohne Halt, aber bremsend in die X-Straße eingefahren wäre. In diesem Falle hätte sich der Angeklagte zum Zeitpunkt des Abbiegeentschlusses der Kollisionsstelle auf 80 Meter angenähert, die Geschädigte auf 17 Meter. Eine Sekunde später wäre dann der Anfahrentschluss der Geschädigten anzunehmen, zu dem sich der Angeklagte bereits auf 50 Meter und die Geschädigte bis auf 10 Meter genähert hätte. Die Geschädigte hätte sodann 0,8 Sekunden vor der Kollision die Begrenzungslinie überfahren und die Signalposition gesetzt, als der Angeklagte noch 25,5 Meter von dem Kollisionsort entfernt gewesen wäre. Hätte er in diesem Moment die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten, wäre er eine Sekunde später am Kollisionsort gewesen, was ausgereicht hätte, damit die Geschädigte den Kollisionsbereich - wenngleich knapp - vollständig verlassen hätte. Zudem hätte er in diesem Fall durch eine Vollbremsung vor dem Kollisionsort vollständig bis zum Stillstand abbremsen können.
Der Sachverständige kommt insgesamt daher zu dem Ergebnis, dass ein wechselseitiges Sichtproblem losgelöst von der tatsächlichen Annäherungsgeschwindigkeit des Angeklagten nicht die Ursache für die Kollision gewesen sei. Die Kollision sei für den Angeklagten in jedem der betrachteten Fälle durch Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu vermeiden gewesen, ohne dass eine unterstützende Bremsreaktion notwendig gewesen wäre. Auch die Geschädigte habe das Unfallgeschehen durch längere Beobachtung des sich nähernden Fahrzeugs aus technischer Sicht ebenfalls vermeiden können. Aus technischer Sicht sei der Unfall in erster Linie auf die hohe Annäherungsgeschwindigkeit des Angeklagten zurückzuführen.
cc. Beweiswürdigung bezogen auf die gutachterlichen Feststellungen
Das Gericht schließt sich den Feststellungen des Sachverständigen O1 nach eigener Prüfung an. Der Sachverständige ist als Dipl.-Ing. und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle für die Begutachtung hinreichend qualifiziert und dem Gericht aus weiteren Verfahren als erfahrener Gutachter im Bereich der Unfallrekonstruktion bekannt.
Der Sachverständige hat die von ihm gefundenen Ergebnisse ausführlich, nachvollziehbar und unter Zuhilfenahme von Bildmaterial überzeugend erläutert. Seine Angaben zu den Schäden und Endstellungen der Fahrzeuge decken sich - wie dargestellt - mit den in Augenschein genommenen Lichtbildern und den Zeugenaussagen der Zeugen C3 und I3.
Der Sachverständige hat auch die Weg-Zeit-Diagramme im Einzelnen dargestellt und seine insoweit gefundenen Ergebnisse erklärt. Der Sachverständige hat bei seinem Gutachten berücksichtigt, dass aus seiner technischen Sicht nicht sicher festzustellen war, in welcher Weise die Geschädigte in die X-Straße eingefahren ist und hat daher der Begutachtung auch die im Ergebnis zugunsten des Angeklagten wirkenden Fahrweisen der Geschädigten zugrunde gelegt. Er hat zudem offen angegeben, dass die beim Auslesen der Steuergeräte des BMW ermittelte Kollisionsgeschwindigkeit von 111 km/h bzw. 114 km/h der Bewertung allein nicht zugrunde gelegt werden kann. Er hat daher durch Auswertung der Endlagen und Spuren, das Einbinden der Anstoßkonfiguration in das maßstäbliche Luftbild und durch energetische Bewertung der Schadenintensitäten mithilfe von Crashversuchen mit typenähnlichen Fahrzeugen einen Rahmen für die Geschwindigkeit des BMW ermittelt und die im Steuergerät des BMW gespeicherten Ergebnisse hiermit verglichen. Er ist sodann bei der weiteren Begutachtung zugunsten des Angeklagten von der geringsten möglichen Kollisionsgeschwindigkeit, nämlich von 110 km/h, ausgegangen. Den Ausführungen des Sachverständigen ist daher insgesamt zu folgen.
Unter Berücksichtigung dieser überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen und des zur Überzeugung der Kammer feststehenden Fahrvorgangs der Geschädigten hat die Kammer die unter II. ersichtlichen Feststellungen zu dem Kollisionshergang getroffen. Die Kammer hat der Entscheidung dabei eine Geschwindigkeit des Angeklagten von 110 km/h als sicher feststellbare Mindest-Annäherungs- und -Kollisionsgeschwindigkeit zugrunde gelegt und nicht die ebenfalls technisch mögliche Annäherungsgeschwindigkeit von 125 km/h. Denn es kann nicht festgestellt werden, ob ein Bremsmanöver mit einer relevanten Wirkung erfolgt ist und die Annäherungsgeschwindigkeit daher höher war als die Kollisionsgeschwindigkeit. Der Angeklagte hat hierzu lediglich angegeben, er habe ein Bremsmanöver eingeleitet, dieses habe aber im Ergebnis keine Wirkung gezeigt. Verwertbare Aufzeichnungen des Bremsassistenten liegen nach den Angaben des Sachverständigen ebenfalls nicht vor. Da sich die Entfernungen des Angeklagten zum Kollisionsort zum Zeitpunkt des Abbiegeentschlusses, -beginns und des Setzens der Signalposition durch die Geschädigte bei Annahme einer Annäherungsgeschwindigkeit von lediglich 110 km/h gegenüber denen bei einer Geschwindigkeit von 125 km/h verringern und diese Entfernungen bei der Beurteilung eines etwaigen Mitverschuldens der Geschädigten relevant sein können, wirkt die Zugrundlegung der geringeren Annäherungsgeschwindigkeit zugunsten des Angeklagten, sodass die Kammer bei der Entscheidung hiervon ausgegangen ist.
Die Kammer hat zudem für die Geschädigte eine Abbiegegeschwindigkeit von 15 km/h festgestellt, da bei Annahme einer solchen Geschwindigkeit nach dem Gutachten des Sachverständigen die besten Ergebnisse zwischen den rekonstruierten Spuren im Auslauf und den rekonstruierten Endlagen der Fahrzeuge erzielt wurden.
c. Nichtfeststellung eines Gefährdungs- und Verletzungsvorsatzes des Angeklagten
Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass der Angeklagte bezogen auf die Herbeiführung einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben anderer Personen oder von Sachen von bedeutendem Wert sowie bezogen auf die tatsächliche Verletzung von Leib oder Leben einer anderen Person vorsätzlich gehandelt hat, was voraussetzen würde, dass er diese als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Verhaltens erkannt hat (sog. Wissenselement) und sie billigend in Kauf genommen hat (sog. Willenselement). Zwar hat die Kammer das Vorliegen des Wissenselements zu ihrer Überzeugung festgestellt, nicht jedoch das Vorliegen des Willenselements. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
Dass der Angeklagte es grundsätzlich für möglich hielt, dass es aufgrund seiner Fahrweise und unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zu einer Gefährdung sowie sogar Verletzung von Leib oder Leben anderer Personen und Sachen von bedeutendem Wert kommen konnte, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Gefährlichkeit des Fahrverhaltens des Angeklagten. Diese stellt einen wesentlichen Indikator für das Vorliegen des sog. Wissenselements des bedingten Verletzungs- und Gefährdungsvorsatzes dar (vgl. auch BGH, Urt. v. 01.03.2018, 4 StR 399/17). Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass es sich bei der X-Straße - wie festgestellt - um eine belebte Straße handelt, bei der sich auch in den Abendstunden angesichts der verschiedenen Lokale sowohl Fußgänger als auch Fahrrad- und Kraftfahrzeugverkehr befindet, zumal das Tatgeschehen zu einer Zeit stattfand, in der sich die Gäste solcher Lokale unter der Woche allgemeinbekannt häufig auf den Weg nach Hause begeben. Dabei kommt es immer wieder dazu, dass Fußgänger und Fahrradfahrer, aber auch andere Kraftfahrzeugführer davon ausgehen, vor einem in weiterer Ferne befindlichen Fahrzeug noch die Straße überqueren zu können, zumal sie damit rechnen, dass auf der X-Straße befindlicher Verkehr die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h jedenfalls nicht deutlich überschreiten werden. Dem Angeklagten waren diese Umstände und die örtlichen Begebenheiten bekannt, da er diese Strecke - wie er selbst einräumte - ständig fuhr und es sich um die für ihn typische und bekannte Strecke handelte.
Da es dem Angeklagten angesichts der deutlich überhöhten Geschwindigkeit jedenfalls nicht möglich war, auf spontan auftretende Hindernisse zu reagieren und ihm auch bewusst war, dass er wesentlich zu schnell fuhr, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass er sogar eine Kollision und damit eine Gefährdung und Verletzung von Leib und Leben anderer Personen als nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkannte.
Der vorbenannten Feststellung steht nicht entgegen, dass der Angeklagte deutlich alkoholisiert war, da es nur in Fällen außergewöhnlich hoher Alkoholintoxikation auf der Hand liegt, dass es neben der Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens auch zu einer Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit kommen kann (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2010, 2 StR 428/09) und vorliegend eine solche Einschränkung nicht ersichtlich ist. Vielmehr hat der Angeklagte sowohl auf die Zeugin Q als auch auf die Zeugin C3 nach deren Aussagen einen "normalen", insbesondere nicht stark alkoholisierten Eindruck gemacht und auch der Zeuge C2 hat erst im Verlauf des Gesprächs mit dem Angeklagten, als er Alkoholgeruch wahrgenommen hat, einen Atemalkoholtest durchgeführt.
Es kann indes nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte trotz erkannter Möglichkeit der Gefährdung und Verletzung von Leib oder Leben anderer Personen ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut hat, dass alles gut gehen werde und es nicht zu einer Kollision oder auch einer Situation kommt, in der es nur noch vom Zufall abhängt, ob Leib oder Leben anderer Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert geschädigt werden.
Insbesondere bei Tötungs- und Körperverletzungsdelikten ist zur Feststellung, ob der tatbestandliche Erfolg billigend in Kauf genommen wird oder eine "lediglich" bewusste Fahrlässigkeit in dem vorbenannten Sinne vorliegt, eine Gesamtschau aller objektiver und subjektiver Tatumstände im Einzelfall erforderlich. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Täters, seiner psychischen Verfassung bei der Tatbegehung, der Motivation und auch konkreten Angriffsrichtung. Die vorstehend beschriebene objektive Gefährlichkeit und der Grad der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts sind zwar auch hier ein wesentlicher Indikator für das sog. Willenselement, sie sind jedoch nicht die allein maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung, ob der Angeklagte mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Vielmehr sind im Rahmen der Gesamtwürdigung auch die sog. vorsatzkritischen Umstände, also die einen Vorsatz in Frage stellenden Umstände, in die Erwägungen einzubeziehen (vgl. zu Vorstehendem BGH, Urt. v. 01.03.2018, 4 StR 399/17, m.w.N.).
Nach dieser Gesamtschau ist das sog. Willenselement des bedingten Vorsatzes vorliegend sowohl bezogen auf den Verletzungs- als auch auf den konkreten Gefährdungsvorsatz nicht feststellbar, da eine "lediglich" bewusste Fahrlässigkeit nicht auszuschließen ist.
Dabei kann für die Beurteilung, ob das sog. Willenselement vorliegt, nicht auf den Zeitpunkt abgestellt werden, zu dem der Angeklagte wahrgenommen hat, dass die Geschädigte auf die Straße einbiegt, da eine Vermeidung der Kollision zu diesem Zeitpunkt für ihn nach den vorbenannten Feststellungen wegen seiner weit überhöhten Geschwindigkeit nicht mehr möglich war und es sich daher um einen unbeachtlichen dolus subsequens handeln würde (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2018, 4 StR 399/17). Es ist vielmehr für die Beurteilung auf einen Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Angeklagte für den Unfall ursächlich noch eine Handlung vornahm oder eine gebotene Handlung unterließ, hier also auf den deutlich vor der Erkennbarkeit des Einfahrvorgangs der Geschädigten liegenden Fahrvorgang des Angeklagten. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich ein bedingter Vorsatz nach Bewertung der Gesamtumstände nicht beweissicher feststellen, sodass zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, dass er lediglich mit bewusster Fahrlässigkeit gehandelt hat.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Fahrverhalten des Angeklagten überaus gefährlich war und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern kommt, nach den vorstehend bezeichneten Umständen, den örtlichen Gegebenheiten und der konkreten Fahrweise des Angeklagten als hoch anzusehen war.
Gegen das Willenselement des bedingten Vorsatzes lässt sich indes anführen, dass der Angeklagte in dem Zeitpunkt, als er wahrnahm, dass die Geschädigte auf die X-Straße einbog, nach seiner glaubhaften Einlassung eine Bremsung einleitete (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 01.03.2018, 4 StR 311/17).
Auch der Umstand, dass es sich bei der von dem Angeklagten befahrenen Straße um eine vorfahrtberechtigte Straße handelte, ist vorliegend als vorsatzkritischer Umstand zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich aus Sicht der Kammer auch, dass der Angeklagte das Geschehen nicht - wie bspw. im Falle des Überfahrens einer roten Ampel - bewusst aus der Hand gegeben und den weiteren Verlauf dem Zufall überlassen hat. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass sich der Angeklagte angesichts seines eigenen verkehrswidrigen Verhaltens nicht auf den Vertrauensgrundsatz dergestalt berufen konnte, dass sich andere Verkehrsteilnehmer nicht entgegen der Vorfahrtsregelung auf die Straße begeben. Entscheidend ist im Rahmen der Beweiswürdigung aus der Sicht der Kammer indes nicht, worauf der Angeklagte vertrauen durfte, sondern worauf er subjektiv vertraut hat (vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 14.06.2018, III-4 Ws 97/18). Wenn aber der Angeklagte bewusst darauf vertraut hat, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer auf die von ihm befahrene bevorrechtigte Straße einbiegen oder diese kreuzen werde, hat er zugleich darauf vertraut, dass es weder zu einer Kollision und daher einer Verletzung anderer Rechtsgüter noch zu einer konkreten Gefährdung solcher, nämlich dem Eintritt einer Situation kommt, in der es nur noch vom Zufall abhängt, ob andere Rechtsgüter geschädigt werden.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nach den Feststellungen in der Vergangenheit bereits mit einer entsprechenden Geschwindigkeit im innerstädtischen Bereich von Münster mit seinem Fahrzeug gefahren ist, ohne dass es zu einer Kollision gekommen ist. Auch wenn die Gefährlichkeit des hiesigen Fahrverhaltens auf der - im Gegensatz zur X1-Straße - einspurigen, durch parkende Autos stellenweise verengten und belebten X-Straße deutlich über die Gefährlichkeit einer solchen Fahrweise auf der X1-Straße hinausgeht, ergibt sich hieraus, dass der Angeklagte dazu neigt, seine Fahrfähigkeiten zu überschätzen und die Gefahren zu unterschätzen, worin er insoweit bestärkt worden ist, als durch die Geschwindigkeitsüberschreitung zuvor keine konkret gefährliche Situation entstanden ist. Es ist dabei auch nicht auszuschließen, dass durch die Alkoholisierung eine weitere Überschätzung der Fähigkeiten eingetreten und das Vertrauen auf einen guten Ausgang verstärkt worden ist.
Für eine derartige Überschätzung der eigenen Fähigkeiten spricht auch die Persönlichkeit des Angeklagten, wie sie von der Sachverständigen dargestellt worden ist. Diese hat eine Persönlichkeitsakzentuierung des naiven und unkritischen Angeklagten beschrieben, dessen Selbstreflektion erheblich eingeschränkt ist und der eine wenig realistische Einschätzung von Sachverhalten zeige (zur Überzeugungskraft des Sachverständigengutachtens s. sogleich).
Letztlich spricht gegen das Vorliegen des Willenselements, dass es sich bei dem von dem Angeklagten geführten Fahrzeug nach der Aussage der Zeugin T2 um sein Traumauto handelte und er dieses sowie auch seine eigene Gesundheit durch seine Fahrweise ebenfalls erheblich gefährdet hat. Durch die Gefährdung seines Fahrzeugs hat er sich zudem finanziell gefährdet, da durch die tatsächlich eingetretene Kollision das Fahrzeug des Angeklagten zerstört ist und noch eine erhebliche Restfinanzierungssumme offen ist, die der Angeklagte noch abbezahlen muss, ohne dass er eine Aussicht darauf hat, von seinem Versicherer eine Ersatzleistung zu erhalten. Zwar gibt es keine Regel, wonach es einem Tötungsvorsatz entgegensteht, dass mit der Vornahme einer fremdgefährdenden Handlung auch eine Eigengefährdung einhergeht. Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann aber eine als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass der Täter auf einen guten Ausgang vertraut hat (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2018, 4 StR 399/17). Dies ist hier jedenfalls nicht auszuschließen und die Gefährdung der eigenen Person und seines Fahrzeugs stellt sich als im Wege der Gesamtwürdigung zu berücksichtigender vorsatzkritischer Umstand dar.
Dabei ist die Kammer davon überzeugt, dass dem Angeklagten wegen der - wie dargestellt erkannten - Möglichkeit einer Kollision auch die eigene Gefährdung nicht verborgen geblieben ist. Dem steht nicht entgegen, dass sein Fahrzeug von der Ausstattung her erhebliche Sicherheitssysteme aufwies und er bei einer Kollision mit Fahrradfahrern und Fußgängern und einem Anstoß mit einem seitlich einfahrenden Fahrzeug, bei dem er als "Knautschzone" anders als das einfahrende Fahrzeug die Motorhaube vor sich hat, nicht in gleichem Maße gefährdet wäre wie die anderen Verkehrsteilnehmer. Auch der Umstand, dass der Angeklagte tatsächlich nahezu keine Verletzungen erlitten hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn es ist insoweit zu berücksichtigen, dass der Anstoß vorliegend am stärksten im Bereich der frontalen Fahrerseite erfolgt ist und deutlich schwerwiegendere Verletzungen für den Angeklagten bei einem nur geringfügig abweichenden Kollisionswinkel oder auch bei einem Verreißen des Lenkrads gedroht hätten und diese Gefahr, deren Grad sich auch nach der Art des angestoßenen Fahrzeugs richtet - auch durch die Motorhaube und die Sicherheitssysteme für den Angeklagten nicht vollständig ausgeglichen werden konnte.
Unter Abwägung dieser für und gegen das Vorliegen des Willenselements sprechenden objektiven und subjektiven Umstände kommt die Kammer dazu, dass nicht auszuschließen ist, dass der Angeklagte "nur" bewusst fahrlässig handelte, also ernsthaft auf einen guten Ausgang vertraute, was zu seinen Gunsten daher anzunehmen ist.
d. Feststellungen zu der nicht vorliegenden Absicht des Angeklagten, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen
Da der Angeklagte, der sein Fahrzeug schon länger fuhr und der dieses daher kannte, tatsächlich in der Lage gewesen wäre, sein Fahrzeug auch nach der Eisenbahnbrücke weiter zu beschleunigen und eine höhere Geschwindigkeit zu erzielen, er hiervon aber abgesehen hat, hat die Kammer festgestellt, dass er nicht die Absicht hatte, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen.
Insoweit hat der Sachverständige überzeugend dargestellt, dass es schwer ist, zu beurteilen, welche Geschwindigkeit technisch und für den Angeklagten persönlich erzielbar gewesen wäre. Das Fahrzeug des Angeklagten beschleunige jedoch in einer Zeit von 4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Wegstrecke bis zum Kollisionsort betrage über 470 Meter und es sei auch bei einem fliegenden Start, bei dem oftmals gerade nicht die optimale Beschleunigung erreicht werde, trotz der Unebenheit der Straße möglich, bis zum Kollisionsort eine Geschwindigkeit von 165 bis 185 km/h zu erzielen. Auch für einen ungeübten Fahrer sei es möglich, eine noch höhere als die von dem Angeklagten gefahrene Geschwindigkeit zu erzielen.
Die Kammer schließt sich auch diesen Ausführungen des Sachverständigen an, die im Ergebnis auch mit den Angaben des Zeugen C5 in Einklang stehen, wonach bei der durchgeführten Vergleichsfahrt auf einer deutlich kürzeren Strecke mit einem lediglich 136 PS starken Fahrzeug bereits eine Geschwindigkeit von 100 km/h erzielt werden konnte.
e. Feststellungen zu den Verletzungen der Geschädigten T6 und den Folgen der Tat für die Angehörigen und den Zeugen E3
Die Feststellungen zu den Verletzungen der Geschädigten T6 beruhen auf dem Leichenöffnungsprotokoll der Sachverständigen Dr. W und T8 vom 26.02.2018, das in der Hauptverhandlung auszugsweise verlesen worden ist. Diese haben die Verletzungen der Geschädigten wie festgestellt ermittelt und in dem Leichenöffnungsprotokoll als Todesursache ein Polytrauma als Folge des Verkehrsunfalls festgestellt.
Die Kammer schließt sich diesen Feststellungen der fachlich hinreichend qualifizierten Fachärztin für Rechtsmedizin W und der Assistenzärztin T8 an. Die Angaben lassen sich mit den festgestellten Schäden an den Fahrzeugen und der Art der Kollision sowie den glaubhaften Schilderungen der Zeugen C3 und I3 in Einklang bringen, die davon berichtet haben, dass die Geschädigte in dem Fahrzeug eingeklemmt war, wobei sie in Richtung der Mittelkonsole verschoben war. Die Zeugin C3 hat zudem glaubhaft geschildert, dass die Geschädigte T6 bei dem Eintreffen der Zeugin C3 kurz nach der Kollision leblos in dem Anschnallgurt gehangen und nicht reagiert hat. Als der Rettungstransportwagen und die diensthabende Notärztin eingetroffen seien, habe die diensthabende Notärztin mit der Reanimation der Geschädigten im Auto begonnen und diese sei auch nach der Befreiung der Geschädigten aus dem Fahrzeug nach etwa dreißig Minuten fortgesetzt worden. Lebenszeichen der Geschädigten seien zu keinem Zeitpunkt festzustellen gewesen, wegen des Alters der Geschädigten sei diese gleichwohl unter weiterer Reanimation zur Uniklinik verbracht worden.
Die Feststellungen zu den Folgen der Tat für die Angehörigen der Geschädigten T6 und den Zeugen E3 beruhen auf den Angaben der Zeugen E3 und T7.
Der Zeuge E3 hat glaubhaft geschildert, dass er insbesondere aufgrund der Art, wie er von dem Tod der Geschädigten erfahren habe, geschockt gewesen sei. Auch die Familie sei seiner Kenntnis nach zutiefst erschüttert gewesen. Er habe auf Anraten der Freiwilligen Feuerwehr, bei der er tätig sei, psychologische Hilfe in Anspruch genommen, die auch noch andauere. Es solle ausgeschlossen werden, dass ihn dies im Einsatzleben wieder einhole.
Die Zeugin T7 hat angegeben, dass der Tod ihrer Schwester die Familie aus der Bahn geworfen hat, vor allem weil dieser so plötzlich kam. Die Familie sei nachts um 3 Uhr über den Tod informiert worden, die Polizei habe Sturm geklingelt. Ihre Mutter sei ohnehin schon in psychiatrischer Behandlung, weil sie vorbelastet sei, es habe durch den Tod ihrer Schwester jedoch massive Rückschläge gegeben. Ihre weitere Schwester habe erst verzögert eine Reaktion gezeigt, sei vor nunmehr etwa zwei Monaten zusammengebrochen und befinde sich nun auch in psychologischer Behandlung. Ihr Vater suche derzeit nach einem Facharzt und führe bis dahin Gespräche bei seiner Hausärztin. Sie selber habe bisher keine psychologische Hilfe in Anspruch genommen.
Auch diese Angaben der Zeugen sind glaubhaft. Beide Zeugen haben die Folgen des Unfallgeschehens für ihr persönliches Leben nachvollziehbar und ruhig geschildert. Der Zeuge E3 hat offen eingeräumt, dass er die psychologische Hilfe auf Anraten der Freiwilligen Feuerwehr in Anspruch genommen hat. Die Zeugen wiesen keine Tendenz auf, die nachvollziehbare persönliche Betroffenheit zu übertreiben. Sie waren auch in ihrer Person glaubwürdig. Insbesondere die Zeugin T7, die während der Hauptverhandlung anwesend war, bemühte sich sichtlich, die Fassung zu bewahren, zeigte aber auch deutliche und nachvollziehbare Emotionen.
f. Feststellungen zu der Belastung des Angeklagten durch die Tat
Dass der Angeklagte sich wegen der Tat Vorwürfe macht, sie bereut und infolge des Tatgeschehens belastet ist sowie schlaflose Nächte und Alpträume hatte, ergibt sich aus der entsprechenden Einlassung des Angeklagten und der Vernehmung der Zeugen Q und I4.
Der Angeklagte hat glaubhaft angegeben, dass er das Tatgeschehen ungeschehen machen würde, wenn er es könnte und dass es ihm leid tue. Die Zeugin Q hat zudem in ihrer Aussage glaubhaft und in ihrer Person glaubwürdig ausgesagt, dass sie viel mit dem Angeklagten über die Tat gesprochen hat. Er habe Alpträume und schlaflose Nächte gehabt und darüber gesprochen, dass er die Bilder nicht mehr aus seinem Kopf bekomme. Sie hat auch bestätigt, dass er einen niedergelassenen Psychiater aufgesucht hat, bei dem im Übrigen auch die Sachverständige mit Zustimmung des Angeklagten Erkundigungen eingeholt hat. Auch die Zeugin T2 hat angegeben, dass der Angeklagte nur geweint hat, als sie ihn nach dem Unfallereignis angerufen hat, was für eine Belastung durch das Tatgeschehen spricht.
Der Zeuge I4 hat detailliert sowie in sich schlüssig den geschildert, dass er mit dem Angeklagten auf dessen Wunsch hin in der JVA Gespräche geführt hat und dieser dort authentisch die Tat bereut, volle Empathiefähigkeit gezeigt und zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihm ein ernsthaftes Anliegen ist, etwas gegen das Leid der Angehörigen zu tun.
Für die entsprechende Einlassung des Angeklagten und die Angaben der Zeugen spricht auch der Eindruck des Angeklagten in der Hauptverhandlung, in der er mehrfach, insbesondere auch dann, als die Verletzungen der Geschädigten und die Folgen der Tat für die Angehörigen thematisiert wurden, zu weinen begonnen hat.
Dass der Angeklagte nach den Angaben der Sachverständigen Dr. M1 im Rahmen ihres Explorationsgesprächs eher egozentrisch auf die eigene Situation der Inhaftierung eingeengt gewirkt habe, steht den getroffenen Feststellungen zu der Belastung des Angeklagten durch das Tatgeschehen und der Reue nicht entgegen. Denn auch gegenüber der Sachverständige hat er angegeben, dass er nicht gewollt habe, dass so etwas Schlimmes passiere, was ebenfalls Ausdruck einer gewissen Reue ist. Der Umstand, dass der Angeklagte darüber hinaus in dem mit der Sachverständigen geführten Gespräch kein Mitgefühl geäußert hat, schließt aus der Sicht der Kammer die Annahme einer Belastung durch die Tat und der Reue nicht von vornherein aus. Er zeigt vielmehr lediglich, dass auch die gezeigten Emotionen des Angeklagten nicht nur auf die Belastung durch das Tatgeschehen und seine Reue zurückzuführen sind, sondern auch auf die von ihm als belastend empfundene Inhaftierung und auf ein gewisses Selbstmitleid ob der derzeitigen Situation. Insoweit hat auch der Zeuge I4 glaubhaft angegeben, dass er mit dem Angeklagten Gespräche nicht nur über die Tat und deren Folgen, sondern auch über die Situation der Inhaftierung und das Verhalten des Angeklagten im Straßenverkehr im Allgemeinen geführt habe, wobei sich der Angeklagte bezogen auf sein Verhalten im Straßenverkehr uneinsichtig gezeigt und zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich bezogen auf die Vorfälle im Straßenverkehr in der Vergangenheit ungerecht behandelt fühle. In diesen Gesprächen sei feststellbar gewesen, dass sich der Angeklagte auch selbst leid tue, das Leid der Angehörigen der Geschädigten habe aber aus der Sicht des Zeugen I4 für den Angeklagten in den Gesprächen im Vordergrund gestanden.
g. Schuldfähigkeit des Angeklagten
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf dem überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. M1.
Die Sachverständige hat insofern ausgeführt, dass sie den Angeklagten am 15.03.2018 eingehend untersucht und zudem die Betreuungsakte des Amtsgerichts Ahlen ausgewertet habe.
Der Angeklagte habe leise und ruhig gewirkt, er habe vielfach zu weinen begonnen. Seine Angaben seien oft stockend erfolgt und er habe mehrfach an den Fragen vorbei geantwortet, es sei vielfaches Nachfragen erforderlich gewesen. Bei Nachfragen und Aufforderungen zu Konkretisierungen habe er im Gesprächsverlauf latent gereizt gewirkt. Introspektionsfähigkeit und Reflexionsfähigkeit seien gering gewesen und seine Schilderungen hätten wenig differenziert und tendenziell naiv gewirkt. Hinsichtlich des Vorfalls im Straßenverkehr, bei dem er einen anderen Verkehrsteilnehmer bespuckt hat, habe der Angeklagte angegeben, dass ihm aus seiner Sicht dort eine Falle gestellt und er provoziert worden sei. Er habe insoweit ein Misstrauen gezeigt und auch eine gewisse Realitätsverkennung. Zeichen paranoiden oder halluzinatorischen Erlebens seien aber nicht feststellbar gewesen.
Zu der Lebensgeschichte bezogen auf Belastungen und Auffälligkeiten sei festzuhalten, dass die Aufwachsbedingungen in den ersten Lebensjahren ungünstig gewesen seien und es davon auszugehen sei, dass es dem Angeklagten an Versorgung und Zuwendung gemangelt habe.
Der Angeklagte sei mit acht Jahren wegen Wutanfällen mit Schlagen in kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung gekommen; er habe klare Anweisungen und Grenzsetzungen benötigt. Gut ein halbes Jahr später, als die Behandlung beendet worden sei, habe sich seine emotionale Stabilität nach dem Bericht des behandelnden Arztes verbessert gezeigt und über psychische Auffälligkeiten sei in den folgenden Jahren bis zum 18. Lebensjahr nichts bekannt. Die Berichte der Pflegemutter an das Familiengericht hätten pubertätsbedingte Schwierigkeiten erwähnt, die Entwicklung aber sonst als positiv geschildert. Die Integration im Fußballverein und bei den Messdienern, sowie der Abschluss einer kieferorthopädischen Behandlung und einer mehrjährigen Hyposensibilisierungsbehandlung würden darauf hindeuten, dass der Angeklagte in der Pflegefamilie behütet aufgewachsen und in seiner Entwicklung gefördert worden sei.
Die Jahre zwischen dem 18. und 22. Lebensjahr des Angeklagten seien sehr turbulent gewesen. Es sei eine Betreuung eingerichtet worden und diese sei zunächst von der Mutter und ein Jahr später von einem Berufsbetreuer ausgeübt worden, der ein weiteres Jahr später die Einrichtung eines Einwilligungsvorbehalts für Vermögensangelegenheiten beim Betreuungsgericht erreicht habe. Zu dieser Zeit sei der Angeklagte von zu Hause ausgezogen und in eine im Eigentum der Pflegemutter stehende Wohnung gezogen. Er sei vom Jugendamt mit drei Wochenstunden unterstützt worden. Die Hilfe sei aber mangels Mitwirkung des Angeklagten nach einiger Zeit beendet worden. Aus diesem Grund sei auch der Berufsbetreuer aus dem Amt ausgeschieden und die Pflegemutter habe erneut das Amt der Betreuerin übernommen. In der vorbenannten Zeit habe es heftige Wutausbrüche mit Beschimpfungen in der Pflegefamilie gegeben, der Angeklagte habe zudem Schulden angehäuft. Er habe mit 18 Jahren in seiner psychischen Entwicklung deutlich jünger gewirkt und ein geringes Verantwortungsbewusstsein gezeigt.
In dem betreuungsgerichtlichen Verfahren seien insgesamt drei Gutachten eingeholt worden, der Angeklagte sei während dieser vier Jahre auch in drei Etappen in Behandlung bei dem Kinder- und Jugendpsychiater gewesen.
Im Jahr 2009 habe der behandelnde Arzt Dr. C den Angeklagten von der Persönlichkeitsreife her auf 16 bis 17 Jahre eingeschätzt und eine Neigung zu Lügen, Halbwahrheiten und Geschichtenerfinden beschrieben. Die Gewissensbildung habe Dr. C als defizitär angesehen. Der Angeklagte habe einerseits kleinlaut und servil wirken, sich andererseits aber auch impulsiv erregt zeigen können, wenn Begrenzungen vorgeschlagen worden seien, wobei Dr. C den Eindruck gehabt habe, dass die impulsiven Auffälligkeiten deutlich zurückgegangen seien und der Angeklagte insgesamt ruhiger gewesen sei. Der Angeklagte habe zu dieser Zeit die Schule unregelmäßig besucht, was sich gebessert habe, nachdem die Pflegemutter erneut das Amt der Betreuerin übernommen habe.
Im Jahr 2010 sei es zu einem stationären Aufenthalt in einer Klinik in der Nähe von Cuxhaven gekommen, wobei der die Unterbringung des Angeklagten anordnende Beschluss noch am Tag der stationären Aufnahme oder einen Tag später aufgehoben worden sei. In dem zur Beantragung der stationären Unterbringung erstellten Attest aus dem Jahr 2010 habe Dr. C angeben, dass der Angeklagte dissozial delinquente Verhaltensmuster entwickelt habe und auch Diebstähle erwähnt worden seien. Der Angeklagte habe sich suizidal geäußert.
Im Jahr 2011 sei die Betreuung als nicht mehr notwendig aufgehoben worden. Nach Aufhebung der Betreuung habe sich der Angeklagte nach Mitteilung der Pflegemutter gegenüber dem Betreuungsgericht erneut verschuldet, die Schule unregelmäßig besucht, Termine und Vereinbarungen nicht eingehalten und Post in den Papierkorb geworfen.
Es sei bemerkenswert, dass die Lebenssituation des Angeklagten im Jahr 2011 nicht komplett aus dem Ruder gelaufen sei.
Aus der Zeit vor dem Tatgeschehen, von September 2017 bis Ende Januar 2018, sei bekannt, dass das Arbeitsverhältnis des Angeklagten durch einen Aufhebungsvertrag beendet worden sei, wobei der Angeklagte geschildert habe, dass sein Arbeitgeber und er im Guten auseinandergegangen seien, er habe auch ein gutes Zeugnis erhalten. Die finanzielle Situation sei schwierig gewesen, der Angeklagte habe über seine Verhältnisse gelebt, seine Situation aber selber nicht als bedrohlich wahrgenommen. Bisweilen habe die Pflegemutter nach Angaben des Angeklagten dringende Zahlungen übernommen.
Es stelle sich die Frage, ob eine Dauerdiagnose gestellt werden können.
Die im Jahr 2007 im Rahmen des Betreuungsverfahrens gestellte Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, bei der eine erhöhte Gefährdung für Verkehrsunfälle und eine generelle Neigung, gegen Regeln im Straßenverkehr zur verstoßen, bestehe, könne aktuell nicht bestätigt werden. Es seien insoweit vorrangig die Hauptsymptome zu betrachten, die sich im Erwachsenenalter insbesondere durch innere Unruhe und ein Getriebensein darstellen würden. Derartige Symptome seien in dem mehr als dreistündigen Gespräch der Sachverständigen mit dem Angeklagten nicht festzustellen gewesen. Er sei auch der Hauptverhandlung konzentriert gefolgt und auch der Zeuge I4 habe nach seiner Aussage in den Gesprächen mit dem Angeklagten keine psychopathologischen Auffälligkeiten festgestellt. Für die Diagnose einer heute vorliegenden ADHS bestehe daher keine Grundlage. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Diagnosestellung vorliegend ohnehin besonders sei, da diese erst mit 18 Jahren erfolgt sei, obwohl der Angeklagte bereits im Alter von acht Jahren in jugend- und kinderpsychiatrischer Behandlung gewesen sei. Zur Diagnose einer ADHS gehöre ein Beginn der Symptomatik vor dem 12. Lebensjahr, bei dem eine Wiedervorstellung beim Kinder- und Jugendpsychiater vor dem 18. Lebensjahr nahegelegen hätte, die jedoch nicht erfolgte.
Es sei im Jahr 2007 bei dem Angeklagten zudem eine emotionalinstabile Persönlichkeitsstörung in leichter Ausprägung diagnostiziert worden, die ebenfalls aktuell nicht bestätigt werden könne. Die Impulsivität habe abgenommen und es sei eine Nachreifung eingetreten.
In der Exploration habe der Angeklagte ein geringes Einfühlungsvermögen gezeigt und anhand der Vorgeschichte sei deutlich, dass der Angeklagte dazu neige, Regeln zu missachten, seine Frustrationstoleranz gering sei und er bezüglich Kritik überempfindlich sei. Auch gegenüber dem Zeugen I4 habe er nach dessen Aussage angegeben, dass er sich im Straßenverkehr gerade von Polizeibeamten oftmals ungerecht behandelt gefühlt habe, was auch ihr, der Sachverständigen, gegenüber deutlich geworden sei. Es seien Persönlichkeitsbesonderheiten des Angeklagten in diesem Bereich festzustellen. Es handele sich insoweit um eine unrealistische Betrachtungsweise, eine schwerwiegende Störung sei aber nicht festzustellen. Das Verantwortungsbewusstsein und die Bereitschaft des Angeklagten, sein Leben zu organisieren seien defizitär. Er neige zudem zur Selbstüberschätzung im Bereich des Straßenverkehrs als auch im Bereich von finanziellen Angelegenheiten. Es seien bei dem Angeklagten dissoziale und narzisstische Persönlichkeitszüge zu erkennen, die als Persönlichkeitsakzentuierung eingeordnet werden könnten, aber nicht die Schwere einer Persönlichkeitsstörung erreichen würden.
Anhaltspunkte für eine bipolare Störung bestünden nicht.
Insgesamt lasse sich für den Angeklagten kein Eingangskriterium für die §§ 20, 21 StGB finden. Es ergebe sich kein Zustand, der so schwer sei, dass er Ausmaße einer Psychose erreiche. Es liege bei dem Angeklagten keine Erkrankung vor, die unter das Eingangsmerkmal einer krankhaften seelischen Störung subsumiert werden könne.
Vor der Unfallfahrt sei der Angeklagte zudem nicht mit Symptomen einer Alkoholisierung oder psychopathologischen Auffälligkeiten in Erscheinung getreten und er habe sich auch nach der Tat in seinen Antworten und im Denken zwar ruhig und wortkarg, aber geordnet gezeigt, sodass keine schwerwiegenden Zeichen einer Berauschung oder Hinweise darauf vorlägen, dass sich der Angeklagte zum Zeitpunkt der Unfallfahrt in einem affektiven Ausnahmezustand befunden habe. Die Symptome, nach denen sie, die Sachverständige, insoweit suche, könnten nicht durch einen Schock infolge des Unfalls überlagert werden.
Der 2007 ermittelte IQ-Wert sowie das Erreichen des Realschulabschlusses würden ferner eine Intelligenzminderung und das Eingangsmerkmal Schwachsinn ausschließen und eine Suchterkrankung sei ebenfalls nicht zu diagnostizieren.
Da letztlich zwar Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur bestünden, die den Grad einer Akzentuierung, aber nicht die Schwere einer Persönlichkeitsstörung erfüllen würden, liege auch keine Störung vor, die unter das Eingangsmerkmal schwere andere seelische Abartigkeit einzuordnen wäre.
Mangels Vorliegens eines Eingangskriteriums sei der Angeklagte daher in seine Schuldfähigkeit weder aufgehoben noch erheblich eingeschränkt gewesen.
Das Gericht folgt den Feststellungen der Sachverständigen und schließt sich diesen nach eigener Prüfung an. Die Sachverständige ist als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Schwerpunktbezeichnung Forensische Psychiatrie für die Begutachtung hinreichend qualifiziert. Sie hat ihre Feststellungen und Ergebnisse der Begutachtung ausführlich, nachvollziehbar und überzeugend begründet und auch die Ergebnisse der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung, insbesondere die Angaben der Zeugen über die Persönlichkeit und das Verhalten des Angeklagten bei ihrer Begutachtung berücksichtigt. Sie hat die der Betreuungsakte zu entnehmenden Diagnosen dargestellt und einer kritischen Überprüfung unterzogen und nachvollziehbar begründet, dass die Diagnose einer heute vorliegenden ADHS nicht getroffen werden kann und auch lediglich eine Persönlichkeitsakzentuierung und nicht -störung anzunehmen ist.
Auch den Ausführungen der Sachverständigen dazu, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten infolge der Alkoholintoxikation nicht erheblich eingeschränkt war, schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an. Der Angeklagte wies zum Zeitpunkt der Tat einen Blutalkoholgehalt von höchstens 1,82 Promille auf, bei dem sich eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit infolge der Intoxikation nicht etwa aufdrängt. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte trotz der Alkoholisierung körperlich in der Lage war, sein Fahrzeug mit der festgestellten, deutlich überhöhten Geschwindigkeit auf der Straße zu führen, sodass seine Leistungsfähigkeit insoweit nicht eingeschränkt war. Er zeigte auch vor sowie nach der Kollision keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen oder Auffälligkeiten, was sowohl die Zeuginnen Q und C3, als auch der Zeuge C2 in ihren glaubhaften Aussagen angegeben haben. Die Zeugin Q hat hierzu angegeben, dass der Angeklagte auf sie vor Fahrbeginn einen "normalen" Eindruck gemacht habe. Der Zeuge C2 hat nach seiner Aussage keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen bei dem Angeklagten festgestellt, sondern lediglich im Verlauf des Gesprächs mit dem Angeklagten Alkoholgeruch wahrgenommen. Die Zeugin C3 hat ebenfalls angegeben, dass sie keine Anzeichen für eine Alkoholisierung bei dem Angeklagten gesehen hat, obschon sie den Angeklagten untersucht und in diesem Rahmen auch ein Gespräch mit ihm geführt hat. Sie sei überrascht gewesen, als sie in der Presse von der Alkoholisierung des Angeklagten gelesen habe.
Nach alledem war die Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Überzeugung der Kammer zur Tatzeit weder aufgehoben noch erheblich eingeschränkt.
IV.
Der Angeklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen wie aus dem Tenor ersichtlich strafbar gemacht.
Er hat dabei nach den Feststellungen den objektiven und subjektiven Tatbestand der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs in der Variante der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gem. § 315 Abs. 1 Nr. 2 d), Abs. 3 Nr. 1 StGB verwirklicht.
V.
Im Rahmen der vorzunehmenden Strafzumessung hatte die Kammer an Hand des zugrunde zu legenden Strafrahmens unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB die konkrete Strafe zu bestimmen.
Die Kammer ist insoweit von dem Strafrahmen des § 222 StGB, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe vorsieht, ausgegangen. Dieser liegt über den Strafrahmen des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d), Abs. 3 Nr. 1 StGB und § 316 StGB und war der Bestimmung der Strafe daher zugrunde zu legen, § 52 Abs. 2 StGB.
Vertypte Strafmilderungsgründe lagen nicht vor, insbesondere war der Angeklagte in seiner Schuldfähigkeit nach den vorbenannten Feststellungen nicht erheblich i.S.d. § 21 StGB eingeschränkt.
Die Kammer hat daher die allgemeinen strafmildernden sowie die strafschärfenden Umstände gegeneinander abgewogen.
Strafmildernd hat sich dabei das Geständnis des Angeklagten ausgewirkt, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Nachweis der Tat voraussichtlich auch ohne das Geständnis aufgrund der Ermittlungsergebnisse und der insoweit zur Verfügung stehenden Beweismittel möglich gewesen wäre.
Zugunsten des Angeklagten war zudem zu berücksichtigen, dass er sich in einem persönlichen Brief an die Angehörigen der Geschädigten gewandt hat und er sich in der Verhandlung ebenfalls für sein Verhalten entschuldigt und glaubwürdig zum Ausdruck gebracht hat, dass er dieses bereut und am liebsten ungeschehen machen möchte. Dabei hat er sich zunächst über seinen Verteidiger an die Angehörigen der Geschädigten gewandt und diese in seinem letzten Wort auch persönlich angesprochen und sich entschuldigt.
Ebenso hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er sich um einen Kontakt zu der Fachstelle Täter-Opfer-Ausgleich bemüht hat, um in der Zukunft durch diese prüfen zu lassen, ob eine Kontaktierung der Angehörigen der Geschädigten für diese ggf. eine wenngleich geringfügige Linderung ihre Leids herbeiführen kann.
Ferner hat die Kammer eine alkoholbedingte Enthemmung des Angeklagten zu seinen Gunsten berücksichtigt.
Strafmildernd waren weiter die Folgen, denen sich der Angeklagte persönlich durch die Tat unabhängig von der Bestrafung ausgesetzt sieht, zu berücksichtigen. Zum einen macht er sich Vorwürfe wegen der Tat und leidet darunter, für den Tod eines anderen Menschen verantwortlich zu sein. Zudem befindet er sich erstmals in Haft und die Haftsituation stellt sich für ihn nach den Feststellungen der Sachverständigen als sehr belastend dar. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren von einem großen Medieninteresse begleitet war und es in der Zukunft für den Angeklagten schwer werden dürfte, eine Anstellung in dem von ihm favorisierten Beruf als Einzelhandelskaufmann bei einem Herrenausstatter in Münster zu erlangen.
Letztlich sind insoweit die finanziellen Folgen für den Angeklagten zu berücksichtigen. Sein Fahrzeug ist vollständig zerstört und er muss gleichwohl den Finanzierungsbetrag weiter ausgleichen. Eine Ersatzleistung seines Versicherers für das zerstörte Fahrzeug ist dabei angesichts der Alkoholisierung und des groben Verschuldens nicht zu erwarten. Auch bei dem Fahrzeug der Geschädigten sowie bei zwei weiteren Fahrzeugen sind Schäden entstanden, die der Haftpflichtversicherer des Angeklagten ggf. im Außenverhältnis regulieren wird; es steht jedoch zu erwarten, dass dieser den Angeklagten im Innenverhältnis in Regress nimmt. Ferner kommen die Prozesskosten hinzu, die auch unter Berücksichtigung der Einholung von zwei Gutachten erheblich sind. Die finanzielle Situation des Angeklagten, der bereits zuvor faktisch vermögenslos war, hat sich daher durch die Tat drastisch verschlechtert.
Nicht zugunsten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass die Geschädigte T6 aus einer unterberechtigten Straße auf die bevorrechtigte X-Straße eingebogen ist. Denn aus der Sicht der Kammer ist der Geschädigten kein Vorfahrtsverstoß vorzuwerfen. Der Angeklagte war zum Zeitpunkt ihres Anfahrentschlusses ca. 112 Meter von der Einmündung der G-Straße entfernt, sodass ein Einfahren bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Angeklagten problemlos möglich gewesen wäre. Aus der Sicht der Kammer kann der Geschädigten unter Berücksichtigung der Entfernung des Angeklagten vom Kollisionsort auch nicht vorgeworfen werden, dass sie die Annäherungsgeschwindigkeit des Angeklagten nicht länger beobachtet hat. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen war diese Geschwindigkeit für die Geschädigte bei dem im Straßenverkehr üblichen Blick nach links auch wegen der Dunkelheit und des Blickwinkels der Geschädigten auf die Frontscheinwerfer des Fahrzeugs des Angeklagten nicht ohne Weiteres zu erkennen. Es bestand daher kein Anlass, länger auf den Angeklagten zu achten. Es würde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt aus der Sicht der Kammer zudem überspannen, wenn verlangt würde, dass vor einem Einfahren in eine Straße stets für längere Zeit das Fahrverhalten eines noch derart weit entfernten Fahrzeugs beobachtet werden muss, um festzustellen, ob dieses sich mit einer Geschwindigkeit annähert, die bei dieser Strecke nicht zu erwarten ist. Die Geschädigte durfte insofern im Zeitpunkt ihres Anfahrentschlusses darauf vertrauen, dass der Angeklagte die zulässige Höchstgeschwindigkeit einhält. Andernfalls könnte ein Einbiegen nach links in die bevorrechtigte Straße auch bei weiter Entfernung sich nähernder Fahrzeuge im Übrigen faktisch nicht mehr erfolgen, da sich diese auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wegen des Beobachtungsvorgangs derart nähern würden, dass ein Einfahren sodann zurückzustellen wäre. Nach alledem liegt aus der Sicht der Kammer kein Vorfahrtsverstoß der Geschädigten vor.
Selbst wenn von einem Vorfahrtsverstoß der Geschädigten T6 ausgegangen würde, würde dieses ganz geringfügige Mitverschulden im Übrigen vollständig hinter dem gravierenden Verkehrsverstoß des Angeklagten zurücktreten und würde daher aus der Sicht der Kammer an der für tat- und schuldangemessen befundenen Strafe nichts ändern.
Zulasten des Angeklagten ist demgegenüber berücksichtigt worden, dass er bereits vorbestraft ist und die sich aus dem Bundeszentralregister und dem Verkehrsregister ergebenen Vorbelastungen wie auch das gegen ihn geführte, nach § 154 StPO eingestellte Ermittlungsverfahren sämtlich im Zusammenhang mit seinem Verhalten im Straßenverkehr standen. Der Angeklagte hat sogar bereits ein zweimonatiges Fahrverbot erhalten und ist seitens des Zeugen L auf das Erfordernis der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und sein Verhalten auch persönlich hingewiesen worden. Er hat sich aber hierdurch in seiner Fahrweise nicht beeindrucken lassen, sondern vielmehr deutlich gezeigt, dass er uneinsichtig und nicht bereit war, sein eigenes Auftreten und Verhalten im Straßenverkehr zu reflektieren. Der Angeklagte hat insoweit durch sein früheres Verhalten insgesamt gezeigt, dass er über eine verkehrsfeindliche Einstellung verfügt.
Zudem war zulasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er durch das Tatgeschehen drei Tatbestände tateinheitlich verwirklicht hat und sich sein Verhalten als grobe Fahrlässigkeit bezogen auf den Tod der Geschädigten T6 darstellt.
Letztlich ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die Angehörigen der Geschädigten durch den plötzlichen Unfalltod erheblich belastet sind und - ebenso wie der Zeuge E3 - teilweise psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
Unter Abwägung sämtlicher vorbenannter für und gegen den Angeklagten sprechender Umstände hat die Kammer im Ergebnis auf eine Freiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten
als tat- und schuldangemessen erkannt.
VI.
Dem Angeklagten war neben der Strafe gemäß § 69 Abs. 1 StGB die Fahrerlaubnis zu entziehen. Nach dieser Vorschrift entzieht das Gericht jemandem, der wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt wird, die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Ungeeignetheit liegt vor, wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Täters am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde (Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 69, Rn. 14). Ist die rechtswidrige Tat ein Vergehen der Gefährdung des Straßenverkehrs, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB.
Vorliegend ergibt sich bereits aus der Verwirklichung des vorbenannten Regelbeispiels mangels Vorliegens eines Ausnahmefalls (vgl. Fischer, a.a.O. Rn. 22) die Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen. Sie ergibt sich im Übrigen auch bezogen auf die fahrlässige Tötung, wobei eine Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit vorzunehmen ist, soweit sie in der Tat zum Ausdruck gekommen ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.05.1997, 3 StR 560/96). Persönlichkeitsmängel, die zur Ungeeignetheit führen können, sind z. B. besondere Rücksichtslosigkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber Interessen und Rechtsgütern anderer, Bedenkenlosigkeit gegenüber eigenem Fahrverhalten und durch eigenes Verhalten verursachte Gefährdungen oder Schädigungen (Fischer, a. a. O., § 69, Rdnr. 18). Insoweit offenbart die hier zur Verurteilung gelangte fahrlässige Tötung, insbesondere der ganz erhebliche Verkehrsverstoß mit der besonders riskanten und rücksichtslosen Fahrweise schwere charakterliche Mängel des Angeklagten, aus denen sich die Unzuverlässigkeit im Hinblick auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ergibt. Dabei ist vorliegend zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits in der Vergangenheit mehrfach mit strafbarem Verhalten im Straßenverkehr auffällig geworden ist und sich dabei uneinsichtig in das Erfordernis der Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen sowie provozierend und unangemessen gegenüber ihn kontrollierenden Polizeibeamten, insbesondere dem Zeugen L, gezeigt hat.
Auch die Sachverständige Dr. M1 hat bestätigt, dass aus ihrer Sicht eine charakterliche Nachreifung des Angeklagten in Bezug auf die Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich ist.
Die Einziehung des Führerscheins beruht auf § 69 Abs. 3 S. 2 StGB.
Die Anordnung der Sperrfrist beruht auf § 69a Abs. 1 S. 1 StGB, wonach das Gericht im Falle der Entziehung der Fahrerlaubnis zugleich bestimmt, dass für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Die Sperre kann auch für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht, § 69a Abs. 1 S. 2 StGB.
Die Bemessung der Sperrfrist hat sich im Einzelfall an den Kriterien zu orientieren, die für die Anordnung der Maßregel bestimmend sind; es kommt darauf an, wie lange die Ungeeignetheit voraussichtlich bestehen wird.
Zwar liegen hier - wie dargestellt - massive charakterliche Mängel des Angeklagten bezogen auf die Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen vor und auch nach dem hiesigen Unfallgeschehen hat der Angeklagte die seinen Vorbelastungen zugrundeliegenden Situationen nicht selbstkritisch hinterfragt, sondern gegenüber dem Zeugen I4 und der Sachverständigen benannt, dass er sich in den konkret von ihm angesprochenen Situationen ungerecht behandelt und provoziert gefühlt habe. Gleichwohl vermochte die Kammer nicht festzustellen, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der vom Angeklagten drohenden Gefahr nicht ausreicht und eine lebenslange Sperre auszusprechen ist. Denn es ist nunmehr erstmals zu einer Kollision infolge des Fahrverhaltens des Angeklagten gekommen, bei dem ein Mensch zu Tode gekommen ist, sodass es durchaus möglich erscheint, dass gerade die hiesigen belastenden Tatfolgen, ggf. in Verbindung mit einer psychotherapeutischen Maßnahme, dem Angeklagten jedenfalls nach einer längeren Zeit Anlass geben, sein Verhalten insgesamt kritisch zu reflektieren und dass sie eine charakterliche Nachreifung ermöglichen. Dies hat auch die Sachverständige Dr. M1 bestätigt, die angegeben hat, dass zwar nicht sicher vorhergesagt werden könne, dass eine charakterliche Nachreifung innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen werde, dies aber auch nicht auszuschließen ist. Man müsse vielmehr dann die Entwicklung abwarten.
Bei der Bemessung der Sperrfrist hat die Kammer die in den früheren Ermittlungsverfahren zum Ausdruck gekommene verkehrsfeindliche Gesinnung und die Uneinsichtigkeit des Angeklagten in sein Fehlverhalten, die auch in der hiesigen Tat zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt. Ferner hat die Kammer berücksichtigt, dass gegen den Angeklagten bereits ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt worden und ihm das Erfordernis der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von dem Zeugen L auch persönlich erläutert worden ist, ihn aber auch dies nicht dazu bewogen hat, etwas an seinem Fahrverhalten zu ändern. Die Kammer verkennt nicht, dass auch die Wirkung und die Dauer des Strafvollzugs bei der Bemessung der Sperrfrist zu beachten ist (vgl. BGH, Urt. v. 08.07.1997, 4 StR 271/97). Allerdings ist aus hiesiger Sicht die verhängte Sperrfrist von vier Jahren unter Berücksichtigung der dargestellten charakterlichen Mängel des Angeklagten erforderlich, damit der Angeklagte die nötige Nachreifung erfährt und sodann die Verwaltungsbehörde darüber entscheiden kann, ob er seine Fahrerlaubnis wiedererteilt bekommt. Dies zumal die Sachverständigen Dr. M1 überzeugend dargestellt hat, dass die erforderliche charakterliche Nachreifung voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen wird, da es sich insoweit um tief verwurzelte, langanhaltende Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Angeklagten handelt.
VII.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StGB.
Das Urteil beruht nicht auf einer Verständigung.