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LG Bonn, Urteil vom 21.06.2017 - 1 O 128/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen einer angeblichen Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend.

Streitgegenständlich ist ein vom Kläger angegebenes Unfallereignis vom 24.05.2015 auf der Gemeindestraße "B" in F. An der Einfahrt der Straße befand sich keine Beschilderung, dass nach einigen hundert Metern am Ende des asphaltierten Teils der Straße das Verbotszeichen 260 aufgestellt ist. Es war lediglich ein Verkehrsschild 274-53 aufgestellt. Die Straße "B" verläuft entlang des Cbaches und weist eine Fahrbahnbreite von 3,20 m auf. Zwischen der Straße und dem Bach befindet sich an der Unfallstelle, Nähe des Hauses Nr. ..., ein mit hohem Gras bewachsener Grünstreifen sowie dahinter ein steiler Abhang. Zudem befinden sich im vorderen Bereich der Straße Absturzgeländer bzw. Leitplanken neben den Böschungen. Im Unfallbereich sind keine Sicherheitsmaßnahmen in Gestalt von Leitplanken oder Absturzsicherungen vorhanden.

Der Kläger behauptet, er habe am Nachmittag des 24.05.2015 mit seinem Motorrad von der L Straße/Q Straße kommend die Gemeindestraße "B" in F befahren. Mangels Beschilderung sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass er nach einigen hundert Metern die Straße nicht weiter befahren durfte. Ein Wenden auf der engen Straße sei ihm nicht möglich gewesen. Als er schließlich das Schild 260 gesehen habe, habe er beschlossen, auf Höhe des Hausgrundstücks Nr. ... zu wenden. Da die Straße äußerst eng sei, habe er den auf der rechten Seite der Straße befindlichen Grünstreifen zum Wenden mitbenutzen müssen. Am Rand des Grünstreifens habe sich ein nicht einsehbarer Hohlraum unter der Grasnarbe befunden, sodass das Vorderrad des Motorrads hinein gerutscht sei. Das Motorrad sei nach rechts in Richtung Hang gekippt. An dieser Stelle habe sich hinter dem hohen Gras keine ebene Fläche mehr befunden, sondern ein ca. zwei Meter steiler Abhang zum dort entlang laufenden Bach. Als ihm bewusst geworden sei, dass das Motorrad abstürzen würde und er das Gewicht der Maschine nicht würde halten können, habe er sich entschieden, sich selbst vor einem Sturz zu bewahren, indem er die Böschung hinabsprang. Ein Herabstürzen der Maschine die Böschung hinunter habe er nicht verhindern können. Das Motorrad habe mit einem Kranlaster geborgen werden müssen. Er habe sich diverse Prellungen sowie Hautabschürfungen zugezogen. Durch den Unfall seien Reparaturkosten an seinem Motorrad in Höhe von 2.500,00 € erforderlich. Der Wert der beschädigten Motorradhose belaufe sich auf 70,00 €.

Des Weiteren behauptet der Kläger, er habe sich zunächst mit einem Blick auf den vermeintlich festen Grünstreifen von der Lage ein Bild gemacht. Es sei ihm aber nicht möglich gewesen, den unter dem Grünstreifen befindlichen Hohlraum zu entdecken. Der Grünstreifen habe den äußeren Anschein erweckt, für das "zwingend erforderliche" Wendemanöver befahrbar zu sein.

Schließlich behauptet der Kläger, an der Stelle sei es bereits mehrfach zu ähnlichen Unfällen anderer Motorradfahrer gekommen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.570,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.07.2015 zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.07.2015 zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang mit Nichtwissen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aufgrund des streitgegenständlichen Unfallereignisses. Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG.

Bei der Gemeindestraße "B" in F handelt es sich um eine öffentliche Straße im Sinne des § 2 StrWG NRW. Der Beklagten obliegt die Straßenverkehrssicherungspflicht gemäß § 9a StrWG NRW.

Es kann dahinstehen, ob sich der Unfallhergang tatsächlich so wie vom Kläger geschildert ereignet hat. Der Schaden ist jedenfalls auch wenn man den Klägervortrag der rechtlichen Würdigung zugrunde legt, nicht auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen.

Auszugehen ist von der Regelung in § 2 Abs. 1 StVO, wonach dem Fahrzeugverkehr lediglich die Fahrbahn und nicht auch die anderen Teile des Straßenkörpers zur Verfügung stehen. Der Umfang der Verkehrssicherungspflichten wird von der Art und der Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seiner Bedeutung maßgeblich bestimmt. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Straßenbenutzer hinreichend sicheren Straßenzustandes. Grundsätzlich muss sich der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur die Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (BGH, VersR 1979, 1055).

Gemessen hieran ist eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten nicht feststellbar. Der Seitenstreifen ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 StVO nicht Bestandteil der Fahrbahn und in aller Regel auch nicht zum Befahren im fließenden Verkehr bestimmt oder geeignet. Eine Fahrbahn ist der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße. Neben ihrer Zweckbestimmung kommt es auch auf die Art ihrer Befestigung (Bauweise) bzw. den erkennbaren Straßenzustand oder auf die Fahrbahnbegrenzung (Z 295) an (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, § 2 StVO Rn. 18). Dem Grünstreifen neben der asphaltierten Fläche konnte keine Zweckbestimmung für den fließenden Straßenverkehr mehr entnommen werden. Die mangelnde Befahrbarkeit ergab sich auch aus der mangelnden Befestigung und dem hohen Grasbewuchs.

Der Kläger hätte somit nicht auf eine problemlose Befahrbarkeit des Grünstreifens vertrauen dürfen. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verlangt vielmehr zumindest, dass der Verkehrsteilnehmer vor dem Befahren des Banketts überprüft, dass dieses dem äußeren Anschein nach befahren werden kann. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Umstände vorliegend ein Vertrauen begründet haben könnten, den Grünstreifen an dieser Stelle - ohne nähere Prüfung - befahren zu dürfen. Eine bloße Sichtprüfung dürfte bei hohem Grasbewuchs in keinem Fall ausreichend sein. Zudem dürfte auch aufgrund des dort entlang laufenden Baches mit einem Abhang zu rechnen gewesen sein. Überdies hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass, wenn man zuvor auf den Grünstreifen schaue, ob man dort fahren kann, der angrenzende Hangbereich zu sehen sei. Es kann dahinstehen, ob die Gegebenheiten der Maschine ein Wenden zuließen. Der Kläger hätte die Verkehrssituation (Breite der Fahrbahn ermöglicht kein Wenden aus der Fahrt heraus) zum Anlass nehmen müssen, sein Motorrad zum Stillstand zu bringen, anstatt zu versuchen, ein Wendemanöver auf der Maschine sitzend unter Inanspruchnahme des Grünstreifens durchzuführen.

Eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle liegt nach alledem nicht vor. Das Vorbringen des Klägers zu angeblichen Unfällen anderer Motorradfahrer ist bereits nicht hinreichend substantiiert. Im Übrigen würden auch insoweit Fahrfehler nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

Mangels zugrunde liegenden Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Zinsen und der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 1, 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert: 3.070,00 €

Lukas Jozefaciuk