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LG Bonn, Schlussurteil vom 01.12.2017 - 1 O 190/17

Tenor

Die Beklagten werden über das Teilanerkenntnisurteil vom 31.08.2017 - 1 O 190/17 - hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.549,88 € für den Zeitraum 13.07.2017 bis zum 13.09.2017 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 67% und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 33%. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 49%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt die Klägerin zu 51%. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils für die Beklagten vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 21.02.2017 gegen 17:55 Uhr in X auf der P-Straße im Ortsteil C ereignete. Am Unfalltag kollidierte das aus der untergeordneten U Straße kommende Fahrzeug des Beklagten zu 1., ein G mit dem amtlichen Kennzeichen $$-&& ..., das bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert ist, mit dem die bevorrechtigte P-Straße befahrenden Pkw G der Klägerin, amtliches Kennzeichen $$-%% ... Der Unfall wurde allein durch den Beklagten zu 1. verschuldet und war für den Zeugen H als Fahrer des klägerischen Pkw unvermeidbar.

Durch den Unfall wurde das Fahrzeug der Klägerin beschädigt. Das zwischen den Parteien insoweit unstreitige Schadensbild ergibt sich aus dem als Anlage K1 zu den Akten gereichten Gutachten des Kfz-Sachverständigenbüros W. M GmbH vom 24.02.2017 (Bl... - ... d.A.). In diesem Gutachten bezifferte der Sachverständige Dipl.-Ing. I die aufzuwendenden Reparaturkosten mit 11.039,23 € zuzüglich Mehrwertsteuer, den Wiederbeschaffungswert differenzbesteuert mit 14.000,00 € einschließlich Mehrwertsteuer und den Restwert des Fahrzeuges mit 6.180,00 € einschließlich Mehrwertsteuer. Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens rechnete der Sachverständige gegenüber der Klägerin unter dem 28.02.2017 mit 1.314,71 € (Anlage K2 = Bl... d.A.) und unter dem 02.03.2017 mit weiteren Fremdkosten in Höhe von 210,63 € (Anlage K3 = Bl... d.A.) ab. Das beschädigte Fahrzeug wurde von der Klägerin unrepariert veräußert.

Mit Schreiben vom 08.03.2017 machten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber der Beklagte zu 2. vorläufig bezifferte Schadensersatzansprüche in Höhe von 13.004,03 € geltend (Anlage K4 = Bl... - ... d.A.). Hierauf zahlte die Beklagte zu 2. ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung am 26.05.2017 einen Betrag von 5.000,00 €.

Die Klägerin behauptet, sie habe am 23.03.2017 ein neues Fahrzeug einer gegenüber dem verunfallten Fahrzeug niedrigeren Klasse erworben und zugelassen. Denn der Zeuge H, der - was zwischen den Parteien unstreitig ist - ihr Fahrzeug maßgeblich fahre, benötige dieses um die Wegstrecke zu seiner Arbeit zurückzulegen.

Die Klägerin vertritt die Rechtsansicht, dass ihr deshalb vom 21.02.2017 bis zum 23.03.2017 ein Nutzungsausfallersatz zustünde.

Mit den Beklagten jeweils am 12.07.2017 zugestellter Klage hat die Klägerin angekündigt mit dem Klageantrag zu 1. zu beantragen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 14.294,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie 1.029,35 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, abzüglich am 26.05.2017 gezahlter 5.000,00 € zu zahlen. Gemäß Seite 9 der Klageschrift bezifferte sich der eingeklagte Gesamtschaden wie folgt:

1. Reparaturkosten gemäß Gutachten (netto) 11.039,23 €

2. Wertminderung (unter Berücksichtigung Wertverbesserung) 400,00 €

3. Nutzungsausfall für 30 Tage á 43,00 € 1.290,00 €

4. Kosten Sachverständigengutachten (brutto) 1.314,71 €

5. Zusatzkosten für Gutachten gemäß Rechnung 02.03.2017 210,63 €

6. Kostenpauschale 40,00 €.

Am 31.08.2017 hat das Gericht die Beklagten im schriftlichen Vorverfahren durch Teilanerkenntnisurteil gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 9.549,88 € abzüglich am 26.05.2017 gezahlter 5.000,00 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 887,03 € zu zahlen. Mit Wertstellung vom 13.09.2017 zahlte die Beklagte zu 2. hierauf 4.549,88 €.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 14.294,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie 1.029,35 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, abzüglich der durch Teilanerkenntnisurteil des erkennenden Gerichts vom 31.08.2017 zugesprochenen Beträge zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr jeglichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 12.02.2017 in X, gegen 17.55 Uhr, auf der P-Straße zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten vertreten die Rechtsansicht, dass der Klägerin über die bereits gemäß folgender Berechnung gezahlten Beträge keine weiteren Ansprüche zustünden:

1. Wiederbeschaffungswert 13.658,54 €

2. abzüglich Restwert - 6.180,00 €

3. Sachverständigenkosten 1.314,71 €

4. Zusatzkosten Gutachtenerstellung 210,63 €

5. Auslagenpauschale 30,00 €

6. 12 Tage Nutzungsausfall 516,00 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die nach Erlass des Teilanerkenntnisurteils vom 31.08.2017 noch zu bescheidende Klage ist nur in Höhe des ausgeurteilten Zinsanspruches begründet. Weitergehende Ansprüche der Klägerin bestehen nicht.

1. Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines ihr gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus den §§ 7 Abs.1, 18 Abs.1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1. und Satz 4 VVG zustehenden weitergehenden Schadensersatzanspruches weder schlüssig dargetan noch die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür unter Beweis gestellt.

a) Soweit die Klägerin den Schaden an ihrem verunfallten Fahrzeug auf der Basis fiktiver Reparaturkosten nebst Wertminderung abrechnet, besteht hierfür nach den §§ 249ff. BGB keine Grundlage. Denn der Geschädigte, der auf eine Wiederherstellung seines beschädigten Fahrzeuges oder deren Nachweis verzichtet und dieses Fahrzeug unrepariert veräußert, realisiert durch diese Veräußerung den ihm verbleibenen Restwert seines Fahrzeuges (vgl. auch zum Nachfolgenden: BGH, Urteil vom 07.06.2005 - VI ZR 192/04 = NJW 2005, 2541ff.; Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, § 249 Rd.61; Greger NZV 2006, 1, 3f. unter I.3.a) und I.4. jeweils m.w.N.). Da sein Schaden folglich in entsprechender Höhe ausgeglichen ist, wird auch bei einer Abrechnung nach den fiktiven Reparaturkosten in solchen Fällen der Schadensersatz durch den Wiederbeschaffungsaufwand begrenzt. Es findet deshalb auch eine Berücksichtigung des Restwertes des Fahrzeuges nach den gleichen Grundsätzen wie bei einem Totalschaden des Unfallfahrzeuges statt.

Der sich aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich dem verbliebenden Restwert zusammensetzende Wiederbeschaffungsaufwand (vgl. nur Jahnke, aaO., § 249 Rd.41; Greger NZV 2006, 4 unter I.4.) des verunfallten Fahrzeuges der Klägerin beträgt hier entsprechend der zutreffenden Berechnung der Beklagten 7.478,54 € (13.658,54 € abzüglich 6.180,00 €). Zu Recht vermindern die Beklagten dabei den von dem Sachverständigen I auf S.5 seines Gutachtens vom 24.02.2017 (Bl... d.A.) mit 14.000,00 € bezifferten Wiederbeschaffungswert um die Differenzbesteuerung von 2,5% auf 13.658,54 € (richtig: 13.650,00 €), weil auch für diese Schadensberechnung § 249 Abs.2 Satz 2 BGB Anwendung findet, mithin nur eine tatsächlich angefallene Umsatzsteuerbelastung schadensrechtlich auszugleichen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2004 - VI ZR 109/03 = BGHZ 158, 388 (392); Greger, NZV 2006, 3 unter I.3.b) m.w.N.). Der in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 03.03.2009 - VI ZR 100/08 - geht fehl, da die dort diskutierte Frage der Ermittlung der Bruttoreparaturkosten (vgl. BGH, ebenda = NJW 2009, 1340, 1341 Rd.11) einen anderen Aspekt der Schadensberechnung betrifft.

Da die von dem Sachverständigen I ermittelten Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungsaufwand liegen, verbleibt es bei einem ersatzfähigen Fahrzeugschaden der Klägerin von 7.478,54 €.

Für die klägerseits zusätzlich in Ansatz gebrachte Wertminderung des verunfallten Fahrzeuges im Falle einer (fiktiven) Reparatur verbleibt bei einem Verkauf des Fahrzeuges in unrepariertem Zustand - wie auch bei der Abrechnung auf Totalschadensbasis - keine Grundlage (vgl. Jahnke, aaO., § 249 Rd.108 und 108a m.w.N.).

b) Die tatsächlichen Voraussetzungen eines über den beklagtenseits bereits in Ansatz gebrachten 12-tägigen Nutzungsausfall (516,00 €) hinausgehenden Schadens hat die Klägerin nicht unter Beweis gestellt, so dass entsprechend der hier gewählten Abrechnungsart allenfalls von der gemäß Gutachten vom 24.02.2017 veranschlagten Dauer von 12 Tagen für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges auszugehen ist.

Dies gilt erst recht in Anbetracht der von der Klägerin gewählten fiktiven Abrechnung, an der sie sich festhalten lassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2017 - VI ZR 146/16 = NJW 2017, 1664 Rd.6f.). Denn hier besteht ein Anspruch wegen Nutzungsausfall nur für die objektiv erforderliche Wiederherstellungsdauer (vgl. LG Saarbrücken NJW-RR 2015, 1437ff.; Jahnke, aaO., § 249 Rd.195a; anders bei konkreter Schadensabrechnung: LG Saarbrücken NJW-RR 2017, 355f.).

c) Zuzüglich der unstreitigen und ersatzfähigen Sachverständigenkosten von 1.314,71 € und weiteren 210,63 € sowie einer mit 30,00 € angemessenen Kostenpauschale verbleibt es bei dem von der Beklagten zu 2. bereits gezahlten Betrag.

2. Die der Klägerin ferner zustehenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ermäßigen sich entsprechend der Ausführungen zu 1.a) bis 1.c) nach dem sich daraus ergebenden Streitwert. Der der Klageerwiderung (dort Seite 3) zugrunde liegenden Berechnungsweise, die zu einem Betrag von 887,03 € gelangt, ist die Klägerin insoweit nicht entgegen getreten (§ 138 Abs.3 ZPO).

3. Zuzusprechen war indes die sich aus den §§ 291, 288 Abs.1 BGB ergebende Zinsforderung bis zum Eingang der letzten Teilzahlung von 4.549,88 €.

4. Der Feststellungsantrag ist weder zulässig noch begründet.

Dies folgt daraus, dass infolge der unstreitigen Veräußerung des verunfallten Fahrzeuges weitergehende und ersatzfähige Schadenspositionen der Klägerin nicht (mehr) entstehen können, das nach § 256 Abs.1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse mithin nicht ersichtlich ist. Im Übrigen scheiden derartige Ansprüche aus den Erwägungen unter 1. und 2. auch in der Sache aus.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs.1, 92 Abs.1, 100 Abs.4 ZPO. Dabei ergibt sich die tenorierte Kostenquote im Einzelnen aus den Unterliegensbeträgen der Parteien und bezogen auf die von ihnen in unterschiedlichem Maße verursachten Mehrkosten.

Von dem ursprünglich rechnerisch verbleibenden Streitwert in Höhe von 14.294,03 € entfallen zwar 9.891,34 € auf die von den Beklagten ausgeglichenen und anerkannten (§ 138 Abs.3 ZPO) Klagepositionen. Auch konnte zugunsten der Beklagten § 93 ZPO keine Anwendung finden, da es an einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne dieser Ausnahmevorschrift fehlt. Denn die Beklagten haben vor ihrem Anerkenntnis bereits mit Schriftsatz vom 24.07.2017 (Bl... d.A.) ohne jede Einschränkung angekündigt, Klageabweisung zu beantragen (vgl. BGH NJW 2016, 572, 574 Rd.21; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 38 Aufl. 2017, § 93 Rd.).

Andererseits hat sich dieses Anerkenntnis bei den Gerichtskosten nur wegen des weitergehenden Klagebegehrens nicht kostenvermindernd ausgewirkt, weil es an der für eine Reduzierung der 3 Gerichtsgebühren auf 1 Gebühr durch ein Anerkenntnis erforderlichen Erledigung des gesamten Verfahrens im Sinne von Ziffer 1211 der Anlage 1 zu § 3 Abs.2 GKG fehlt (vgl. auch Zimmermann in Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG 3. Aufl. 2014, § 36 GKG Rd.2 sowie KV zum GKG Ziffer 1211 Rd.31). Hieraus ergibt sich die Quotierung der Gerichtskosten.

Auch die außergerichtlichen Kosten waren unter Berücksichtigung der durch das unbegründete Klagebegehren über das Anerkenntnisurteil hinaus verursachten Mehrkosten zu quotieren. Denn die Terminsgebühren der Prozessbevollmächtigten der Parteien nach Ziffer 3104 der Anlage 1 zum RVG sind allein hierdurch entstanden.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt einerseits aus § 709 ZPO und andererseits aus den §§ 708 Ziffer 11., 711.

Streitwert: 14.294,03 € bis zum 31.08.2017 und bis 5.000,00 € für danach.

Lukas Jozefaciuk