Hessischer VGH, Beschluss vom 25.10.2016 - 3 B 2377/16
1. Die Regelungen einer Stellplatzsatzung sind nicht nachbarschützend.
2. Zur Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch Unterschreitung der nach der Stellplatzsatzung erforderlichen Stellplätze.
3. Zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den Fortbestand einer bestimmten Verkehrslage im Gemeindegebiet.
4. Das durch Eigentum und/oder Baugenehmigung vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung eines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums.
5. Zur Überprüfung der Wirksamkeit eines Bebauungsplans im baurechtlichen Eilverfahren.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2016 - 8 L 1854/16.F - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden, haben die Antragsteller zu tragen.
In Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung wird der Streitwert für beide Instanzen auf 7.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2016 - 8 L 1854/16.F -, über die der Berichterstatter im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Absätze 2 und 3 VwGO anstelle des Senats entscheidet, ist zulässig. Sie hat jedoch mit den dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), die der Prüfung allein zugrunde zu legen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), in der Sache keinen Erfolg.
Den Antragstellern steht kein nachbarliches Abwehrrecht gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen vom 17. März 2016 zur Errichtung eines Fachmarktzentrums im Bereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans "Fachmarktzentrum Neuer Marktplatz" zu. Die Antragsteller werden durch die Ausführung der angefochtenen Baugenehmigungen nicht in ihren nachbarschützenden Rechten verletzt.
Soweit die Antragsteller meinen, dass die mit der Genehmigung des Fachmarktzentrums geforderten 150 Stellplätze bei weitem zu gering seien und die erteilte Abweichung von der Stellplatzsatzung der Stadt A-Stadt vom 7. Mai 2012 rechtswidrig erfolgt sei, gehen die Beteiligten zutreffend davon aus, dass die Regelungen einer Stellplatzsatzung und mithin auch eine darauf beruhende Abweichungsentscheidung nicht nachbarschützend sind. Der Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. September 2016 - 3 B 2204/16 - ausgeführt, dass den Regelungen einer Stellplatzsatzung kein nachbarschützender Charakter zukommt. Diese Regelungen dienen allein den Interessen der Allgemeinheit, indem sie verhindern sollen, dass der öffentliche Verkehrsraum über den Gemeingebrauch hinaus durch das Abstellen von Fahrzeugen belastet und dadurch die öffentliche Sicherheit gefährdet wird. Ein nachbarlicher Abwehranspruch kann sich nicht aus der Verletzung der Vorgaben einer Stellplatzsatzung, sondern allenfalls aus einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme im Sinne von § 15 Abs. 1 BauNVO ergeben (vgl. auch Hess. VGH, Beschluss vom 12.05.2003 - 9 TG 2037/02 -, juris).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Abweichungsentscheidung vom 17. März 2016 überhaupt rechtswidrig ist. Denn dem öffentlichen Interesse an einer Entlastung des öffentlichen Verkehrs- und Parkraums wird hier dadurch genügt, dass sich die Stadt A-Stadt in einem mit der Beigeladenen geschlossenen städtebaulichen Vertrag vom 31. Juli 2015, der auch dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan "Fachmarktzentrum Neuer Marktplatz" zugrunde liegt, verpflichtet hat, 100 weitere Stellplätze zu schaffen. Damit stehen dem angefochtenen Vorhaben insgesamt 250 Stellplätze zur Verfügung, wodurch den Anforderungen der Stellplatzsatzung materiell genügt wird. Entgegen der Annahme der Antragsteller kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass der städtebauliche Vertrag von der Stadt A-Stadt nicht erfüllt wird. Dafür liegen jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine überzeugenden Anhaltspunkte vor.
Selbst wenn mit den Antragstellern angenommen wird, dass die nach der Stellplatzsatzung als notwendig angesehenen Stellplätze nicht hergestellt werden, können sie sich nicht darauf berufen. Denn eine Unterschreitung der nach der Stellplatzsatzung als notwendig angesehenen Stellplatzanzahl ist gegenüber den Antragstellern nicht rücksichtslos.
Die Anforderungen, die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellen sind, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Drittschutz ist zu gewähren, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.06.2016 - 4 B 52.15 -, juris).
Daran gemessen ist weder nachvollziehbar dargetan noch aus der Aktenlage sonst ersichtlich, dass die Antragsteller durch einen unterstellten Mangel an notwendigen Stellplätzen unzumutbar betroffen sein werden. Die Antragsteller betreiben auf ihren südlich der Straße E in A-Stadt gelegenen Grundstücken E selbst ein Fachmarktzentrum mit zugehörigen Parkplätzen für 180 Stellplätze u.a. für Textilfachmärkte, einem Schuhfachmarkt, einen Markt für Tierbedarf, Bäckerei, Metzgerei, Gastronomie, einer Apotheke sowie Dienstleistungsbetrieben. Nordöstlich der Straße E befindet sich u.a. ein Aldimarkt und ein Drogeriemarkt (DM), dahinter der Kindergarten G. und weiter nordöstlich ein Lidlmarkt. Und nördlich davon - oberhalb des Stockheimer Baches - soll das angefochtene Bauvorhaben realisiert werden.
Die Straße E mündet im Südosten in die H-Straße, die nach Nordosten in das Stadtzentrum A-Stadt führt. Ca. 200 m nach der Einmündung der Straße E in die H-Straße soll die Straße "K" zur Erschließung des Baugebiets "Fachmarktzentrum Neuer Markt" von der H-Straße nach Nordwesten abzweigen. Selbst wenn die Entfernung zwischen dem Fachmarktzentrum der Antragsteller und dem angefochtenen Vorhaben der Beigeladenen nur - Luftlinie - 96 m betragen sollte, so kann nicht angenommen werden, dass die Straße E von einem nennenswerten, dem angefochtenen Vorhaben zuzurechnenden Parkplatzsuchverkehr betroffen sein wird. Denn - außer über die H-Straße - besteht allenfalls eine fußläufige Verbindung am Kindergarten G. vorbei und über den Stockheimer Bach hinweg in das Plangebiet. Es ist wenig wahrscheinlich, dass diese Verbindung von Besuchern oder Kunden genutzt wird, um in das Plangebiet zu gelangen mit der Folge, dass ein spürbarer Parkplatzsuchverkehr in der Straße E stattfinden wird.
Außerdem verlangt ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot, dass in qualifizierter und individualisierter Weise schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter verletzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.06.2016 - 4 B 52.15 -, juris). Denn jede Bauleitplanung und/oder die Genehmigung eines besucherintensiven Vorhabens innerhalb einer Gemeine kann zur Folge haben, dass sich die verkehrliche Situation in anderen Bereichen verändert. Das kann indes nicht dazu führen, dass jedem von ihr Betroffenen E auch wenn sein Grundstück möglicherweise kilometerweit entfernt liegt - eine Antragsbefugnis in einem Normenkontrollverfahren oder eine Klagebefugnis gegen die genehmigte Nutzung schon dann zusteht, wenn die baurechtliche Maßnahme zu einer Verstärkung des Verkehrs in der Straße führt, an der sein Grundstück anliegt. Vielmehr kommt es dann darauf an, ob das Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten Verkehrslage als schutzwürdiges Interesse angesehen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.1995 - 4 NB 38/94 -). Davon kann hier nicht ausgegangen werden, denn die Grundstücke der Antragsteller liegen in einem Gewerbegebiet, in dem sie selbst ein Fachmarktzentrum betreiben, das von weiteren besucherintensiven Märkten wie Aldi, Lidl und DM umgeben ist. Lösen sie aber mit ihrem eigenen Fachmarktzentrum mit 180 Stellplätzen selbst nicht unerhebliche Verkehrsvorgänge in der Straße, an der sie anliegen, aus, können sie sich nicht schutzwürdig darauf berufen, dass ein hinzukommendes Fachmarktzentrum zusätzliche Verkehrsvorgänge verursacht. Das durch das Eigentum und die Baugenehmigung vermittelte Recht der Antragsteller zur bestimmungsgemäßen Nutzung ihrer Grundstücke begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann in diesem Zusammenhang nur dann angenommen werden, wenn die bestimmungsmäßige Nutzung des eigenen Grundstücks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 25.08.2009 - 1 CS 09.287 - juris), Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zu den Grundstücken der Antragsteller möglich ist - nicht schon darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Besuchern anderer Verbrauchermärkte zusätzlich frequentiert wird (BVerwG, Beschluss vom 18.03.1998 - 1 B 33/98 -). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind dabei vorrangig mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu lösen.
Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang vortragen, dass sich der vorhabenbedingte Verkehr über die Straße E stark nach (Süd-)Westen verlagern werde, wodurch die Erreichbarkeit ihrer Grundstücke erheblich leiden und es zu chaotischen Verkehrsverhältnissen mit Staus in der Umgebung kommen werde, handelt es sich um eine unsubstantiierte Vermutung, die nicht geeignet ist, die sachverständigen Aussagen im Fachgutachten Verkehr vom 18. Dezember 2014 ernsthaft zweifelhaft erscheinen zu lassen. In diesem Gutachten wird zunächst nachvollziehbar dargelegt, warum planbedingt von einer werktäglichen Besucherzahl von 4738 und nicht - wie die Antragsteller meinen - von 5578 auszugehen ist. Dies wird auf den Verbundeffekt - mehrere räumlich zusammenhängende Einzelhandelseinrichtungen am selben Standort E, den Mitnahmeeffekt - Erledigung des Einkaufs auf bereits durchgeführten Fahrten - und den Konkurrenzeffekt - mehrere in räumlicher Nähe bestehende Märkte gleicher Branche - zurückgeführt. Dieser sachverständige Ansatz entspricht offenkundig den tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet und dessen unmittelbarer Umgebung (Edeka, Lidl, Aldi, DM, Takko etc.), so dass dagegen nichts zu erinnern ist. Aus dieser Besucherzahl wird sodann ein werktäglicher Neuverkehr von 4580 Kfz/Werktag ermittelt, wobei in der Nachmittagsspitzenstunde ein vorhabenbedingter Kfz.-Neuverkehr von ca. 250 Kfz. im Quellverkehr und ca. 270 Kfz. im Zielverkehr angenommen wird. Nach den Feststellungen im Gutachten verteilt sich der erwartete Neuverkehr zu ca. 35 % in/aus Richtung Südwesten und zu ca. 65 % in/aus Richtung Nordosten. Nach der sachverständigen Prognose wird die Straße E für den Planfall mit 12 % zusätzlichen Verkehr, d.h. in der Nachmittagsspitzenstunde mit zusätzlich ca. 63 Fahrzeugbewegungen (12 % von 520 Fahrzeugbewegungen) belastet werden. Gemessen an diesen gutachterlichen Feststellungen, die von den Antragstellern nicht substantiiert in Frage gestellt worden sind, kann nicht angenommen werden, dass die Erreichbarkeit und/oder die Benutzbarkeit der Grundstücke der Antragsteller durch das angefochtene Vorhaben unzumutbar beeinträchtigt werden. Selbst wenn von der von den Antragstellern angenommenen Besucherzahl von 5578 ausgegangen wird, würde sich der Verkehr in der Straße E im Verhältnis zu den vom Gutachten angenommenen Zahlen auf ca. 74 zusätzliche Fahrzeugbewegungen in der Nachmittagsspitzenstunde erhöhen. Auch dies rechtfertigt nicht die Annahme, dass die bestimmungsmäßige Nutzung der eigenen Grundstücke vorhabenbedingt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Gleiches gilt für den Lärmschutz, wobei es insoweit bereits an jedweder Darlegung mangelt, dass durch zusätzliche Verkehrsbewegungen die in einem Gewerbegebet hinzunehmenden Lärmwerte überschritten werden, zumal - wie ausgeführt - die Antragsteller selbst Inhaber eines Fachmarktzentrums sind und dadurch selbst zu einer nicht unerhebliche Immissionsbelastung in dem Gebiet beitragen.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller steht ihnen auch kein Abwehrrecht aufgrund eines sogenannten Gebietserhaltungsanspruchs zu. Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem faktischen Baugebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB das Recht, sich gegen der Art nach in dem Baugebiet nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Dieser Anspruch beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums hat jeder Eigentümer - unabhängig davon, ob er tatsächlich beeinträchtigt ist - das Recht, sich gegen eine Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.10.2011 - 4 A 85/11 -).
Die Antragsteller leiten den Gebietserhaltungsanspruch aus der Annahme ab, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan "Fachmarktzentrum Neuer Marktplatz" unwirksam mit der Folge sei, dass sich der behauptete Gebietserhaltungsanspruch aus § 34 Abs. 2 BauGB ergebe. Es handele sich um ein faktisches Mischgebiet i.S.v. § 6 BauNVO, in dem ein Fachmarktzentrum nicht zulässig sei. Mit diesem Vorbringen genügen sie bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Denn ihre Grundstücke liegen nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen in einem durch den Bebauungsplan "Auf der Riedwiese" vom 16. Juni 1964 ausgewiesenen Gewerbegebiet, weshalb eine Ableitung eines Gebietserhaltungsanspruchs aus § 34 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht kommt.
Darüber hinaus dürfte auch die Annahme der Antragsteller unzutreffend sein, bei dem in Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB angenommenen faktischen Baugebiet handele es sich um ein Mischgebiet. Das Gebiet wird offenkundig durch eine gewerbliche Nutzung (Fachmarktzentrum der Antragsteller, Aldi, Lidl, DM etc.) geprägt, die die vorhandene Wohnnutzung dominiert. Wie der Antragsgegner zu Recht ausführt, dürfte es sich um eine Gemengelage handeln, die sich nicht eindeutig einem faktischen Baugebiet i.S.d. Baunutzungsverordnung zuordnen lässt.
Ungeachtet dessen ist grundsätzlich im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens von der Wirksamkeit des dem angefochtenen Vorhaben zugrunde liegenden Bebauungsplans auszugehen, es sei denn, der Bebauungsplan ist offensichtlich unwirksam, was derjenige, der sich darauf beruft, hinreichend substantiiert darzulegen hat. Das haben die Antragsteller nicht vermocht.
Ein offensichtlicher Abwägungsfehler in Gestalt eines Abwägungsausfalls ist hinsichtlich der Stellplatzzahlen nicht anzunehmen. Die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt A-Stadt zum notwendigen Stellplatzbedarf für das Fachmarktzentrum basiert auf dem Fachgutachten Verkehr vom 18. Dezember 2014, das sich ausgiebig und dezidiert mit der notwendigen Anzahl an Stellplätzen auseinandersetzt. Gegenstand der Abwägungsentscheidung war dabei die Annahme, dass der Stellplatzbedarf der verschiedenen gewerblichen Nutzungen nicht additiv, sondern im System "wechselseitiger Nutzungen" betrachtet werden müsse. Wegen der sehr günstigen Lage des Plangebiets in der innerstädtischen und integrierten Stadtstruktur mit einer sehr guten fußläufigen Anbindung zum Marktplatz und zu benachbarten Discountermärkten sowie zum öffentlichen Personennahverkehr sei die Festlegung von 150 Stellplätzen gerechtfertigt. Der so dimensionierte Parkplatzbedarf trage dem städtebaulichen Ziel Rechnung, gerade in diesem zentralen Bereich keine Stellplatzwüsten entstehen zu lassen. Die städtebauliche Rechtfertigung der festgesetzten Stellplatzzahl folge auch daraus, dass westlich an das Plangebiet eine größere Freifläche angrenze, eine fußläufige Wegeverbindung zum Alten Marktplatz und zur Altstadt bestehe, der Baukörper an die nördlich angrenzende Altstadt mittels eines Brückenbauwerks angebunden werden solle, das Plangebiet gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sei, eine Mehrfachbenutzung der einzelnen Parkplätze im Hinblick auf das unterschiedliche Sortiment der Märkte und unterschiedliche Nutzungszeiten vorgegeben und ein Verbundeffekt durch räumlich zusammenliegende Einzelhandelseinrichtungen zu prognostizieren sei. Darüber hinaus lag der Abwägungsentscheidung eine verkehrstechnische Untersuchung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan "Neuer Marktplatz" vor, in dem die verkehrlichen Auswirkungen beschrieben und bewertet sowie die Leistungsfähigkeit der relevanten Knotenpunkte untersucht worden sind. Bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan waren der Stadtverordnetenversammlung der Stadt A-Stadt mithin die von dem Antragsteller aufgerufenen städtebaulichen Belange bekannt. Diese Belange wurden aufgegriffen und bewertet, was auch daraus deutlich wird, dass Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes auch der städtebauliche Vertrag ist, in dem sich die Stadt A-Stadt verpflichtet, zusätzlich weitere 100 Stellplätze anzulegen. Von einem Abwägungsausfall kann deshalb keine Rede sein.
Außerdem ist § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB bei der Prüfung der Fehlererheblichkeit der behaupteten unzutreffenden Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials im Sinne von § 2 Abs. 3 BauGB zu beachten. Danach ist ein Fehler bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden, denn die verkehrlichen Belange einschließlich der Ermittlung des Stellplatzbedarfs wurden durch Fachgutachten ermittelt, die keinen offensichtlichen Mangel aufweisen. Zudem muss hinzukommen, dass dieser offensichtliche Mangel auf das Ergebnis der Planentscheidung von Einfluss gewesen ist. Das ist nur dann der Fall, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.2016 - 4 B 21.15 - juris).
Davon kann hier nicht ausgegangen werden, denn - wie ausgeführt - hat sich die Stadt A-Stadt im städtebaulichen Vertrag verpflichtet, zusätzlich 100 Stellplätze zu schaffen, so dass dem Vorhaben insgesamt 250 Stellplätze zugeordnet werden können und deshalb die Beschlussfassung über den Bebauungsplane mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht einer mangelnden Stellplatzbedarfsdeckung oder an zusätzlich ausgelösten Verkehrsströmen gescheitert wäre.
Auch hinsichtlich der Verkehrslärmverhältnisse ist weder ein offensichtlicher Mangel bei der Zusammenstellung und Bewertung des Abwägungsmaterials im Sinne von § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch ein erheblicher Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erkennbar. Die Verkehrsströme einschließlich konkreter Knotenpunktbelastungen wurden ausgiebig im Fachgutachten Verkehr untersucht und dargestellt. Auch insoweit beruht der Satzungsbeschluss auf sachverständigen Feststellungen, die keinen offensichtlichen Mangel erkennen lassen.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Antrag gestellt hat und damit ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO).
Unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung ist der Streitwert für beide Instanzen auf 7.500,00 € festzusetzen. Gemäß Ziffer 9.7.1 des Streitwertkataloges in der Fassung vom 18. Juli 2013 ist der Streitwert bei Nachbarklagen gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung in der Regel auf 7.500,00 € festzusetzen, wobei gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel auf die Hälfte zu reduzieren ist. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts kann insoweit nicht angenommen werden, dass im vorliegenden Eilverfahren die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen wird. Denn ein Erfolg im Eilverfahren hätte allenfalls zur Aussetzung der Vollziehung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung führen können. Dies kommt einer Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung nicht gleich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO).