Hessischer VGH, Beschluss vom 17.12.2018 - 9 B 2118/18
1. Die in einem Verfahren nach § 123 VwGO zum Ersatz der fehlenden vorläufigen Vollstreckbarkeit eines erstinstanzlichen Bescheidungsurteils begehrte Veröffentlichung der verlangten Fortschreibung eines Luftreinhalteplans kommt als Vorwegnahme der Hauptsache nur dann in Betracht, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zwingend geboten ist. Diesen Anforderungen vermag die allein auf die Überschreitung von Grenzwerten gestützte Annahme von Gesundheitsgefahren bei im Übrigen fehlenden Feststellungen zu deren Art und Umfang nicht zu genügen.
2. Ein hilfsweise als Minus zu der in der Hauptsache verlangten Fortschreibung eines Luftreinhalteplanes begehrtes, allein auf Anordnung streckenbezogener Fahrverbote gerichtetes Eilbegehren ist gegen die örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde zu richten.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 2., die diese jeweils selbst tragen, hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.Die Antragstellerin begehrt mit dem am 5. September 2018 am Ende der mündlichen Verhandlung über ihre gleichlautende Klage gestellten Eilantrag die Verpflichtung des Antragsgegners zur Veröffentlichung eines Luftreinhalteplanes mit Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid in Höhe von 40 µg/m3 für die Stadt Frankfurt am Main im Staatsanzeiger bis zum 1. Februar 2019 im Wege der einstweiligen Anordnung.
Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner mit Urteil vom selben Tag verpflichtet, den für die Stadt Frankfurt am Main geltenden Luftreinhalteplan zum 1. Februar 2019 so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m3 im Stadtgebiet Frankfurt am Main enthält. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge sowie weitere Maßnahmen darin aufzunehmen seien, darunter die Umrüstung der Busse im Nahverkehrsnetz der Beigeladenen zu 1. sowie eine durch diese vorzunehmende Parkraumbewirtschaftung. Gegen dieses Urteil haben der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1. fristgerecht die Zulassung der Berufung beantragt (Az. 9 A 2037/18.Z).
Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihres Eilantrages vor, ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung entstünden schwere Nachteile am Leben und der Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern Frankfurts, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten. Die Antragstellerin nehme insoweit prokuratorisch die Rechtsstellung dieser Bürgerinnen und Bürger wahr. Wie die mündliche Verhandlung ergeben habe, müsse bei einer Zunahme der NO2-Belastung um 10 µg/m3 mit einem Anstieg der Häufigkeit des Auftretens von Bronchitis um ca. 10% gerechnet werden, in Frankfurt zeigten die Messstellen jedoch Grenzwertüberschreitungen, die höher lägen. An den Messstellen Am Erlenbruch 130 und Battonstraße seien im Jahr 2017 immer noch Werte von 54,0 µg/m3 festgestellt worden, so dass dort dieses Risiko bestehe. Ein Bericht der Europäischen Umweltagentur von 2015 gehe für Deutschland von 10.400, der Bericht von 2018 von 13.100 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr wegen der NO2-Belastung aus; ein Herunterrechnen auf eine Belastungssituation in Frankfurt ergebe demnach mindestens 100 Todesfälle pro Jahr. Einer Studie des Umweltbundesamts zur Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid-Exposition in Deutschland zufolge sei wegen der NO2-Exposition allein im Hintergrund bereits mit 6.000 bis 8.000 vorzeitigen Todesfällen zu rechnen, einschließlich der Ballungsgebiete wie Frankfurt am Main liege der Wert deutlich höher. Zahlreiche weitere Studien belegten diesen Einfluss von Stickstoffdioxid und der Luftverschmutzung im Allgemeinen auf die Gesundheit von Kindern in Gestalt von u.a. Asthma sowie Auswirkungen auf Demenz, Lungenkrebserkrankungen, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. Es sei anerkannt, dass die Zahl der Gesundheitsgefährdungen und Todesfälle umso geringer sei, je niedriger die Belastung mit Schadstoffen sei. Für eine gewisse Vorwegnahme der Hauptsache sprächen neben dem durch das Bundesverwaltungsgericht bereits höchstrichterlich geklärten Rechtsanspruch der Antragstellerin irreversible Nachteile, insbesondere existenzielle Gefahren für Leben und Gesundheit der prokurativ durch die Antragstellerin vertretenen Bürgerinnen und Bürger Frankfurts. So gehe aus den aktuellen Luftreinhalteplänen in Nordrhein-Westfalen hervor, dass bei einem Anstieg der Stickstoffdioxidkonzentration um 16 µg/m3 die Gesamtsterblichkeit um 17%, die kardiopulmonale Sterblichkeit um 50% sowie die kardiovaskuläre Sterblichkeit um 55% zunehme.
Ohne Erlass der einstweiligen Anordnung sei deshalb davon auszugehen, dass es im Jahr 2019 in Frankfurt am Main zu 100 Todesfällen komme, da ein Rechtsmittelverfahren dieses Jahr ohne wirksame Maßnahmen verstreichen lassen würde. Der Erlass der einstweiligen Anordnung sei auch aus Gründen der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts erforderlich, insbesondere da spätestens mit dem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission bewiesen sei, dass die bisherigen durch die Beigeladene zu 2. geplanten Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffbelastung nicht ausreichend seien. Insbesondere werde verkannt, dass die dagegen angeführten Umrüstungen von Diesel-Pkw durch Fahrzeughalter nach den Gesetzen der Logik nur dann vorgenommen würden, wenn andernfalls Konsequenzen wie ein Fahrverbot drohten.
Wie vorläufige Ergebnisse des Jahres 2018 zeigten, seien die Stickstoffdioxidemissionswerte in Frankfurt auch in diesem Jahr nur extrem minimal zurückgegangen, so dass erhebliche weitere Anstrengungen zu unternehmen seien, um den Grenzwert mittlerweile nahezu zehn Jahre nach seinem Inkrafttreten nunmehr schnellstmöglich einzuhalten. Während der Wert in Frankfurt an der Friedberger Landstraße im Jahr 2017 bei 47 µg/m3 gelegen habe, seien es in den Monaten Januar bis September 2018 immer noch 46,1 µg/m3 gewesen. Die nahezu vollständig abgeschlossenen Software-Updates durch die verpflichtenden Rückrufe von Fahrzeugen und die umfangreichen Rückkaufprämien hätten nur eine unwesentliche Minimierung erbracht, ohne dass ersichtlich wäre, dass der Grenzwert in Frankfurt am Main in Sichtweite gerate.
Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass der Antragsgegner schon seit dem Jahr 1998 mit dem Inkrafttreten der Luftqualitätsrichtlinie Zeit gehabt habe, sich auf das Inkrafttreten des Grenzwertes bis zum 1. Januar 2010 einzustellen und mittlerweile 20 Jahre vergangen seien, ohne dass der Antragsgegner darlegen könne, dass der Grenzwert zumindest im Jahr 2019 eingehalten werde. Dies bedeute 1.000 Menschen, die sterben mussten, weil der Antragsgegner nicht hinreichend gehandelt habe.
Das nationale Gericht sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehalten, im Rahmen seiner Zuständigkeit für die volle Wirksamkeit der Bestimmungen des Unionsrechts zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lasse, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsse. Dieser Maßstab müsse sich auch auf die Auslegung des § 123 VwGO auswirken.
Hilfsweise komme bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung auch die Anordnung streckenbezogener Fahrverbote auf den am meisten belasteten Straßen nach den auf Seite 5 des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 5. September 2018 dargelegten Immissionswerten in Betracht. Deren Eingriffsintensität sei - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 27. Februar 2018 dargelegt habe - deutlich geringer und diese würden auch nicht dazu führen, dass zwingend ein neues Fahrzeug angeschafft oder das alte Fahrzeug umgerüstet werden müsse, da Ausweichstrecken vorhanden seien, sodass auch für die Fahrzeugnutzer keine faktisch unumkehrbaren Maßnahmen getroffen würden. Streckenbezogene Fahrverbote bedürften auch keiner Änderung des Luftreinhalteplans, sondern sie könnten unmittelbar durch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen ohne Änderung des Luftreinhalteplans festgelegt werden, wenn pflichtwidrig die Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verzögert werde. lm Wege der einstweiligen Anordnung könnten derartige Verkehrsbeschränkungen somit bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache erlassen werden, ohne dass die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen worden wäre, und dabei auch geregelt werden, dass dadurch die Grenzwerte auf Ausweichstrecken nicht überschritten werden dürften und ggfls. die Eingriffsintensität in Hinblick auf die betroffene Abgasnorm der betroffenen Fahrzeuge beschränkt werde, entweder durch Einbeziehung der Ausweichstrecken oder Anordnung der Maßnahmen nur bis zur Abgasnorm Euro 4.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zum 1. Februar 2019 einen Luftreinhalteplan für die Stadt Frankfurt am Main im Staatsanzeiger zu veröffentlichen, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid in Höhe von 40 µg/m3 Luft im Jahresmittel im Stadtgebiet Frankfurt am Main enthält,
hilfsweise,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ab dem 1. Februar 2019 Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 6 auf den Straßen Friedberger Landstraße, Börneplatz, Pforzheimer Straße und Am Erlenbruch in Frankfurt am Main bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache durch entsprechende straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zu erlassen sowie die dazu nötigen Verkehrszeichen aufzustellen, wobei Ausnahmen gewährt werden dürfen, die maximal 20% der betroffenen Fahrzeuge betreffen. Durch die Anordnung der Verkehrsbeschränkungen darf es nicht zu Grenzwertüberschreitungen an anderen Straßen oder Straßenabschnitten kommen. Sollte dies der Fall sein, ist die Verkehrsbeschränkung auf diejenigen Straßen oder Straßenabschnitte auszudehnen, an denen erstmals Grenzwertüberschreitungen auftreten oder Grenzwertüberschreitungen verfestigt bzw. erhöht werden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Da die einstweilige Anordnung ein Vollstreckungstitel sei, müsse sie einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. Daran fehle es hier, denn es sei völlig unklar, was mit den erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes gemeint sei. Schließlich stehe dem Antrag das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, denn das Gericht dürfe grundsätzlich nur die Lage offenhalten, nicht aber die in der Hauptsache begehrte Entscheidung treffen. Dies gelte erst recht für eine Normerlassverfügung, wie sie hier begehrt werde. Außerdem handele es sich um Wirkungen zu Lasten nicht prozessbeteiligter Dritter, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen Umsetzungsakte zur Wehr setzen würden. Schließlich dürfe der gesetzlich vorgesehene Planungsprozess einschließlich der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht durch eine einstweilige Anordnung unmöglich gemacht werden.
Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Wie sich aus dem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ergebe, fehle es an den überwiegenden Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren für die Antragstellerin. Die von dem Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vorgenommenen Abwägungsbeschränkungen seien sämtlich rechtlich fehlerhaft, insbesondere die Festsetzung von Fahrverboten werde durch den voraussichtlich in Kürze in Kraft tretenden § 47 Abs. 4a BImSchG ausgeschlossen werden. Außerdem sei die Fortschreibung des Luftreinhalteplans zum 1. Februar 2019 objektiv unmöglich, da das notwendige Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit bis dahin nicht abgeschlossen werden könne. Hierfür sei ein Zeitraum von fünf Monaten erforderlich. Ebenso wenig sei die Einhaltung des Grenzwerts zum 1. Januar 2020 möglich, diese Verpflichtung sei deshalb verfehlt und verstoße auch aus diesem Grund gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da der Grenzwert von 40 µg/m3 gemäß § 3 Abs. 2 39. BlmSchV ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert sei, könne seine Einhaltung nicht "zum 01.01.2020" gefordert werden, sondern nur für das Kalenderjahr 2020. Denn künftige Maßnahmen würden ihre Wirkung erst einige Zeit nach ihrer Realisierung erzielen und sich erst im Jahresmittelwert 2020 voll auswirken, sodass frühestens der Jahresmittelwert 2020 maßgeblich sein könne. Der Vortrag der Antragstellerin und die dazu vorgelegte Unterlage der Universität Duisburg-Essen vom Oktober 2018 (Anlage AST 1 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 12.11.2018) beziehe sich zudem auf die Veränderung der Stickstoffdioxidbelastungen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, dies sei für Frankfurt nur eingeschränkt aussagekräftig. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin sei das Software-Update auch noch nicht vollständig abgeschlossen, dieses sei sukzessive im Jahr 2018 durchgeführt worden, nicht "schlagartig" zum 1. Januar 2018.
Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Da der Antragsgegner während der Dauer des Hauptsacheverfahrens sein fortgeschriebenes und ergänztes Konzept zur Luftreinhalteplanung ohne Fahrverbote weiter verfolge, würden nur die in den vom Antragsgegner vorgelegten Anlagen zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ohne Fahrverbote dargestellten Immissionen eintreten. Überschreitungen des Grenzwerts seien deshalb nur noch an 35 Streckenabschnitten zu erwarten, und zwar an neun Streckenabschnitten mit einem Wert von 41 µg/m3, an sechs Streckenabschnitten mit 42 µg/m3 und an acht Streckenabschnitten mit 43 µg/m3, während der maximale Wert von 48 µg/m3 nur an einem Straßenabschnitt auftreten werde. Mit der Nachrüstung von Bussen, der Zuflussdosierung und den ferner vorgeschlagenen streckenbezogenen Fahrverboten würde sich nur noch eine Zahl von neun Abschnitten mit Grenzwertüberschreitungen ergeben, und zwar mit maximalen Werten von 43 bis 49 µ/m3 sowie einer Zahl von maximal 1.956 davon Betroffener. Schwerwiegende Nachteile entstünden wegen der vergleichsweise geringen zusätzlichen Wirkung der Fahrverbote in diesem begrenzten Zeitraum nicht, zumal es sich bei dem Immissionsgrenzwert von 40 µg/m3 im Jahresmittel um einen "Langzeitwert" handele, dem eine langfristige Exposition zugrunde liege. Während der Dauer des Hauptsacheverfahrens seien auch keine Werte von 54,0 µg/m3 im Jahresmittel zu erwarten, denn selbst die Maximalwerte lägen nach alledem jeweils unter 50 µg/m3.
Demgegenüber hätte der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung schwerwiegende und nicht mehr rückgängig zu machende Folgen. Da bei zonalen Fahrverboten betroffene Fahrzeuge auch nicht im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt werden könnten, wären die Anwohner in einer solchen Zone vielfach veranlasst, das betroffene Fahrzeug zu verkaufen und damit würde eine Folge eintreten, die nicht rückgängig gemacht werden könnte, wenn die Klage im Hauptsacheverfahren erfolglos bleibe. Davon wären in Frankfurt 97.669 Pkw erfasst, außerdem wären 78.253 Einpendler betroffen.
Neben dem fehlenden Anordnungsgrund spreche deshalb auch die gebotene und verfassungsrechtlich zulässige Folgenabwägung gegen den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung. Werde der Antrag abgelehnt und hätte die Klage Erfolg, entstünden keine irreversiblen schweren Nachteile, denn die vom Antragsteller begehrten Fahrverbote würden dann später in den Luftreinhalteplan aufgenommen und umgesetzt. Besondere Gründe, die es ausschließen würden, diese Folgen während der Dauer des Rechtsstreits hinzunehmen, bestünden u.a. im Hinblick auf das beschränkte Ausmaß der Grenzwertüberschreitungen während der Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht.
Aus diesen Gründen stehe dem Erlass der einstweiligen Anordnung auch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.
Die Antragstellerin habe besondere Gründe, die es gebieten würden, die hier wie bei jedem Leistungsbegehren zu erwartende zeitliche Verzögerung bei der Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs durch das Rechtsmittelverfahren auszuschließen und den Anspruch bereits vor der Entscheidung im Hauptsacheverfahren für die Dauer des Hauptsacheverfahrens zu erfüllen, auch mit den vorgelegten Unterlagen nicht glaubhaft gemacht. Der vorgelegte Abschlussbericht "Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid-Exposition in Deutschland" (Anlage AST 2 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 26.11.2018) sei nicht geeignet, eine Gesundheitsgefahr glaubhaft zu machen, die die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte. Die Studie weise keinen Bezug zu den konkret in Frankfurt bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu erwartenden NO2-lmmissonen auf, wie sich aus dem Vorbringen zur Belastungssituation ergebe. Dass die demnach möglichen Grenzwertüberschreitungen bis zu einem (unterstellten) Obsiegen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren zu Gesundheitsschäden oder vorzeitigen Todesfällen führen könnten, sei damit nicht glaubhaft gemacht und entspreche auch nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Auf Seite 108 der Studie werde vielmehr darauf hingewiesen, dass sich die Modellregionen Stadtgebiet Berlin, Stadtgebiet München und Bundesland Brandenburg hinsichtlich ihrer Einwohnerzahlen und der kardiovaskulären Mortalität zum Teil grundlegend unterscheiden würden; vor allem auch regionale Unterschiede seien bei der Verteilung kardiovaskulärer Risikofaktoren offenbar von großer Bedeutung. Schon dies stehe einer rechnerischen Übertragung auf die Verhältnisse in Frankfurt am Main entgegen. Auf Seite 134 des Abschlussberichts werde außerdem darauf hingewiesen, dass für einen Teil der Gesundheitsendpunkte nur unzureichend epidemiologische Studien vorlägen, die nach der verwendeten Systematik für Deutschland als relevant eingestuft worden seien. Schließlich enthalte der Abschlussbericht nur Abschätzungen, jedoch keinen Kausalitätsnachweis und keine Kausalitätszuordnungen und sehe deshalb weitere epidemiologische Auswertungen zur Quantifizierung der Langzeitwirkungen der Luftschadstoffe unter besonderer Berücksichtigung von NO2 als zweckmäßig an.
Demgegenüber komme eine andere Studie zu dem Ergebnis, dass die Datenlage zu Effekten der Langzeitexposition wenig eindeutig sei, auch die United States Environmental Protection Agency - US-EPA - sehe demnach keine klaren Belege für unabhängige NO2-Effekte auf biologische Prozesse, die zur erhöhten Mortalität führen könnten (Prof. Dr. Dr. Wichmann, Anlage AG 1, S. 15). Sowohl US-EPA als auch WHO/EU sähen die Datenlage für quantitative Aussagen zu vorzeitigen Todesfällen und verlorenen Lebensjahren als begrenzt an und verzichteten deshalb auf die Durchführung entsprechender Abschätzungen für NO2 (US-EPA) oder würden solche Abschätzungen nur für Sensitivitätsanalysen empfehlen und darauf verweisen, dass NO2 möglicherweise ein Schadstoffgemisch repräsentiere und man nicht ausschließen könne, dass derartige Abschätzungen nicht die Wirkungen des NO2-Gases allein wiedergeben würden (WHO/EU). Die in der Zwischenzeit durch Arbeitsgruppen der WHO erarbeiteten Einschätzungen würden auf die unsichere Datenlage für Wirkungen von NO2 auf die Mortalität hinweisen, dennoch würden von der Europäischen Umweltorganisation (EEA) Rechnungen zu vorzeitigen Todesfällen und verlorenen Lebensjahren durch NO2 vorgelegt, die ohne zusätzliche Erläuterung als irreführend einzustufen seien (Wichmann, S. 32).
Auch der hilfsweise gestellte Antrag sei aus diesen Gründen als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache abzulehnen. Warum zur Sicherung des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruchs der Erlass des genannten streckenbezogenen Fahrverbotes geboten sei, werde nicht glaubhaft gemacht, da nicht dargelegt werde, welche Wirkung die von der Antragstellerin ab 1. Februar 2019 begehrten streckenbezogenen Fahrverbote haben können; dies sei derzeit auch nicht ermittelt. Aus den schon dargestellten Gründen fehle es insoweit auch an einem Anordnungsgrund. Schließlich setze auch die Verhängung streckenbezogener Fahrverbote die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes voraus.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 1. verweist auf die aus ihrer Sicht fehlende Antragsbefugnis der Antragstellerin nach Änderung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes im Jahr 2017, da keine Pflicht zur Strategischen UVP bestehe.
Außerdem sei der Antrag unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Verwirkung unzulässig, da seit Klageerhebung im Jahr 2015 drei Jahre verstrichen seien, ohne dass die Antragstellerin zu erkennen gegeben habe, eine einstweilige Regelung in Anspruch nehmen zu wollen. Schließlich sei der Hauptantrag zu unbestimmt, gleiches gelte für den Hilfsantrag hinsichtlich der Ausnahmen für maximal 20% der betroffenen Fahrzeuge, Verhinderung von Grenzwertüberschreitungen an anderen Straßen oder Straßenabschnitten sowie der Ausdehnung auf Straßen oder Straßenabschnitte, an denen erstmalig Grenzwertüberschreitungen auftreten.
Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung stelle sich als Vorwegnahme der Hauptsache dar, für die es an dem erforderlichen Anordnungsgrund fehle, da bspw. mit den zonalen Verkehrsverboten und der Nachrüstung der Busflotte irreversible Zustände geschaffen würden. Da die Antragstellerin keinen Erfolg in der Berufungsinstanz haben werde, wie sich aus den Zulassungsanträgen ergebe, fehle es auch an einem Anordnungsanspruch. Eine Abwägung dieser Umstände ergebe, dass keine wesentlichen Nachteile entstünden, wenn dem Antrag nicht stattgegeben werde.
Hinsichtlich des Hilfsantrags fehle es dem Antragsgegner an der Passivlegitimation, denn örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde sei die Beigeladene zu 1. und nicht der Antragsgegner.
Die Beigeladene zu 2. hat sich in diesem Verfahren nicht geäußert.
II.Der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag der Antragstellerin bleibt mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag ohne Erfolg.
1. Die Zuständigkeit des Hess. Verwaltungsgerichtshofs für den noch vor Verkündung des Urteils am 5. September 2018 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag ergibt sich aus § 123 Abs. 2 VwGO, da der Verwaltungsgerichtshof mit Einlegung der Rechtsmittel Gericht der Hauptsache geworden ist.
2. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1. fehlt es auch nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis für die Antragstellerin, da diese in der Hauptsache klagebefugt ist, wie der beschließende Senat in der Entscheidung vom gleichen Tag über die eingelegten Rechtsmittel in dem Hauptsacheverfahren (9 A 2037/18.Z) festgestellt hat.
Der Antrag ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Verwirkung unzulässig, wie die Beigeladene zu 1. meint. Denn ein Antrag nach § 123 VwGO ist auch nach einer noch nicht rechtskräftig gewordenen Hauptsacheentscheidung zulässig, die - wie hier der Bescheidungsausspruch - nicht nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar erklärt werden kann, sie übernimmt in einem solchen Fall auch die Funktion einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 18). Dass dem nicht schon die Dauer des Hauptsacheverfahrens erster Instanz entgegensteht, liegt auf der Hand.
3. Mit ihren Anträgen vermag die Antragstellerin aber nicht durchzudringen.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Entsprechend ihrem Charakter als Instrument des vorläufigen Rechtsschutzes darf eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO dem jeweils Begünstigten grundsätzlich keine Rechtsposition einräumen, die er sonst nur in einem Klageverfahren erstreiten kann. Vorliegend geht der Antrag indes dahin, die Entscheidung in der Hauptsache zumindest vorübergehend - nämlich bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens - vorwegzunehmen, indem im Eilverfahren wie im Klageverfahren begehrt wird, den Antragsgegner zu verpflichten, bis zum 1. Februar 2019 einen Luftreinhalteplan für die Stadt Frankfurt am Main im Staatsanzeiger zu veröffentlichen, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid in Höhe von 40 µg/m3 Luft im Jahresmittel im Stadtgebiet Frankfurt am Main enthält. Eine derartige Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren nach § 123 VwGO regelmäßig nicht zulässig und kommt - ausnahmsweise - nur in Betracht, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zwingend geboten ist und die Klage in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 9 B 1888/12 -, juris). Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Die Antragstellerin hat weder eine besondere Dringlichkeit noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
An der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs sowohl in Bezug auf den Hauptantrag als auch hinsichtlich des Hilfsantrages mangelt es hier, weil nach der Entscheidung des Senats über die Zulassung der Berufung auf die Rechtsmittel des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. in dem Hauptsacheverfahren die Erfolgsaussichten als offen zu beurteilen sind. Dass gleichwohl überwiegende Erfolgsaussichten für den Bestand der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch nach der Durchführung des Berufungsverfahrens sprechen könnten, steht angesichts der dazu noch zu treffenden tatsächlichen Feststellungen auch für die hier anzustellende summarische Überprüfung nicht mit hinreichender Sicherheit fest.
Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung zwingend geboten ist, weil ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zumutbar wäre. Für den Hauptantrag, der identisch ist mit dem in dem Urteil erster Instanz tenorierten Antrag der Antragstellerin in dem Hauptsacheverfahren und der sich deshalb als ein auf Vorwegnahme der Hauptsache gerichtetes Begehren darstellt, fehlt es an der Glaubhaftmachung der besonderen Dringlichkeit.
Wie der beschließende Senat in der Entscheidung über die Zulassungsanträge in dem Hauptsacheverfahren vom gleichen Tag (9 A 2037/18.Z, zur Veröffentlichung vorgesehen) festgestellt hat, reicht der Umstand einer Grenzwertüberschreitung allein nicht schon aus, den Antragsgegner zur Aufnahme der von der Antragstellerin begehrten einzelnen Maßnahmen in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans betreffend die Stadt Frankfurt am Main zu verpflichten, erforderlich ist vielmehr auch die Berücksichtigung der Belange der von den einzelnen Maßnahmen Betroffenen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Hierfür fehlt es - wie gleichfalls in dem Zulassungsbeschluss im Hauptsacheverfahren festgestellt wurde - aber an der Feststellung und Bewertung der dafür maßgeblichen tatsächlichen Umstände, darunter auch über den Umfang der gesundheitlichen Betroffenheit der Einwohner an den von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Strecken (9 A 2037/18, Beschlussabdruck S. 8 f.).
Die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung hat die Antragstellerin auch nicht mit den dazu von ihr vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht. Ihr Vorbringen, ohne diese einstweilige Regelung drohten bis zu 100 vorzeitige Todesfälle in der Stadt Frankfurt am Main, lässt sich diesen Unterlagen nicht mit der hier erforderlichen Gewissheit entnehmen. Zu Recht wendet der Antragsgegner dazu ein, die darin wiedergegebenen Zahlen über vorzeitige Todesfälle und verlorene Lebensstunden beruhten auf Abschätzungen, die sich auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland bezögen, und diese seien für die Stadt Frankfurt nur eingeschränkt aussagefähig.
Insgesamt geht aus den vorgelegten Unterlagen nur mit der gebotenen Eindeutigkeit hervor, dass über die festgestellten gesundheitlichen Auswirkungen des Gases NO2 nur eine unsichere Datengrundlage besteht; die Studien kommen deshalb durchweg zu dem Ergebnis, dass für valide Ergebnisse weitergehende Forschungen notwendig sind.
So heißt es in dem - in einer mangelhaften und deshalb nur schwer nachvollziehbaren deutschen Übersetzung vorgelegten - EWR-Bericht (Nr. 12/2018 - Luftqualität in Europa -, Anlage 3a des Antragstellerbevollmächtigten zum Schriftsatz vom 26.11.2018, Bl. IV/0390 der Gerichtsakte - GA -) zwar, in den 41 untersuchten Ländern seien 79.000 vorzeitige Todesfälle auf NO2 zurückzuführen. Zugleich heißt es dazu allerdings, der größte Beitrag zu den Unsicherheiten bei den Schätzungen von vorzeitigen Todesfällen und YLL (verlorenen Lebensstunden) liege in der Wahl der relativen Risikofaktoren, die Unsicherheiten bei den Gesundheitsergebnissen würden deshalb auf ?45% bei NO2 geschätzt (Bericht 2018 S. 125, Bl. IV/0452 GA). Schon daraus folgt - ungeachtet der aufgrund der fehlerhaften Übersetzung im Einzelnen fehlenden Nachvollziehbarkeit -, dass den gewonnenen Erkenntnissen durchweg nur rechnerisch bzw. statistisch ermittelte und damit geschätzte Werte zugrunde liegen, die mit hohen Unsicherheiten versehen sind.
In der gleichfalls von der Antragstellerin in Bezug genommenen Studie der WHO zur erhöhten Gefährdung von Kindern (Luftverschmutzung und Gesundheit von Kindern, 2018, Anlage 5a zum Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 20.11.2018, Bl. IV/0475 ff. GA) wird festgestellt, dass eine beträchtliche Anzahl von Studien den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und verschiedenen Geburtsergebnissen untersucht habe, diese sich stark in den untersuchten Populationen, der Methode und dem Grad der Luftverschmutzung unterscheiden würden und (deshalb) weitere Studien über den Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber ultrafeinem PM und den Geburtsergebnissen sowie über die Exposition gegenüber Luftverschmutzung und Frühgeburt durchgeführt werden sollten. Des Weiteren wird vorgeschlagen, dass, da viele Studien zu Geburtsergebnissen und Luftverschmutzung auf allgemeinen Expositionsschätzungen basierten, Studien mit modernsten Techniken zur Messung und Modellierung der Luft durchgeführt werden sollten, um die Validität der Zusammenhänge zwischen der Exposition gegenüber verschiedenen Luftschadstoffen und den Geburtsergebnissen zu erhöhen und die Evidenzgrundlage für umweltpolitische Gesundheitspolitiken zur Gewährleistung der Gesundheit von Müttern und Kindern zu verbessern (S. 81, Bl. IV/0515R GA).
Zu den gleichfalls von der Antragstellerin angeführten fetalen Auswirkungen von NO2 heißt es in einer weiteren Studie (Malmqvista et al, Fetales Wachstum und Luftverschmutzung - eine Studie über Ultraschall und Geburtsmaßnahmen quer durch die Welt, Anlage 6a zum Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigen vom 20.11.2018), es sei zu beachten, dass das geschätzte fetale Gewicht keine Messung, sondern das Ergebnis einer Berechnung sei, die dazu neige die Schätzfehler plus Messfehler in jedem Parameter zu berücksichtigen. Ferner könne es relevant sein darauf hinzuweisen, dass es Unterschiede in der Demographie der Bereiche mit geringer und hoher Exposition gebe und es selbst innerhalb bestimmter Bildungs-, Einkommens- und Einwanderungsschichten Faktoren geben könne, die bestimmen, welche Menschen die hoch exponierten Gebiete verlassen oder sich dort aufhalten und unerwünschte Schwangerschaftsereignisse erleiden würden. Es sei auch nicht auszuschließen, dass durch ungemessene Faktoren wie mütterliche Ernährung und Berufe verbleibende Verwirrung entstehe (S. 7, Bl. IV/0553 GA). Eine weitere Einschränkung sei, dass die Exposition, wie in den meisten epidemiologischen Luftverschmutzungsstudien, im Freien an der Wohnadresse modelliert werde, was möglicherweise nicht die Höhe der Innenraum- oder persönlichen Verschmutzung widerspiegele, insbesondere für Frauen, die arbeiten und viel Zeit außerhalb ihres Hauses verbringen. In einer Studie, die den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und erwachsenem Asthma untersuchte, würden zuvor die Arbeitsplatzadresse, die tägliche Verweildauer im Verkehr oder die Pendlerzeit im selben Studiengebiet hinzugefügt, um die Expositionsbewertung zu verbessern, aber es sei nicht festgestellt worden, dass sie ein Treiber für die Schätzung von Einflüssen seien (S. 8, Bl. IV/0553R GA).
Auch die ferner von der Antragstellerin vorgelegte Studie zum Zusammenhang zwischen NO2-Belastung und Demenz (BMJ Open, Iain M Carey u.a., Sind Lärm und Luftverschmutzung mit dem Auftreten von Demenz verbunden? Eine Kohortenstudie in England, 20.06.2018, Anlage 7a zum Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 20.11.2018, Bl. V/0555 ff. GA) kommt aufgrund der darin vorgenommenen Abschätzungen zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen der Verknüpfung der Exposition gegenüber Luftverschmutzung wie NO2 mit der Entwicklung von Demenz, insbesondere der Alzheimer-Krankheit, viele Fragen aufwerfen. Die Ursache dieser neurodegenerativen Erkrankungen sei noch weitgehend unbekannt und könne multifaktoriell sein. Während Giftstoffe aus der Luftverschmutzung mehrere plausible Wege zum Gehirn hätten, bleibe spekulativ, wie und wann sie die Neurodegeneration beeinflussen können. Angesichts der zukünftigen globalen Belastung durch Demenz seien weitere epidemiologische Arbeiten dringend erforderlich, um die jüngsten Erkenntnisse über die Luftverschmutzung und Demenz zu bestätigen und zu verstehen (S. 19 f., Bl. V/0564 f. GA).
Gleiches gilt für die von der Antragstellerin in Bezug genommene Studie über den Zusammenhang zwischen Lungenkrebsrisiko und Luftverschmutzung (Lamichhanel et al, Lungenkrebsrisiko und Exposition von Wohnungen gegenüber Luftverschmutzung: Eine Fall-Kontroll-Studie auf koreanischer Bevölkerungsbasis, Nov. 2017, Anlage 8a zum Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 20.11.2018, Bl. V/0567 ff. GA), in der stärkere Assoziationen zwischen Luftverschmutzung und dem Risiko für Lungenkrebs festgestellt wurden, wenn die Exposition über einen Zeitraum von zehn Jahren bewertet wurde. Demgegenüber seien bei einer geschätzten Exposition über 5-Jahres-Zeiträume die Assoziationen zwischen Luftverschmutzung und Lungenkrebsrisiko schwächer geworden, und deshalb ist demnach die Dauer der Expositionsbewertung auch für die Entstehung von Lungenkrebs von Bedeutung (S. 13, Bl. V/0572 GA).
Eine weitere von der Antragstellerin dazu vorgelegte Studie (Alexeeff et al, Hochauflösende Kartierung der verkehrsbedingten Luftverschmutzung mit Google Street View Cars und der Häufigkeit von kardiovaskulären Ereignissen in der Nachbarschaft in Oakland, CA; Anlage 10a zum Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 20.11.2018, Bl. V/0586 ff. GA) sieht eine Einschränkung in ihrer geringen Leistung zur Erkennung kleiner Effektgrößen, bedingt durch die geringe Anzahl der Ereignisse in der Studie mit einer kleinen geografischen Abdeckung und geringer Dauer der Nachbereitung, die die Leistungsfähigkeit der Analysen reduzieren würden. Die Ergebnisse zeigen demnach aber, dass höhere intraurbane TRAP-Expositionen zu Unterschieden in der kardiovaskulären Gesundheit innerhalb der Nachbarschaft beitragen würden. Demnach würden in einer größeren Studie statistisch signifikante Assoziationen der Allgemeinbevölkerung erkannt und eine Modifikation durch andere Suszeptibilitätsfaktoren vorgenommen werden können (S. 14, Bl. V/0592 R GA).
Diese Studien vermögen mit den vorstehend aufgeführten Unsicherheiten zwar eine Wirkung von NO2 auf die Gesundheit der exponierten Bevölkerung, nicht aber auch schon den von der Antragstellerin behaupteten Zusammenhang zwischen den Grenzwertüberschreitungen in Frankfurt am Main und einer Zahl von 100 dort zu erwartenden Todesfällen während der Dauer des Hauptsacheverfahrens mit der nötigen Sicherheit zu belegen. Soweit sich die Antragstellerin auf Feststellungen in dem Luftreinhalteplan Düsseldorf beruft, ist die dem zugrunde liegende "Feinstaub Kohortenstudie Frauen NRW" nicht vorgelegt worden, die dortigen Feststellungen können deshalb ebenso wenig nachvollzogen werden wie deren Anwendbarkeit auf die Stadt Frankfurt am Main. Annähernd valide Größenordnungen betroffener Einwohner und zeitlicher Expositionen sind für die Stadt Frankfurt am Main bisher offenbar nicht ermittelt, jedenfalls aber nicht vorgelegt worden. Damit vermag die Antragstellerin die für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderliche besondere Dringlichkeit nicht glaubhaft zu machen.
4. Der Hilfsantrag der Antragstellerin zielt mit der angestrebten vorübergehenden Anordnung von Verkehrsverboten für einzelne Straßen bzw. Straßenabschnitte zwar nicht auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, bleibt aber gleichwohl erfolglos.
Insoweit fehlt es nämlich - wie die Beigeladene zu 1. zutreffend aufzeigt - schon an der erforderlichen Passivlegitimation des Antragsgegners. Die Antragstellerin begehrt damit nämlich nicht die Aufnahme von auf die aufgeführten Strecken beschränkten Verkehrsverboten in den Luftreinhalteplan, für die der Antragsgegner zuständig wäre, sondern schon dem Wortlaut ihres Antrags zufolge die Anordnung von Fahrverboten durch die Straßenverkehrsbehörde. Dies zeigt auch die in ihrer Antragsbegründung erfolgte Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit eines solchen Begehrens unabhängig von einem Luftreinhalteplan (EuGH-Vorlage vom 29.03.2007 - BVerwG 7 C 9.06 -, juris Rn. 32 f.). Es wird jedoch nichts zur Befugnis des Antragsgegners vorgetragen, selbst als Straßenverkehrsbehörde entsprechende Anordnungen für die bezeichneten Straßen in Frankfurt am Main treffen zu können, und damit schon kein Anordnungsanspruch dargetan. Die Beigeladene zu 1. hat demgegenüber nachvollziehbar aufgezeigt, dass entsprechende Anordnungen in ihre Befugnis als örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde fallen würden.
Darüber hinaus fehlt es, wie der Senat in der Entscheidung über die Zulassungsanträge von Beklagtem und Beigeladener zu 1. in dem Hauptsacheverfahren festgestellt hat, an jeglichen tatsächlichen Feststellungen dazu sowie zu den weiteren mit dem Hilfsantrag begehrten Einschränkungen, die Verlagerungseffekte und damit einhergehende Grenzwertüberschreitungen an anderen Straßenabschnitten verhindern sollen. Zwar kann der Senat nach § 123 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung treffen, es bedarf dazu aber zunächst der Glaubhaftmachung der für einen entsprechenden Anordnungsanspruch maßgeblichen tatsächlichen Umstände. Zudem kann das Gericht nur in Ausnahmefällen, in denen das Gebot effektiven Rechtsschutzes keine andere Wahl lässt, den Antragsgegner zu einem bestimmten Verhalten verpflichten, wenn diesem - wie hier - selbst ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.O., § 123 Rn. 28). Aber auch ein entsprechender Bescheidungsausspruch kommt hier nicht in Betracht, da es - wie oben dargestellt - an den erforderlichen tatsächlichen Grundlagen für eine derartige Entscheidung fehlt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gebot unionstreuen Verhaltens, wie die Antragstellerin meint. Die dazu zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der zufolge das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten ist, für deren volle Wirksamkeit zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede - auch spätere - entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste, verhält sich zu einem gänzlich anders gelagerten Fall, in dem einem Umweltverband die Klagebefugnis verwehrt worden war (EuGH, Urteil vom 20.12.2017 - C-664/15 - juris Rn. 54 ff.). Daraus lässt sich für einen materiell-rechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Anwendung der Vorschrift des § 123 VwGO aber nichts herleiten.
5. Da der Eilantrag erfolglos bleibt, hat die Antragstellerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind (§ 154 Abs. 3 VwGO). Es entspricht deshalb nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG sowie Ziff. 1.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Reduzierung des Streitwertes auf die Hälfte dieses Betrags wegen des vorläufigen Charakters des Eilverfahrens ist angesichts der mit der begehrten Entscheidung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache nicht geboten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).